Sonntag, 24. November 2013

BWK-Areal: Chrono-logie


Der Fall BWK

oder

Wie Bremer Lobbyisten, Politiker und Planer Blumenthals Chancen vertun



                             Hinweistafel vor dem BWK-Gelände im Mai 2013



Nachdem Bremen bereits vor einem Jahrzehnt einen ersten großen Teil des ehemaligen BWK-Geländes gekauft hatte, erfolgte Mitte November 2013 ein symbolischer Spatenstich für die Erschließung dieses Areals, das die Stadt erworben hatte, um die Wirtschaftsstruktur zu verbessern. Diesem Ziel konnte man folglich noch nicht näherkommen. Das gilt auch für einen Bebauungsplan, der bisher noch nicht beschlossen wurde.

Obwohl sich die Entscheidungsträger viel Zeit gelassen haben, wurden diese Jahre nicht genutzt, um unterschiedliche Nutzungskonzepte für das Gelände zu entwickeln und auf ihre Auswirkungen für die weitere Entwicklung Blumenthals zu prüfen. Vielmehr soll immer noch das entstehen, was der damalige Eigentümer dort schon zur Zeit der Jahrtausendwende wollte: ein Industriegebiet mit möglichst wenigen ökologischen Auflagen.

Wie schon die Zeitspanne zwischen Kauf und Spatenstich zeigt, fehlt hier eine Nachfrage. Daher ist es unverständlich, dass Bremen keine Alternativen prüft, die vermutlich für den jetzigen Eigentümer finanziell günstiger sind und für mehr Leben in Blumenthal sorgen können als eine jahrzehntelange Industriebrache.

Es sieht daher auf diesem Blumenthal Filetgrundstück zwischen Wätjens Park, Aue, Weser und Blumenthal Center so aus, als hätten sich hier die Mächtigen verschworen, um eine bessere Lösung für die Zukunft eines Ortsteils zu verhindern.

Die Einzelschritte, die zum jetzigen Bebauungsplan geführt haben, der die Zukunft Blumenthals durch ein Industrie- und Gewerbegebiet verstellt, dürften jedoch nicht nur für die Entwicklung Blumenthals wichtig sein. Vielmehr kann das Entscheidungsmuster einer Kommune, die sich nicht an allgemeinen Entwicklungskonzepten für ihren Ort orientiert, sondern die Gewinninteressen eines einzelnen großen Immobilienbesitzers unterstützt, auch ganz generell interessieren.

Schließlich lässt sich an diesem Beispiel aus dem Bremer Norden nachvollziehen, wie die Wünsche der Einwohner und die Empfehlungen unabhängiger Fachleute ausgeblendet werden können, um den Forderungen einer Industrielobby zu folgen, die für ihre Ziele bestenfalls Schlagworte nennen kann, jedoch kein kohärentes Entwicklungskonzept für einen sozial benachteiligten Stadtteil. Besonders bemerkenswert sind dabei die Methoden, mit deren Hilfe es einer zunächst sehr überschaubaren Industrieklientel gelingt, staatliche Instanzen für ihre Ziele einzusetzen.

Um diese Prozesse nachvollziehen zu können, muss man sich den gesamten Vorgang, der sich über bereits ein Jahrzehnt erstreckt, näher ansehen, auch wenn das etwas mühsam ist, allerdings trotzdem erheblich weniger Zeit in Anspruch nimmt, als Bremen bisher benötigt hat, um das Grundstück zu entwickeln.


Der Überlebenskampf der Bremer Wollkämmerei (BWK)


Historisch gesehen folgten die Bremer Behörden und die Politiker in Bremen und Blumenthal einer Strategie des Vorstandes der Bremer Woll-Kämmerei. Das könnte durchaus sinnvoll sein, wenn man damit einem Ratschlag von versierten Praktikern gefolgt wäre.

In diesem Fall sieht es jedoch anders aus: Hinter der BWK stand zwar eine große historische Tradition, auch eine sehr glückliche Hand und vor allem auch ein kluger Kopf bei der Wahl eines Standortes an der schiffbaren Weser am Rande der Wollhandelsmetropole Bremens und innerhalb des Gebietes des deutschen Zollvereins. Damit war dieser Standort sicherlich günstiger als die Lage der Kämmereikonkurrenten in Delmenhorst, Döhren bei Hannover, Leipzig und Mylau im Vogtland und schuf damit die Voraussetzungen für ein jahrzehntelanges erfolgreiches Kämmereigeschäft.


Bei dieser Laudatio auf den Standort darf jedoch eines nicht vergessen werden: Sie bezieht sich auf die Situation des Jahres 1883. Und das ist eine Zeit, in der die ökonomische Welt ganz anders aussah als heute.

Die Unterschiede werden nicht zuletzt an der Geschichte der BWK selbst deutlich, die nicht nur ihr Wachstum zu einem großen Teil ihrem Standort verdankt, sondern wegen der revolutionären Änderungen der Weltwirtschaft auch ihren Niedergang und sogar ihr Ende genau diesem Standort anlasten muss. Die industrielle Textilproduktion und damit das Verspinnen von Kammzügen erfolgte nicht mehr in Europa, sondern vor allem in Asien, sodass Blumenthal sehr, sehr weit von der neuen Wollmagistrale zwischen Australien und China entfernt lag.


Diese Revolution in der globalen industriellen Produktion, die sich durch die Industrialisierung der sogenannten Entwicklungsländer mit ihrer preiswerten Arbeitskraft langsam anbahnte und durch die Öffnung Chinas innerhalb weniger Jahre das beherrschende Szenario wurde, wurde von der Leitung der BWK falsch eingeschätzt. Sie hat bis zuletzt damit gerechnet, dass sich Konsumgüter nur in der Nähe der Konsumenten erfolgreich industriell produzieren lassen und nicht an entfernten Standorten aufgrund niedrigerer Arbeitskosten.

Dieses falsche Credo, das auch den Wünschen der letzten Beschäftigten der BWK entsprach, hat kurz vor dem Tod der BWK zu Weichenstellungen geführt, durch die die Blumenthaler Stadtteilentwicklung in genau die Richtung gelenkt werden sollte, die sich für das Schicksal der BWK selbst als so verhängnisvoll erwiesen hat. Offenbar wollte man nicht sehen, dass sich in Deutschland und damit auch in Blumenthal die Voraussetzungen für eine industrielle Produktion grundlegend geändert haben, man also nicht die Substitution eines Industrieunternehmens durch ein anderes erwarten kann, wenn das erste gescheitert ist.


Man kann den Eindruck haben, dass aufgrund des historisch gewonnenen Prestiges die ökonomische Niederlage der BWK von vielen Blumenthalern und Bremern wie ein verlorenes Fußballspiel von Werder Bremen interpretiert wurde, für das Zufälle wie falsche Schiedsrichterentscheidungen, Eigentore, Lattentreffer oder sogar defekte Tornetze verantwortlich sein können. Allerdings lassen sich diese Ergebnisse in 90 Minuten plus Nachspielzeit nicht mit dem jahrelangen Kampf der BWK um ihren Standort in Blumenthal vergleichen, denn hier ging es nicht um Zufälle, sondern eine grundlegend veränderte Ausrichtung der deutschen Industrie.


Die Blumenthaler Standortpolitik der BWK


Schon Jahre vor dem Aus ihres Unternehmens hat sich die BWK für eine industrielle Standortpolitik im Bremer Norden und vor allem in Blumenthal engagiert. So war man beispielsweise führend an der Organisation des Industrie-Forums Bremen-Nord, einer Arbeitsgemeinschaft nordbremischer Industriebetriebe, beteiligt, deren Vorstände sich in illustrer Runde über vierzig Jahre lang zu traditionellen Heringsessen trafen und sich dabei etwa von einem Bremer Finanzsenator in einem Festvortrag mit dem Thema „Bremen ist führend im Wirtschaftswachstum in Deutschland. Welche Perspektiven erwachsen daraus für Bremen-Nord?“ unterhalten ließen. Wie das Thema bereits erkennen lässt, lebte man damals – es war exakt der 3. März 1999 – noch in einer anderen Welt. (Sir Charles 40,1)

Der BWK-Chef forderte damals jedoch nicht nur die üblichen Infrastrukturausgaben vom Staat, sondern auch die Ausweisung von Flächen für die Wohnbebauung, „so dass der Standort auch für junge qualifizierte Mitarbeiter attraktiv werde und eine Abwanderung nach Niedersachsen verhindert werde.“

Dabei wurde konkret nicht an das Areal des B-Plans 1288 gedacht, sondern an Flächen, die die BWK seit Ende 1997 (Sir Charles 36, 5) auf ihrem Werksgelände gern Fremdfirmen überlassen wollte, da sie die Immobilien zwar wegen der Produktionsrückgänge nicht mehr benötigte, aber sehr wohl zusätzliche Einnahmen aus Verkäufen und Verpachtungen. Über die Lage der „Wohngebiete zur Eigentumsbildung“ und vor allem mögliche Nutzungskonflikte mit der industriellen Produktion auf dem BWK-Gelände machte man sich hingegen keine konkreten Gedanken.


In ähnlicher Weise beteiligte sich eine Interessengemeinschaft BV-BWK sogar nach einem Verkauf eines großen Teils des nicht mehr benötigten Betriebsgeländes an Bremen bzw. die BIG, wie die damalige Vorgängerin der heutigen WFB hieß. (Sir Charles 61,4) So sollte auf dem verkauften Gebiet kein Gewerbegebiet ausgewiesen werden, weil das zu „gravierenden Problemen für die BWK und in der Ansiedlung neuer Unternehmen“ führe. Gemeint waren damit fiktive ansiedlungswillige Industriebetriebe, die Arbeitsplätze in die Region bringen „wollen“, aber dann woanders hingehen, „wo es nicht solche Restriktionen wie in einem Gewerbegebiet gibt.“ Für die Interessenvertreter der beiden inzwischen nicht mehr bestehenden Industrieunternehmen sollte daher eine „weitsichtige Standortpolitik“ sogar ein Gewerbeansiedlung direkt neben dem Industriegelände der BWK verhindern, weil das „über kurz oder lang zu Einschränkungen bei der Lärmemission führt.“


Die Weichenstellungen durch BWK und Elders


Diese Zielsetzungen änderten sich auch nicht, als die BWK einen australischen Finanzkonzern als Mehrheitsaktionär erhielt, der sich offensichtlich neben den Wollhandelsgesellschaften vor allem für das Blumenthaler Betriebsgelände als wichtige weiterhin werthaltige Vermögensposition der Wollkämmerei interessierte. So setzte auch Elders als Alleineigentümer die Verkaufspolitik der eigenständigen BWK-Führung fort. Das wurde nach der Einstellung der Produktion nicht verstärkt, als man über einen Makler für das gesamte Areal ansiedlungswillige Industriebetriebe suchte. Allerdings fand man nur einen Käufer: Bremen. 


