Montag, 10. März 2014

BWK: Blumenthal


Blumenthal – ein fast siamesischer Zwilling der BWK







Blumenthal als Bauern- und Fischerdorf

Die Gründung der BKW war für Blumenthal ähnlich bedeutsam wie die von Volkswagen für Wolfsburg oder die von Bayer für Leverkusen. Zwar hatte Blumenthal mit seiner Burg schon eine eigene Geschichte, die urkundlich bis 1305 zurückreicht, aber die Gründung der BWK machte erst aus einem ländlichen Bauern- und Fischerdorf eine kleine Industriestadt. 

So scheint Blumenthal über Jahrhunderte hinweg nur aus wenigen Häusern bestanden zu haben, denn für das Jahr 1571 wird berichtet, dass damals durch Blitzschlag sieben Häuser zerstört wurden und damit mehr als die Hälfte des gesamten Dorfes. Die Landwirtschaft und die Weserfische konnten offenbar nicht mehr Einwohner ernähren.



                                         Bild an einem Hochhaus in Blumenthal



Das Kahnschifferdorf an der Weser


Ein deutlicher Aufschwung setzte erst mit dem wachsenden Seehandel und der Industrialisierung in Bremen ein, als die Segelschiffe der Wätjens-Reederei durch Dampfschiffe mit einem größeren Tiefgang abgelöst wurden, die meist in Bremerhaven gelöscht werden mussten.

Diese Lücke in der Logistikkette zwischen der Nordseeküste und den Kunden in Bremen wurde durch Kahnschiffer geschlossen, die mit kleineren Schiffstypen wie Weserkahn, Ever und Tjalk den Warentransport zwischen Bremen und den Häfen der Wesermündung übernahmen. An diese Zeit erinnert im Stadtteil Blumenthal heute das Kahnschifferhaus in der Straße „Unterm Berg“ in Rekum. Im vorigen Jahrhundert sollen allein an dieser Straße mindestens elf selbständige Schiffer gewohnt haben.

Zusammen mit den später eingemeindeten Ortschaften Farge, Rekum, Lüssum-Bockhorn und Rönnebeck zählte Blumenthal dank dieser neuen Arbeitsplätze im Jahre 1820 erstmals über 1.000 Einwohner. Durch den weiteren wirtschaftlichen Aufschwung, den die blühende Kahnschifferei mit sich brachte, verdreifachte sich anschließend die Zahl der Einwohner bis 1860. (Warsewa, S. 5) 



Kleine Fabriken und die große Wollkämmerei


Das Zeitalter der Industrialisierung begann in Bumenthal mit der Gründung einer Ziegelei, deren Steine für den Bau neuer Wohnungen benötigt wurden. Weitere gewerbliche Arbeitsplätze gab es noch in einer Gerberei und einer Werft. So zählte der Ort selbst  im Jahr 1880 1.330 Einwohner.

Das ganz große Entwicklungsschub erfolgte dann allerdings erst ab 1883 mit dem Bau der BWK. Dieser Impuls betraf jedoch nicht nur die Bauphase, sondern noch stärker die anschließende Produktion, für die viele Arbeitskräfte benötigt wurden. Die brauchten wiederum eine Wohnung und verfügten trotz des damals nicht grade üppigen Lohnniveaus als Konsumenten über Kaufkraft, wodurch Händler und Dienstleister eine Chance erhielten.

Parallel zu dieser Entwicklung Blumenthals zu einem Industrieort konnte Blumenthal am 1. April 1885 von einer Neuordnung der Kreise in der preußischen Provinz Hannover profitieren. Der neue Kreis Blumenthal bestand aus 39 damals relativ kleinen Gemeinden und hatte 1890 22.500 Einwohner, die auf 175 qkm lebten, also einer Fläche, die nicht ganz die Größe von Bremen-Nord und Schwanewede entspricht. Blumenthal stieg damit in de Rang einer Kreisstadt auf, in der ein Landrat seinen Sitz hatte. Das war damals in der Bismarckzeit, als das Sozialistengesetz noch in Kraft war, Paul Berthold, der auf der Burg Blumenthal seinen Amtssitz hatte.

Der Blumenthaler Heimatforscher Ulf Fiedler weist für diese Zeit des industriellen Aufbruchs auf einen besonderen Glücksfall für die weitere Entwicklung hin, die er in einem „jungen Team“ aus den Herren Ullrich und Jung von der BWK sowie Berthold auf der Verwaltungsseite sieht. So zog 1884 der erst 29jährige Paul Berthold als erster preußischer Landrat ins Haus Blomendal, der weitgehend in Kooperation mit dem BWK-Vorstand die Kommunalpolitik der kommenden Jahre prägte.

Nachfolger des ersten Blumenthaler Landrats wurde im Dezember 1920 Ludwig Christians, der sich als Lehrer in Vegesack und später als Schulinspektor für Volksschulen für die Arbeiterbildung und den Wohnungsbau eingesetzt hat. Er wurde nach einer Pattsituation im Kreistag vom damaligen sozialdemokratischen preußischen Innenminister Carl Wilhelm Severing eingesetzt. Damit führte die durch die BWK veränderte Sozialstruktur mit einigen Jahrzehnten Verspätung zu neuen politischen Machtverhältnissen. Allerdings blieb dieser Wandel von einem eher konservativen Politiker des Kaiserreichs zu einem linken Sozialdemokraten zeitlich begrenzt, denn bereits im Juli 1932 wurde der Landrat Christians durch den rechtskonservativen Reichskommissar von Franz von Papen nach der Absetzung der preußischen Regierung, dem sogenannten Preußenschlag, seines Amtes enthoben.(Sir Charles 19)


Die Entstehung der Industriestadt Blumenthal



Mit dem Wandel zur Industrie- und Kreisstadt war ein rasches Bevölkerungswachstum verbunden, das zahlreiche Baumaßnahmen erforderte, die Blumenthal grundlegend veränderten. So mussten die Neubürger mit Wohnraum und Dienstleistungen der verschiedensten Art versorgt werden. Daneben stellte sich, da viele Zuwanderer kein Deutsch sprachen und von den Blumenthalern als Polen wahrgenommen wurden, eine Integrationsaufgabe.



Eine andere Zeit: Größere und neue Kirchen für Zuwanderer



Als wichtige und daher vorrangige Aufgabe scheint man im Kaiserreich ausreichend große Kirchen für den Besuch von Gottesdiensten und Messen gesehen zu haben, und zwar denen der richtigen christlichen Konfession. Das war in Blumenthal nicht ganz unproblematisch, da die traditionelle Kirche abweichend von fast dem gesamten norddeutschen Umland reformiert war, also bestenfalls für eine kleine Minderheit der Neubürger die richtige Kirche dargestellt hat.


   Ev.-ref. Kirche von 1877-9 (Quelle: wikipeda)


Daher setzte eine Phase des Kirchenbaus ein, der von der BWK finanziell unterstützt wurde. So entstand bereits 1877-9 ein Neubau der reformierten Kirche ganz in der Nähe des BWK und des späteren Rathauses an der Landrat-Christians-Straße im Stil der Neo-Gotik, und die katholische Pfarrkirche St. Marien an der Fresenbergstraße, die stetig erweitert worden war, erhielt 1892 eine eindrucksvoll bemalte Holzdecke für das Mittelschiff. Diese Kirche liegt damit praktisch im Wohnquartier der BWK-Arbeiter, während die beiden evangelischen Kirchen eher dort zu finden sind, wo damals die Angestellten und der Vorstand der BWK wohnten.


Durch die Zuwanderung der polnischen Arbeiter wuchs die vorher kleine katholische Gemeinde bis 1900 um ein Drittel auf 3.000 Mitglieder. Im Gemeindeleben wollten die polnischen Gläubigen die religiösen Traditionen ihrer alten Heimat beibehalten, was zu einem Konflikt mit dem preußischen Landrat führte, der keine polnisch-nationalistischen Banner auf Prozessionen sehen wollte. Erst der Einsatz des BWK-Direktor Ferdinand Ullrich konnte eine Versetzung des Blumenthalers Pfarrers verhindern, der durch Messen, die von einem polnischen Kollegen gehalten wurden, in der Kirche den polnischen Gläubigen ein Stück ihrer alten Heimat erhalten wollte. (Kölling)

Die lutherische Martin-Luther-Kirche an der Wigmodistraße wurde schließlich zwischen 1902 und 1903 erbaut und rundet damit diese Ära des Kirchenneubaus ab.

 Martin-Luther-Kirche 1902-3 (Quelle: wikipedia) 


Der Wohnungsbau und die Gewosie


Der Landrat Paul Berthold, der vielen seiner Mitbürger im kaiserlichen Deutschland als „König von Blumenthal“ im Gedächtnis blieb, wollte die Wohnungsmisere, die durch die rasche Zuwanderung von Arbeitskräften entstand, vor allem durch eine genossenschaftliche Lösung beseitigen. Er setzte also nicht auf den Staat wie seine sozialdemokratischen Gegenspieler, sondern auf eine Eigentumsbildung bei den Arbeitern, die damit nach und nach durch ihre angesammelten Ersparnisse zu Besitzbürgern werden sollten. So entstand 1892-3, also ein knappes Jahrzehnt nach der Gründung der BWK, durch ihn der Verein zur Förderung des Wohnens der Arbeiter. 1894 gründete der Landrat dann als Genossenschaft den Spar- und Bauverein Blumenthal. Dieser Verein startete ganz klein mit 55 Anteilen zu je 200 Mark, sodass man nicht erwarten konnte, dass sich aus dieser Wohnungsbaugenossenschaft Spar- und Bauverein Blumenthal die heute größte Wohnungsgesellschaft des Bremer Nordens, die Gewosie, entwickeln würde. Allerdings konnte die Genossenschaft bereits in den ersten zehn Jahren ihres Bestehens Wohnraum für 3.500 Einwohner schaffen (Sir Charles 17)

Im Stil der damaligen Zeit heißt es im Geschäftsbericht 1905 ganz ohne politische Rücksichtnahmen: „Der Landrat und einige Kreisausschussmitglieder, die Direktoren und einige Aufsichtsratsmitglieder der Bremer Wollkämmerei, einige Gemeindevorsteher und andere gemeinnützig denkenden Leute, sowie 7 einsichtige Arbeiter traten zur Begründung des Spar- und Bauvereins Blumenthal zusammen am 9. Mai 1894.“(Sir Charles 21)

Gebaut wurde damals vor allem das sogenannte zweistöckige Grohner Haus, das eine Grundfläche von 7 m mal 7,25 m und auf Grundstücken von 17,5 m mal 75 m, also gut 1.300 qm, gebaut wurde. Hinzu kam ein Stall für die Selbstversorgung.


