Mittwoch, 16. Januar 2013

Wohnen

Blumenthal – ein nicht nur „grüner“ Vorort


Schaut man auf eine Karte Bremens, sieht man dort ganz an der nördlichen Spitze den Stadtteil Blumenthal. Das lässt – sicherlich auch durch die romantischen Assoziationen des Namens begünstigt – an einen Vorort im Grünen denken, wo es sich ohne die Belastungen von Industrie und sozialen Problemen unweit des Weltkulturerbes der Bremer Altstadt gut leben lässt.

Ein Blick in die Zeitungen oder aktuelle Fernsehberichte zerstört jedoch rasch dieses Bild von einer zumindest fast heilen Welt.

Schaumt man genauer hin, lernt man den Bremer Norden als einen sehr differenzierten Stadtbezirk erkennen, denn sogar seine Stadt- und Ortsteile sind sehr unterschiedlich. Ganz gleich, was man sich unter Bremen-Nord vorstellt, ist daher zwangsläufig falsch, weil es die Breite dieser Vielfalt nicht abdecken kann.

Die Siedlungsstruktur der Ortsteile von Bremen-Nord


Ortsteil Einwohner
(31.12.2011)
Einwohnerdichte(Einwohner je ha) Wohnungen in
Einfamilienhäusern (in %)
Blumenthal
31.091


Blumenthal
9.636
23,8
25,9
Rönnebeck
4.405
18,0
37,9
Lüssum-Bockhorn
11.853
23,8
26,3
Farge
2.849
5,1
41,5
Rekum
2.348
4,2
57,4

Burglesum



32.600


Burg-Gramke
6.744
14,6
30,9
Werderland
373
0,3
59,5
Burgdamm
10.734
25,4
23,3
Lesum
8.881
25,9
33,5
St. Magnus
5.868
20,8
28,3

Vegesack



33.393


Vegesack
6.445
35,9
18,5
Grohn
6.146
30,4
32,8
Schönebeck
5.337
21,1
49,5
Aumund-Hammersbeck
7.505
22,9
33,8
Fähr-Lobbendorf
7.960
33,4
23,8


Bereits so grobe Daten wie die Bevölkerungsentwicklung während der letzten zwanzig Jahre und der Anteil der landwirtschaftlichen Fläche illustrieren ein kontrastreiches Bild.


Sieht man einmal von dem besonderen Fall Werderland ab, da es sich hier um ein Marschgebiet handelt, das unter dem Flutniveau von Weser und Lesum liegt und größtenteils aus unter Naturschutz stehendem Grünland besteht, umfasst der Norden Bremens neben den relativ dünn besiedelten und noch hohe Anteile von landwirtschaftlicher Fläche aufweisenden Ortsteilen Farge und Rekum zahlreiche stark verdichtete Ortteile. Dabei handelt es sich nicht einmal nur um die zentralen Bereiche von Blumenthal und Vegesack, sondern auch um Wohngebiete am Stadtrand.

Einwohnerentwicklung 1991-2011

Ortsteil
Bevölkerungszahl 2001
 (31.12.1991 = 100)
Bevölkerungszahl 2011
(31.12.1991 = 100)
Landwirtschaftl.
Fläche (in %)
Blumenthal



Blumenthal
99,3
95,9
5,4
Rönnebeck
102,6
97,0
1,9
Lüssum-Bockhorn
92,6
84,1
16,5
Farge
95,6
85,6
33,8
Rekum
125,5
114,2
42,9
Burglesum



Burg-Gramke
106,4
101,5
29,9
Werderland
128,4
126,0
62,0
Burgdamm
97,2
93,6
18,1
Lesum
96,3
89,9
12,7
St. Magnus
101,3
98,2
12,7

Vegesack



Vegesack
104,1
100,3
1,1
Grohn
91,0
100,1
1,4
Schönebeck
90,7
87,0
12,8
Aumund-Hammersbeck
98,7
92,0
17,1
Fähr-Lobbendorf
95,2
92,7
0,3
Vergleichsortsteile



Borgfeld
122,5
182,3
70,3
Oberneuland
109,5
118,1
56,6
Bremen insgesamt
97,9
99,2
32,6







































Bremens Konzept der Großsiedlungen

Im Zuge des Beseitigung der Wohnungsnot, die durch die Zerstörungen des 2. Weltkrieges und den Zuzug von Flüchtlingen und Vertriebenen bedingt war, entschloss sich Bremen zu einem großen Wurf. Man wollte nicht nur hier und dort neue Wohnungen errichten, sondern begann mit der Planung eines neuen Stadtteils von der Größe einer Mittelstadt, 10.000 Wohnungen für 40.000 Einwohner sollten es in der „Neuen Vahr“ werden.