Gewerbeflächenhandel statt Entwicklungspolitik


Obwohl beim Kauf die BWK einer Klausel zustimmte, nach der sie für einige Jahre Arbeitsplätze in Blumenthal erhalten musste, stellte Bremen den Kauf als strukturpolitische Maßnahme dar. Dabei argumentierte der Wirtschaftssenator, dass außerhalb des Gewerbegebietes Bremer Vulkan im Raum Vegesack und Blumenthal nur wenige freie Gewerbegrundstücke zur Verfügung ständen. Deshalb kaufte die Stadtgemeinde Bremen im Jahr 2003 von der BWK eine ca. 22 ha große, damals nicht mehr für den Produktionsbetrieb erforderliche Fläche, „um hier neue gewerbliche Nutzungen anzusiedeln“. Nach der Einschätzung des Senators wurden mit dieser Maßnahme „wichtige Voraussetzungen geschaffen, die strukturellen Defizite in Bremen-Nord weiter zu verbessern und den Standort Gewerbegebiet Bremer Vulkan / BWK zu stärken“.


Um die Subventionierung von Arbeitsplätzen, die wertbewerbsrechtlich weder in Deutschland noch in der EU zulässig gewesen wäre, zu ermöglichen, hat man also Grundstücke gekauft, die Bremen nicht benötigte, wie die bereits ein Jahrzehnt sich entwickelnde Industriebrache zeigt, da sich kaum nennenswerte Interessenten fanden.

Diese offiziell strukturell begründete Entscheidung nahm jedoch eine erste Festlegung vor, von der sich die Politiker nicht mehr trennen wollten: Es sollten „gewerbliche Nutzungen“ angelegt werden und daher wurde das Gelände auch formal von der Bremer Investitions-Gesellschaft mbH (BIG) erworben, einem Vorläufer der jetzigen Wirtschaftsförderung Bremen (WFB). (Dep. 2009)

  
Dieses zögernde Vorgehen blieb nicht ohne die Kritik der politischen Opposition. Als Folge oder auch auf eigene Intentionen hin vereinbarte der Wirtschaftssenator mit dem Bauressort und den wesentlichen Grundstückseigentümern des BWK-Geländes, der formal als 100%-iger Elders-Tochter noch bestehenden BWK und dem Heizkraftwerk (HKW), daher die Erstellung eines Masterplans für das Gelände der BWK und des Gewerbegebietes Vulkan-West, wie damals das 2003 gekaufte ehemalige BWK-Gelände genannt wurde. Dazu vereinbarte man einen städtebaulichen Wettbewerb, dessen Ergebnisse im Frühjahr 2010 vorliegen sollten. Dabei war an eine Ausweitung zu einer Masterplanung für den Gesamtstandort gedacht, die auch „die Anbindung an das Blumenthaler Zentrum und Maßnahmen zur Stärkung der zentralen Einkaufslage in Blumenthal“ berücksichtigen und im Laufe des Jahres 2010 abgeschlossen sein sollte.

Neben den bekannten klaren Vorgaben durch Elders und das bei Umweltschützern umstrittene HKW legte auch das Bremer Wirtschaftsressort seine Position offen: Für die Behörde sollte „bei der Entwicklung der Flächen vorrangig die Schaffung von tragfähigen und zukunftsfesten Arbeitsplätzen im gewerblichen Sektor im Vordergrund stehen.“ So sollten auf diese Weise „u. a. die Arbeitsplatzverluste, die durch die Aufgabe der BWK entstanden sind, kompensiert werden.“

Der Wirtschaftssenator hatte also vor vier Jahren, als diese Position der Wirtschaftsdeputation vorgetragen wurde, eine sehr eindimensionale Sicht, da er „tragfähigen und zukunftsfesten Arbeitsplätzen“ gerade im gewerblichen Sektor sah und dabei offenbar die Konkurse der Großunternehmen Bremer Vulkan und BWK sogar auf diesem Areal verdrängt hatte, was sicherlich nicht ganz einfach war.

Aber der Wirtschaftssenator konnte sogar auf eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Gesamtmaßnahme „Entwicklung des Gewerbegebietes Bremer Wollkämmerei“ ab dem Projektstart 2002 verweisen. Danach sollen „mit der Entwicklung des Gewerbegebietes Bremer Wollkämmerei trotz der denkmalschutzbezogenen Aufwendungen langfristig positive regionalwirtschaftliche Effekte für Bremen verbunden“ sein. Gleichzeitig wurde eine Überprüfung dieser Untersuchung für 2014/5 angekündigt.

Da diese Berechnung nicht mehr verfügbar ist und offenbar auch kein Bestandteil der Deputationsvorlage von 2009 war, lässt sich ihr Ansatz nur noch rekonstruieren, wenn man sich an den abgeleiteten Zielkennzahlen für die Erfolgmessung orientiert. Hier werden 1. eine genutzte, d.h. sowohl vermietete als auch vermarktete Fläche von 21 ha und 2. 1.050 – 1.680 Arbeitsplätze auf der genutzten Fläche genannt. Es wurde also offensichtlich die „Wirtschaftlichkeit“ des Ankaufs unter verschiedenen Fortschritten bei der Industrie- und Gewerbeansiedlung untersucht.


Ergänzend neben diesen „quantitativen Aspekten“ sollten aus der Sicht es Wirtschaftssenators auch einige „qualitativen Aspekte der Entwicklung des Gewerbegebietes BWK“ berücksichtigt werden. So wollte man „der Binnenentwicklung, der Nachverdichtung und der Aufbereitung von Brachen Vorrang vor der Entwicklung neuer gewerblicher Siedlungsflächen geben“ und sah eine Gefahr für den Fall, dass die „Entwicklung des Geländes des BWK AG nicht durch Bremen erfolgen würde“, da „die Flächen teilweise brach fallen könnten, mindergenutzt würden oder nicht verträgliche Nutzungen entstünden, die das Image und die Entwicklungsoptionen des Stadtteils Blumenthal nachhaltig negativ beeinflussen könnten“.

Während die zur Umkehr dieses Prozesses für Bremen möglicherweise anfallenden Kosten als nichtbezifferbar eingeschätzt wurden, glaubte man durch „die Sanierung der industriell-historischen Bausubstanz und die Errichtung bzw. Inszenierung einer historischen Achse“ den gesamten Stadtteil Blumenthal „erheblich“ aufwerten und „positive Entwicklungsansätze für Blumenthal“ generieren zu können. Bei derart positiven Einschätzungen dachte offenbar niemand an Alternativen (Dep. 2012, ERPE)


Erste kreative Ideen von Bürgern, Politikern und Architekten


Die Eigentümer hatten sich also festgelegt, ohne offensichtlich Alternativen zu prüfen, was vor allem überraschen muss, da andere Städte alte Industrieareale in Innenstadtnähe ganz anders nutzen und sich nicht unbedingt eine erhebliche Aufwertung eines Stadtteils versprechen, wenn man dort historische Bausubstanz neben neuen Industrie- und Gewerbebauten teuer sanieren will.


Daher musste es nicht überraschen, als im Wintersemester 2009/10 eine Gruppe von Architekturstudenten aus dem 5. Semester, die sich zusammen mit ihren Prof. Klaus Schäfer an der School of Architecture Bremen mit dem „architektonisch faszinierendes Ensemble aus Industriebauten“ auseinandergesetzt hatten, zu abweichenden Vorschlägen kamen. In zehn studentischen Entwürfe, in die auch Anregungen von einer Studienfahrt nach Zürich eingeflossen waren, setzten sie auf eine Aufwertung des gesamten Areals, weil sie keinen Grund dafür sahen, dass die alten Gebäude, „wie in Bremen gern praktiziert abgebrochen“ werden, was dann hier euphemistisch mit Rückbau umschrieben wird.

Diese Entwürfe für Blumenthal und die BWK (Bremer Woll-Kämmerei), in denen die Autoren einen „Beitrag zur aktuellen Diskussion um die Entwicklung des Stadtteils Blumenthal“ sahen, wurden im Foyer des Bremer Siemenshochhauses vom 1. bis 5. März 2010 ausgestellt und stießen auf das Interesse der Presse und teilweise auch der Politik.

So schrieb die Nordsee-Zeitung unter dem Titel „Blumenthal rückt an die Weser“ von unterschiedlichen Lösungen, die „Industrie, Gewerbe und Wohnen auf historischem Areal“ vereinen. Allerdings sahen die Architekten die häufig geforderte Nutzungsmischung in einer wohl diplomatisch zu verstehen Wendung kritisch, wenn der Projektleiter „eine Müllverbrennungsanlage in enger Nachbarschaft zu Wohngebäuden in Bremen noch Utopie“ nannte, um damit eine Brücke zu den Vorstellungen des an dieser Ausstellung beteiligten Wirtschaftsrates Bremen-Nord zu schlagen. Das war auch durchaus nötig, da die Studenten in ihren Entwürfen vor allem das Wasser in den Mittelpunkt ihrer Arbeiten gestellt hatten ein Gedanke, der später mit einem Hinweis auf einen generellen Trend zum Wohnen am Wasser von einem Kritiker von Planungen in Bremen-Nord wieder aufgegriffen werden sollte. (Buschmann). So wollten Studenten eine umgeleitete Aue durch das Areal fließen lassen und sagen an der Weser Sitzstufen als besondere Anreize zum Aufenthalt vor. Diese Angebote waren jedoch weniger für die Mittagspausen von Industriearbeitern gedacht, sondern für die Bewohner umgebauter alter Speicher oder die Angestellten in Büros.

Sogar der bereits gewählte, aber aufgrund juristischer Rangeleien noch nicht eingestellte neue Ortsamtsleiter sah das Kämmereigelände als wichtigen Ansatzpunkt für die weitere Entwicklung Blumenthals. Damals wollte der den Träumen von „industriellen Arbeitsplätzen“ noch nicht folgen, zumal seiner Meinung nach ein „Umzug innerhalb von Bremen-Nord keine zusätzlichen Arbeitsplätze schaffen“ würde. So stimmte er mit den 
Architekturstudenten überein, wenn er als Nutzung eine kleinteilige Entwicklung mit Büros und kleinem Gewerbe, natürlich auch Wohnungen“ für realistisch hielt. Seine Hoffnungen bezogen sich vor allem darauf, dass durch die sanierte Industriearchitektur, „Talente angelockt werden können“, wie das im Hamburger Schanzenviertel gelungen war. ( (BLV vom 5.5.2010)

Das war Anfang März 2010. Als sich dann am Ende des Monats der Blumenthaler Bauausschuss mit den studentischen Entwürfen beschäftigte, hatten zahlreiche Mitglieder wenig für die Kreativität übrig, in der sie undurchführbare Visionen sahen, während die CDU-Vertreter ohnehin bei ihrem Votum für eine zukünftige industrielle Nutzung blieben.