Auch wenn sich die damaligen und die heutigen Verhältnisse kaum vergleichen lassen, konnte die Genossenschaft ihre Wohnungen zu einem Preis anbieten, der unter dem vergleichbarer Mietwohnungen lag. Falls das Geld vorhanden war, konnten die Genossenschaftsmitglieder die Gebäude auch kaufen, und zwar zu einem jährlichen Ratenpreis von 72 Mark. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Durchschnittslohn der BWK-Arbeiter damals drei Mark pro Tag betrug. (Ebenda)

Der Einsatz des Blumenthaler Landrats für die Wohnungsbaugenossenschaften wurde auch überregional anerkannt. So hat er 1896 den Verband der Baugenossenschaften Deutschlands mitbegründet, bevor er 1906 Direktor des neugegründeten Verbandes der Baugenossenschaften in Niedersachsen wurde.


Eine Kreisstadt mit Rathaus und Gericht

Das Stadtbild Blumenthals veränderte sich während des kaiserlichen Deutschlands nicht nur durch die BWK, die Kirchen und den Wohnungsbau, sondern auch durch eine Reihe anderer Öffentlicher Gebäude, die den Wandel von einem Weserdorf zu einer kleinen Kreisstadt baulich sichtbar machten. Hierzu zählen das Amtsgericht, das zwischen 1897 und 1899 gebaut wurde, und das in den Jahren 1908 bis 1910 errichtete Rathaus.


         Rathaus (Quelle:Wikipedia, Fotograf: Quarz) 


Auch sind der Bau von Schulen und des Kreiskrankenhauses sowie die Straßenbeleuchtung und die allgemeine Stromversorgung bis 1904 auf den Einfluss bzw. die Förderung der BWK zurückzuführen. So wurde im Dezember 1897 ein Stromliefervertrag über zehn Jahre abgeschlossen. 

Das Kreiskrankenhaus wurde auf einem vom Landkreis 1904 gekauften Grundstück am Ostrand Blumenthals 1908 eingeweiht. Damals gab es dort 68 Betten für die vier Abteilungen Chirurgie, Innere Medizin, Gynäkologie und Röntgen.

Besonders eng war die Symbiose zwischen dem Werk und der Gemeinde Blumenthal bei der Feuerwehr, denn nachdem im Herbst 1888 der Landrat wegen einiger Streitigkeiten die Blumenthaler Feuerwehr kurzerhand aufgelöst hatte, übernahm die Werksfeuerwehr die entsprechenden Aufgaben auch für Blumenthal (100 Jahre Feuerwehr).

Allerdings gab es nicht nur Bewunderer des sichtbaren Aufschwungs im Ort. So erzählt die Reformpädagogin und Schriftstellerin Tami Oelfken in ihrem Roman „Maddo Clüver“ von den damaligen Umweltbelastungen, so von Fischen, die „starben und an Land trieben“ sowie „fünf unmäßig hohen Schornsteinen“, die „Tag und Nacht lange Schwaden vom Rauch in die Luft sandten.



Der Beginn des Eisenbahnzeitalters


Die Wollkämmerei sorgte jedoch nicht nur für einen deutlichen Einwohnerzuwachs. Sie war auch beim Bau der 10,4 km langen Strecke der Farge-Vegesacker-Eisenbahn (FVE) wichtigster Kapitalgeber und später ihr Kunde. Dabei trat allerdings ein gravierendes Problem auf, denn die Bahn wurde zwar Ende 1888 eröffnet, aber das Anschlussgleis zwischen dem Werksgelände und dem Bahnhof Blumenthal durfte zunächst nicht gelegt werden, da es über eine Grabstelle des alten Friedhofs geführt hätte, die der Inhaber nicht aufgeben wollte. Daher mussten bis zum Ende der Liegefrist im Jahr 1910 die mit Wolle beladenen Güterwagen mit einem Stahlschlitten, der von Pferden gezogen wurde, zwischen einer Drehscheibe der Bahnlinie und dem Werksgelände hin und her fahren.


                     Strecke der Farge-Vegesacker-Eisenbahn (Quelle: wikipedia)




Die Integration polnischer Arbeitskräfte 



Da die BWK die nötigen Arbeitskräfte nicht aus der heimischen Fischerei und Landwirtschaft rekrutieren konnte, war sie auf eine systematische Anwerbung ausländischer Mitarbeiter angewiesen, die man jedoch von Anfang an nicht als kurzfristige Gastarbeiter betrachtete. Vielmehr baute die BKW wie auch andere große Textilunternehmen in der damaligen Zeit ganze Straßenzüge mit Wohnhäusern. So besaß der Konzern zur Zeit des Zweiten Weltkrieges 56.000 qm bebaute Fläche mit Häusern für die eigene Belegschaft. „Migration“ und „Integration“ waren also schon damals, wenn auch nicht als Begriffe, gelebter Alltag.

Die Beschäftigung von polnisch sprechenden Arbeitskräften, die zwar juristisch gesehen ebenso wie die Blumenthaler damals preußische Staatsangehörige waren, wurde von den staatlichen Stellen auch als Teil der Germanisierungspolitik gesehen und betrieben.

Die „Integrationspolitik“ von damals war also nicht mit der Anwerbung von Gastarbeitern während des Wirtschaftswunders ab dem Ende der 1950_er Jahre und den heutigen Vorstellungen einer multikulturellen Gesellschaft vergleichbar. Offizielle Politik war es in Preußen, aus den Polen möglichst schnell Deutsche und damit auch Blumenthaler zu machen. Man kann daher von einer mehr oder weniger erzwungenen Assimilation sprechen, sodass die ehemaligen Polen relativ rasch ihre Sprache und Identifikation mit Polen aufgeben mussten, während sie ihren katholischen Glauben behalten durften. 


Wie das konkret in Blumenthal aussah, schildert die Schriftstellerin Tami Olefken in ihrem teilweise autobiografischen Roman Maddo Cluwer“. Darin ist die Zuwanderung der Polen, die nach Hunderten zählten und das „Dorf von Grund auf veränderten“, ein wichtiges Thema. Die unverheirateten Polen wohnten damals, wie sie schildert, nach Geschlechtern getrennt in „Kasernen“. Aber es gab, wie es in einem Roman nicht anders zu erwarten ist, auch Liebesgeschichten zwischen den Ethnien. So schildert Tami Olefken einen frisch gekürten einheimischen Schützenkönig, der unerschrocken zur Gruppe der polnischen Mädchen ging, vor einer Marinka niederkniete und dieser jungen polnischen Dame den Königskranz aufs Haar setzte.

Diese romantische Szene steht für ein ganz reales Heiratsverhalten in jeden Jahren; denn in der zweiten Generation schlossen bereits zwei Drittel alle Polen eine Ehe mit einem Deutsche und die Kinder sprachen dann Deutsch. Nach dem ersten Weltkrieg gab es daher nur noch Blumenthaler (Kölling).





Die Bauphase während der Goldenen Zwanziger


Ein zweite größere Bauphase wurde in Blumenthal erst wieder nach den Einschnitten des 1. Weltkrieges und den Inflationsjahren in den sogenannten Goldenen Zwanzigern möglich. Damals konnte Blumenthal sich nicht zuletzt dank der Steuergelder der BWK zwischen 1925 und 1927 eine Abwasserkanalisation und das Wasserwerk leisten, dessen 50 Meter hoher Wasserturm noch immer ein Wahrzeichen des Ortes ist.



                                              Wasserturm an der Mühlenstraße
                                   


Die BWK als Bauherr und Sponsor


Um die neu angeworbenen Mitarbeiter mit Wohnraum zu versorgen, hat die BWK sich nicht nur im genossenschaftlichen Wohnungsbau engagiert, sondern auch wie andere Unternehmen in der damaligen Zeit selbst Wohnungen gebaut.

Auch wenn inzwischen einige aus den Gründerjahren durch Neubauten ersetzt wurden, erinnern die unter der Ägide der BWK errichteten Wohnhäuser weiterhin an das ehemalige Blumenthaler Weltunternehmen.

Zu nennen sind hier in unmittelbarer Nähe zur BWK die Häuser an der George-Abrecht-Straße. Hier standen auch die Wohnheime für die damaligen Single-Haushalte, wo ursprünglich trennt nach Geschlechtern getrennt gewohnt werden musste.



                             Wohnheim an der George-Albrecht-Straße (Quelle: Förderverein)


Im Zuge ihrer Restrukturierungsmaßnahmen hat die BWK Mitte 1998 diese Gebäude verkauft. Der erste neue Eigentümer begann hier gleich mit Verschönerungsarbeiten an den Fassaden.




Modernisierte Mehrfamilienhäuser (Quelle: Sir Charles/Förderverein)



Spätere Besitzer verfolgten dann offensichtlich eine andere Strategie der Profitmaximierung. So hat die George-Albrecht-Straße inzwischen durch die Entstehung eines sozialen Ghettos ein negatives Image bekommen.



             George-Albrecht-Straße heute


Besorgte Blumenthaler befürchten eine ähnliche Entwicklung inzwischen auch für die von der BWK ursprünglich ebenfalls errichteten Mehrfamilienhäuser an der Richard-Jung-Straße, deren Bau 1922 auf Initiative des BWK-Generaldirektors Richard Jung begann. Allerdings wirken in dieser kleinen Gartenstadt die baulichen Voraussetzungen wegen der geringen Einwohnerdichte und der großen Gärten und Grünflächen dieser Gefahr erheblich entgegen.

