Mittwoch, 3. Dezember 2014

neu: Rekumer Straße


Eine geheime Bremer Verwaltungsaktion provoziert die Bürger in Farge und Rekum:


Eine Facebook-Gruppe erschüttert als Reaktion die politische Landschaft Blumenthals



                                            Rekumer Str. 12 im November 2014


Die kurze Vorgeschichte



Politische Entscheidungen besitzen in der Regel keinerlei Überraschungseffekt. Sie werden längere Zeit vorbereitet und in den Medien diskutiert, bevor am Ende in einer öffentlichen Sitzung des zuständigen Gremiums eine Abstimmung erfolgt. Das ist der Weg, den man kennt und der für jede Demokratie typisch ist. Es ist schließlich erforderlich, dass die Verwaltung gute Konzepte entwickelt, die Politik ihr Für und Wider herausarbeitet und die Medien eine mehr oder weniger kritische Diskussion führen, sodass auch die Öffentlichkeit und damit die Wähler über das Geschehen informiert sind. Auch eine rechtliche Prüfung sollte nicht fehlen, wenn man nicht Gefahr laufen will, dass die gesamte Arbeit ihren Wert verliert, weil die notwendigen Rechtsvorschriften nicht beachtet wurden.

Politische Beschlüsse können jedoch zumindest auch ganz anders versucht werden. Ein solche Entscheidung einer ganz anderen Art gab es am 17. Oktober in Blumenthal, als die Bürger nach einer geheimen Sitzung ihrer gewählten Vertreter nur durch eine Pressemitteilung informiert wurden, als die Entscheidung gefallen war und die praktische Umsetzung bereits eingeleitet war.

So berichtete die Bremer Sozialsenatorin bei dem in einer Art Nacht-und-Neben-Aktion getroffenen Beschluss von einem erzielten "Einvernehmen", "unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die polizeilich besonders auffällig geworden sind" in einer intensivpädagogische Einrichtung an der Rekumer Str.12 unterzubringen.



                                          Firmenschild am Haus Rekumer St. 12



Die Blumenthaler Geheimsitzung


Wie es sich für eine richtige Geheimsitzung gehört, liegen viele Details dieses Beiratstreffens im Dunklen, und die Beteiligten sind nicht bereit, mehr Licht in diesen Vorgang zu bringen, der zumindest kurzfristig erhebliche Verwerfungen in der politischen Landschaft Blumenthals ausgelöst hat. 


Nach den Auskünften des Blumenthaler Ortsamtes wurde diese Behörde, die zu Beiratssitzungen einlädt, am 15. 10. von der Sozialsenatorin gebeten, möglichst schnell eine Beiratssitzung anzusetzen. Das ist nach den Vorgaben von §1 (2) der Blumenthaler Geschäftsordnung innerhalb von zwei Tagen möglich, sodass die Sitzung für den Vormittag des 17.10. festgelegt wurde.

Zum juristischen Stellenwert der Einladung und der Durchführung dieser Sitzung gab es keine näheren Erklärungen. Es ist daher offen, ob es sich um eine Information des Beirats durch die Sozialsenatorin gehandelt hat oder der Beirat zumindest prinzipiell einen relevanten Beschluss hätte fällen können, wenn es der Ortsamtsleiter und die Beiratsmitglieder gewollt hätten. 


Obwohl die Sozialsenatorin angeblich bindende Verträge erst nach der Beiratssitzung unterschrieben hat, ging es für den Blumenthaler Ortsamtsleiter nur um die Anmietung eines Hauses in Rekum durch eine private Einrichtung der Jugendhilfe. Das spricht für einen Dissens in der rechtlichen Beurteilung, zumindest für einen in der Bremer Verwaltung nicht völlig geklärten Beteiligungsstatus des Blumenthaler Beirats.

Vor diesem strittigen Hintergrund wurden aufgrund der Tagung im Geheimen weder die Namen der Teilnehmer,die Unterlagen, die den Beiratsmitgliedern zur Verfügung standen, noch die Wortbeiträge der Mitglieder bekannt, nicht einmal durch eine detaillierte Presseinformation aus dem Ortsamt.

Über die Senatspressestelle erfolgte nur eine Bekanntgabe harter Fakten, die von der Sozialsenatorin ausgewählt waren. Danach bietet das Haus "Platz für bis zu zwölf Jugendliche in drei Wohngruppen." Zum Konzept des Trägers gehört es, "dass Pädagogen rund um die Uhr vor Ort sind, auch nachts." Dabei sollen "Die Haupt-Bezugspersonen .. ihren Wohnsitz in der Einrichtung nehmen. Auf diese Weise soll "der Betreuungsschlüssel .. eins zu eins nicht unterschreiten", d.h. "jedem Jugendlichen steht ein Betreuer gegenüber."

Während sich dieses Ergebnis in den folgenden Tagen vor Ort beobachten ließ, blieben die Widersprüche zur Arbeit des Blumenthaler Beirats weiterhin undurchsichtig. So hatte der Ortsamtsleiter nach einem ersten Zeitungsartikel davon gesprochen, dass "der Beirat am Freitagmittag zugestimmt" habe (Radio Bremen vom 17.10), woraus später die Formel "Der Beirat Blumenthal stellt sich voll hinter das Projekt" wurde. 

Aber auch diese offene Formulierung blieb nicht unwidersprochen; denn Mitglieder der CDU-Fraktion erklärten bei einem informellen Gespräch am Haus Rekumer Str. 12, der Beirat sei "nicht befragt worden". 


Die rechtlichen Hintergründe der Beiratssitzung


Dabei ist allein die rechtliche Grundlage für eine nicht öffentliche Sitzung des Beirats, die an einem Mittwochnachmittag für den kommenden Freitagvormittag vom Ortsamt angesetzt wurde keineswegs eindeutig geklärt.



Die Einberufung nicht öffentlicher Beiratssitzungen


Sie steht vielmehr auf sehr tönernen Füßen, sodass der Ortsamtsleiter als Rechtfertigung nur pauschal einen Teil des § 14 des Ortsbeirätegesetzes (OBG) zitiert. Das beweist jedoch nur die Tatsache, dass der Gesetzgeber geheime Sitzungen vorgesehen hat, was niemand bestritten hat und in Blumenthal wie auch andernorts sehr häufig im Anschluss an öffentliche Sitzungen erfolgt, wenn beispielsweise Grundstücksfragen zu behandeln sind.