Wenige Tage nach dieser Sitzung zog der bekannte Bremer Publizist Klaus Wolscher in der lokalen 
Wochenzeitung BLV in einem Kommentar unter dem Titel „Kein Impuls für BWK“ ein Résumé des damaligen Diskussionstandes. Er prognostizierte darin für die Blumenthaler lange Wartezeiten, und zwar für den vorgesehenen Uferradweg, aber auch die versprochenen Arbeitsplätze. 

Den Grund sah er in dem „wohnunverträglichen Gewerbe“, weshalb kein Architekt dort sein Büro einrichten und kein Dienstleister Geld investieren würde. Daher sah er es als großen Fehler an, nicht einmal eine „Wohnbebauung bis zum Wasser hinunter zuzulassen“, weil hierdurch große Wohnungsbaugesellschaften „aktiv die Wiederbelebung des Geländes“ hätten vorantreiben können.

Da diese Chance damals „vertan“ wurde, sah er das „Thema „BWK-Gelände“ spätestens in fünf Jahren wieder auf die Tagesordnung.



                                VHS auf dem Nordwolle-Gelände in Delmenhorst


Profitinteresse und Klientelpolitik


In Blumenthal standen sich damit zwei Positionen gegenüber, die sich nicht nur in ihren Zielen, sondern auch vor allem in ihrem Organisationsgrad und dem politischen Gehör unterschieden, das sie aufgrund ihrer sozialen Stellung einnahmen.


Die Rahmenbedingungen des Masterplans


Die faktischen Rahmenbedingungen für die weitere städtebauliche Entwicklung bestimmten die Eigentümer bzw. für die Bremer Bürger der Wirtschaftssenator, dessen Ressort die gekauften ehemaligen BWK-Flächen unterstanden. Und in diesem Kreis, der sich bekanntlich schon lange kannte, stellte der Weser-Kurier zumindest eine sehr, sehr ähnliche Position fest. So erklärte der Sprecher der BWK, der mit gut 100.000 Quadratmetern über den größten Teil der Fläche bestimmen konnte, die BWK habe ein „konkretes Vermarktungsinteresse“. Damit waren, wie der Weser-Kurier recherchiert hatte, ganz unabhängig vom Masterplan „intensive Gespräche mit möglichen Kaufinteressenten" gemeint, und zwar „sowohl aus der Industrie als auch aus dem Logistikgewerbe“. Diese Position wurde von der BWK auch öffentlich vertreten, wenn sie bestätigte, dass für diesen Eigentümer „eigentlich nur ein kompletter Verkauf in Betracht“ komme. So wollte sich die BWK zwar in den städtebaulichen Dialog „konstruktiv einbringen, allerdings unter Wahrung ihrer Interessen.“

Damit bestand für den Wettbewerb eine klare Vorgabe in einer Trennung zwischen den BWK-Flächen, die vom Eigentümer an ein Industrie- oder Logistikunternehmen verkauft werden sollten, und dem Rest, auf den sich damit der gestalterische Wettbewerb beziehen konnte. Fiktiv sollte damit eine isolierte Betrachtung der beiden Teile erfolgen, was praktisch irreal ist, wenn man an die vielfältigen Wechselwirkungen denkt, die zwischen den einzelnen Grundstücken auf einem größeren Areal bestehen.

Diese Vorgabe wurde anschließend auf die Aufstellung des Bebauungsplans übertragen, wobei hier der privaten Seite der Bau- und der Wirtschaftssenator gemeinsam gegenüberstanden, der noch Unterstützung durch die Betriebsrätekonferenz der IG Metall erhielt, die keine „bestehenden Industrieflächen in Bremen-Nord .. ohne Not zu opfern“ wollte. Für sie sollte es trotz aller ökologischen Überlegungen „Plätze geben, an denen gebohrt und gehämmert wird“. 
Aufgrund dieser Vorgaben wollte der Bausenator auf dem BWK-Gelände „gebietsverträgliche gewerbliche Neunutzungen in einem zukunftssicheren Branchen- und Größenmix sowie von dienstleistungs- und gegebenenfalls kulturell orientierten Angeboten“ anstreben. Man sprach sich also für eine möglichst vielfältige und bunte Mischung aus, ohne sich dabei öffentlich mit der Frage zu beschäftigen, ob das in der Realität ohne gravierende Nutzungskonflikte möglich ist und sich auch genügend Nachfrager auf dieses risikoreiche Experiment einlassen würden.

Gestaltete und ausgesparte Flächen (Quelle: WESTPHAL ARCHITEKTEN BDA mit LOHAUS CARL LANDSCHAFTSPLANER)


Der Masterplan-Wettbewerb


Folgt man der offiziellen Terminologie, wurde Anfang 2010 ein Dialogverfahren durchgeführt, als dessen Ergebnis ein Masterplan Blumenthal stand. Wenn man jedoch diese Begriffswahl näher betrachtet, entpuppt sie sich als eine PR-Aktion, die kaum die Fakten korrekt bezeichnet, wie sie tatsächlich vorlagen. So gab es kein spezielles Dialogverfahren als Bürgerbeteiligung etwa in Form einer Planungszelle oder auch nur einer Befragung, und auch der Begriff Masterplan Blumenthal ist mehr als irreführend; denn es ging nicht um einen längerfristigen Plan für den Stadtteil oder auch nur den Ortsteil Blumenthal und sogar nicht einmal für das BWK-Gelände. Vielmehr wurde in dem „geladenen Dialogverfahren“ für das „Gebiet des ehemaligen Betriebsgeländes“ eine städtebauliche Planung zur Attraktivitätssteigerung erwartet, wobei die „Fortführung des Weserweges und die Verbindung der angrenzenden Wohnquartiere, des Zentrums und des Marktplatzes mit dem Weserufer“ als Schwerpunkte herausgestellt wurden.

Es ging also um die Gestaltung von zwei Verbindungsstrecken, während die Nutzung des übrigen Areals völlig außen vor blieb. Man könnte so die Aufgabe als den Entwurf eines Bilderrahmens beschreiben, bei dem das Bild unbekannt war bzw. nicht berücksichtigt werden sollte.

Den ersten Preis dieses Wettbewerbs gewann das Team Westphal Architekten (Bremen) und LohausCarl Landschaftsarchitekten (Hannover), dessen Entwurf sich vor allem durch seine „gestalterische Prägnanz“ auszeichnete.

Im Einzelnen entsprach er nicht nur den Vorgaben, sondern entwickelte innerhalb dieses Rahmen eine ansprechende städtebauliche Umsetzung. So sollte die historische Wegachse im Osten des Geländes als neue Wegeverbindung zwischen Blumenthal und der Weser durch eine vollflächige Pflasterung aufgewertet werden. Dadurch wollen die Architekten hier eine großzügige Freifläche entstehen lassen, die von Fußgängern, Radfahrern und Anliegerverkehr gleichermaßen genutzt werden kann. Den „Auftakt der identitätsprägenden Straße“ soll ein „neu gestalteter Platz an der Landrat-Christians-Straße“ bilden, während „das Finale an der Weser .. durch einen Platz vor der Fliegerhalle mit einer Aussichtsterrasse vollendet“ wird, wie es im Erläuterungstext heißt.


Bei der Verlängerung des bestehenden Weserwegs nach Osten will man die bestehende, veraltete Spundwand in ihrer Höhe reduzieren und eine neue Spundwand im rückwärtigen Bereich setzten, „so dass eine Promenade direkt am Wasser entsteht, welche Fußgängern und Radfahrern ungehinderten Wasserblick ermöglicht“. Auf diese Weise soll der Eindruck einer „grünen Düne“ entstehen, wobei „die dünenartige Böschung die Hochwasserschutzwand“ umspielt, „so dass diese nur in Teilbereichen in Form von Sitzbänken im Hochpunkt der Düne sichtbar wird.“

Weniger positiv sahen die Preisrichter nur einen möglichen Schiffsanleger, „wenngleich der Schiffsanleger an dem im Konzept vorgeschlagenen Standort nicht funktionieren kann.“ Aber dieses Manko hielten die Architektur-Fachleute offensichtlich nicht für besonders gravierend an.



Kräne unten links (Quelle: WESTPHAL ARCHITEKTEN BDA mit LOHAUS CARL LANDSCHAFTSPLANER)


Auf der Vorstellung dieses später generell abgekürzt als „Masterplan“ bezeichneten Gestaltungswettbewerbs für Architekten und Landschaftsplaner stellten die beiden beteiligten Senatoren des Wirtschafts- und Bauressorts vor allem die „historische Achse“ und eine Vernetzung Blumenthals mit der Weser sowie die Aktivierung des Wanderwegs besonders heraus. Dabei wagten sie sogar eine Prognose. Ihrer Meinung nach soll man „in maximal zehn Jahren“ “positiv auf den Standort blicken können.“

Während die Zeitungen von keinem Dialog zwischen den beiden Senatoren und den Bürgern berichten, gab es bereits im Vorfeld klare Festlegungen. So wollte das BWK-Management seine Forderung einer großflächigen gewerblichen Nutzung, vertreten, „was den Vorteil hätte, dass die Grundstücke im großen Maßstab verkauft werden könnten.“ Auch wollte man eine Reaktivierung der alten Kaje für den Umschlag von Transportgütern auf Binnenschiffe, um so ein weiteres Argument in den Verkaufsverhandlungen und damit möglicherweise bessere Chancen für die Erzielung eines höheren Preis zu besitzen.

Sogar die „Realistinnen“ in der Grünen-Fraktion schlossen sich dieser Zielsetzung an, wenn auch mit Einschränkungen. Danach kam es darauf an, „wie Industrie definiert wird. Jedenfalls hielt man die Planung für Wohnungen für „eine Illusion“, bewertete die studentischen Entwürfe „zurückhaltend“ und nannte ein BWK-Gelände ohne Müllverbrennung als „eine schöne Idee“, bei der „aber weit in die Zukunft gedacht“ sei.



Platz vor der Fliegerhalle (Quelle: WESTPHAL ARCHITEKTEN BDA mit LOHAUS CARL LANDSCHAFTSPLANER)


Ohne Kaje keine gute Zukunft für Blumenthals

Im Frühjahr 2011 schaltete sich die Bremer Handelskammer vehement mit einer Warnung vor einer Einbeziehung von Teilen des BWK-Geländes in das Blumenthaler Wasserschutzgebiet ein. Vielmehr forderte ihr Präsident dort den Bau einer Kaje. Man wollte also ein Industriegebiet möglichst ohne Umweltauflagen, da andernfalls die Zukunft Bremens gefährdet sein könnte. Oder wortwörtlich: „Wenn wir dort nicht die Chancen eines Gewerbestandortes am seeschifftiefen Wasser nutzen, verbaut sich Bremen wirtschaftliche Zukunftsperspektiven. Vor allem aber würden zukünftige Ansiedlungschancen im industriellen Bereich zunichte gemacht. Das BWK-Gelände ist eine der wenigen verfügbaren Flächen in Bremen mit wasserseitiger Umschlagsmöglichkeit Es muss daher vollständig aus der Festlegung von Wasserschutzzonen ausgenommen werden“.