"Gartenstadt" an der Rchard-Jung-Straße


Eine ganz andere Entwicklung haben die ehemaligen Häuser der leitenden Angestellten genommen, die man an der Wigmodi- und der Martin-Luther-Straße findet. Sie erscheinen heute als sehr attraktive Altbauten, die den historischen Charme einer vergangenen Zeit besitzen.


                                      "Beamtenhaus" an der Martin-Luther-Straße



Die BWK sorgte jedoch nicht nur Wohnraum, sondern brachte auch durch Veranstaltungen auf dem Werksgelände kulturelles Leben nach Blumenthal. So spielte 1995 das Sydney Symphony Orchestra in der Rohwollhalle. Ihm folgte 1996 das Ensemble Modern mit Werken von Beethoven und Stockhausen in der Halle 173. Ebenfalls hier gestaltete das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin einen Gershwin-Abend.

Schließlich folgte noch im Jahr 2000 die Oper „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“, für die die BWK jedoch nicht mehr als finanzieller Sponsor auftrat, sondern nur die Rohwollhalle zur Verfügung stellte. So sollte das Werk des Kapitalismus-Kritikers Bertold Brecht zu einem Vorzeichen auf das Ende der BWK werden, nachdem sie selbst zuvor ein phänomenales Wachstum erlebt hatte.




        Werbetafel für "Klassik in der Wollkämmerei" (Quelle:Sir Charles (Förderverein))



Der gemeinsame Rhythmus von Werk und Stadt


Aufgrund ihrer überragenden Größe hat die Kämmerei immer auch das Stadtbild Blumenthals und das Leben der Bewohner mitgeprägt. Das galt vor allem für die Zeit, in der die Zahl der Mitarbeiter noch weit über 1.000 lag. So findet man in alten Berichten über die 1950_er Jahre, als noch fast 5.000 Menschen im Werk arbeiteten. Darin wird von Menschenströmen berichtet, die dem Zeittakt der BWK folgten. „So entwickelte sich die Mühlenstraße zu einer sehr belebten Einkaufsstraße mit vielen Gaststätten, ja, sie war, wie sich ältere Anwohner noch erinnern können, „schwarz vor Menschen“, „die morgens auf dem Weg zur Arbeit in der Kämmerei waren. Oder nachmittags von daher kamen, dann hier ihre Feierabendeinkäufe erledigten oder schon mal zum ersten Bier nach der Schicht einkehrten.“ (Scheil)


Feierabend bei der BWK (Quelle: Förderverein) 


War diese werktägliche Erscheinung zwar eine unmittelbare Folge eines Betriebs, der keine flexible Arbeitszeit kennt, bestimmte die BKW auch in weiteren Bereichen den Lebensrhythmus in Blumental. So heißt es etwa die Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Kämmerei, dass man die Sirene beim Schichtwechsel abgeschafft habe. Und ergänzt diese Modernisierung des Arbeitslebens mit dem Hinweis: „Viele Blumenthaler bedauern das. Man konnte nämlich im ganzen Ort die Uhr danach stellen. Aber das ist jetzt vorbei. Vielleicht würde man den Ton als Lärmbelästigung empfinden.“ (100 Jahre, S. 47)

Aber auch in späteren Jahren sollen noch einige Blumenthaler ihre Uhr nach der Werksuhr gestellt haben, die für sie die „richtige“ Zeit angab. Aber das waren eben anderen Zeiten, die noch keine durch Zeitzeichen gesteuerten Funkuhren kannten.


Die BWK sandte jedoch nicht nur akustische und visuelle Signale an ihr Nachbarschaft aus, sondern informierte auch den Geruchssinn. Über den von den meisten als unangenehm empfundenen Eigengeruch der Schafwolle, den die BWK selbst als „Duft“ bezeichnete (Sir Charles 58, S.3), erfuhren die Anwohner etwas von der Marktlage auf dem globalen Wollmarkt, da diese Belästigung anzeigte, das es in der Kämmerei Wolle gewaschen wurde. Die verbreitet Redensart „Wenn es in Blumenthal nach Wolle riecht, geht es den Blumenthaler gut“, hatte daher in der Nachbarschaft der BWK immer eine mehrschichtige Bedeutung. Schließlich sollte sie den Ärger über die ständige Geruchsbelästigung durch eine
ökonomische Überlegung abbauen. Der Geruch zeigte schließlich an, ob die zyklischen Bewegungen des globalen Wollmarktes zu Kurzarbeit bei der BWK geführt hatten oder nicht.


Der Blumenthaler BWK-Streit


                                                  Cover des Leopold-Buches

Auch wenn Blumenthal immer seine Abhängigkeit von der mächtigen BWK mit ihren Vor- und Nachteilen gesehen hat, sorgte die Geschichte der BWK für einen manifesten Streit. Und das sogar über 40 Jahre nach dem eigentlichen Geschehen. Anfang 1986 hatte im Rahmen eines Programms des Kultursenators Volkmar Leohold ein Manuskript über das Leben der Beschäftigten bei der BWK geschrieben, das er zur Diskussion an einige Funktionsträger bei der BWK und in Blumenthal geschickt hatte.

Dieser unveröffentlichte Text führte beim Mangagement der BWK zu heftigen Reaktionen (Sir Charles 2), da er die Arbeit für ein „Zerrbild“ der Wirklichkeit hielt. (Sir Charles 2). Diese recht pauschale Kritik wurde im Laufe der folgenden Diskussion auf die Behandlung der Zwangsarbeiter während der Kriegszeit und den vorwurfsvollen Hinweis auf eine bisher in der lokalen Geschichtsschreibung fehlende Aufarbeitung der NS-Zeit präzisiert.

Damals beschränkte sich die Auseinandersetzung jedoch kaum auf diese konkreten Fragestellungen. Es kam vielmehr zu einer Spaltung der interessierten Einwohnerschaft, die offenbar tiefer ging und älter war als die Beurteilung eines dokumentierten Sachverhalts. Auf der einen Seite der Konfliktlinie standen das Management der BWK und der Betriebsrat mit den DAG Vertretern sowie die DGB-Gewerkschaften, die SPD und der Bremer Bildungssenator auf der anderen. Damit ging ein Riss auch durch Blumenthal, was nicht zuletzt in einigen Diskussionsveranstaltungen im Gustav-Heinemann-Bürgerhaus in Vegesack, im Gemeindehaus der Ev-ref. Kirchengemeinde Blumenthal und im Staatsarchiv Bremen sichtbar wurde (Leohold).

Nachdem seit 1996 große Unternehmen wie Volkswagen und die Deutsche Bank nicht zuletzt auf Druck einer kritischen Öffentlichkeit namhafte Wissenschaftler mit der Aufarbeitung ihrer Geschichte beauftragt haben (Schulz), wirkt diese Diskussion unverständlich, zumal die BWK sicherlich kein besonders negatives Beispiel war und auch in dem Buch von Leohold nicht so dargestellt ist.

In diesem Fall hat die BWK jedoch nicht nur wie später durch die Emissionen und die Umstellung ihres Hezkraftwerks und ihrer Eindampfungs- und Feuerungsanlage für kontroverse Diskussionen unter den Blumenthalern gesorgt, sondern zu einer außergewöhnlichen Entscheidung des Bremer Kultursenators beigetragen, dessen positive Wirkung kaum noch aus dem öffentlichen Leben Blumenthals wegzudenken ist. Im Jahr 1988 wurde das „Stadtteilgeschichtliche Dokumentationszentrum“ - also 
das DOKU Blumenthal - gegründet, "um in kultur- und bildungspolitischem Auftrag zu bewahren, was in Blumenthal je gesagt, geschrieben oder fotografiert wurde“. Damit sollte „vor allem jungen Menschen „Geschichte von unten“ und „Geschichte vor Ort“ vermittelt und Lehrbuchwissen anhand lokaler Beispiele anschaulich gemacht werden.“

Damit hat die BWK also höchst indirekt zu einer Einrichtung gesorgt, die ihresgleichen in anderen Bremer Stadtteilen suchen muss.



Das städtebauliche Erbe der BWK



Von der BWK sind nach der Einstellung der Produktion und dem Verkauf der Maschinen in Blumenthal nicht nur Erinnerungen zurückgeblieben. Daneben hat sie ihr riesiges Werksgelände mit Gebäuden, die teilweise unter Denkmalschutz stehen, sowie ihre ausgegliederten Abteilungen hinterlassen. Dazu gehören vor allem das Kraftwerk, die Eindampfungs- und Verbrennungsanlage (EVA) einschließlich der biologischen Kläranlage und der Chemiefaserbereich.

Nicht unumstritten sind dabei aufgrund möglicher Emissionen die Müllverarbeitungsbetriebe. Hier haben sich bereits in den letzten Jahren der BWK mehrere Bürgerinitiativen in Blumenthal und sogar in Berne auf der anderen Seite der Weser gebildet, um einen Betrieb dieser Anlagen zu verhindern, falls sie keinen Strom für die BWK liefern und kein Wollwaschwasser reinigen.

Die Proteste haben zunächst zu verschiedenen Schadstoffmessungen und Sonderuntersuchungen des Bremer Krebsregisters geführt. Auf dieser Grundlage wurde mit Vertretern der Bürgerinitiativen ein runder Tisch gebildet, der die Ergebnisse der Untersuchungen diskutiert und zu weiteren Auflagen für die Betreiber geführt hat. Inzwischen werden die Grenzwerte offenbar eingehalten und auch von Störfällen wird nichts mehr berichtet.


Die beiden Anlagen stellen also eher ein potenzielles Risiko für die Anwohner dar, was jedoch dennoch den Wohnwert und das Image der Quartiere neben einem Müllkraftwerk und einer Kläranlage für Chemieabfälle nicht gerade erhöht. Die Lage unmittelbar neben dem alten Zentrum Bumenthals ist also suboptimal, ganz unabhängig von dem tatsächlich messbaren Daten.