In der städtebauliche Gestaltung folgte die Neue Vahr der Idee der Gartenstadt, die in diesem Fall aus drei Ortsteilen mit Nachbarschaften bestehen sollte.

Diese Gliederungs- und Orientierungsbereiche für die Bewohner umfassten jeweils ein kleines Zentrum, das als städtebauliche Dominante ein Punkthochhaus aufwies.


Grundprinzipien dieses Städtebaukonzepts waren einige Ideen des Bauhauses, nach denen Hochhäuser als bautechnische Möglichkeiten des modernen Städtebaus die alten Mietskasernen mit ihren Hinterhöfen aus der Zeit der Gründerjahren und frühen Industrialisierung ablösen sollten, um erschwingliche Sozialwohnungen mit viel Licht und Grün zu schaffen.


                                     Neue Vahr (Quelle: wikipedia)


Bei dieser architekturgeschichtlichen Einordnung muss es nicht überraschen, dass die neue Vahr nicht nur prosaisch als eine simple Entlastungsstadt gesehen wurde wie die New Towns um Lomdon, sondern eine fast sozialphilosophische Erhöhung erfuhr. So wurde die Ende der 1950er Jahre in knapp vier Jahren auf der „Kuhweide“ gebaute Neue Vahr „als städtebauliche und stadtpolitische Errungenschaft ersten Ranges, als Symbol der gelungenen Kooperation, wenn nicht gar Symbiose von Bremischer Kaufmannschaft und Arbeiterschaft angesehen“. (Strubelt, S. 139)

Damals gab es viel Applaus für das Projekt, sogar aus Hamburg, wo man neidvoll feststellte: „Das kleinste Bundesland ist uns um Nasenlängen voraus!“

Bis weit in die 60er Jahre galt die „Neue Vahr“, diese stark durchgrünte Großwohnsiedlung, die überwiegend durch Hochhäuser in Zeilenbauweise, aber auch durch eine Durchmischung mit Reihenhäuser und einzelne freistehende Häuser gekennzeichnet war, als Vorbild für zahlreiche weitere Großsiedlungen, auch in Bremen. In dieser Zeit, als 1961 das 22-stöckige Aalto-Hochhaus des finnischen Architekten Alvar Aalto als Wahrzeichen und Orientierungspunkt des neuen Stadtteils fertiggestellt wurden, nannte der Volksmund die damals 30.000 Einwohner nicht gerade abschätzig Vahraonen.

In Bremen wurde in den 1970er Jahren mit Tenever als „Demonstrativbauvorhaben“ nach dem städtebaulichen Leitbild „Urbanität durch Dichte“ die letzte Großwohnsiedlung errichtetet, deren Plan jedoch nur teilweise umgesetzt wurde, da sich die Wohnungen nur schwer vermieten ließen.
  
Erst Ende des 20. Jahrhunderts, also knapp 50 Jahre nach de Baubeginn, war dann die Euphorie dieser Epoche der Großsiedlungen völlig verflogen. Die Wohnungen waren älter geworden und die Bewohner in ihnen auch. Als noch gravierender erwiesen sich jedoch die Auswirkungen der Globalisierung und des demografischen Wandels. So wurden die alten Wohnungen in den Großsiedlungen unbeliebter und daher  blieben in diesen Gebieten nur die Altbewohner zurück, die keine moderneren Wohnungen mieten oder kaufen konnten. In die leerstehenden Wohnungen zogen so häufig Migranten oder sie blieben unbewohnt, was die Änderung der Sozialstruktur dieser Großsiedlungen weiter verstärkte.

Über diese veränderte Situation in den Großsiedlungen Bremens berichtet eine Studie Tempels, die sich mit der unterschiedlichen Lebenserwartung der Bewohner ausgewählter Bremer Wohngebiete beschäftigt. Besonders erschreckend war dabei die Entwicklung der Säuglingssterblichkeit in den Großsiedlungen, für die man nur sehr bedingt unterschiedliche Belastungen im Arbeitsleben verantwortlich machen kann "Im Vergleich zu den bürgerlichen Vierteln beträgt sie jetzt mehr als Doppelte“, konstatiert Tempel und zieht einen weiteren Vergleich: Der Wert von 10,8 gestorbenen einjährigen Kindern pro tausend lebend Geborene war damit genau so hoch wie der bei den schwarzen Babys in New York.