Um den konkreten Fall rechtlich zu würdigen, ist eine Subsumtion des § 14 des Ortsbeirätegesetzes (OBG) und § 1 die Blumenthaler Geschäftsordnung des Beirats erforderlich.

Generell hält der Gesetzgeber solche Geheimsitzungen in einer Demokratie offenbar eher für Ausnahmen. Daher müssen bei ihrer Durchführung mehrere Kriterien erfüllt sein. Es ist also bei der Geheimsitzung vom 17.10 zu prüfen, ob das der Fall war.

Nach § 14 OBG muss eine korrekte Einladung zu einer öffentlichen Beiratssitzung vorliegen, auf der „aus triftigem Grund“ ein Ausschluss der Öffentlichkeit möglich ist, da nur der Beirat insgesamt einen Geheimhaltungsbeschluss fassen kann.

Ob die beiden Voraussetzungen - also ein triftiger Grund und ein mehrheitlicher Beiratsbeschluss - vorgelegen haben, bleibt weiterhin ungeklärt, da es Herr Nowack in einer Facebook-Diskussion vorgezogen hat, diese Fragen nicht zu beantworten.

Ohne entsprechende Auskunft lässt sich jedoch die dritte notwendige Voraussetzung prüfen, da nach § 1 der Geschäftsordnung bei einer Einladung zu einer Beiratssitzung „in geeigneter Weise .. gleichzeitig die Unterrichtung der Öffentlichkeit sicherzustellen“ ist.

Diese Bedingung ist nicht erfüllt, wovon man sich leicht auf der entsprechenden Seite des Ortsamtes überzeugen kann. Damit konnte also keine ordnungsgemäße Beiratssitzung stattfinden, auf der man wegen eines triftigen Grundes über den Ausschluss der Öffentlichkeit hätte beschließen können.

Da damit die erforderlichen Bedingungen am 17.10 nicht gegeben waren, kann nicht einmal von einer geheimen Beiratssitzung gesprochen werden. Es war vielmehr ein informelles Treffen einiger Beiratsmitglieder, die zu diesem Termin außer der Reihe gerade Zeit hatten.

Es stellt sich hier die Frage, ob die Beiratsmitglieder und die Sozialbehörde über diese zumindest strittige Grundlage für eine geheime Sitzung informiert wurden.


Der zweite rechtliche Fragenkreis muss sich auf die Informations- und Beteiligungsrechte des Blumenthaler Beirats beziehen, die ihm nach dem OBG zustehen. 


Das Informationsrecht des Beirats

Damit der Beirat seine Aufgaben für einen Stadtteil erfüllen kann, benötigt er Informationen über die Arbeit der senatorischen Behörden, die den Stadtteil betrifft. Daher sieht der §5 de OBG vor, dass "die zuständigen Stellen ... den Beirat frühzeitig in ihre Tätigkeit einbeziehen2.  

Ergänzend zu diesem allgemeinen besteht ein spezielles Informationsrecht entsprechend § 7 des OBG. Danach kann der Beirat auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder "Anfragen zu Sachthemen mit Bezug auf den Beiratsbereich an die zuständigen Stellen richten oder Vertreterinnen oder Vertreter der zuständigen Stellen oder Sachverständige in einer Beiratssitzung anhören."


Dabei sind die zuständigen Stellen zur Auskunft verpflichtet und haben die Auskunft innerhalb eines Monats zu erteilen. Es ist jedoch im Einvernehmen mit dem Beirat eine Verlängerung möglich.

Ein Informationszugang des Beirates kann nur ausgeschlossen werden, wenn und soweit gesetzliche Gründe, schutzwürdige Belange Betroffener oder zwingende öffentliche Belange dem entgegenstehen.
   



Die Entscheidungsrechte des Beirats


Nach der aktuellen Fassung des OBG sind drei Entscheidungsbereiche der Beiräte zu unterscheiden:

Danach kann die Vertretung eines Bremer Stadtteils

- gemäß § 10 (1) selbständig entscheiden wenn es ua. um die Verteilung von Globalmitteln, die Benennung von Straßen oder um die Aufstellung von Kunstwerken im öffentlichen Raum geht.


- gemäß § 9 von zuständigen Stellen erbetene Stellungnahmen beraten und beschließen. Das betrifft etwa Änderungen der Bauleitplanung, die Umnutzung öffentlicher Flächen und Gebäude sowie sozial-, kultur-, bildungs-, gesundheits- und umweltpolitische Maßnahmen.

- gemäß § 10 (2) entscheidet der Beirat im Einvernehmen mit der zuständigen Stelle beispielsweise über Planungen für Mittel der Kinder- und Jugendförderung sowie Planungen für den Mitteleinsatz zur Unterhaltung von stadtteilbezogenen Grün- und Parkanlagen.


Für alle anderen Aufgabenfelder, also vor allem die Aufstellung des Haushalts und die Gesetzgebung, die keinen lokalen Bezug hat, bestehen keine Informations- und Beteiligungsrechte.

Aus der Sicht des Ortsamts unterscheidet sich die Maßnahme in Rekum von anderen Bremer Flüchtlingsprojekten, da weder ein Bebauungsplan geändert werden musste noch für eine öffentliche Fläche oder ein öffentliches Gebäude eine Nutzungsänderung erfolgt. Für ihn besteht daher keine Verpflichtung der Sozialsenatorin, den Beirat zu beteiligen. Die Information des Beirats erfolgte für ihn nur, "
weil zu erwarten gewesen sei, dass die Angelegenheit auf öffentliches Interesse stoßen werde" (Drieling).

Aus dieser Argumention geht allerdings nicht hervor, warum bei einer Begründung durch ein öffentliches Interesse trotzdem die Öffentlichkeit und damit auch die Medien ausgeschlossen wurden.