Damit sind vergleichbare Auswirkungen für die Nutzung des übrigen Geländes der BWK zu erwarten, das inzwischen über die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) , die größtenteils im Besitz des Landes Bremen ist, Bremen gehört. Hier will Bremen weiterhin ein Industrie und Gewerbegebiet entwickeln, wie es bereits das BWK-Management versucht hat. Allerdings sieht das Bauressort jetzt für die unter Denkmalschutz stehenden Backsteingebäude der BWK eine höherwertige Nutzung etwa für Künstlerateliers, Gastronomiebetriebe oder auch ein Kulturzentrum vor. Die Frage, wie sich dadurch entstehende Nutzungskonflikte vermeiden lassen und wie sich die Bebauung dieser Industriebrache tatsächlich in den nächsten Jahren vollziehen wird, dürfte für die Zukunft Blumenthals von ganz erheblicher Bedeutung sein.

Nicht nur die Gründung der BWK hat somit die Entstehung des heutigen Blumenthals ganz erheblich mitbestimmt. Entsprechendes gilt auch für ihre Schließung. Damit muss allerdings nicht zwangsläufig ein paralleler Rückbau verbunden sein, denn die sozialen und ökonomischen Rahmenbedingen haben sich in den letzten einhundertdreißig Jahren geändert. Die zukünftige Bebauung des alten Werksgeländes, das die neuen Chancen mehr oder weniger gut aufgreifen kann, wird jedoch zu einem großen Teil beeinflussen, was Blumenthal in den nächsten Jahrzehnten sein wird. So dürfte die BWK noch mindestens für einige Jahrzehnte mit dem aktuellen Schicksal Blumenthals verbunden bleiben.




            Eindampfungs- und Verbrennungsanlage


Quellen:

Bahr, Albrecht-Joachim, Blumenthal - Stadtteil mit fünf Bahnhöfen, in: Weser-Kurier vom 24.10.2010.

Fiedler, Ulf, Friedhofsruhe verhinderte Bahnanschluss. Ein historischer Gang über den evangelisch- reformierten Blumenthaler Friedhof, in: Weser-Kurier vom 19. November 2011.

Ders., Alte Fotos erzählen: Dank der Bremer Woll-Kämmerei bekam die Gemeinde Elektrizität/Kanalisation folgte später. Blumenthals Aufbruch in die Moderne, in: Weser-Kurier vom 3.2.2012.

Ders., Frühe Kritik an der Woll-Kämmerei, in: Weser-Kurier vom 30.5.2012.

Ders., BWK-Direktor und Landrat gestalten die Zukunft Blumenthals Ende des 19. Jahrhunderts gemeinsam, in: Weser-Kurier vom 31.07.2012.

Ders., Die lange Geschichte der Farge-Vegesacker-Eisenbahn: Kaiser Wilhelm I vergibt 1884 die Konzession. Bahnstrecke führt durch Obstgarten, in: Weser-Kurier vom 14.12.2013.

Kölling, Volker, Die Kirche war ihr Fixpunkt. Wie die Bremer Woll-Kämmerei Polen und Deutsche zusammenbrachte, in: Weser-Kurier vom 5.10.2013.


Leohold, Volkmar, Die Kämmeristen. Arbeitsleben auf de Bremer Woll-Kämmerei, Hamburg 1986.

Lüneburg, Karl, Vorwort, in: Oelfken, Tami, Maddo Clüver. Konturen einer Kindheit, Fulda 1988.


Meyers Konversationslexikon, Leipzig/ Wien, 4. Auflage 1885-1892.

NN, Manuskript des Morgen-Magazins von Radio Bremen am 13.3.1986.

NN, Diskussionen um „Kämmeristen. Leohold: Kein Anlass zur Revision der Geschichte von unten, in: Die Norddeutsche vom 12.4.1986.

NN, Neuer Blickwinkel der Geschichtsschreibung. Leoholds Buch: Tatsachen unbestreitbar, in: Die Norddeutsche vom 26.4.1986.

NN, Das Buch, das uns betrifft. Zerrbild und Wirklichkeit des Arbeitslebens auf der Bremer Woll-Kämmerei, Sir Charles 2, S. 7.

NN, George-Albrecht-Straße. BWK verkauft Häuser, in: Sir Charles, 38,7 (1998)


NN, Flotte Fassaden, in: Sir Charles, 39,3

NN, Straßennamen erzählen Geschichten. Heimstättenweg, in: Sir Charles, 21,7 (Grohner Haus)

NN, Straßennamen erzählen Geschichten. Richard-Jung-Str., in: Sir Charles, 17,5

NN, Straßennamen erzählen Geschichten, in: Sir Charles, 15,7.

NN, Straßennamen erzählen Geschichten. Die Zschörnerstraße, in: Sir Charles, 16,6.

NN, Straßennamen erzählen Geschichten: Landrat-Christians-Straße, in: Sir Charles, 19, S.6.

NN, 100 Jahre Farge-Vegesacker-Eisenbahn (1888-1988). Vom ersten Tage an Zusammenarbeit mit der BWK, in: Sir Charles, 8,5.

NN, Viel mehr als ein Jahrhundert Brandschutz." Allzeit bereit zum Wohle der Gemeinschaft!", in: Sir Charles, 10, 4f.

NN, Partnerschaft: Umwelt und Unternehmen. Duft der Schafwolle nicht schädlich, in: Sir Charles, 58, S. 3.

Oelfken, Tami, Maddo Clüver. Konturen einer Kindheit, Fulda 1988.

Scheil, Detlev, Einst weltweit modernste Fabrik ihrer Art, in: Weser-Kurier vom 17.03.2011

Schiemann, Heinrich, Ein Jahrhundert BWK 1883 – 1983. Eine Epoche der Woll- und Chemiefaserverarbeitung in Bremen, Bremen, 100 Jahre, S. 47.


Uphues, Andreas, Ein Manuskript sorgt für viel Wirbel. Geschäftsleitung empört, in: Welt der Arbeit vom 27.3.1986.

Schulz, Bernhard, Auftragsforschung. Outsourcing der eigenen Vergangenheit, in: Die Zeit vom 16. Januar 2012.


Warsewa, Günter, Drinda, Dorothea und Kirk, Matthias, Stadtteilkonzept Blumenthal, Bremen 2007.




 






BWK: Virtuelles Museum



Vorüberlegungen zu einem virtuellen BWK-Museum:




Ein digitaler Lernort mit sozialer Bodenhaftung 


Der Förderverein Kämmereimuseum plant ein „digitales“ Museum, das ein „außerschulischer Lernort“ sein soll. Diese Begriffe sind inhaltlich bisher wenig festgelegt. Daher sollen hier mögliche Konkretisierungen aufgezeigt werden, wie auf der Grundlage der digitalisierten Materialien des Vereins Fragen aus dem Bereich „Schafe – Wolle – Mode“ erarbeitet und beanwortet werden können.

Ein weiterer Vorschlag bezieht sich auf ein ergänzendes Mitmach-Museum, in dem die Besucher selbst sinnliche Erfahrungen mit der Verarbeitung von Rohwolle machen und Einblicke in das Schaffen von Kunsthandwerkern gewinnen können, die das Material Wolle verwenden.




Damit könnte das BWK-Museum in Blumenthal eine Einheit aus einem Erinnerungs-, einem virtuellen und einem Mitmach-Bereich werden, die sich gegenseitig ergänzen und den Erwartungen zahlreicher potenzieller Besucher entsprechen.



                                        BWK-Sortiergebäude 43/44 (Quelle: Förderverein)




Museen als Räume für lebenslanges Lernen


Sammlungen „materieller Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt“, die „beschafft, bewahrt, erforscht, bekannt gemacht und ausgestellt“ werden, also die Institutionen, die man üblicherweise Museen nennt, sind einem erheblichen Legitimationsdruck ausgesetzt, wenn sie nicht über einen großzügigen Sponsor oder Mäzen verfügen.

In Zeiten leerer öffentlicher Kassen und einer Vielzahl anderer Aufgaben, die ebenfalls Steuergelder erfordern, können sie sich nicht auf die Patina oder auch den Staub einer langen Tradition verlassen, sondern müssen ihre Ausgaben für die Gebäude, das Personal sowie aktuelle Ausstellungen und ein modernes Marketing rechtfertigen und begründen. Dazu ist es erforderlich, ihre Leistungen für die Gesellschaft herauszustellen. Dabei können sie sich nicht mehr ausschließlich auf die Highlights einmaliger Sammlungen verlassen, die einem bekannten Museum früher bereits eine Bestandsgarantie verschaffen. Auch die positiven Urteile von Museumsfachleuten sind nicht vorrangig gefragt, sondern mehr und mehr werden die Besucherzahlen herangezogen. Museen müssen sich daher darum bemühen, die Erwartungen und Wünsche potenzieller Besucher zu erkennen und ihre Sammlung, vor allem jedoch die Vermittlungsarbeit entsprechend auszurichten. Es reicht daher nicht mehr, sich auf die eigene Tradition oder die Einmaligkeit einzelner Exponate zu verlassen.

Daher erhält zumindest aus der Sicht der Öffentlichkeit seit den 1970_er Jahren die Museumspädagogik einen wachsenden Stellenwert, da die „Aura des historischen und künstlerischen Originals“ (Paatsch) in der Regel nicht für sich selbst spricht, sondern die meisten Museumsbesucher eine didaktische Unterstützung benötigen, um Exponate beurteilen und einordnen zu können.

Damit wurde das Museum als Lernort entdeckt, für den nach und nach eine Reihe von didaktischen Methoden entwickelt wurden, die sich mehr oder weniger eng an die Schul- und Erwachsenenpädagogik anlehnen. Das zeigt exemplarisch der Versuch, die klassische Museumsführung als ‘Frontalunterricht im Gehen’ zu kennzeichnen und durch neue interaktive Formen der Vermittlung zu ergänzen und zu ersetzen. Das führte auch zu einer veränderten Sicht der Exponate, die nicht mehr als einmalige Kunstwerke oder Raritäten verehrt wurden, sondern von ihrem hohen Podest gerückt und sich einer Diskussion mit den Besuchern stellen mussten, die nicht in jedem Fall besonders sachkundig ist. Die Museumsmitarbeiter konnten bei dieser Entwicklung der Museen von Musentempeln zu profanen Lernorten nicht selten erstaunt feststellen, dass der Durchschnittsbesucher eine Reihe grundlegender Lernsequenzen benötigt.