Die Handelskammer als Vertreterin der Bremer Wirtschaft sah somit industrielle Arbeitsplätze auf dem BWK-Gelände offenbar als den einzigen Schlüssel, um mit dem „besonderen Standortvorteil am seeschifftiefen Wasser“ Bremen und Blumenthal nach vorn zu bringen. So halten es diese Lobbyisten für „schädlich“, „beim BWK-Gelände allein auf Dienstleistungswirtschaft, lokales Gewerbe, Kultur und Gastronomie gepaart mit Denkmalschutz und schönen Uferpromenaden zu setzen“. Vielmehr sollen „Einzelhandel, Soziales und Kultur“ in Bremen-Nord „nur dann positiv vorankommen, wenn es gelingt, insbesondere neue industrielle Arbeitsplätze im Bremer Norden zu schaffen und bestehende zu sichern“.

Dabei wird allerdings zugestanden, dass „angesichts der Nähe zu den Wohngebieten in Blumenthal“ eine „Ausweisung als Industriegebiet nicht für das gesamte Areal in Frage“ kommt, „auf jeden Fall“ jedoch „für einen breiten Streifen entlang der Weser vom Heizkraftwerk Blumenthal bis zur Mündung der Blumenthaler Aue erfolgen“ muss.

Auf der Suche nach Wählern 



Im Vorfeld der Bürgerschaftswahl 2011 war in den Programmen der größeren Parteien Bremens, also der SPD, CDU, der Grünen und der Linken, die zukünftige Nutzung des BWK-Geländes ein wichtiges Thema. Dabei haben sich die CDU und die Linke relativ klar positioniert, wenn es etwa im Programm der Linken heißt: „Auf dem BWK-Gelände stellen wir uns eine Nutzung durch klein- und mittelständisches Gewerbe vor. Eine intensive industrielle Nutzung mit entsprechender Umweltbelastung lehnen wir ab. Der Zugang zum Fluss soll ermöglicht werden. Die Möglichkeit für einen Wohnmobilstandplatz an der Weser mit Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr sollte geprüft werden.“

Noch klarer und kürzer formulierte die CDU ihren Standpunkt, wenn sie „das Gelände der Bremer Wollkämmerei (BWK) in Bremen-Nord .. als zusammenhängendes Gewerbegebiet mit industrieller Nutzung erhalten“ will.


Damit standen sich also an den beiden Flanken des politischen Spektrums Bremen die Forderung eines kleinteiligen und eines stärker industriell ausgerichteten Gewerbegebiets gegenüber, während die aus der Bevölkerung aufgetauchten Vorschläge nicht berücksichtigt wurden. Hier scheint sich der Gedanke, dass Blumenthal Arbeitsplätze benötigt, die nur durch ein Gewerbegebiet möglich sind, durchgesetzt zu haben. Allerdings muss bei diesen Zielen der Wahlprogramme berücksichtigt werden, dass sie in einer Zeit entwickelt wurden, als der Finanzkonzern Elders über die BWK noch Eigentümer große Teile des Geländes an einen Industriebetrieb verkaufen wollte, den er über einen Makler gesucht hat. Einer nicht-industriellen Nutzung stand also das Eigentumsrecht eindeutig im Wege.

Demgegenüber überraschen die Programme der beiden Bremer Regierungsparteien, da sie zwar von der WFB Kreativität erwarten und einen „lebendigen Mix aus unterschiedlichen Nutzungen anstreben“, so bei der SPD, oder wie die Grünen von einem Baustein zur „Stadt am Fluss“ sprechen; die klar definierten und umstrittenen Begriffe des Bundesbaugesetzes wie Gewerbe-, Industrie- und Wohngebiet tauchen hingegen gar nicht auf.


Stattdessen will die SPD in ihrem Bremen-Nord-Plan eine „kleinräumige, arbeitsplatzintensive Nutzung“ anstreben, wobei auch „Geschäfte und Dienstleistungsbetriebe, Künstler und kulturelle Einrichtungen ihren Platz finden“ können. Von derartigen Potenzialen liest man auch bei den Grünen, wenn sie darauf verweisen, dass auf dem BWK-Gelände „vorbildlich gezeigt werden“ kann, „wie eine zukunftsweisende Stadtentwicklung wirtschaftliche und ökologische Anforderungen und die Bedürfnisse der Stadtbevölkerung vor Ort miteinander verknüpft.“ Allerdings wird dieses Wunschgemälde von einer Idealstadt für den Fall Blumenthal an keiner Stelle näher konkretisiert. Man erfährt nichts über die eingesetzten städtebaulichen Maßnahmen, sondern darf nur den Versprechungen glauben oder auch nicht.

Konkreter werden die Wahlprogramme hingegen bei den Entsorgungsbetrieben auf dem BWK-Gelände. So stellt das sozialdemokratische Bremen-Nord-Programm fest, dass „die frühere BWK–Fläche .. heute kein klassischer Industriestandort mehr“ sei. Daher soll „aus Immissionsschutzgründen .. bei jeder Ansiedlung von Betrieben auf die benachbarten schützenswerten Wohnungen Rücksicht genommen werden“. Für die SPD geht es „hier vor allem darum, die Lebens- und Wohnqualität der Anwohner dauerhaft zu verbessern.“ Daraus ergeben sich dann klare Schussfolgerungen, wenn es „keine Expansion von Betrieben der Abfallwirtschaft geben“ soll.

Die Forderungen der Bremer Koalitionspartein in ihren Wahlprogrammen gehen sogar noch weiter; denn SPD will „langfristig alle Schritte“ unternehmen, „um den Bereich von Müllbeseitigungsanlagen frei zu machen“, und die Grünen erklären, dass der „weitere Betrieb zweier Sondermüllverbrennungen auf dem BWK-Gelände … kontraproduktiv für die Umsetzung des BWK-Masterplans“ ist.




                              Modernes Mehrfamilienhaus auf der IBA HH-Wilhelmsburg


Und nach der Wahl: die Koalitionsvereinbarung zur BWK
 

Wählern, die aufgrund dieser Aussagen für die SPD oder den Grünen ihre Stimme gegeben haben, dürfte die im Juni 2011 abgeschlossene Koalitionsvereinbarung überrascht, wenn nicht sogar enttäuscht haben. In diesem Papier, das in Bremen bis 2015 die politische Handlungsgrundlage sein wird, wenn nicht einer der beiden Partner zum Bruch der Koalition bereit ist, werden die „kontraproduktiven“ und „langfristig“ zu schließenden Müllbeseitungsanlagen nicht einmal erwähnt. Damit wird auch kein Weg aufgezeigt, wie man auf die „schützenswerten Wohnungen Rücksicht nehmen“ und damit das alte Blumenthaler Zentrum lebenswerter machen will.

Stattdessen wird ein Bebauungsplan angekündigt, der verbal eine Reihe von Wünschen gleichzeitig erfüllen soll, die man üblicherweise als Nutzungskonflikte kennt. Dabei hat allerdings der Fehlerteufel die intendierte Formulierung verschleiert hat; denn der Plan soll, wie es heißt, „einen attraktiven Mix gewerblicher und hochwertiger industrieller Nutzungen, deren Verträglichkeit mit den umgebenden Wohnlagen und die Öffnung zum Ortskern“ ermöglichen.

Während sich das Abkommen bei den vorgesehenen „attraktiven“ und „hochwertigen“ Nutzungen völlig bedeckt hält und über die Frage, wie diese Nutzungen nach Blumenthal gelockt werden sollen kein Wort verliert, wird der Rahmen des Projekts euphemistisch geschildert. So stellt man das Vorhaben als ein „Schlüsselprojekt“ heraus, nennt es einen wichtigen Baustein zur „Stadt am Fluss“, würdigt die „bemerkenswerten historischen Gebäude und spricht von Hoffnungen. So sollen die nicht näher erläuterten Maßnahmen „den Wohnstandort stabilisieren, die gewerbliche Adresse Blumenthal stärken und Arbeitsplätze schaffen. (Vereinbarung, S. 32)




Blick von der Weser auf die "grünen Dünen" (Quelle: WESTPHAL ARCHITEKTEN BDA mit LOHAUS CARL LANDSCHAFTSPLANER)



Ein neuer industrieller Silberstreifen


Da Ende 2011 seit dem Kauf einer BWK-Fläche von immerhin 24 ha nicht wenige Jahre vergangen waren, standen die politischen Vertreter Bremens vor einem steigenden Legitimationsdruck. Sie konnten den Kauf schließlich nicht als eine verbotene Subvention an ein einzelnes Unternehmen rechtfertigen, da das eindeutig gegen das Wettbewerbsrecht in Deutschland und der EU verstoßen und vermutlich viele neue Unterstützungswünsche ausgelöst hätte. Der Staatsinterventionismus musste als Strukturmaßnahme erscheinen, was immer dann schwer ist, wenn, wie die Opposition immer wieder bemängelte, auf dem Gebiet praktisch nichts passiert war.


So hakte die CDU in der Wirtschaftsdeputation nach und ließ sich vom Senator das mehr oder weniger vorhandene Marketingkonzept erläutern. Nur verlangt jeder Plan einmal eine Umsetzung oder zumindest ein Präzisierung, die einen baldigen Erfolg wenigstens wahrscheinlich macht. Eine solche Situation erkannte die Nordbremer SPD Ende 2011, als die Bremer Wirtschaftsförderer auf eine gute Zukunft für die Windenergieindustrie setzten und ein entsprechendes Förderprogramm für Bremerhaven beschlossen.

Auch diese Idee war zwar nicht ganz neu, denn die kleine Bremer FDP hatte bereits in ihrem Programm zur Bürgerschaftswahl 2011 auf dem Gelände der BWK „mit seinem hervorragenden Zugang zur Weser“ „ein enormes Potential etwa für Unternehmen des aufstrebenden Offshore-Anlagenbaus“ gesehen. (FDP, 16). Auch hatte sie der Handelskammerpräsident erwähnt.


Aber das hatte irgendwo bei einer Kleinpartei gestanden, während jetzt die Kombination von Windenergie und Bremen mit der rot-grünen Regierung und vor allem ihrem industriellen Wortführer, der SPD, in der Öffentlichkeit verbunden wurde. Als der Senat daher Mitte Dezember 2011 die Aufstellung eines „integrierten Flächen- und Marketingkonzepts für im Land Bremen zur Nutzung durch Zuliefererindustrie für die Windenergiebranche geeignete Gewerbeflächen“ beschloss, erkannten die Nordbremer Genossen eine große Ähnlichkeit zwischen der geförderten Luneplate in Bremerhaven und dem BWK-Gelände in Blumenthal.