Eine Ursache dieser gesundheitlichen Situation dürfte die veränderte Bewohnerstruktur der Großsiedlungen sein, wie sie sich 2002 aus dem Anteil der Sozialhilfeempfänger ergibt.
 
Sozialhifeempfänger 2002 (Tempel, S. 41)

Gebietstyp
unter den deutschen
 Bewohnern in %
unter den ausländischen
Bewohnern in %
Insgesamt
in %
Arbeiterviertel
9,3
20,6
11,1
Großwohnsiedlung
10,7
32,2
14,5
Bremen insgesamt
6,4
20,2
8,4

Die WiN-Gebiete

Um die komplexe Wechselwirkung zwischen Wohnungs- und Sozialstruktur in den Griff zubekommen, wurde in Verbindung mit dem bundesweiten Projekt „Soziale Stadt“ eine spezielles Förderprogramm für problemhafte Wohngebiete in Bremen gestartet, das den Namen „Wohnen in Nachbarschaften (WiN)“ trägt und im Dezember 1998 durch den Senat verabschiedet wurde. Sein Ziel ist es, „Stadtteile für die Zukunft“ zu entwickeln. Dabei setzen Bund und Land Fördermittel ein, um durch den Aufbau von Beteiligungsformen die Bürger/innen aktiv in die Entwicklung ihres Quartiers einzubeziehen.

Parallel hierzu haben im Jahr 1999 Bund und Länder das Städtebauförderungsprogramm "Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Soziale Stadt" aufgelegt, mit dem die Lebensbedingungen in benachteiligten Stadtteilen umfassend verbessert werden sollen.

Unter den ersten zehn ausgewiesenen WiN-Gebiten in Bremen waren mit Blockdiek, Grohner Dühne, Lüssum-Bockhorn, Kattenturm, Marßel, Neue Vahr, Tenver und Sodenmatt/ Kirchhuchting acht Großsiedlungen und von diesen acht wiederum drei aus dem Stadtbezirk Bremen-Nord. Ganz gleich wie man es rechnet, ist der Norden Bremens damit wegen dieser Großsiedlungen bei den WiN-Gebieten unter den fünf Bremer Stadtbezirken deutlich überrepräsentiert.

Das klingt wegen des euphemistischen klingenden Akonyms WiN, das für Wohnen in Nachbarschaften steht, zunächst fast erfreulich. Nur ist er in der Bezeichnung anklingende Gewinn in diesen Fällen erst noch ein fernes Ziel, da es sich zunächst um Gebiete mit erheblichen Problemen in der Wohnungs- und Sozialstruktur handelt, kurz um soziale Brennpunkte.

In Bermen-Nord gehören drei Gebiete, die teilweise fast die Größe eines ganzen Ortsteils ausmachen, zu diesen Großsiedlungen, die in das WiN-Programm aufgenommen werden mussten, und zwar Marßel, Grohner Dühne Lüssum-Bockhorn.


Großsiedlungen und WiN-Gebiete in Bremen-Nord


Wohngebiet
Ortsteil
WE im Programm
Bauzeit
Besonderheiten
Grohner Dühne
Grohne
570
1960er
Jahre
Orientierungsgebiet vor allem für kurdisch-arabische Migranten
Lüssum-Bockhorn
Lüssum-Bockhom
1.100
1960-1970er Jahre
Orientierungsgebiet vor allem für Migranten aus der Türkei
Marßel
Burgdamm
2.300
ab 1960


Marßeler Feld


Das Wohngebiet Marßeler Feld entstand im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus eine „zeitentsprechende Großsiedlung“ in den 1960er Jahren östlich der A27 an der Stadtgrenze zu Niedersachsen im Ortsteil Burgdamm. Dort grenzt das Gebiet an die Ritterhuder Schweiz mit der Hamme als Quellfluss der Lesum.

Die Großsiedlung, in der heute rund 6,000 Einwohner leben, umfasst viergeschossige Zeilenbauten, 4 achtgeschossige Hochhäuser sowie Reihenhäuser.

Hier haben die Wohnungsbaugesellschaften als Eigentümer in die Sanierung und Modernisierung der Gebäudesubstanz investiert, und zwar mit einem erkennbaren Erfolg, denn das Gebiet befindet sich seit 2004 im „Phasing-out“.


Lüssum-Bockhorn


Im Ortsteil Lüssum-Bockhorn entstand um den Lüssumer Ring in den 1960er bis 1970er Jahren eine Großwohnsiedlung mit überwiegend zwei- und viergeschossigen Zeilenbauten sowie einigen Punkthochhäusern

Eine Analyse der Bevölkerungsstruktur im 2004 weist einen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund aus, die vor allem in der Türkei, in Polen oder der ehemaligen Sowjetunion geboren sind. Überdurchschnittlich hoch ist auch der der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit 31 % und der Sozialhilfeempfänger/innen mit 32 %. Die durchschnittliche Wohndauer von 10 Jahren liegt hingegen deutlich niedriger als in der unmittelbaren Nachbarschaft.