Um diese Defizite zu schließen, wird daher beispielsweise im Bremer Focke-Museum (Hohlfeld) ein Mediaguide zur Verfügung gestellt, über den die Besucher entsprechend ihren Vorkenntnissen und Interessen Zusatzinformationen abrufen können. Auch hat man Eigenaktivitäten der Besucher in das Vermittlungsprogramm aufgenommen. Daher kann man etwa im Anschluss an das Thema „Bremen im Mittelalter“ auf Wachstafeln schreiben, Stadtsiegel gießen und Pilgerzeichen herstellen.



                                            Focke-Museum in Bremen


Speziell für Kinder und Jugendliche wird seit 2003 mit „Fockes Labor“ ein Experimentierraum angeboten, in dem selbständig und spielerisch an Originalen wie mittelalterlichen Keramikfragmenten, archäologischen Knochenfunden, historische Münzen und typischen Möbelhölzern ge

forscht werden kann. Dabei gilt die für Museen nicht gerade selbstverständliche Aufforderung: Bitte berühren! Die Ergebnisse dieser praktischen Untersuchungsarbeiten, also etwa restaurierte Keramikscherben oder mit Stempel und Hammer geprägte Münzen können anschließend mitgenommen werden.

Ein weiterer eigener Aktionsraum steht mit dem Studio Focke zur Verfügung, in dem man Puppen basteln und Puppenspiele aufführen, technische Anlagen mit Stabilbaukästen oder Legosteinen konstruieren, mit Sichttelegraphen und Morseapparaten kommunizieren und selbstkonstruierte und programmierte Roboter einsetzen kann.

Damit ist das Museum also heute nicht mehr eine Ausstellungsfläche für einmalige Exponate, sondern ein Raum, in dem die Besucher entsprechend ihren jeweiligen Präferenzen forschen und lernen können
.


Die Herausforderungen des Internetzeitalters



Mehr und mehr haben die Museen inzwischen sogar das Monopol für einen Blick auf ihre Exponate verloren. Zumindest im Bereich der Kunstmuseen zeigt das google-UnternehmenArt Project“ die Möglichkeiten des Internets im musealen Bereich. Dieses Internetangebot stellt seit dem 1. Februar 2011 die Exponate bekannter Kunstmuseen ins Netz. Inzwischen beteiligen sich daran der 325 Museen vom Akropolis-Museum in Athen bis zum Museum of Modern Art (MoMa) in New York.




                                                                Art Project

Auf diese Weise kann man heute beispielsweise Rembrandts „Nachtwache“,
Botticellis „Geburt der Venus“ oder Raphaels „Sixtinische Madonna“ in aller Ruhe auf einem Monitor überall dort betrachten, wo man dazu Muße und Lust hat. Und das alles ist ohne lange Anreise und ein störendes Gedränge vor den Gemälden möglich, ja, man kann sogar die Werke desselben Künstlers oder eines Themenbereichs vergleichen, auch wenn sie sich in Museen befinden, die Tausende Kilometer von einander entfernt sind. Man muss also auf diese Möglichkeiten nicht mehr warten, bis vielleicht ein einziges Mal während des eigenen Lebens eine lange vorbereitete Sonderausstellung eine solche Synopse ermöglicht.


Diese Euphorie über das virtuelle Museum ist dabei durchaus gerechtfertigt, auch wenn Bücher oder Videos prinzipiell ähnliche Vergleiche ermöglichen. In diesen Fällen hat jedoch die google-Webseite mit ihrem virtuellen Angebot zumindest rein technische Vorteile, da aufgrund der Zoomfunktion die Maltechnik erheblich besser analysiert werden kann als beim Original. So hat der Direktor der eingeräumt, dass auf diese Weise sogar bisher unbekannte Details eines Gemäldes entdecken lassen.

Virtuelle Gemäldesammlungen bieten zudem noch einen Vorteil, dass sie jedem Kunstfreund eine Freude machen können, die sich sonst nicht einmal Milliardäre erfüllen kann. Man kann seine Lieblingsbilder in einem eigenen virtuellen Museum aufhängen und sie sich immer dann ansehen, wann man es gerade möchte. Und das ohne Anschaffungs- und Versicherungskosten und vor allem die Ängste vor Kunsträubern. Auch kann man diese Privatsammlungen anderen zeigen und damit etwas über die eigenen Kunstpräferenzen preisgeben

Diese virtuellen Kunstmuseen haben verständlicherweise zu einer breiten Diskussion der Vor- und Nachteile der klassischen Museen geführt, die voller Stolz bisher auf ihre einmaligen Schätze geführt. Die Vertreter der Kunstmuseen haben daher zwar die Qualität der extrem hochauflösenden Reproduktionen bewundert, aber gleichzeitig darauf verwiesen, dass das direkte, dreidimensionale Erleben der Kunstwerke damit nicht vergleichbar sei.


So sehen es die Fachleute. Für viele Besucher realer Museen können jedoch virtuelle Ausstellungen ebenfalls das Erleben realer Kunstsammlungen nicht ersetzen, wobei hier auch die Vorbereitung und der Gang durch die Ausstellungen mit allem Drum und Dran als Einheit gesehen und beurteilt wird. Das ist etwas anderes und für viele ein wichtiges Mehr gegenüber einem komfortablen Blick auf einen Monitor, der die detaillierte Betrachtung einmaliger Kunstwerke rasch jederzeit ermöglicht und damit zu einem beliebigen Alltagsereignis macht.

Diese Beurteilung lässt sich auch durchaus erklären, wenn man den Besuch eines Museums als in besonderes Event sieht. Dann handelt es sich um eine „einzigartige Mischung aus Bilden und Genießen“, wobei sich in einem Museum „Wissen und Vergnügen“ besonders nahekommen. Das kann dann kein „flüchtiger Elektroimpuls“ ersetzen, weil er „die Sehnsucht nach Orten des Bleibens, nach Orten“ nicht stillen kann, „an denen die Dinge noch als Dinge zu besichtigen sind, ganz handfest, real und authentisch.“ (Rauterberg)

Dieses Aussage über das Erleben von realer Kunst gilt, wenn auch vermutlich weniger ausgeprägt, für andere Museen, wie in einer Untersuchung über Freilichtmuseen festgestellt wurde. Hier erlebt das Publikum seinen Besuch als eine eine ausgesprochene Freizeitaktivität und möchte „Einen schönen Tag verbringen!“ (Paatsch)

Für die Besucher ist daher der Gedanke der lebenslangen Lebens, wie es die Museumspädagogik versteht, ein Motiv, das nicht an erster Stelle steht. Museen, die ihren Besuchern etwas bieten wollen, müssen daher Lernorte sein, an denen die Besucher nicht nur Fragen beantwortet erhalten und sich in Themenbereiche einarbeiten können, sondern auch etwas Besonderes und Erzählenswertes erleben. Dabei dürfte sich die Art des eindrucksvollen Erlebnisses von den jeweiligen Erwartungen der einzelnen Besucher abhängen. So kann es für den einen die durch Fotos aufgefrischte Erinnerung an das vergangene Arbeitsleben, für andere die Lösung spannender offener Fragen über die aktuelle Entwicklung auf dem Wollmarkt sein die kreative Arbeit mit Wolle sein und für wieder andere ein gelungenes Gesamtangebot verschiedener musealer Teilbereiche .



Das Kämmereimuseum Blumenthal: eine Einheit aus drei musealen Zugängen


Eine Neugründung wie sie ein Blumenthaler Kämmereimuseum darstellt, hat einen großen Vorteil. Sie kann ohne den Ballast einer musealen Vergangenheit starten und ein Konzept entwickeln und umsetzen, das den aktuellen Überlegungen zu Museen im medialen Zeitalter gerecht wird.

Dabei muss man sich auch nicht von einem Fundus leiten lassen, der allein aufgrund seiner Einzigartigkeit eine herausragende Präsentation verlangt und damit alle weiteren Detailentscheidungen beeinflusst.

Das ist in Blumenthal nicht der Fall, wo man zwar auch von den vorhandenen Exponaten ausgehen muss, die sich allerdings ohne große Einbußen bei ihrer Authentizität digitalisieren lassen, was auch bereits größtenteils Geschehen ist. Das Museum kann sich daher vor allem im Hinblick auf zukünftige Besucher und deren Interessen orientieren.

Dabei lassen aufgrund der bisherigen Arbeit des Fördervereins und den empirischen Ergebnissen von Untersuchungen über die Präferenzen heutiger Museumsbesucher drei unterschiedliche Zugänge herausstellen, die jedoch keineswegs isoliert nebeneinander stehen, sondern sich vielmehr sinnvoll ergänzen.

Die bisherigen Besucher der Sonderausstellungen und Präsentationen, die der Förderverein Kämmereimuseum bereits veranstaltet hat, wollten vor allem ihre Erinnerung an die BWK-Zeit auffrischen und sich darüber informieren, was aus alten Gebäudeteilen inzwischen geworden ist. Man kann daher von einem Erinnerungsmuseum sprechen, dessen Adressaten man vor allem in der Region Bremen Nord, aber auch auf der gegenüberliegenden Seite der Weser findet. Dabei steht die Beschreibung einzelner Ereignisse und ehemaliger BWK-Mitarbeiter im Mittelpunkt des Interesses.


Diese Deskription von Details begrenzt damit das Angebot. Generelle Zusammenhänge, die damit auch die Erinnerungen in einem allgemeineren Hintergrund sehen, kann ein virtuelles Museum herausstellen, das auf dem digitalisierten Fundus aus der BWK-Geschichte aufbaut, aber gleichzeitig die vielfältigen Möglichkeiten des Internets nutzt. Dadurch lassen sich, wie hier im Einzelnen dargestellt werden sollen, Themenbereiche erarbeiten, die einerseits für das Verständnis der Geschichte und des Endes der Bremer Woll-Kämmerei von Bedeutung sind, andererseits jedoch auch so allgemein sein können, dass sie für einen erheblich weiteren Nutzerkreis von Interesse sein können.