Ohnehin kann man auch durchaus Ansatzpunkte für eine andere Interpretation des OBG finden. Das gilt zum einen für das allgemeine Informationsrecht, da es sich hier, wie gerade die Forendiskussionen belegen, um eine einschneidend wichtige Entscheidung für den Stadtteil handelt und zum anderen geht es um eine Frage der Jugendhilfe, die zu den Aufgabenbereichen zählt, die im Einvernehmen zwischen Beirat und senatorischer Behörde zu entscheiden sind.

Dazu sieht das OBG folgenden Lösungsweg nach § 11 vor: Falls kein Einvernehmen erzielt wird, muss auf Verlangen des Beirates der Beratungsgegenstand innerhalb eines Monats erneut auf die Tagesordnung der nächsten Beiratssitzung gesetzt werden, um bei einem zweiten Anlauf und vermutlich nach interen Verhandlungen das Einvernehmen herzustellen. 

Wird wieder kein Einvernehmen erreicht, legt die zuständige Stelle die Angelegenheit der zuständigen Deputation vor, die den Fall berät und innerhalb von zwei Monaten über die Angelegenheit beschließt. 

Auf diese Weise werden also auch die Gesamtinteressen Bremens berücksichtigt, ohne dass ein Beirat vorher ein Opfer für die Allgemeinheit bringen muss.

Die vermutliche Dauer dieser Entscheidung macht jedoch deutlich, wie wichtig eine frühzeitig Abstimmung zwischen senatorischen Behörden und den Beiräten ist, da ein Beirat sich zwar nicht immer gegen eine senatorische Behörde durchsetzen wird, aber ihr auch Steine in den Weg legen kann. Für eine Bremer Behörde kann das eine wichtige Lernerfahrung sein, sodass sie auf ein selbstherrliches bürokratisches Handeln verzichtet, wenn sie lernfähig ist. Das zeigen einige Beispiele aus den letzten Jahren (siehe unten !) 

 
 
                                             Bushaltestelle an der Rekumer Str. 12




Die euphorische Würdigung durch den SPD-Ortsamtsleiter und seine Fraktion


Alle Blumenthaler Politiker scheinen jedoch nicht so genau hingesehen zu haben, als sie über das Vorhaben der Sozialbehörde in Kenntnis gesetzt wurden. Einige von ihnen, die sich später rasch als erste zu Wort gemeldet haben, konnten jeweils ohne jede Einschränkung die Entscheidung in den höchsten Tönen loben, ohne dafür auch nur eine konkrete Begründung abzugeben. Es waren ausschließlich blumige Erklärungen ohne ein überprüfbares Sachargument.



Facebook-Posting des Ortsamtsleiters und der SPD-Beiratsfraktion


Den Anfang machte ein politischer Beamter, der offenbar die Richtung vorgeben durfte. Zur besonders merkfähigen Schnapszahl 17.17 Uhr postete der sozialdemokratische Ortsamtsleiter bei Facebook von einer "Sternstunde" für den Blumenthaler Beirat. 


Dabei stellte anschließend die SPD-Beiratsfraktion, die fast die Mehrheit in dem Gremium erreicht, das Verhalten des Blumenthaler Beirats nicht nur als besonders verantwortungsvoll gegenüber dem Land Bremen heraus, das diese Problemgruppe irgendwo betreuen muss, sondern auch den eigenen Mut im Vergleich zu dem von Vertretern anderer Stadtteile, wenn sie formulierte: "Wo andere Bedenken tragen wollen wir die intensivpädagogische Betreuung von auffälligen Jugendlichen unterstützen."

Vor allem im sozialen Medium Facebook wurde für die Haltung von Ortsamt und Beirat geworben. Dabei hat der Ortsamtsleiter auf eine angeblich sorgfältige Prüfung des Projektes hingewiesen, da es sich um eine Maßnahme handeln soll, die "in anderen Ländern erfolgreich war und über die "wir" "uns intensiv informiert" haben, "bevor wir uns entschieden haben". Allerdings muss er dabei die Einschränkung machen: "so gut es in der Kürze möglich war". Gleichwohl erschient ihm "das Konzept ..schlüssig und erfolgversprechend."

Kritikern wirft der Ortsamtsleiter gleichzeitig vor, "eigentlich nicht Bescheid" zu wissen. Auch sollen sie "Ängste und "Erkenntnisse" "transportieren, "die völlig haltlos sind".

Das war also eine weitere Verweigerung von nachprüfbaren Informationen über das Projekt, da keine Quelle für die angeblichen Fakten genannt wird, sondern anderen nur Kenntnisse eingeräumt werden, die man in Gänsefüßchen setzen muss, obwohl man deren bruchstückhaften Informationstand durch die eigene Geheimniskrämerei verursacht hat. 

Üblicherweise verstecken sich nur Verwaltungen, die kaum selbst Argumente auf den Tisch legen können, hinter einer derart nichtssagenden Sprache und solchen Ausflüchten.
 


Geheimniskrämerei und Facebook machen es möglich: 
eine Internet-Protestgruppe wird zur politischen Kraft


                      Webseite der Facebookgruppe "Rekumer Str. 12 Nicht mit uns"


Nach der fragwürdigen Sitzung von Blumenthaler Beiratsmitgliedern am 17. Oktober, über die wegen des in Gesetz und Geschäftsordnung nicht vorgesehenen Ausschlusses der Öffentlichkeit nur der Ortsamtsleiter seine Version den Medien mitteilen durfte, haben die SPD-Beiratsfraktion und der sozialdemokratische Stadtteilmanager rasch ein nicht näher begründetes Loblied auf eine Sternstunde für Beirat und Blumenthal angestimmt. 

Nur zwei Tage später hatte sich dann das Bild völlig verändert. Die herbeigewünschte Begeisterung hatte nicht ganz Blumenthal erfasst. Vielmehr gründete ein Bürger aus Farge am Morgen des folgenden Sonntags eine Facebook-Gruppe unter dem programmatischen Namen „Rekumer Str. 12 Nicht mit uns”. 