Da es nur wenige Langzeitbewohner gibt, dient das Gebiet nach dem Urteil der Planer als Einwanderungsort für vor allem türkische Migranten, die nach einer ersten Orientierungs- und Integrationsphase Lüssum sehr häufig wieder verlassen. Das hat zwangsläufig erheblich Auswirkungen auf die Verhaltensmuster und blieb nicht ohne Folgen auf die Umgebung des ersten Schwerpunktgebietes. So umfasst das Programmgebiet WiN/Soziale Stadt seit 2005 den gesamten Ortsteil, also ein Gebiet mit fast 9.000 Einwohnern, während im Schwerpunktgebiet nur knapp 3.000 Menschen leben.

Um die Leerstände zu beseitigen, wurden 2005 und 2007 fünf Punkthochhäuser mit 320 Wohnungen „zurückgebaut“, wie in der euphemistischen Sprache der beteiligten Planer der Abriss genannt wird. So konnte der jeweilige Senator in Bremen nicht nur eine Festrede zum Baubeginn eines großen Bauprojektes halten, sondern später auch zum Start und zur Einweihung des „grünen Bandes für Lüssum“, das mit an der Stelle der ungeliebten Hochhäuser als Grün- und Freizeitbereich entstanden ist.


Man kann eben die Folgen städtebaulichen Fehlplanungen nicht nur durch zahlreiche sozialtherapeutische Maßnahmen im Rahmen des Quartiermanagements abmildern, sondern sogar feierlich begehen.

Grohner Düne


                                            Blick auf die Grohner Düne


In der während der 1970er Jahren errichteten „großmaßstäbliche hochverdichteten Großwohnanlage „Grohner Düne“ leben rund 1.750 Menschen. Dabei handelt es sich um ein Wohngebiet mit zwei Hochhausriegeln mit bis zu 13 Stockwerken, das sich stark von der umgebenden Bebauung ab. So war der Ortsteil bis zu diesem stadtpolitischen Eingriff größtenteils durch eine Einfamilienhausbebauung geprägt ist, in der viele Beschäftigte der ehemaligen Bremer Werften als Eigentümer gelebt haben.

Seit 2005 umfasst das Programmgebiet WiN/Soziale Stadt, das von seiner Infrastrukturausstattung und der Nähe zum Zentrum Vegesack profitieren könnte, den gesamten Ortsteil Grohn, also ein Gebiet mit gut 6.000 Einwohnern. Die Bau-und Sozialstruktur stehen jedoch einer positiven Entwicklung entgegen.
Die Grohner Düne gilt nicht zuletzt wegen der entsprechenden Medienberichterstattung als das „größte Armenhaus Bremens“ (Bild-Zeitung) oder „Einwandererghetto“ eines „kriminellen kurdischen Familienclans“ (rechte Internetwebseite), worauf die Bremische Verwaltung mit dem Start eines Projektes gegen Parallelgesellschaften reagierte und einen sogenannten „Kultur-Mittler“ einsetzte. Viele Lokalpolitiker in Vegesack wünschen sich hingegen eher zumindest einen Teilabriss dieser Betondüne.


Besonders problematisch sind in diesem Fall mögliche räumliche Auswirkungen, denn das im Westen an die Grohner Düne anschließende „Fährquartier“ im Ortsteil Vegesack weist eine ähnliche Sozialstruktur auf. So vermuten die Planer, dass Bewohner/innen der Grohner Düne in den vergangenen Jahren in das Fährquartier abgewandert sind und damit auch hier ähnliche Probleme entstehen können, wie sie bereits die Grohner Düne in Verruf gebracht haben.

In-Jobber in Win-Gebieten


Trotz zahlreicher Leerstände wird in Bremen das in den Großwohngebieten investierte Kapital in der Regeln nicht durch einen Abriss völlig vernichtet. Vielmehr arbeitet man nach dem Modell des Quartiersmanagments an einer Verbesserung der Gesamtsituation, indem Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen des in die Jahre gekommenen Wohnungsbestandes durch soziale Maßnahmen ergänzt werden. Dabei geht man davon aus, dass wegen der inzwischen entstandene Sozialstruktur Anstöße von außen kommen müssen, um die Wohnbevölkerung zu befähigen, an dem Verbesserungsprozess in ihrem Quartier aktiv teilnehmen zu können. Die Quartiersmanager sprechen bei dieser Anregung zur Selbsthilfe von Empowerment. Generelles Ziel dieser sozialpädagischen Arbeit ist es, die Verantwortung für das eigene Stadtquartier sollte langfristig zu stärken und selbsttragende Bewohnerorganisationen zu schaffen.