Daher wollte man diese Chance rasch ergreifen und forderte vom Senat eine „gemeinsame Flächenvermarktung“ für beide Standorte, wobei der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion beim BWK-Gelände auf die bisher vor allem von der CDU gewünschte Kaje als Vorteil hinwies, da die „Zulieferer von Komponenten für die Offshore-Branche“ dadurch „direkte Umschlagsmöglichkeiten“ hätten. Für die Sozialdemokraten ging es daher vor allem darum, „den Standort in Richtung Windenergiebranche zu profilieren“ und „die Stärken des Standortes, der für diese industrielle Nutzung hervorragend geeignet ist, überzeugend darzustellen und zu vermarkten.

Diese Idee griff auch rasch der Blumenthaler Ortsamtsleiter auf, der mit dieser Vermarktungsabsicht den 
Blumenthalern verdeutlichen wollte, „dass man alles tun wird, um in Blumenthal neue Impulse zu setzen“. Für ihn war damals die Windenergie ein Zukunftsmarkt, der „neue Arbeitsplätze schaffe, wie man besonders in Bremerhaven deutlich sehen könne“.

Das BWK-Gelände bot dabei für ihn „bereits eine perfekte Infrastruktur mit schnellen Anbindungen über Straße, Schiene und Wasser, wodurch sein Ortsteil „mit der Ansiedlung von produktiven Zuliefern Bremerhaven unterstützen“ könne. (BLV vom 18.1.2012)

Auch den Ankauf der letzten 9,2 Hektar von Elders sah man deshalb als einen „wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer einheitlichen Vermarktung des Gesamtareals“, ohne dass dabei auf die Eignung der denkmalgeschützten Immobilien eingegangen wurde. Damit hatte die SPD ihre scheinbar überzeugende Nutzungsidee, nach der „der Fokus auf der Windenergiebranche“ ein für Bremen-Nord angeblich wichtiges industrielles Gewerbegebiet erhalten und dort zukunftssichere Arbeitsplätze schaffen kann. Daher forderte man vom Senat, die „städtebaulichen Gestaltung des Areals“ mit „einem möglichen öffentlichen Zugang zum Kajenbereich in Einklang zu bringen“.


Verengte Pläne in der Kritik


Trotz dieser Festlegung der SPD und CDU auf ein Industriegebiet möglichst mit Kaje war die Zeit des kreativen Denkens über die Zukunft des BWK-Geländes auch im Sommer 2012 noch nicht ganz zu Ende. Damals veranstalteten Künstler innerhalb der alten Mauern der Sortierung einen „Palast der Produktion, der über die Zwischenzeitzentrale (ZZZ) organisiert worden war.

Dabei setzten sich die Künstler nicht nur in ihren Arbeiten mit der historischen Umgebung auseinander, sondern auch in einer Diskussionsveranstaltung, an der neben den Kreativen auch Architekten und Behördenvertreter teilnahmen. Ihr Thema war "Spielräume in der Stadt – Strategien der informellen Stadtentwicklung".


Auch wenn eine Reihe der Ideen und Vorschläge, die von Künstlern angeregt und von vielen Zuhörern als unrealistisch beschmunzelt wurden, fand im Publikum auch eine Gegenposition nicht nur Zustimmung. So wurde darauf verwiesen, dass viele Blumenthaler wieder neue Arbeitsplätze wollen, es also schlicht und einfach so werden soll, „wie früher“. Diesem Wunsch versprach der Vertreter des Bauamtes Bremen-Nord nachkommen, für den es „im Kern“ um eine „gewerbliche Nutzung“ geht, für die man die Tauglichkeit des Geländes prüfe.

Diese frühe Ausrichtung auf gewerbliche Zwecke war dem Architekturprofessor und Urbanisten Stefan Rettich zu „eng“. Damit war auch das Stichwort für einen Blick über die Grenzen des kleinsten Bundeslandes gegeben, wo Teilnehmer auf die Nutzungen anderer alter Industriegelände verwiesen, so das der Nordwolle in Delmenhorst und der Leipziger Baumwollspinnerei.

Gerade das Konzept in Bremens Nachbarstadt Delmenhorst, wo es eine Mischung von Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen sowie Kultur- und Bildungsstätten gibt, führte zu einer sehr direkten Frage eines Teilnehmer an der Vertreter der Bremer Baubehörde. Der musste jedoch mit einer vergleichenden Beurteilung passen, als ihm das Nordwolle-Areal als mögliches Vorbild genannt wurde, denn er musste eingestehen: „Das Projekt kenne ich nicht“.

In der Diskussion um die Nutzung des BWK-Geländes scheinen so Traditionalisten, die möglichst die Vergangenheit als „gute, alte Zeit“ wiederherstellen wollen, und Menschen aufeinander zu treffen, die auch über den Bremer Tellerrand schauen und andere Möglichkeiten zumindest prüfen wollen.

  

Planung ohne Reaktion auf neue Möglichkeiten


Ende 2012 trat auch in Blumenthal das Ereignis ein, das an vielen anderen alten Industriestandorten die Regel war und dort rasch eine einheitliche neue Planung für die Industriebrache ermöglicht hatte: die Alteigentümer oder der Insolvenzverwalter hatten die Grundstücke an einen neuen Investor verkauft.

In der Regel hatte der, wie etwa die zügige Planung am alten Kämmereistandort Döhren zeigt, eine klare Vorstellung von der zukünftigen Nutzung. Auch spielten dabei nicht die Vorgaben oder Einschätzungen des wirtschaftlich gescheiterten Vorbesitzers eine zentrale Rolle, sondern eine eigene betriebswirtschaftliche Kalkulation oder städtebauliche Überlegungen. Das zeigen jedenfalls die Beispiele in Hannover-Döhren und in Kaiserslautern.


In Niedersachsen hatte ein Börsenspekulant, der möglicherweise dabei eine Absprache mit seinem späteren Immobilienkäufer besaß, festgestellt, dass die Hannoveraner Leineinsel einschließlich des weiteren Uferbereichs als Wohnungsbaugrundstück erheblich mehr wert ist als bei einer industriellen Nutzung. Das dürfte, wenn ein Grundstück als Wohngebiet geeignet ist, der Regelfall sein, wie ein Vergleich der Preise für Bau- und Gewerbegrundstücke zweifelsfrei beweist.

Das innerstädtische Grundstück der ehemaligen Kammgarspinnerei Kaiserslautern, auf dem bereits eine Abteilung der Fachhochschule in einem alten Spinnereigebäude untergebracht wurde, führte dort zu einem Abriss alter Gebäude der Spinnerei, um dort Platz für die Konzentration der Fachhochschule an einem zentralen Standort zu machen.

Diese Möglichkeit einer einheitliche Planung durch einen einzigen Grundstückseigentümer war in Bremen erst nach dem Kauf der letzten Grundstücksteile möglich, da der Vorbesitzer, also die BWK bzw. Elders, zuvor durch eine deutliches „Nein“ zu allen anderen Überlegungen auf eine industrielle Nutzung fixiert war. Diese Einengung war jetzt beendet und Bremen hätte im Prinzip die alten Festlegungen auf den Prüfstand stellen und verschiedene Nutzungsoptionen auf ihre Zukunftsfähigkeit beurteilen können. Da ohnehin kaum größere Investitionen erfolgt waren, bestand nicht einmal die Gefahr von vorangegangenen Fehlinvestitionen.

Aufkäufe von BWK-Immobilien durch Bremen

Datum
Fläche in ha
Preis in Mio. €
Preis je qm in €
Dez. 2002
22,0
14,5
65,91 (83,64)
Nov. 2012
9,2
3,0
32,61
Quelle: Blumenthaler Beiratsprotokoll der Sitzung vom 14.11.2011

Der Bau- und Wirtschaftssenator und die Wirtschaftsförderung (WFB) als unmittelbarer Besitzer stellten jedoch keine entsprechenden Überlegungen an, sondern sahen sich als Vollzugsorgane des Koalitionsvertrages, der noch vor dieser neuen Eigentümersituation abgeschlossen war.
 


Nutzungskompromisse auf Plänen und in der Realität
 


Nachdem eine vorläufige Fassung des B-Plans 1288 in der Sitzung der Baudeputation am 10.5.2012 behandelt worden war, wurde der Bebauungsplan mit einem Bearbeitungsstand vom 8. Mai 2013 öffentlich ausgelegt.
In der Deputation hatte der Vertreter der Linken die Geruchsbelästigungen durch Heizkraftwerk Blumenthal GmbH (HKW), also eine Anlage zur Verbrennung von Sekundärrohstoffen, angesprochen, das nach der Auskunft der Verwaltung dort nach Bundes-Immissionsschutzgesetz - unabhängig vom Betrieb der BWK – als Abfallbeseitigungsanlage „so genehmigt worden sei“, sodass „das Ressort hier keinen Handlungsspielraum“ habe und „die rechtlichen Möglichkeiten .. bereits ausgeschöpft seinen.


Eine Kontroverse gab es zur Formulierung über die Behandlung einer Kaje. Hier sprachen sich die CDU-Vertreter gegen eine „Soll-Formulierung aus“ und forderten durch einen Änderungsantrag die Vorgabe: „Die Option eines wasserseitigen Güterumschlages muss dabei unbedingt offen gehalten werden“, wobei sie sich auch auf einen Beschluss des Blumenthaler Beirats bezogen. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen der SPD und der Grünen in der Deputation abgelehnt, sodass mit dem Aufstellungsbeschluss die weichere Fassung für die Bearbeitung maßgeblich blieb.

Für den B-Plan 1288 waren damit dieser Beschluss der Deputation maßgeblich. Außerdem wurde die Rahmenplanung der Arbeitsgemeinschaft Westphal (Bremen) und Lohaus-Carl (Hannover), die nach der Auffassung der Jury den tragfähigsten Entwurf darstellte, „zusammen mit weiteren Vorplanungen und Abstimmungen aus 2010 und 2011“ der Bebauungsplanung zugrunde gelegt.


Da sich der Architektenentwurf auf die historische Achse und den Weserweg konzentrierte hatte, musste damit das gewünschte „Bild“ eines Industrie- und Gewerbegebiets für diesen Rahmen eines anspruchsvoll gestalteten Wegenetzes entworfen werden. Dabei gliederten die Bebauungsplaner das Plangebiet aus Gründen der Schallemissionskontingentierung in einzelne Teilflächen

Und setzten zunächst eine kleine Teilfläche entlang der Landrat-Christians-Straße als Mischgebiet fest. Bei der räumlichen Gliederung und Verteilung der Gewerbe- und Industriegebiete berücksichtigten sie bestehenden und angestrebten Nutzungen, die Lage an der Seewasserkaje der Weser und zu erhaltenden Bestand an ehemaligen BWK-Verwaltungs- und Produktionsgebäuden. Zudem wurde entsprechend dem Trennungsgrundsatz nach § 50 BimSchG eine Verträglichkeit benachbarter konkurrierender Nutzungen beachtet.