Abends fand dann ein erstes informelles reales Treffen im "Grünen Jäger" statt, wodurch es einen weiteren Schub bei den Mitgliederzahlen gab. Das machte sogar in der Boulvardpresse Eindruck, wo die Bremer Ausgabe von "Bild" über den "Protest von 2.300 Bürgern gegen die Nacht und Nebel Aktion der bremischen Politik" schrieb, der sich "innerhalb von 48 Stunden auf Facebook formierte. (v. Schade)

In der ersten Gruppenbeschreibung wurde als Ziel angegeben: "Diese Gruppe soll als Protestforum dienen gegen das Errichten eines Auffanglager straffälliger Zuwanderer in der Rekumer Strasse und der damit verbundenen Willkür der Politik"

Dieses Doppelfunktion hat man inzwischen auf eine Nutzungsänderung für das Haus an der Rekumer Str. 12 reduziert; denn der Protest gegen eine "Willkür der Politik" wurde für die Facebookgruppe gestrichen. 

Mit 2.300 war jedoch noch nicht einmal der Gipfel der Mitgliederzahlen erreicht, denn es ging bis in den Bereich 2.500 bis 2.600, bevor offenbar nicht mehr die gesamte Gruppe von einem Organisator bzw. einem Orga-Team aus drei Personen, das über Mitgliedschaften und die Löschung von Beiträgen zu entscheiden hatte, vertreten lassen wollte. Hier stellte sich die Frage, wie für eine virtuelle Gruppe die Legitimation einer Führungsspitze herstellen lässt. Aber das erwies sich nicht nur als personelles Problem, zumal die jeweiligen Entscheidungsträger auch immer ihre persönlichen Positionen besitzen und damit die Gruppe in eine entsprechende Richtung steuern. 

So fanden keine Abstimmungen über die Planung von Maßnahmen statt, sondern wurden den virtuellen Mitgliedern nur mitgeteilt, ohne dass die Internetgemeinde mitbestimmen konnte.

Dennoch waren 2.500 und mehr Mitglieder eine politisch beachtenswerte Zahl, die die Koalition aus Sozialsenatorin und Ortsamt herausfordern musste. Das gilt etwa, wenn man die Anzahl mit einer ähnlich ausgerichteten Facebookgruppe in Borgfeld vergleicht, die nicht einmal auf 100 Mitglieder kommt.

Kritische Punkte wurden erst später öffentlich, so vor allem durch einen Zeitungsartikel im Weser-Kurier, wo die Autorin Kathrin Aldenhoff von ausgewählten Posts "verstört" wurde. So hat sie Aussagen wie „Die müssen nicht betreut sondern eingesperrt werden“ mit "21 Ausrufezeichen dahinter" oder "Vorm Krieg geflüchtet. Um Deutschland zu f ...“, wobei sie den Rest des Satzes nicht in ihrer Zeitung zitieren wollte.

Allerdings hat sie auch eingeräumt, dass es "mäßigende Stimmen" gab, die jedoch an ihrem Eindruck "kaum durch in der Flut der Posts" dringen, "die vor Vorurteilen und Beschimpfungen nur so strotzen". 

Dabei hat Frau Aldenhoff keinen Vergleich zu anderen Foren gezogen und auch nicht zu den Leserbriefteilen der meisten deutschen Zeitungen, die gar keine Stellungnahmen zu brisanten Themen wie zu einzelnen diskriminierte Gruppen zulassen. Das hätte ihr zweifellos gezeigt, dass es sich vor allem um ein Internetphänomen mit seiner Möglichkeit zu anonymen Postings handelt, wo jeder seine Vorurteile auch unter Pseudonymen möglichst vulgär formulieren kann, um sich auf diese Weise zu befriedigen. Sie lassen sich daher keineswegs als typisch für die Nicht-mit-uns-Gruppe verwenden, die man nur anhand ihrer Erklärungen und ihres Auftretens in der Öffentlichkeit fair beurteilen kann. 

Auch den Weser-Kurier macht schließlich niemand für Mails verantwortlich, die an ihn gerichtet sind. Daher ist es abwegig, wenn man eine solche Beweisführung für eine Internetgruppe einführen will und dann anschließend anfügt, die "verräterischen" Posts seien gelöscht worden. Wenn man eine Vorzensur einführt wie die taz, kann man auf spätere Löschungen zwar verzichten, nur wird dadurch die Zeitung nicht unbedingt informativer für ihre Leser, denen man als Leserbriefe nur Vorgekostetes zumutet.

Ohne den Mut zur Öffentlichkeit, wie sie das interaktive Medium Internet im Gegensatz zur klassischen Zeitung erlaubt, auch nur mit einem Wort zu würdigen, wird wenigstens bemerkt, dass es das "erste Mal in Bremen-Nord" ist, "dass sich auf Facebook so viele Menschen in einer Gruppe zusammentun, um politisch Einfluss zu nehmen."  Falls "tatsächlich hauptsächlich Anwohner in der Gruppe sind", müssten das auch nach der Rechnung von Frau "jeweils die Hälfte der Einwohner von Farge und Rekum sein."

Aber das ist für sie dennoch keine "machtvolle Gruppe", da sie von Johanna Möller vom Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung der Universität Bremen erfahren konnte, hatte „eine solche Gruppe .. nicht nur eine politische, sondern auch eine soziale Funktion.“ Dann hat sie gar nicht mehr mit ihrem Fachgebiet argumentiert, sondern hat eher politologisch argumentiert, dass die Politik in Bremen anderen Zwängen unterworfen sei und um die Politik zu beeinflussen, mehr "brauche es ..als eine Facebook-Gruppe. Sie hat sogar die Ängste der Bremer, denen die Kritik an der Entscheidung zur Rekumer Str. 12 missfällt, mit der Feststellung beruhigt: „In der Vergangenheit ist Netzwerken wie Facebook zu viel Macht zugeschrieben worden.“

Das mag sein. Nur ist die eigentlich interessante Frage, welchen Einfluss eine Facebookgruppe tatsächlich besitzen kann und wie sie ihre virtuelle Größe in ganz reale Wirkungen umsetzen kann, obwohl, wie die Postings sehr anschaulich zeigen, eine auch bei Facebook relativ anonyme virtuelle Welt nicht mit der realen identisch ist, in der nicht nur ein "Gefällt-mir-Häkchen" gesetzt werden muss, sondern es auch um ein gewisses Maß an Geschlossenheit und an Kenntnissen des politischen Prozesses geht.