Die Leistung eines derartigen virtuellen Museums besteht in seinem einzigartigen Informationsangebot, die allerdings auch deutliche Grenzen besitzt. Der Nutzer kann sich zwar viel Wissen über Schafe, Wolle und Mode dank der Unterstützung durch das Museum erarbeiten, aber er kann damit noch nicht mit allen seinen Sinnen erleben, wie Rohwolle gewaschen, kardiert und gekämmt wird bzw. wie man aus Rohwolle Gebrauchsgegenstände oder auch kleine Kunstwerke herstellen kann. Dazu ist ein Mitmach-Museum als dritter Teil des Kämmereimuseums erforderlich, indem die Besucher die einzelnen Arbeitsschritte mit dem entsprechenden Handwerkszeug, das vom Museum zur Verfügung gestellt wird, selbst ausführen können.

Auf diese Weise kann ein Museumsbesuch zu einem Erlebnis werden, wenn man sich selbst ein kleines Souvenir als Erinnerung herstellen kann.

Ähnlich wie die beiden anderen Teile des Museums muss es sich dabei jedoch nicht um eine eher einmalige Möglichkeit handeln. So wie man im virtuellen Bereich nach und nach verschiedene Themenfelde bearbeiten kann, ist auch der Beginn eines kunsthandwerklichen Hobbys denkbar. Dazu können beispielsweise Kurse beitragen, in denen Interessierte verschiedene Formen der Wollbearbeitung erlernen und kreativ anwenden.

Einen Überblick über diese drei Teilbereiche eines Kämmereimuseums, das dem vorhandenen Fundus und den Anforderungen des Medienzeitalter gerecht wird, bietet die folgende tabellarische Darstellung. Darin stehen die unterschiedlichen Zielsetzungen der drei Zugänge im Vordergrund. Die gemeinsame Klamme ist dabei das Themenfeld Wolle und Wollverarbeitung, während die drei Tätigkeiten „erinnern“, „informieren“ und „bearbeiten“ die notwendige Ergänzung innerhalb eines einzigen Museums herausstellen.


Teilbereiche und Funktionen eines Blumenthaler Kämmereimuseums

Merkmale
Erinnerungs-
museum
Virtuelles
Museum
Mitmach-
museum
Exponate Originale und Kopien und aus der BWK-Zeit Digitalisierte Exponate des Erinnerungs-museums Werkzeuge und Maschinen für die Bearbeitung von Wolle
Umfang der Sammlung Vorhandener Bestand Ergänzung durch Internetangebote Vorhandener Bestand
Zentraler
Adressatenkreis
Ehemalige BWK-Mitarbeiter und ihre Angehörigen Schüler und Studenten, die sich mit den Themen Schafe, Wolle und Mode beschäftigen Handwerklich und künstlerisch am Arbeiten mit Wolle Interessierte
Besuchsmotivation Auffrischen von Erinnerungen Rascher Zugang zu Informationen Kreatives Arbeiten, soziale Kontakte
Lernziele Wiedererkennen und Verstehen des eingetretenen Wandels Analyse und Beurteilung von Zusammenhäng-en und Problemen Anwenden der Werkzeuge bei der Wollbearbeitung



Teilbereiche und Funktionen eines Blumenthaler Kämmereimuseums



Das vom Förderverein Kämmereimuseum für Bumenthal geplante Museum will und kann keine Konkurrenz zu dem Industriemuseum im benachbarten Delmenhorst werden. Dafür fehlen allein bei den Exponaten die Voraussetzungen, da in Blumenthal keine größeren Maschinen der geschlossenen Kämmerei mehr vorhanden sind. Die modernen wurden nach China verkauft und transportiert, einige ältere dem Bremer Focke-Museum übergeben und einige alte Loks hat bereits die BWK-Geschäftsleitung, die ja keine spätere museale Nutzung im Auge haben konnte, an einige Interessenten verschenkt.

Das muss jedoch kein Nachteil sein, wenn anstelle eines klassischen Industriemuseums, das sich in Delmenhorst auf die Norddeutsche Wollkämmerei & Kammgarnspinnerei oder kürzer die Nordwolle konzentriert, ein alternatives Konzept tritt, das weniger auf imposante Objekte setzt, sondern moderne Medien intelligent nutzen will, um gezielt ein breiteres Publikum anzusprechen. Das gilt nicht nur für das ganz reale Industriemuseum in Delmenhorst, sondern auch für dessen ausführlichen Internetauftritt, für den ein Arbeitskreis Fabrikmuseum verantwortlich ist.


Der digitale Fundus


Inzwischen verfügt der Förderverein bereits über einen Grundfundus an digitalen Angeboten, der stetig erweitert wird. Hierzu zählen:


- eine Sammlung von Fotos, zu denen teilweise Erläuterungen der Fotografen vorliegen
sowie von ca. 500 Schriftstücken, bei denen es sich vor allem um Zeitungsartikel handelt, 


- eine hochauflösende ScanDatei von 50 historischen Lageplänen, die der Verein als Gegenleistung vom Staatsarchiv erhalten hat, nachdem er die Originale dem Archiv zur sicheren Verwahrung übergeben hat,


- Zeitzeugenbefragungen in Form narrativer Interviews, in denen vor allem ehemalige Beschäftigte von ihrem Arbeitsleben in der BWK erzählen, 



- eine vollständige Sammlung aller 62 Ausgaben der Werkszeitung "Sir Charles", die zwischen Ende 1986 und Mai 2005 erschienen sind, für die seit Ende 2012 auch ein Register vorliegt, das die Suche nach einzelnen Artikel bzw. Themen erleichtert 



- eine Sammlung von Geschäftsberichten der BWK, die gegenwärtig vervollständigt und digitalisiert wird. Diese Arbeit soll bis Ende 2014 abgeschlossen sein.


Diese Angebote sind bisher nur auf Anfrage zugänglich und könnten sowohl intern in einem virtuellen Museum benutzt werden als auch über das Internet abrufbar werden.

Dabei stellt sich die Frage der Kostenfreiheit, die vermutlich mit einem staatlichen Finanzier des Museums abgeklärt werden muss. Immerhin wird sogar von einer Aktionärsschutzvereinigung wie der SdK neben einem Mitgliedsbeitrag für den Abruf alter Geschäftsberichte, sofern sie nach 1999 veröffentlicht wurden, eine Gebühr von ca. 30 € für einen Monat erhoben.

Weiterhin liegen für die BWK zwei externe Archive vor, und zwar für Auszüge aus Geschäftsberichten und Artikeln der Wirtschaftspresse
 für den Zeitraum 1911 bis 1944 bei der Deutschen Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften sowie für die Versionen der alten Webseiten des Unternehmens beim Internet Archive.

Daneben besteht ein kostenfreier Internetzugang zu einer Sammlung von Artikeln zur BWK, in denen verschiedene Themenbereiche angesprochen werden. Dadurch wird auch versucht, einige umfangreiche und nicht immer ganz leicht lesbare Dokumente aus den Archiven für ein breiteres Publikum aufzuarbeiten.


Die Geschichte der BWK



01 Die Bremer Woll-Kämmerei (BWK). Gründung, Aufstieg und Siechtum eines weltumspannenden Wollkonzerns. Ein Überblick


02 Die BWK im Kaiserreich: Gute Dividenden, aber wenig publizierte Informationen 

03 Vor, in und zwischen den Weltkriegen: Die BWK im Kampf gegen Inflation, volatile Preise, Devisenmangel und Kriegsfolgen 

04 Die BWK in den Jahren des Wirtschaftswunders und der Rationalisierung. Die Jahre zwischen der Währungsreform und der ersten Nachkriegsrezession

05 Erfreuliche Erträge trotz DM-Aufwertungen, geringeren Lohnaufträgen und Konsumentenzurückhaltung. De BWK in den 70_er und 80_er Jahren

06 Die BWK in der globalisierten Wollwirtschaft: Vom Blumenthaler Stammwerk zur BWK-Gruppe (1993 – 2000)

07 Schwarzer oder weißer Ritter? Die Elders-Jahre der BWK


08 Lieb, teuer und gefährlich: der Kämmereistandort Blumenthal. Kritische Fakten und die Sicht der Werkszeitung „Sir Charles“


Wirkung und Nachlass der BWK 



09 Blumenthal – ein fast siamesischer Zwilling der BWK

10 Innovative Sondermüllentsorger: Pfiffige Ideen oder Problemkinder der BWK?

11 Eine Herausforderung für die Städtebaukunst: Die Zukunft des Betriebsgeländes und der Gebäude der BWK


12 Die Werkszeitung Sir CharlesEin lebendiger Rückblick auf zwanzig Jahre BWK-Geschichte (1986-2005)

13  www.bwk-bremen: Vom Leben und Sterben der Bremer Woll-Kämmerei in den Weiten des Internets


Die museale Aufarbeitung der BWK-Geschichte


14 Die BWK und die Geschichte der Wollindustrie: real und museal 


15 „Dem Werk ein Denkmal setzen!“ Die ersten Jahre des Fördervereins Kämmereimuseum Blumenthal e. V.

16 Vorüberlegungen zu einem virtuellen BWK-Museum: Ein digitaler Lernort mit sozialer Bodenhaftung


Davon konnten die Beiträge 02, 04, 05 und 08 bisher noch nicht abgeschlossen werden, da zusätzliche notwendige Quellen fehlen. Dazu gehören vor allem einige weitere Geschäftsberichte.