Die Festsetzung der Industriegebiete soll darüber hinaus nach der Begründung des Plans auch die Ansiedlung von Unternehmen, die „flussseitige Umschlagsmöglichkeiten benötigen“ wie angeblich z.B. Anlagenbauer, Offshoretechnik u.ä. erlauben. In dieser „Lagegunst am Wasser sahen die Planer „ein Alleinstellungsmerkmal des Plangebietes“, das durch die Festsetzung von zwei Industriegebietsflächen ausgenutzt werden soll, wodurch sich auch die „Ansiedlungsspielräume“ erweitern sollen.

Ganz besondere Bedeutng kommt damit der Planung einer Kaje zu, die bereits in der Deputationssitzung umstritten war. Hier versucht der B-Plan eine ganz besondere Lösung des Konfliktes zwischen einem durchgängigen Weserweg und der gleichzeitigen Nutzung einer Kaje. So formulieren die Planer: „Die Breite des Weges von maximal 8,0 m ist so gewählt, dass die Möglichkeit gegeben bleibt, im Fall einer zukünftigen Nutzung der Kaje für wasserseitigen Güterumschlag mittels Kran über den Weg hinwegzuheben. Dies lässt sich bei Bedarf durch verkehrliche Regelungen unterstützen.“


Die frühzeitige Bürgerbeteiligung



Im Rahmen der durch das Bundesbaugesetz vorgesehenen frühzeitigen Bürgerbeteiligung erläuterten Vertreter des Bauamtes Bremen –Nord und des ebenfalls beteiligten Stadt-und Regionalplanungsbüros Baumgart und Partner, wobei sie von einem dringenden Bedarf an Arbeitsplätzen in Blumenthal ausgingen. Daher sollten auf dem Gelände mögliche Chancen genutzt werden, um eine industrielle Nutzung zu ermöglichen.“ Insgesamt sahen sie daher ihren B-Plan 1288 als einen „tragfähigen Kompromiss, der die Wirtschaftlichkeit berücksichtigt, zwischen den Zielen Arbeitsplatzschaffung und –sicherung, Aufwertung der historischen Achsen und Erhöhung der Aufenthaltqualität, wobei durch die Nachnutzung das „identitätsstiftende Gelände“ erhalten bleiben sollte. 

In der anschließenden Diskussion standen sich ein SPD-Verteter, der seine Überzeugung „Wir brauchen Arbeitsplätze in Blumenthal“ ganz in den Vordergrund stellte und sich dabei auf die Mehrheit des Beirats berief. Die geäußerte Kritik, die sich vor allem auf eine nachträglichen Sanktionierung der emissionisbelastenden Müllverbrennung und der Chemiefasefabrik bezog,
versuchten die Planer durch Hinweise auf entsprechende Auflagen etwa durch ein Schallgutachten zu entkräften.

Die im B-Plan vorgesehene Kombination eines durchgehenden Rad- und Wanderweg und einer Kaje könnte nach den Planern durch eine Kran gelöst werden, der mögliche Lasten über Wanderweg und Spundwand hinweg transportiert. Auch würde eine Kaje allein aus Kostengründen ohnehin nicht ganz oben auf der Prioritätenliste bei der Entwicklung des Areals stehen.


Aber es gab auch Anregungen. So schlug eine wassersportaffine Beirätin vor, die Möglichkeit eines Sportbootanlegers zu prüfen, damit man auch auf dem Wasserweg zum Einkaufen fahren könne.

Innerhalb der anschließenden Frist wurde eine Stellungnahme eingereicht, in der eine Bürgerin vor allem auf die Nutzungskonflikte hingewiesen hat, die durch das vorgesehene unmittelbare räumliche Nebeneinander Dienstleistungsbetrieben, die das Ambiente der denkmalgeschützten Gebäuden der ehemaligen BWK schätzen, und den neu angesiedelten Industrie- und Gewerbebetrieben, die möglichst wenige Umweltauflagen verlangen. Dadurch besteht ihrer Meinung nach die Gefahr, dass keine dieser Nutzungen nachgefragt und das BWK-Gelände weiterhin eine subventionierte Industriebrache mit den entsprechenden Folgewirkungen für das übrige Blumenthal bleibt.

Um vor einer endgültigen Entscheidung rationale Grundlagen zur Verfügung zu haben, stellte die Bürgerin Anfang August 2013 noch einen Bürgerantrag „BWK-Gelände und Blumenthals Zukunft. Die potenziellen Auswirkungen verschiedener Nutzungskonzepte auf Einwohner, Arbeitsplätze, Kaufkraft, Gebäude und Verkehr in Blumenthal“, durch den sie den Beirat bat, von der Baubehörde die in die Planung eingegangen Annahmen für die Auswirkungen verschiedner Planungskonzepte für das BWK-Areal einzuholen. Dabei wurde u.a. nach einem Vergleich mit eine einem Mischgebiet mit Wohnungen und Dienstleistungen im Hinblick auf die Einwohner- und Kaufkraftentwicklung gefragt.

Dieser Antrag, der nur auf die Veröffentlichung von Daten zielte, die für einen sachlichen Vergleich möglicher Optionen notwendig sind, der nicht von den hier dargestellten Voreinstellungen und Fixierungen ausgeht, wurde von der Beiratsmehrheit abgelehnt. Als Begründung wurde angeführt, „dass die im Antrag aufgeführten Punkte .. bereits vor Jahren“ erfolgte und „der Antrag .. zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr“ weiterhelfe. Ergänzend und nicht ganz konform wurde behauptet, das Thema eines Mischgebiets sei „sehr wohl untersucht“ worden, „das Ergebnis der Untersuchung allerdings nicht "zum Angucken", „sondern in die Entscheidung über den Bebauungsplan mit eingeflossen“. Aus diesen Auskünften muss ein Leser nicht unbedingt schließen, dass die hier dargestellte Planungsgeschichte unbelegt und falsch ist, denn es gibt schließlich sicherlich auch noch eine andere Erklärung.



Historische Achse am Wasserturm (Quelle: WESTPHAL ARCHITEKTEN BDA mit LOHAUS CARL LANDSCHAFTSPLANER)



Symbolischer Spatenstich ohne Aufbruchstimmung


Während der B-Plan noch nicht beschossen ist, haben die Eigentümer, also der Wirtschaftssenator und die WFB, Mitte November 2013 durch einen symbolischen Spatenstich für weiterer Erschließungsarbeiten auf die Aktivitäten rund ein Jahrzehnt nach dem Kauf großer Teile des Areal durch Bremen hingewiesen. Das scheint der SPD-Fraktion im Blumenthaler Beirat jedoch zu wenig zu sein, denn sie hat jetzt ein konkretes Projekt vorgeschlagen. Das sieht statt der Symbolpolitik einen Kultur-Treffpunkt in einem der denkmalgeschützten Gebäude vor, das neben einem ehrenamtliche geführte Kämmereimuseum auch Platz für Ateliers, für Theater und Musik bieten soll. Auch wird dieses alte Sortiergebäude der BWK als Standort für die die Stadtbibliothek angedacht, die dort „gemeinsam mit dem Kämmereimuseum einen außerschulischen Lernort“ bilden könnte.



Symbolischer Spatenstich (Quelle: Von Pressestelle des Senats angebotenes Foto der WFB)



Die tabuisierte Stellschraube Bodenpreis


Die Planungsgeschichte für das ehemalige Betriebsgelände der BWK wird so durch eine Konfrontation der fest gefügten Verfechter eines zumindest teilweisen Industriegebietes mit ihren Kritikern geprägt, die eine Wohnnutzung nicht prinzipiell ausschließen wollen. Dabei kann von Diskussion kaum die Rede sein, da die Industrielobby ihre Meinung sehr apodiktisch vertritt und ihre Arbeitsplatz-Formel fast wie ein Mantra verwendet, das sie nicht zu hinterfragen bereit ist. Sonst ließe sich vermutlich durch einen Vergleich der Kosten und Nutzen verschiedener Nutzungsoptionen mehr Transparenz in die Entscheidung bringen, was vermutlich bei der Suche nach einen rationalen Weichenstellung für eine bessere Zukunft Blumenthals helfen würde. Aber weder für eine Kaje für Zulieferer der Windenergieindustrie noch die Fixierung auf Arbeitsplätze für ungelernte und angelernte Arbeitskräfte gibt es stichhaltige Argumente, die sachlich belegt sind. Es bleibt bei Behauptungen, die bis zur Entstellungen der Gegenposition reichen, wenn von „Arbeitsplätzen“ auf der einen und „grüner Wiese“ auf der anderen Seite in öffentlichen Medien gesprochen wird.

Bei dieser ausgeprägten Konfliktlinie besteht die Gefahr, dass sogar innerhalb der eigenen Position im nicht-öffentlichen Bereich das Schicksal des eigenen Vorschlags korrigiert wird, auch wenn das letzthin zu Lasen des Steuerzahlers geht. Das ist vor allem über den Preis der Grundstücke möglich, die von Bremens Wirtschaftsförderungsgesellschaft verkauft werden. Hier kann man unter dem Einkaufspreis bleiben und etwa mit Schwanewede konkurrieren wollen, wo es Flächen in unmittelbarer Autobahnnähe für 22,50 € je qm gibt, worauf jeder Kaufinteressent hinweisen kann, der nicht unbedingt die ohnehin nicht vorhandene Kaje nutzen will.


Ohnehin lässt sich auch eine rationale Entscheidung über zukünftige Nutzungen nicht von den Bodenpreise trennen. Das zeigt nicht zuletzt der Coup von Döhren, wo eine Aufkäufer bereit schien, die letzten Kämmereiaktien fast zu Mondpreisen aufzukaufen. Das Kalkül hinter diesen Kursturbulenzen ist dabei ganz einfach. Grundstücke für Reihenheime in Bremen kosten mit etwa 180 € je qm fast das Zehnfache von Gewerbegrundstücken am Stadtrand und wenn man Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern plant, kann man leicht mit noch höheren Bodenwerten kalkulieren.

Da dürften es die staatlichen Immobilienhändler in Bremen kaum als Nachteil sehen, dass über ihre Transaktionen nur in nicht-öffentlichen Sitzungen beraten wird bzw. mit der WFB völlig ausgelagert wurden.