Nicht zuletzt handelt es sich um eine Realität, in der man Mitglieder nicht löschen oder blockieren kann, sondern in der man auf andere Weise die Angriffe einer Gegenseite parieren muss, die in diesem Fall über die Ressourcen der Bremer Verwaltung und der Regierungsparteien verfügen.

Schon in der ersten realen Versammlung am 19.10. hat Fridjof Balz den Mitgliedern die Gefahren eindringlich geschildert, die der Gruppe bei ihrer brisanten politischen Thematik drohen können, wenn man sie in eine rechte Ecke abdrängen will. Um dafür keine Ansätze zu bieten, wurden die Mitgliederliste und die Posts ständig von Administratoren überwacht, um z.B. bekannte NPD-Mitglieder, die sich als Trittbrettfahrer mit rechtsradikalen Parolen einschleichen wollten, zu entfernen. 

Unter dem Einfluss der Linken und der Medien hat sich die Gruppe daher sogar von einem Orga-Team-Mitarbeiter wegen seiner Mitgliedschaft in der AfD getrennt, um generell parteipolitisch unabhängig auftreten zu können


Ein Brief an den Bremer Bürgermeister


In den Stunden nach der Gründung wuchs jedoch nicht nur die Zahl der Mitglieder, sondern es wurde auch eine intensive Diskussion im sozialen Netzwerk geführt. Aber das war alles! Der Organisator und die Mitglieder wollten nicht nur im Netz Dampf ablassen und sich gegenseitig informieren. Man wollte auch etwas gegen den Beschluss unternehmen, von dem die Anwohner des Hauses an der Rekumer Str. 12 überrumpelt worden waren. 

Als erstes schickte daher Herr Balz per Mail einen Brief an den Bremer Bürgermeister, der vom Stil und von der Orthografie her zeigt, dass hier keine versierten Politprofis mit einem großen Beraterstab am Werk waren, sondern Menschen aus der Mitte der Bevölkerung, die generell wenig Gehör im klassischen Politikbetrieb finden.

Diese geringe Berücksichtigung drückte Herr Balz gleich nach der Anrede des Bürgermeisters aus, wenn er eingangs darauf hinwies, dass die Bürger in Farge und Rekum "wieder an der Nase herumgeführt" werden. 


Nach einer kurzen Beschreibung des kritisierten Tatbestands, der der in einer Unterbringung von "schwer kriminellen Jugendlichen in unserer Nachbarschaft", die "im offenen Vollzug untergebracht werden", gesehen wird, spricht die Petition das Anliegen der Facebookgruppe an.

Für Herrn Balz besteht es im Stoppen des "Wahnsinns", der die "Würde und Sicherheit" der Anwohner bedroht, die jetzt in der Umgebung der Rekumer Str. 12 leben.

Abschließend wurde auf die Mitgliederzahl der Gruppe verwiesen, indem Herr Balz auf die Möglichkeit eingeht, dass 1.400 Wähler - so groß war die Mitglieder zu dieser Zeit - bei der "nächsten Wahl das Kreuz woanders setzen können", wenn ihre Forderung einfach ignoriert wird.


Die begleitende Bürgerversammlung zur Online-Gründung



   Reale "Gründungsversammlung" (Quelle: "19.10.2014 Bürgerversammlung "Rekumer Straße 12 - Nicht mit uns" bei youtube)


Abends fand am Gründungstag der Facebookgruppe ein erstes informelles, aber ganz reales Treffen im "Grünen Jäger" statt, wo sich vor allem Anwohner sowie Freunde und Bekannte trafen, die noch telefonisch informiert waren. Dabei stellte sich heraus, dass nur etwa die Hälfte der Teilnehmer Facebook beigetreten war. Anschließend gewann daher innerhalb kurzer Zeit nicht nur dieses soziale Netzwerk viele neue Teilnehmer in Bremens nördlicher Spitze, sondern auch die Nicht-mit-uns-Gruppe neue Mitglieder.

Zu diesem Treffen hat NordReporter, von dem ein Video der Versammlung stammt, einen eigenen Kommentar bei youtube verfasst. Darin wird auf den Art. 5 des Grundgesetzes hingewiesen, nach dem jeder seine Meinung öffentlich zu äußern darf. 

Dazu wurden die Einwohner in Farge und Rekum mit einem Hinweis auf die Menschen in der DDR ermutigt, die sich vor 25 Jahren zur friedlichen Revolution erhoben haben. Daher ist die "Sache" für NordReprter "ganz, ganz einfach: Die Bürger haben aus gutem Grund Angst" und das Recht, ihre Gedanken und Worte "frei" zu äußern.

Eine reale Petition mit Unterschriften für die Bürgerschaft


Neben diesem Brief an den Bürgermeister wurde auch gleich die Sammlung von ganz realen Unterschriften für eine Petition in Farge und Rekum gestartet, an der sich viele Einzelhändler beteiligten, bei denen die Listen ausgelegt werden konnten. Allerdings verlief diese Aktion nicht ganz ohne Drohungen, da einige Geschäfsleute mit Warnanrufen eingeschüchtert wurden, die vermutlich von Antifa-Leuten kamen. (Brandt)


                                       Petition mit Unterschriftenliste


Wie im Brief an den Bürgermeister wird hier der Petitionsausschuss der Bürgerschaft, an den eine derartige Petition zunächst geht, über den Tatbestand in Farge und Rekum aus der Sicht der Facebookgruppe informiert. Das sind die "vollendeten Tatsachen", vor die die Anwohner der Rekumer Str. 12 gestellt wurden, nachdem dort "auffällige, unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge" einziehen sollen, die "in den letzten Wochen durch Straftaten für zahlreiche Polizeieinsätze gesorgt" haben, sodass "der Einsatz von Sicherheitsdiensten und anderen Maßnahmen notwendig" war.