Neben der Aktivierung kann jedoch bei der alternden Bevölkerung auch die Betreuung nicht vergessen werden. Daher werden in Bremen von den Sozialeinrichtungen auch sogenannte Injobber beschäftigt. Diese Bezeichnung bezieht sich auf das Wort „Integrations-Job“, womit Langzeitarbeitslose gemeint sind, die durch eine Arbeit vom 35 Stunden pro Woche wieder in den regulären Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Es handelt sich also um Aufgaben, die man außerhalb Bremens weniger funktional als 1-Euro-Jobber.

Auch ihre Beschäftigung ist in den WiN-Gebieten leichter durchsetzbar als außerhalb, sodass darüber diskutiert wird, ob es In-Jobber auch in Nicht-WiN-Gebieten geben kann, was für Marßel ein Problem sein kann.
Neben diesen Wohngebieten, die für den suburbanen Raum, wie man ihn etwa aus amerikanischen Filmen kennt, so untypisch sind, darf man nicht vergessen, dass es auch andere Ortsteile gibt.

 
Suburbane Chancen



Bremen-Nord ist zwar mit 1.600 Einwohnern pro qkm verglichen mit den Umlandgemeinden hoch verdichtet. So ist etwa das benachbarte Schwanewede mit nur 150 Einwohner qkm noch ein typischer ländlicher Raum und auch die sich dynamisch entwickelnden Gemeinden wie Stuhr, Ritterhude und Weyhe erreichen nur Werte um die 500 Einwohner je qkm.

Gleichwohl bieten sich auch in den Stadtteilen noch Flächen für kleinere neue Wohngebiete an, in denen man nicht unbedingt die Fehler der Vergangenheit wiederholen dürfte, da es dafür eine keine Nachfrage gibt.

Wichtig wäre es jedoch, möglicherweise sogar auf ehemals gewerblich genutzten Flächen neue Wohnungen zu errichten, damit die Ortsteile auch für junge Familien attraktiv bleiben und vor allem werden, die sonst wegen fehlender Angebote in das einladende Umland abwandern. Damit gehen Bremen schließlich nicht nur Einkommensteuerzahler verloren, sondern auch die Einwohner, die ihr Leben ohne Quartiersmanager selbst gestalten und sich an der Entwicklung ihrer Wohngebiete aktiv beteiligen.

Dazu braucht man allerdings nicht nur Bauland, wie es diese potenziellen Baufrauen und Bauherren sich vorstellen, sondern auch ein positives Image, das man gemeinhin mit dem Wohnen am Stadtrand verbindet.

Umweltbelastungen und soziales Konfliktpotenzial in der Nachbarschaft sind bekanntlich Schreckgespenster, mit denen man niemanden locken kann. Und falls sie sich nicht ganz vermeiden lassen, wird es davon abhängen, ob sie von den  Stadtteilmanager transparent und kompetent behandelt, geregelt und möglichst auch gelöst werden, ihr tatsächliches Verhalten also nicht ständig an die bürokratischen Verwalter altes Stils erinnert.

Quellen:


Ein grünes Band für Lüssum, Pressemitteilung der Senatspressestelle vom 4.5.2010.
Integrierte Handlungskonzepte für die Programmgebiete der sozialen Stadtteilentwicklung in Bremen. Endbericht, Bremen, Oktober 2006.
Sack, Manfred, Noch ein Märkisches Viertel?, in: Die Zeit vom
18. Juni 1993.
Strubelt, Wendelin, Grußsiedlungen in Deutschland zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Akzeptanz und Widerspruch. Ein eher persönlicher Rückblick, in: Informationen  zur Raumentwicklung, 2006, S. 139 – 154
Tempel, Günter, Die Auswirkungen sozialer Polarisierung. Zur Entwicklung der Lebenserwartung und Sterblichkeit in ausgewählten Bremer Wohngebieten", Bremen 2006. 
Statistisches Landesamt Bremen, Stadtteil- und Ortsteiltabellen.
Wohnen in Nachbarschaften (WiN). Stadtteile für die Zukunft entwickeln.
«Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - die soziale Stadt»
Stand der Umsetzung der Programme (Juni 2002), Bremen, Januar 2003.

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