Der Raumbedarf eines virtuellen BWK-Museums


Auch wenn heute riesige Mengen von Informationen auf fast unsichtbar kleinen Speichermedien Platz finden, benötigt auch ein virtuelles Museum Platz und Räume, denn schließlich sollen die Daten nicht nur archiviert werden. Vielmehr will und muss ein Kämmereimuseum an einem historischen Standort mehr sein als ein Server an einem beliebigen Standort irgendwo auf dem Globus. Es soll daher speziell die Bremer Woll-Kämmerei und die Schritte der Wollverarbeitung, durch die aus Rohwolle Kammzüge und anschließend Garn und Stoffe werden, auch erlebbar machen. Dafür reichen Monitior, auch wenn wenn sie qualitativ noch so gut ist, allein zumindest bisher noch nicht aus. Das Museum braucht daher eine ganz reale Ergänzung, um ihm zusätzlich eine lokale Bodenhaftung und einen praktischen Erfahrungsbereich zu geben.

Ergänzend zu den bisherigen Räumen, die vor allem für die Exponate aus der BWK-Zeit erforderlich sind, wie sie für ein klassisches Museum typisch sind, benötigt ein virtuelles Museum mit einem festen räumlichen Standort, wie es hier vorgeschlagen wird, einige zusätzliche Räumlichkeiten, die hier kurz beschrieben werden sollen.


Der BWK-Treffpunkt: Ein Platz für Erinnerungen und Gespräche


Eine gute Verbindung zwischen den Erwartungen, die vor allem die ehemaligen Mitarbeiter der BWK und ihre Kinder und Enkelkinder an ein Kämmereimuseum in Blumenthal richten, und neuen Besuchersegmenten, die durch die hier vorgestellte Ausrichtung des Museums zusätzlich angesprochen werden sollen, kann ein Eingangsbereich leisten, der als Treffpunkt gestaltet ist und möglicherweise vom Mobiliar her an das alte Betriebsrestaurant erinnert.

Denkbar ist eine offene Museums-Stube, in der sich noch lebende Mitarbeiter und andere Interessierte austauschen können und in der historische Geräte und Bilder an Blumenthals industrielle Vergangenheit erinnern. Auf diese Weise kann ohne Schwellenängste bei einem Kaffee oder Tee die Erinnerung im Kreis der Ehemaligen aufgefrischt und zugleich von den anwesenden BWK-Experten eine Einführung für neue Besucher übernommen werden.




                               Modell der Bremer Innenstadt im Focke-Museum


Dieser Eingangsbereich könnte auch ein guter Standort für ein Modell der BWK und zumindest der Teile Blumenthals sein, in der die Wollkämmerei ihre Werkswohnungen errichtet hatte. Besucher könnten dadurch vor ihrem Gang durch das Museum einen visuellen Überblick über die hier thematisierte Fabrikstadt an der Unterweser gewinnen.


                        BWK-Betriebsrestaurant 1998 (Quelle: Sir Charles (Förderverein))


Das Herz: Monitore für das digitales
Recherchieren


Anders als in herkömmlichen Museen, wo Monitore mit einem breiten Datenfunds oder gar einem Zugang zum Internet eher ein Mauerblümchendasein fristen, stehen sie in einem virtuellen Museum im Mittelpunkt, da sie als wichtiges Angebot an Schulen, Arbeitsgruppen der Erwachsenenbildung und einzelne Interessierte gedacht sind. Hier sollen der digitalisierte Fundus des Vereins sowie ausgewählte Internetangebote leicht zugänglich sein und sich daher thematisch in einer angemessen Zeit aufarbeiten lassen.

Von der Größe her müsste daher Platz für Monitore sein, die es den Schülerinnen und Schülern eines Kurse der einer Kasse, die in einer Arbeitsgruppe ein Thema bearbeiten, zur Verfügung stehen. Wenn man von Gruppen von 3-5 Schülerinnen bzw. Schülern ausgeht, dürften daher etwa 7 bis 10 Monitore erforderlich sein.


              Monitore im Heinz-Nixdorf-Forum in Paderborn (Quelle: youtube)


Mediale Verbindungen: ein Raum für Vorträge, Videos und Filme


Wie es inzwischen fast jedes Museum kennt, muss ein weiterer Raum für ganz reale Vorträge und die Vorführung von Filmen und Videos zur Verfügung stehen. Dieser Bedarf beginnt bereits bei der Begrüßung von Schulklassen, die eine kurze Einweisung benötigen, bevor sie ihre digitale Arbeit beginnen.



Eine ganz reale Ergänzung: konkrete Erfahrungen mit der Wollbearbeitung


Digitale Informationen können jedoch nicht die ganze Wirklichkeit einfangen. Sie müssen daher durch andere sinnliche Erfahrungen ergänzt werden, die weniger über die Augen laufen, sondern an denen stärker die Hände und der Tastsinn beteiligt sind. Die Wolle und ihre Verarbeitung ist schließlich auch ein Prozess, den Menschen seit Jahrtausenden als ein Handwerk erfahren haben.

De ganz realen Einblicke können Modelle von traditionellen Maschinen, wie man sie in einigen Textilmuseen findet, oder die eher handwerklich eingesetzte Geräte liefern, die einige Schaf- und Wollfreunde für ihre Hobbys verwenden, also Waschmaschinen und spezielle Wollkämme und Kardiergeräte.

                              
                        Handwerkliche Wollverarbeitung (Quelle: youtube)


Wichtiges Anschauungsmaterial sind vor allem die Maschinen, die erst die industrielle Wollverarbeitung, wie sie nicht zuletzt de Bremer Woll-Kämmerei betrieben hat. Hierzu gehören der Leviathan als spezielle Wollwaschmaschine und die verschiedenen Versionen von Kammstühlen, wie sie u.a. von Cartwright, Lister und Holden entwickelt worden sind.

In einem stärker handwerklich ausgerichteter Bereich, in dem die tatsächliche Benutzung der Geräte im Vordergrund steht, können nach dem Waschen der Wolle das Kardieren und Kämmen erprob
t werden. Dabei dürften rasch der Zeitaufwand und die Mühe erkennbar werden, die eine handwerkliche Kammzugherstellung erfordert. Das kann einerseits zur Freude über die eigene handwerkliche Leistung, andererseits zu viel Verständnis für die Bedeutung einer industriellen Wollbearbetung führen.



Herstellung eines Kammzugs (Quelle: youtube)



Da gekämmte Wolle ein Zwischenprodukt darstellt, empfiehlt sich eine Ergänzung durch Werkzeuge bzw. Maschinen, die eine Weiterbearbeitung ermöglichen. Auf diese Weise können attraktive Souvenirs entstehen, die an einen Besuch in dem nicht nur virtuellen Museum erinnern.

Daher sollte man im Museum möglichst nicht nur färben, sondern auch spinnen und weben können.

Eine weitere Ergänzung können die Hilfsmittel für eine alternative Verarbeitung von Wolle darstellen, wie sie etwa beim Filzen erfolgt; denn gerade mit dieser Technik entsteht eine praktische Gebrauchskunst, die beispielsweise Schals, Hüte, Hausschuhe und bildliche Darstellung umfasst.



                                          Filzen von Wolle (Quelle: youtube)


Aufgrund der großen historischen Bedeutung sollte auch die Tuchmacherei, also das Walken von Wollstoffen, nicht vergessen werden.

Da inzwischen viele Hobbyschafhalter Schwierigkeiten haben, die in jedem Jahr anfallende Wolle zu verwerten, sollte sich Rohwolle relativ preiswert in der Nähe beschaffen lassen. Das dürfte für viele Zwecke ausreichen, auch wenn sich daraus keine besonders feinen Kammzüge herstellen lassen.




Ein virtuelles Kämmereimuseum als Lernort für die Themenfelder Schafe, Wolle und Mode



Was kann man von einem virtuellen Kämmereimuseum erwarten und was kann es wem bieten? 
Diese Fragen besitzen eine gewisse Brisanz, da sich das klassische Verständnis eines Museums nur schwer mit einer Reduktion von Exponaten auf deren Bilder auf einem Monitor verbinden lässt. 


Museen im Medienzeitalter



Museen sind zu Recht stolz darauf, wenn sie einzigartige Originale präsentieren können, die man nur in diesem Museum in ihrer richtigen Größe und Farbe wahrnehmen kann, während in dieser Hinsicht Bilder immer auch lügen oder zumindest falsche Eindrücke vermitteln können. Beispiels sind etwa die Enttäuschungen einiger Besucher, wenn sie die wahren Ausmaße berühmter Gemälde erstmals real vor sich sehen. Hier will ein virtuelles Kämmereimuseum nicht so etwas wie eine Gemäldegalerei sein, die nur Reproduktionen anbietet.

Diese Eindrücke und Erlebnisse sind zweifellos durch keine Übertragung im Internet zu ersetzen. Aber wie die Trends bei den Museen zeigen, genügt das Anschauen einzigartiger Exponate nicht jedem potenziellen Besucher. Sie wollen im heutigen Medienzeitalter, wenn man den Entwicklungen sogar in großen anerkannten Museen folgt, Videos sehen, in denen Zusammenhänge aufgezeigt werden. Auch möchten sie im klassischen Museum selbst oder in einer ähnlichen Einrichtung, die inzwischen auch häufig einen anderen Namen führt wie das Universum in Bremen, mithilfe von von Mitmach-Exponate selbst zum Forscher oder Anwender werden. Dazu reichen dann Demonstrationen alter Maschinen nicht aus, wie sie in vielen Textilmuseen bei Führungen angeboten werden. Vor allem jüngere Museumsbesucher wollen sich aktiv an einer musealen Wissenaneignung beteiligen und selbst etwas erproben, wie sie es vom heimischen Computer aus kennen.

Ein modernes Museum darf daher, wenn es neue und vor allem jüngere Besuchergruppen ansprechen will, den Gedanken eines Edutainments, also eines spielerischen und unterhaltsamen Lernens, nicht vernachlässigen.


Klassische und virtuelle Museen: ein Vergleich


Ein virtuelles Museum kann diesen Trend fortsetzen, in dem es weniger Gewicht auf imposante und einprägsame Originale legt, wie man sie etwa im Industriemuseum Delmenhorst mit dem Turbinenhaus findet.