Für die Petenten kann in dem Rekumer Mehrfamilienhaus keine "auf straffällige Jugendliche spezialisierte Jugendhilfeeinrichtung mit intensivpädagogischer Betreuung" erfolgen, "weil die Sicherheit für die Bürger .. nicht in dem Maße gegeben" ist, "in dem es bei diesen Jugendlichen notwendig wäre. Somit wenden sich die Petenten gegen eine Unterbringung der auffälligen, unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlinge in der Rekumer Straße 12, zumal es sich nur um eine Übergangseinrichtung handeln soll, "bis eine sogenannte dauerhafte Lösung gefunden wird."








Übergabe der Unterschriften an die Vorsitzende des Petitionsauschusses der Bürgerschaft (Quelle: "23.10.2014 Protest in HB-Farge: Petition wurde eingereicht" bei youtube)


Diese Aktion verlief für die Facebookgruppe sehr erfolgreich, denn schon nach drei Tagen waren 1.500 Unterschriften gesammelt. Das war eine deutliche reale Unterstützung für eine zunächst virtuelle Gruppe, die mit ihren Aussagen auf viel Zustimmung in den beiden Ortsteilen Farge und Rekum zurückgreifen konnte und nicht nur auf Mitglieder, hinter denen Fakes oder Sympathisanten verborgen sind, die sich auf viele neue Aktivitäten als besonderes Netzerlebnis stürzen.

Bereits am 22. Oktober wurden die ersten Unterschriftenlisten gegen die "geplante Flüchtlingsunterkunft für kriminelle Asylbewerber" bei der Bremer Bürgerschaft eingereicht. Neben den Unterschriften der ersten 1.500 Bürger, die diese Petition unterschrieben hatten, wurde gleich weitere Listen mit 300 Unterschriften angekündigt.

Gleichzeitig lief eine Ergänzung dieser Protestaktion durch eine Online-Petition, wie sie im Bundesland Bremen möglich ist.




Die Makarenko Schiffahrt und die Akademie Lothar Kannenberg


In ihrer Pressemitteilung hatte die Sozialsenatorin nicht nur die Details und Hintergründe ihrer Entscheidung, sondern auch deren inhaltliche Umsetzung weitgehend offengelassen. Das galt nicht zuletzt für die Arbeit des von ihr ausgesuchten Trägers Makarenko Schiffahrt GmbH und ihres operativen Partners, einer "Akademie Lothar Kannenberg".

Nach der offiziellen Kurzinformation sollen beide Institutionen "in ganz Deutschland aktiv" sein und "unter anderem seit den frühen 90er Jahren intensivpädagogische Maßnahmen auf Schiffen" anbieten, "um Jugendlichen Struktur und Halt zu geben". 

Im Hinblick auf ein eingesetztes pädagogisches Konzept soll in der Einrichtung "konsequent auf die Einhaltung von Tagesstruktur und Regeln geachtet werden". Das dürfte nicht unbedingt eine Besonderheit gegenüber anderen Erziehungsheimen sein, die üblicherweise auch feste Zeiten für die Mahlzeiten und auch andere Fixpunkte kennen. 

Gleichwohl wird hier die "Tagesstrukturierung" als einer von drei Pfeilern des Konzepts genannt. Hinzu kommen "Sport" sowie eine "Beschäftigung der Jugendlichen in ihrem Umfeld". 

In der "Akademie" soll den jungen Menschen "Selbstachtung vermittelt" und "Wertschätzung entgegengebracht werden". Um das zu erreichen, soll "die pädagogische Arbeit über "Beziehungsarbeit und das Herstellen persönlicher Bindungen" laufen. Das sind zumindest die erklärten Absichten.

Während ihres Aufenthalts lernen sie die deutsche Sprache und arbeiten in regelmäßigen Lerneinheiten am Einüben von Sozialverhalten und Respekt.

Das schreibt die grüne Sozialsenatorin, während die Methoden in der Stellungnahme de SPD-Fraktion nicht gerade unwesentlich anders beschrieben werden; denn dort ist von "Sport bis zur Erschöpfung" die Rede. Es scheint also eine eher liberale und eine stärker an Methoden des eisernen Besens orientierte Interpretationen dessen zu geben, was tatsächlich in der "Akademie" passieren soll und wird.

Um die Wähler der Grünen nicht zu beunruhigen, wurde den besorgten Lesern der taz versichert, dass an der Rekumer Str  12 kein Bootcamp nach US-amerikanischem Vorbild vorgesehen ist. Die Begründung für diese Behauptung ist ganz klar und für manche Leser sicherlich über jeden Zweifel erhaben; denn Herr Kannenberg hat es gesagt und geschrieben, wie der Pressesprecher es dem Journalisten offenbar diktiert hat: „Während in einem Bootcamp die Persönlichkeit gebrochen wird, setzt das pädagogische Konzept von Kannenberg darauf, die Jugendlichen wertzuschätzen. Ihre Persönlichkeit soll gestärkt werden.“


                                                  Titelseite der Präsentation


Um der Realität hinter diesen vollmundigen Erklärungen näher zu kommen, lassen sich eine Evaluationsstudie der Universität Kassel und eine Darstellung des Konzepts Lothar Kannenberg heranziehen, das allerdings auf der aktuellen Webseite der "Akademie" nicht abgerufen werden kann. 
So haben Wissenschaftler in Kassel zwischen 2010 (Galuske) und 2012 (Galuske/ Böhle) empirische Daten veröffentlicht und in diesem Jahr einen Artikel über den Einsatz des Boxsports in der sozialen Arbeit. (Böhle/ Schrödter)  


Der Respekttrainer Lothar Kannenberg



Einen genaueren Blick auf die Prinzipien dieses Camps verlangt die erstaunliche Laufbahn, die der pädagogische Autodidakt Lothar Kannenberg dank einiger Politiker vor allem in Hessen gemacht hat. So konnte er nach seinen Karrieren als Fleischer und Boxer, die häufig durch Zeiten einer Drogentherapie unterbrochen wurden, in der Nähe von Kassel sein Trainingscamp Lothar Kannenberg gründen. 