                                     Wohnstraße mit Reihenhäusern in H-Döhren


Eine Geschichte von erfolglosen Standortexperten und überforderten Entscheidungsträgern


An Standortfragen gescheiterte ehemalige BWK-Manager und die Verkaufsinteressen eines australischen Finanzinvestors haben für das BWK-Gelände damit die Weichen für eine spätere Nutzung gestellt, bei der es nie zu einer Abwägung verschiedener Handlungsoptionen im Hinblick ihre Auswirkungen für die Entwicklung Blumenthals gekommen ist, etwa durch eine transparente Gegenüberstellung der Kosten und der Vorzüge etwa für die Einwohner- und Kaufkraftentwicklung des gesamten Orts- und Stadtteils. Vielmehr wurde die politisch bedingten ersten Grundstückskäufe als strukturpolitische Eingriffe interpretiert und das Gelände der Wirtschaftsförderungsgesellschaft übergeben, deren primäre Aufgabe nicht die Entwicklung von Arealen entsprechend ihrem städtebaulichen Potenzial, sondern der Verkauf von Industrie- und Gewerbeimmobilien ist.


Zugespitzt wurde hier also nicht eine rationale Entscheidung im Hinblick auf die öffentliche Finanzen und die Entwicklung Blumenthals getroffen. Die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung sind vielmehr dem Profitinteresse eines ausländischen Finanzinvestors gefolgt und haben auch später, als Bremen durch den Kauf des Gesamtareals eine optimale Möglichkeiten als gleichzeitiger Eigentümer und las Planungsinstanz hatte, diese alte Festlegung nicht auf den Prüfstand gestellt.

Dabei muss man allerdings vor dem Hintergrund einer Marktwirtschaft, die anders als in China in einem demokratisch verfassten Staat Güter und Dienstleistungen produziert, einen ganz zentralen Unterschied sehen und bei einer Beurteilung beachten.


Während eine Markwirtschaft aufgrund von Unternehmen, die einen Gewinn erzielen wollen, und von Haushalten lebt, die auf eine preiswerte Deckung ihres Bedarf achten, muss eine demokratischer Staat ganz anderen Regeln folgen: Er muss sich, wenn die Parteiendemokratie funktioniert, um die Interessen der Bürger und Wähler kümmern, was in diesem Fall konkret eine Orientierung an einer nachhaltig positiven Entwicklung für Blumenthal sein dürfte. Das bedeuten die kurzfristige „Rettung“ von Arbeitsplätzen, die wenige Jahre später ohnehin verloren gehen, oder eine ideologische Fixierung auf eine Kaje, die weder die BWK seit 1970 gebraucht hat noch einen Interessenten seit 2004 zu einer Betriebsansiedlung animieren konnte, sicherlich nicht.

Hier hätte man zunächst bestimmen müssen, welche Auswirkungen verschiede Nutzungsalternativen des Geländes für die weitere Entwicklung Blumenthals, des Bremer Nordens und auch Bremens


haben und sich dann entscheiden müssen. Das wurde sogar unterlassen, seit Bremen als Eigentümer frei planen und entscheiden konnte. Stattdessen verfolgt man einen Koalitionsvertrag, dessen Voraussetzungen sich durch den Kauf des restlichen Areal durch Bremen grundlegend geändert haben. Vielmehr werden die neuen Möglichkeiten nicht einmal öffentlich diskutiert und sogar durch den Blumenthaler Beirat eine entsprechende Auskunft über die Auswirkungen verschiedener Planungsoptionen per Mehrheitsbeschluss verhindert.

So folgt man weiter den verständlichen Eigeninteresses alter Eigentümer, setzt einen Bebauungsplan durch, der sogar den Wünschen der in dieser Frage extrem festgelegten Bremer CDU entspricht, deren Senatoren bis Mitte 2007 für den Kauf und Vermarktung des größten Teil des jetzigen Plangebietes verantwortlich waren. Hier sieht man jetzt sowohl eine Kaje vor und auch wieder nicht und weist eine kleinere Fläche explizit als Industriegebiet aus.

Das scheint in der Politik und Verwaltung für Ruhe zu sorgen, da man sich keine neue Arbeit machen muss. Es bleibt allerdings dabei offen, ob nicht ein Wohn- und Gewerbepark auf diesem Blumenthaler Filetgrundstück eine bessere Lösung wäre. Auch wird man sich fragen müssen, ob die realen Nutzungskonflikte, die der „Kompromiss“ des vorliegenden Bebauungsplans vorsieht, die Nachfrage nach Gewerbegrundstücken so erschweren werden, dass nicht das versprochene blühende Blumenthal viele neue Arbeitsplätze erhält, sondern etwas ganz anderes eintritt: eine staatlich geförderte Industriebrache, die Blumenthal weiter auf einen Weg zu einem Hartz IV- oder demnächst Mindestlohn-Stadtteil bringt.    


                              Reihenhäuser auf dem Nordwolle-Areal in Delmenhorst

Quellen:

Buschmann, Ulf, Wirtschaftswissenschaftler Jochen Tholen: Keine Fantasie bei der Entwicklung Bremen-Nords. Zeugen einer "verqueren" Politik, in: Weser-Kurier vom 28.1.12011.

Caron-Bleiker, Friedrich, Siegerentwurf des Architektenbüros vorgestellt. Viel Zustimmung zum Masterplan Blumenthal, in: Weser-Kurier vom 1.6.2010.

CDU (Hg.), Jetzt das Richtige tun! Wahlprogramm der CDU Bremen, für die 18. Legislaturperiode der Bremischen Bürgerschaft 2011-2015 beschlossen am 9. März 2011.

CDU-Kreisverband Bremen-Nord (Hg.), Bremen-Nord Programm . XVIII. Legislaturperiode 2011-2015, Bremen. 10. März 2011.

FDP (Hg.), Bürgerprogramm 2011. Wahlprogramm des FDP-Landesverbandes Bremen zur Bürgerschaftswahl 2011 beschlossen vom Landesparteitag am 19. März 2011.

Grüne (Hg.), Wir bleiben dran. Wahlprogramm Bremen 2011, am 7. November 2010 in Bremen beschlossen.


NN, Gar nicht so fremd. Neue Arbeitsplätze in Blumenthal, in: Sir Charles, Nr. 36 (April 1998), S. 5.

NN, „Lust auf Zukunft“. Industrieforum Bremen-Nord trifft sich zum Heringessen in der BWK, in: Sir Charles, Nr. 40 (April 1999), S.1f.

NN, BIG: Pläne vorgestellt. Interessengemeinschaft für Industriegebiet, in: Sir Charles, Nr. 61 (Dezember 2004), S. 4.

SPD. Unterbezirk Bremen-Nord (Hg.), Bremen-Nord-Plan 2011 – 2015. Programm zur Bürgerschaftswahl am 22. Mai 2011.

Theiner, Jürgen, Expertenrunde nimmt ihre Arbeit auf. Erste Striche am Masterplan für Blumenthal, in: Weser-Kurier vom 17.3.2010.

Ders., Wirtschaftsförderung will Sortierung umbauen. Neue Jobs auf dem BWK-Gelände, in: W-K vom 12.7.2013.

Tiedemann, Andrea, Experten diskutieren über Zwischennutzung des alten Kämmerei-Geländes. Chancen für die Brache, in: Weser-Kurier vom 28.6.2012.


Vereinbarung zur Zusammenarbeit in einer Regierungskoalition in der 18. Wahlperiode in der Bremischen Bürgerschaft 2011 –2015, Bremen 2011.



Außerdem wurden Vorlagen und Protokolle der Bau- und der Wirtschaftsdeputation vom 9.12.2009, 4.5.2012, 10.5.2012, 26.9.2012 28.11.2012 und 4.4.2013 sowie Protokolle der Sitzungen des Blumenthaler Beirats vom 9.8.2010, 14.11.2011, 15.2.2012 und 12.8.2012 herangezogen.


                               BWK-Areal vor dem symbolischen Spatenstich


Chronologie einer ungenutzten Chance


Datum
Ereignis
1.07.1999
Ausgründung der Brewa aus der Bremer Woll-Kämmerei
Dezember 1999
BWK verkauft Müllerloch (heute: Blumenthal Center) und Teile von Wätjens Park an Bremen
23.12.2002
BWK verkauft 24 ha für 13,5 Mio. € an Bremen bzw. die Bremer Investitionsgesellschaft (BIG)
März 2003
Im Rahmen eines Versuchsbetriebs verfeuert die EFA flüssige Abfälle ohne Mengenbegrenzung zum jeweils eingesetzten Wollwaschwasser
Ab 24.12.2004
Umstellung des BWK-Heizkraftwerks von Steinkohle auf Hausmüll (Sekundärbrennstoffe)
13.04.2005
Beschluss der Bau- und Wirtschaftssenatoren zur Erschließung der ehemaligen BWK-Fläche
3.12. 2008
BWK gibt die Einstellung der Produktion in Blumenthal bekannt
27.02.2009
BWK stellt die Produktion in Blumenthal ein
14.04.2009
Kommentar „Wollkämmerei out- was nun?“ von Klaus Wolschner in der taz, der auf die Absichten der BWK und die Ratlosigkeit der Bremer Politik eingeht.
13.08.2009
Fassung eines Planaufstellungsbeschlusses für einen Bebauungsplan 1288, um „gebietsverträgliche gewerbliche Nutzungen zur Ermöglichung der Neuansiedlung von zukunftssicheren Gewerbebetrieben sowie von dienstleistungs- und ggf. kulturell orientierten Angeboten“ ausweisen zu können.
4.12.2009
Wirtschaftssenator legt der Deputation „Sachstandsbericht zur Entwicklung des Standortes der Bremer Wollkämmerei (BWK)“ vor
3.03.2010
Die Nordseezeitung berichtet über die Ausstellung (1.3.-5.3.) von zehn Entwürfen im Foyer des Bremer Siemenshochhauses, die Studenten der „School of Architecture“ unter Leitung von Prof Klaus Schäfer für das BWK-Gelände erarbeitet haben und die u.a. eine Wohnnutzung und eine Einbeziehung des Elementes Wasser durch eine Umleitung der Aue vorsehen
Anfang 2010
Der Bau- und der Wirtschaftssenator, die Wirtschaftsförderung Bremen GmbH (WFB), die Bremer Wollkämmerei AG (BWK), das Heizkraftwerk (HKW), das Ortsamt und der Beirat verständigen sich auf die Durchführung eines Dialogverfahrens („Dialogverfahren zum Masterplan Zentrum Blumenthal/
BWK“), das den Auftakt und einen ersten Baustein zu einem Masterplan für Blumenthal darstellen soll. Als Kernfragen werden dabei gesehen: „Wie können attraktive Bedingungen für die weitere Entwicklung des Gewerbegebietes "Wollkämmerei" und für zukünftige Arbeitsplätze geschaffen werden? Wie kann der Stadtteil mit Marktplatz, Landrat-Christians-Straße und "Ständer" besser mit dem BWK-Gelände und der Weserkante zwischen Bahrsplate mit Wätjens Park verbunden werden? Wie kann die Achse der historischen Backsteinarchitektur zwischen Ständer und Weserufer als besondere Qualität des Geländes zur Geltung kommen?
17.3.2010
Weser-Kurier berichtet vom ersten Zusammentreffen eines Expertenkreises, der einen Masterplan für die Fortentwicklung des BWK-Geländes sowie der angrenzenden Wohnquartiere und des alten Zentrums erarbeiten soll.
16.-18.04.2010
Die „Linke“ führt auf ihrem BreNor-Stand eine Befragung zur Nachnutzung des BWK-Geländes durch. Dabei werden u.a. als Ideen genannt: Anlage von Park- und Grünflächen, Wohnbebauung, Restaurants am Wasser/Aussichtsturm mit Gastronomie, öffentlicher Anleger/ Bootsverkehr in die Innenstadt, kulturelle Angebote/Kino/Werftenmuseum und Indoor-Kinderspielplatz/ Paintball/ Abenteuer-Spielhalle.
5.05.2010
Der jetzige OAL erklärt im BLV: Ich wüsste nicht, welcher Industriebetrieb kommen will“. Ein Umzug innerhalb von Bremen Nord würde keine zusätzlichen Arbeitsplätze schaffen. Was dann bleibt, ist … eine kleinteilige Entwicklung mit Büros und kleinem Gewerbe, natürlich auch Wohnungen.“  
25.05.2010