Auch lässt sich bei einem großen Teil der Exponate, die zum Fundus des Fördervereins zählen, nur schwer die Grenze zwischen einem Original und Kopien ziehen, da es sich generell um Objekte handelt, die bereits ursprünglich in einer größeren Auflage erschienen sind. Das gilt etwa für die Ausgaben der Werkszeitung „Sir Charles“ und für die Geschäftsberichte, aber auch für die Fotos. In diesen Fällen dürfte der Unterschied zu digitalen Daten daher deutlich kleiner sein als der zwischen einer Bilddatei und der realen Mona Lisa im Louvre.

Im digitalen Museum soll wegen dieser relativen Bedeutungslosigkeit klassischer Originale der Informationswert im Vordergrund stehen. Das ist relativ leicht zu leisten, da in der Regel bei Geschäftsdokumenten und Zeitungsartikeln gute Kopien von der Lesbarkeit her zumindest gleichwertig mit einem Original sind. Ja, sie besitzen sogar einige Vorzüge, da man sie nicht nur vom Gilb befreien und aufhellen kann, sondern jeder Nutzer sie auch entsprechend seinen Wünschen ausdrucken, teilweise für Zitate kopieren und im Text beliebig nach seinem eigenen Schema Markierungen vornehmen kann. Der Text rückt damit erheblich näher an seinen Leser heran, der über ihn verfügen kann.

Das virtuelle Angebot macht so ein Museum von einer Einrichtung, in der sich Originale ansehen und bewundern lassen, zu einer geordneten Datensammlung, mit der man arbeiten kann. Dabei helfen die im Internet üblichen Suchmaschinen dabei, schnell das zu finden, was man sucht. Das virtuelle Angebot ist also fast ideal, wenn ein Nutzer rasch Fragen beantwortet haben möchte.

Aber nicht nur das. Das breite und tiefe Datenangebot, das die Vorzüge der heutigen Datenspeicherung nutzt, hat den Vorteil, das es nicht an die Grenzen der Museumsräumlichkeit gebunden ist. Daher steht neben der Geschwindigkeit beim Suchen der Umfang des Materials als weiterer Vorteil. So eignet sich ein virtuelles Museum auch für die breitere Beschäftigung mit einer Thematik aus dem Bereich, auf den das Museum zwar im Prinzip ausgerichtet ist, aber eben nur innerhalb der Grenzen seiner Sammlung. Ein virtuelles Museum, das die Chancen des Internets nutzt und ohne Skrupel auch mit Links zu fremden Webseiten arbeitet, kann daher wichtige Hilfestellungen bei Hausarbeiten, Referaten bis hin zu Bachelor- und Masterarbeiten sowie Dissertationen liefern.

Daneben kann selbstverständlich auch jeder davon profitieren, der sich für eine Thematik nur einfach interessiert.


Eine sinnliche Ergänzung: die Mitmach-Abteilung


Trotzdem fehlt diesem Typ von Museum eindeutig eine sinnliche Komponente, auch wenn klassische Museen auf diesem Gebiet auch nicht unbedingt viel zu bieten haben, da sich die teuren Exponate häufig hinter Glas befinden, durch Sperrzonen geschützt sind und so gut wie nie angefasst werden dürfen.

Das lässt sich jedoch grade in einem Bereich, dessen Objekt die Wolle ist, leicht ändern, da ihre Bearbeitung nicht nur in hoch modernen Industrieanlagen möglich ist, sondern daneben Kunsthandwerkerinnen und Kunsthandwerker mit relativ einfachen Geräten arbeiten, deren Funktionsweise sich relativ einfach nachvollziehen lässt. Ein Besucher kann so mit relativ einfachen und preiswerten Werkzeugen zu einem Wollbearbeiter werden, der damit die Wolle wirklich kennenlernt. 

Auch dürfte dieser Bereich andere Besuchersegmente ansprechen als die technischen Details der Wollbearbeitung oder ökonomische Fakten. Wie die Sozialdaten aus dem Bereich des Wollkunsthandwerks zeigen, findet man hier vor allem Künstlerinnen, die die Ergebnisse ihres Schaffens auf Woll- der Kunstgewerbemärkten an ein fast ausschließlich weibliches Publikum verkaufen. Man könnte so durch diese Museumsabteilung nicht nur zusätzliche Besucherinnen ansprechen. Vielmehr stellen die vorhandenen Werkzeuge auch eine Grundlage für die Durchführung entsprechende Kurse etwa im Rahmen der Volkshochschule dar; denn es muss schließlich nicht immer nur getöpfert werden.


Von der virtuellen Theorie zur praktischen Umsetzung


Damit sind wichtig Rahmenbedingungen für ein virtuelles Museum abgesteckt. Die Möglichkeiten des Kernbereichs, also der digitalen Datensammlung, sollen exemplarisch an einigen Themenbereichen aufgezeigt werden. Dabei erfolgt eine Anlehnung an die in Schulen üblichen Arbeitsblätter.

Die Gesamtthematik geht dabei über den räumlichen und sachlichen Bereich der BWK in Blumenthal und Geelong hinaus. Hier wird eine Wollkämmerei wie die BWK als Teil der internationalen Wollwirtschaft gesehen. Man muss sich daher mit dem Angebot an Rohwolle, also den Wollproduzenten und nicht zuletzt auch den Schafen beschäftigen, und der Nachfrage, also mit den Spinnereien und Webereien bis hin zu den Modeunternehmen und letztendlich den Konsumentinnen und Konsumenten.



Die Erarbeitung von Themenbereichen


Die hier vorgestellten Themenbereiche, die im Laufe der Zeit noch ergänzt werden können, haben verschiedene Funktionen. Einmal können sie aufzeigen, welche vielseitigen Fragestellungen angesprochen sind. Dabei kann man nicht nur sein Wissen erweitern, das man für die Schule braucht oder vielleicht in einer Quiz-Show einsetzen möchte.

Man muss hier nicht für die Schule lernen, sondern kann sein Wissen tatsächlich ganz praktisch im eigenen Leben verwenden. So werden Urlaubs- und Praktikumsmöglichkeiten auf Schäfereien und bei Wollproduzenten weltweit angesprochen, wird in die Geheimnisse des Wollhandels eingeführt, sodass man auch einmal versuchen kann, an den Wollpreiszyklen Geld zu verdienen, aber es wird auch auf Fragen des Tierschutzes bei der Schafhaltung und die Umweltprobleme eingegangen, die zunächst durch die riesigen Schafherden und später durch die Reinigung des Wollwaschwassers und beim Färben der Wolle entstehen.

Das wird vielleicht nicht alle Leser interessieren. Jedem kann es jedoch den Alltag erleichtern, wenn er etwas über die Vor- und Nachteile verschiedener Textilfasern lernen kann oder über die Beseitigung von Flecken auf Wollstoffen. Alles das ist hier zu finden, ohne das man erst sehr lange suchen muss.




Titel der Arbeits- oder Themenmaterialien

Exemplarisch sollen zunächst folgende Themen für eine Bearbeitung mithilfe der Information eins virtuellen Museums vorgestellt werden:

01 Schafe: biologisch und ethologisch

02 Lammfromm oder zickig: das Schaf und seine Eigenschaften in Sprache und Religion

03 Hirten: Einst Repräsentanten der Neolithischen Revolution, jetzt historische Attraktionen für Touristen

04 Schafe als Wirtschaftsfaktor: Vom Schäfer zum Wollproduzenten

05 Australien und seine sheep stations

06 Tierschützer im Kampf gegen Mulesing, Lebendexporte und das rituelle Schächten

07 Vom Vlies zum Stoff: Auf dem Weg zur industriellen Wollverarbeitung

08 Von der Rohwolle zum kreativen Produkt. Die Kunst der Wollhandwerker

09 Der Wollpreis: Auktionen, volatile Preise und ein Puffer

10 Die Revolution auf dem Wollmarkt: China und das Sterben der europäischen und australischen Wollverarbeiter

11 Wollkämmereien und Wollverarbeitung heute

12 Die Wolle im Wettbewerb mit anderen Textilfasern: Image, Preise und Eigenschaften

13 Wolle und Umweltschutz. Die Gifte aus Wiederkäuermägen und von den Weiden der Welt

14 Mode mit und ohne Wolle: Die Stärken einer alten Naturfaser



Für die Erarbeitung dieser Themen, die nach einer kurzen Einführung aufgrund von Leitfragen erfolgen kann, werden unterschiedliche Literaturangebote vorgeschlagen. Dabei erhalten die Veröffentlichungen der BWK einen besonderen Stellenwert, wobei es sich neben den Ausgaben der Werkszeitung „Sir Charles“ vor allem um Beträge handelt, die früher auf den Webseiten des Unternehmens zu finden waren. 



Quellen:

Bretschneider, Katrin und Wagner, Anna, Lernort Museum, Seminararbeit, Uni Leipzig, Januar 2007.

Bundesverband Museumspädagogik e.V. (Hg.), Qualitätskriterien für Museen: Bildungs- und Vermittlungsarbeit, 2008.

Deutscher Museumsbund e.V. und ICOM-Deutschland (Hg.), Standards für Museen, Kassel/ Berlin 2006.

Gibbs, Kirsten, Sani, Margherita u.a. (Hg.), Lifelong Learning in Museums. A European Handbook, erweiterte deutsche Ausgabe der Originalversion, Ferrara 2007.

Hohlfeld, Margrit, Museumspädagogik in den Bremer Museen, Vorlage Nr. 134 für die Sitzung der Deputation für Kultur - städtisch - am 13.04.2010.

Kirst, Virginia und Schuldt, Rainer, Virtuelle Rundgänge. Google Art Project zeigt Kunst deutscher Museen, in: Welt vom 29.5.2013.

Kramer, Norbert, Museumspädagogik ungeliebtes Kind oder Zwilling? Studienseminar für das Lehramt für die Primarstufe Dortmund, o. J.

Mußmann, Olaf, Museumsentwicklung oder: Wie kommt Qualität ins Museum, in: Museum aktuell, Mai/ Juni 2003.

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