Diese Einrichtung wurde von zahlreichen Politikern besucht, die vor allem im hessischen Landtagswahlkampf 2008 nach anschaulichen Beispielen suchten, wie sich durch eine harte Hand die Jugendkriminalität reduzieren lässt. Das war eine gute Gelegenheit, um für das Camp in Nordhessen zu werben, das nach der Selbsteinschätzung von Lothar Kannenberg nur eine Rückfallquote von sagenhaften 20 % der Jugendlichen aufweisen soll.

Da war es nicht unbedingt überraschend, wenn die Arbeit von Herrn Kannenberg zumindest vor dem katastrophalen Wahlergebnis für die Christdemokraten bei einigen boxbegeisterten Politikern wie dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch und dem damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler auf viel Wohlwollen stieß. So hat der Exboxer damals die Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland erhalten. 


Der strukturierte Tagesablauf

Box- oder Erziehungscamp, wie es später genannte wurde, in Diemelstadt-Rhoden soll eine Umerziehung delinquenter Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren erfolgen, wobei der Tag zwischen 5.55 Uhr und 22.30 Uhr durch Sport, den Vollzug täglicher Rituale und ein Respekttraining so ausgefüllt ist, dass für schulische Bildung oder eine selbst bestimmte Freizeit keine Zeit bleibt.

Daher beschäftigt Lothar Kannenberg nicht nur Erzieher, Sozialpädagogen oder Psychologen, sondern zahlreiche Respekttrainer, wie er sie nennt, da ihre Ausbildung im deutschen Ausbildungssystem nicht vorgesehen ist. Dazu hat der Chef der Respekttrainer angemerkt: „Wesentlich für unseren Erfolg ist die Mischung der Mitarbeiter. Die Kombination aus professionellen Pädagogen und den Respekttrainern mit krimineller Vergangenheit ist für unsere Arbeit mit den Jugendlichen unerlässlich.“

Neben dem Sportprogramm werden verschiedenen Ritualen im Kannenberg-Konzept ein hoher Stellenwert beimessen. Das beginnt mit einem „Willkommensritual", bei dem die Gruppe mit dem Neuankömmling Kniebeugen und Liegestützen macht. Zudem findet für jeden Neuen ein Überlebenstraining mit der Gruppe statt.

Im üblichen Tagesablauf findet mittags ein "Essensritual" statt, das ein Respekttrainer mit der "Erleuchtung" eines Kerzenständers eröffnet, wie das bei jeder Mahlzeit erfolgt. 

Weitere wichtige Rituale sind ein "Grabritual" bei dem negative Aspekte der vorausgegangenen Zeit wie Briefe und Drogen symbolisch zu Grabe getragen
werden, und ein "Kreisritual". Dadurch soll eine "mentale Stärkung der Gruppe erfolgen, indem sich die Jugendlichen in einem Kreis an den Schultern fassen und drei Mal „Wir schaffen es!“ rufen. Falls das Vorhaben anschließend gelungen ist folgt ein Kreisritual, bei dem der entsprechende Ausruf „Wir haben es geschafft!“ lautet.

Nach dem Absolvieren des Kannenberg-Programms bekommen die Jugendlichen schließlich in einem "Verabschiedungsritual" ein besondere Form des Kreisritual mit auf den Weg ins unbekannt gewordene reale Leben, bei dem die Gruppe „Du hast es geschafft!“ ruft. Zusätzlich erhält jeder als "Zeichen für seinen persönlichen Erfolg" eine Urkunde zum "Respekt-Botschafter.“



Tagesplan nach dem Konzept Lothar Kannenberg (Quelle: Galuske/ Böhle, S. 7).

Auch der Tagesplan, der für Wochen- und Sonntage kleine Modifikationen aufweist, lässt sich wie ein Ritual beschreiben. Nicht Abwechslung und individuelle Persönlichkeitsentwicklung scheinen das Ziel zu sein, sondern eher abstumpfende Monotonie: So besteht jeder Tag der Woche neben den Mahlzeiten und der Körperpflege, für die der Zeitaufwand reichlich bemessen ist, aus Sport und Respekttraining, wobei die 500 Liegestützen um 11.30 Uhr an Wochentagen und das Putzen am Sonntag offenbar für Abwechslung sorgen sollen.

Von schulische Bildung, einer Teilhabe am Tagesgeschehen oder wichtigen Ereignissen, wie sie üblicherweise das Fernsehen oder das Internet anbieten oder gar einer Persönlichkeitsentwicklung in einer individuellen Freizeit ist hingegen gar nichts zu finden. Lothar Kannenberg will so offensichtlich seine Klienten nicht zu mündigen Bürgern entwickeln, sondern ihnen im Rahmen der Gesetze durch negative Reize unerwünschtes Verhalten abgewöhnen. Nur hat sich gezeigt, dass diese Verfahren nicht einmal bei den pawlowschen Hunden ohne spätere Auffrischung wirken. 

Wenn man diese Notwendigkeit verhindern will, müssten sich die Rahmenbedingungen für die Klienten nach dem Ende des "Akademiebesuchs" ändern. Doch dafür gibt es für die Jugendlichen an der Rekumer Str. 12 kaum positive Bedingungen. Es wird nichts für die Schulbildung getan und anschließend droht weiterhin die Abschiebung, da die Jugendlichen kaum als Asylsuchende oder Kriegsflüchtlinge anerkannt werden dürften. Diese Erwartungen dürften kaum einen Jugendlichen zu besonderen Anstrengungen motivieren, sondern eher dazu veranlassen, sich in der "Akademie" durchzuwursteln, weil die Alternative als noch schlimmer dargestellt wird.


Nur mit Wasser gekocht: Die tatsächliche Rückfallquote


Rückfallquoten beim Konzept Kannenberg (Quelle: Galuske/ Böhle, S. 19).

Anscheinend hat das Medieninteresse an der Einrichtung im abgelegenen Rhoden nachgelassen, seit man nicht mehr von einer Rückfallquote von „überzeugenden“ 20% ausgehen kann, wie sie Herr Kannenberg für sein Erziehungscamp behauptet hatte, sondern von den in der Studie der Uni Kassel objektiv ermittelten knapp 60 %. 