Das BLV stellt die Positionen von zwei Abgeordneten der Grünen und der BWK dar, der etwa die Hälfte der Fläche gehört. Während Maike Schaefer „eine sexy Lage am Fluss“ sieht , wo „ähnliches gelingen“ sollte „ wie in Delmenhorst“, will Karin Krusche „keinen Konflikt mit dem Koalitionspartner SPD an diesem Punkt.“ Die BWK „setzt auf eine großflächige gewerbliche Nutzung“, um die „Grundstücke im großen Maßstab“ verkaufen zu können und will „die Kaje für den Umschlag von Transportgütern auf Binnenschiffe reaktivieren.“   
26.05.2010
In einer öffentlichen Sitzung diskutiert der Blumenthaler Bauausschuss die Studentenentwürfe, die die Möglichkeit einer Wohnbebauung neben kleinteiligem Gewerbe einbeziehen. Einzelne Entwürfe sehen eine Verlegung der Aue in ihr ursprüngliches Bett oder Reihenhäuser vor.
27.05.2010
Bei der öffentlichen Präsentation des Masterplans Blumenthal erklären der Bau- und der Wirtschaftssenator, dass man „in maximal zehn Jahren ..positiv auf den Standort blicken könne“ und stellen besonders die „historische Achse“ auf dem BWK-Gelände sowie eine Vernetzung Blumenthals mit der Weser sowie
die Aktivierung des Wanderwegs heraus.
2.06.2010
Klaus Wolschner veröffentlicht Kommentar „Kein Impuls für BWK“ im BLV
2.06.2010
Die SPD-Vorsitzende von Blumenthal schließt in einem BLV-Interview zwar eine „Wohnnutzung nie aus“, räumt aber Arbeitsplätzen einen Priorität ein, sodass eine gewerbliche Nutzung erfolgen soll, „wenn Bedarf da ist.“
9.08.2010
Im Blumenthaler Beirat berichtet ein Vertreter der Baubehörde über den Masterplanwettbewerb, der von einem Bedarf an industriellen Arbeitsplätzen in Bremen-Nord und einer Öffnung des Geländes zum Stadtteil als „Rahmenbedingungen“ ausging. Dabei bleibt die Baubehörde Antworten auf einige Fragen schuldig, so die wirtschaftliche Rechtfertigung der städtischen Investitionen und einen möglichen Rückbau der Müllverbrennungsanlage
22.01.2011
Vertreter des Unternehmerforums Bremen-Nord, des Heizkraftwerkes Blumenthal (hkw) und der Brewa wte fordern nach einem Weser-Kurier-Artikel eine „konkrete Bauleitplanung“, "denn potenzielle Firmen müssen schließlich wissen, wo die Reise hingeht". Daher soll das Areal "klar und eindeutig als Industriegebiet ausgewiesen“ werden.
23.03.2011
Nach einem Vermarktungskonzept des Wirtschaftssenators wird eine Fokussierung auf „die Ansiedlung produktionsorientierter Unternehmen mit den Schwerpunkten Metall-, Maschinen- und Anlagenbau sowie Windenergie, Logistik und produktionsorientierter Dienstleistungen“ angestrebt
4.04.2011
Für die Bremer Handelskammer ist das BWK-Gelände „eine der wenigen verfügbaren Flächen in Bremen mit wasserseitiger Umschlagsmöglichkeit“, sodass der „besondere Standortvorteil am seeschifftiefen Wasser .. das BWK-Gelände insbesondere für Zulieferfirmen der Offshore-Windenergiebranche attraktiv“ machen soll.
22.05.2011
Während die CDU in ihrem Wahlprogramm die Erhaltung des Geländes  „als zusammenhängendes
 Gewerbegebiet mit industrieller Nutzung“ fordert, beziehen Grüne, Linke und SPD weniger klare Positionen.
28.06.2011
Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen wird für das BWK-Gelände, in dem man ein „Schlüsselprojekt“ für die Stadtentwicklung in Bremen-Nord sieht, vereinbart: „Für das Gelände der ehemaligen Bremer Wollkämmerei werden wir einen Bebauungsplan aufstellen, der einen attraktiven Mix gewerblicher und hochwertiger industrieller Nutzungen, deren Verträglichkeit mit den umgebenden Wohnlagen und die Öffnung des Gebietes zum Ortskern ermöglicht. Wir werden die von bemerkenswerten historischen und denkmalgeschützten Gebäuden gesäumte Verbindungsachse zwischen Ortskern und Weser entwickeln. Und als damit räumlich verbundenen räumlich weiteren Baustein werden wir im Zuge der geplanten Erhöhung der Deichanlagen einen öffentlichen Uferweg erstellen. Beide Maßnahmenschwerpunkte sind geeignet, den Wohnstandort zu stabilisieren, die gewerbliche Adresse Blumenthals zu stärken und Arbeitsplätze zu schaffen“
16.11.2011
Weser-Kurier meldet Zustimmung des Blumenthaler Beirats zum Kauf von weiteren 9,2 ha BWK-Betriebsgelände
18.01.2012
Nach einem BLV-Bericht fordern führende SPD-Politiker den Bremer Senat auf, neben der Luneplate in Bremerhaven auch das BWK-Gelände als „möglichen weiteren wichtigen Standort“ für die Windenergiebranche zu enwickeln
15.02.2012
Blumenthaler Beirat will Kaje und Ortsamtsleiter sieht die gewerbliche Zukunft des BWK-Geländes stark mit der aufstrebenden Offshore-Windenergiebranche verbunden. Das Areal eigne sich bestens für die Produktion und Verschiffung von Anlagen-Bauteilen.
4.05.2012
Deputationsvorlage „Bebauungsplan 1288 für ein Gebiet in Bremen – Blumenthal zwischen Landrat-Christians-Straße (rückwärtig), Blumenthaler Aue, Weser und - Weserstrandstraße Haus - Nr. 17, 15 und 1 (Planaufstellungsbeschluss - Neufassung / Aufhebung des Bebauungsplanes 1264) des Bausenators
10.05.2012
Aufstellung des B-Plans 1288 beschlossen
15.6.-15-7.2012
Anlässlich des Palastes der Produktion von der Bremer Zwischenzeitzentrale (ZZZ) werden Ideen
und Vorschläge für künftige Nutzung des Geländes gesammelt, ausgewertet und nach Projektabschluss am 15. Juli den Stadtvätern übergeben. Dabei standen auf den 200 Antwortkarten vor allem Geschäfts- und Freizeitideen, so Wunsch nach Ruhe- und Entspannungsoasen wie einem Schwimmbads, einer Saunalandschaft oder einem Hamam.
26.06.2012
In einer ZZZ-Diskussion unter dem Thema "Spielräume in der Stadt – Strategien der informellen Stadtentwicklung" standen sich die Position des Bauamts, für das es „im Kern .. um eine gewerbliche Nutzung geht“, und Hinweise auf die Nutzung der alten Gewerbeflächen der Nordwolle in Delmenhorst, die dem Bauamtsleiter nicht bekannt war, und der Leipziger Baumwollspinner gegenüber.
6.09.2012
Vorlage „Gewerbegebiet Bremer Wollkämmerei. Gebäudemaßnahmen; Konkretisierung des Vermarktungskonzeptes“ des Wirtschaftssenators mit Hinweis auf eine Wirtschaftlichkeitsberechnung
19.11.2012
Deputatsvorlage „EFRE-Programm 2007-2013. Gewerbegebiet Bremer Wollkämmerei. Erschließung 2. Bauabschnitt“ des Wirtschaftssenators
Ende 2012
Bremen kauft für drei Millionen Euro die 9,2 Hektar Gewerbeland auf dem BWK-Gelände, die noch dem BWK-Rechtsnachfolger Elders gehören


6.01.2013
BLV-Interview mit dem Bremer CDU-Vorsitzenden, in dem er von einem „fahrlässigen“ Umgang des Senats mit dem BWK-Gelände spricht. Für ihn ist es „desaströs, die Verknüpfung von drei Verkehrswegen aufzugeben, indem keine Kaje gebaut wird.“ Seiner Meinung nach geht es „um Arbeitsplätze“, die die  Menschen „hier brauchen“, weil sie „eine Zukunft“ wollen. Das BWK-Gelände ist daher für ihn „der zentrale Punkt in Bremen-Nord“.
8.05.2013
Begründung zum Bebauungsplan 1288 erarbeitet
25.06.2013
Einwohnerversammlung zum Bebauungsplan 1288 (ehemalige Bremer Wollkämmerei)
12.07.2013
Nach einem W-K Artikel halten die WFB und die Fachleute des Wirtschaftssenators „langfristig eine Zahl von 1.000 Arbeitsplätzen auf dem BWK-Gelände für möglich“, sofern ein Ausbau der Verkehrsinfrastruktur erfolgt.
21.07.2013
Stellungnahme zum Bebauungsplan 1288 (Bearbeitungsstand: 8. Mai 2013) gemäß § 3 (2) BBauG abgegeben
12.08.2013
Bürgerantrag „BWK-Gelände und Blumenthals Zukunft. Die potenziellen Auswirkungen verschiedener Nutzungskonzepte auf Einwohner, Arbeitsplätze, Kaufkraft, Gebäude und Verkehr in Blumenthal“ gestellt
15.11.2013
Symbolischer Spatenstich für die weitere Erschließung



                                             Wohnen am Wasser: Leineinsel in H-Döhren