Damit kann kaum noch von einem besonderen Erfolg gesprochen werden, denn die Wissenschaftler aus Kassel haben für eine zur Bewährung ausgesetzte Strafe ebenfalls genau diese Quote ermittelt. Der Unterschied liegt also in den erheblich höheren Kosten und in der Umsetzung einer Form von Erziehung, die in ganz besonderer Weise den Vorurteilen autoritärer Persönlichkeiten entspricht. Nur fehlt den Fans dieser harten Hand jetzt das Erfolgsargument. Sie wurden sogar offensichtlich von ihrem Idol getäuscht, was nicht besonders schwer war, da sie sich in ihren autoritären pädagogischen Vorurteilen nur zu gern bestätigt sahen.

Bei den fehlenden Erfolgsmeldungen wird gern eine weitere Folge der Erziehungscamps nach dem Modell Kannenberg übersehen. Trotz der gemeldeten Begeisterung von Jugendlichen mit diesen Erziehungsmethoden gibt es ca. 40 % Abbrecher, die danach besonders häufig eine kriminelle Karriere einschlagen. Es sind nach der Untersuchung der Uni Kassel, die sogar vom Kannenberg-Camp teilweise finanziert wurde, 75 %. Diese Wert ist damit deutlich schlechter ist als ein Jugendarrest mit einer Rückfallquote von 70 %. 


Die reale Erfolgsquote für die Klienten, die mit einem Respekttraining nach der Kannenberg-Methode beginnen, liegt damit noch deutlich niedriger, wenn man auch die Abbrecher berücksichtigt, denn dann beträgt die Rückfallquote wenig überzeugende 66%.

Nach der Studie aus Kassel gibt es außerdem durchaus erfolgreichere pädagogische Ansätze. Man darf
 dann allerdings Vorurteilen über eine richtige Erziehung für diese jugendlichen Straftäter folgen, sondern müsste sich von nachgewiesenen Fakten überzeugen lassen. Aber das scheint einigen Entscheidungsträgern sehr schwer zu fallen. Ein solches Konzept mit nachgewiesenen geringen Rückfallquoten ist das " Projekt Chance" der Justizverwaltung in Baden-Württemberg.


Kurzfristige Extinktion oder soziale Integration?



Die Kasseler Pädagogen haben sich jedoch nicht nur mit statistischen Quoten, sondern auch mit dem pädagogischen Konzept des Autodidakten Lothar Kannenberg beschäftigt, so auch mit fragwürdigen Methoden wie der Kollektivstrafe. 
Aller Erfahrung nach lässt sich die gewünschte Empathie der Jugendlichen, die ein Mitgefühl mit angegriffenen und beraubten Mitmenschen entwickeln sollen, nur erreichen, wenn man ihre Menschenwürde und Menschenrechte respektiert. Das ist nicht nur eine Vorgabe der Humanität und des Grundgesetzes, sondern auch eine pädagogische Notwendigkeit. Andernfalls muss man bei einem großen Anteil der entwürdigten Jugendlichen mit einer eher feindseligen Einstellung gegenüber ihrer Umwelt rechnen, auch wenn sie diese vielleicht nach außen nicht zeigen. In diesem Fall müssen jedoch die Nachbarn mit nicht ganz unberechtigter Angst neben den so behandelten jungen Menschen leben.

Es ist daher wichtig, was die Akademie Lothar Kannenberg tatsächlich mit den Jugendlichen macht. Da es bisher keine öffentliche Diskussion ihrer Bremer Methoden gab, lässt sich nicht feststellen, ob sie heute auf andere Methoden als vor einigen Jahren zurückgreift. Damals haben ihre Praktiken eine kritische Öffentlichkeit beunruhigt, da für viele Erzieher, Sozialpädagogen und Sozialtherapeuten eine rote Linie überschritten war.

Das gilt vor allem für die Frage, was die Respektpädagogen machen, wenn ein Jugendlicher ihren Anweisungen nicht folgt und keine Begeisterung für Liegestützen, 10 km Langläufe oder andere vergleichbare Erziehungsmaßnahmen zeigt. In öffentlichen Diskussionen gab es darauf bisher offenbar nur ausweichende Antworten.


Wenn einzelne oder mehrere Jugendliche im Camp gegen die Regeln verstoßen, soll sie nach dem Kannenbergschen Konzept die Gruppe dazu anzuhalten, das Fehlverhalten einzustellen. Geschieht das nicht, muss die gesamte Gruppe sportliche Straftrainings absolvieren.

Allerdings hat Herr Kannenberg vor allem in den Jahren 2007-8 und früher, als sein Erziehungscamp von der hessischen Landesregierung unter Roland Koch besonders gefördert wurde und dadurch auch im Fokus der Medien stand, einiges berichtet. So sollen damals in dem „Drillcamp” für „Schwererziehbare”, wie man damals diese Klientengruppe nannte, Kollektivstrafen an der Tagesordnung gewesen sein. Wie z.B. Herr Kannenberg zitiert wurde, bekamen alle kein Frühstück, „wenn einer keine Lust hat aufzustehen” (Frankfurter Allgemeine vom 29.8.04). Eine andere Kollektivstrafe waren Liegestützen (Frankfurter Allgemeine, vom 29.8.04).


Beispiele weiterer „gelegentlicher” Strafmaßnahmen waren „Liegestütze in einem Tümpel, indem sich sonst die Wildschweine suhlen“ (Hamburger Abendblatt vom 8.9.04) sowie das Wälzen im Misthaufen (ZDF vom 23.3.2005).

Der gewichtige Teil der Bestrafung dürfte die anschließende „Behandlung” des Ungehorsamen durch die bestrafte Gruppe gewesen sein, über die nichts berichtet wurde, da die Respekttrainer dann anscheinend frei hatten.



Diese Kollektivstrafen sind für den Projektleiter Prof. Schrödterkontraproduktiv und ethisch nicht legitim“. Der Grund ist die Erwartung, dass die Strafe für alle hinter dem Rücken eines „Respekttrainers“ dazu führt, „dass die Jugendlichen, die den Ärger verursachen, von der Gruppe massiv unter Druck gesetzt würden und dabei auch Gewalt angewendet werde. Für Prof. Schrödter hat diese Strafe damit die „nicht beabsichtigte Folge“, dass „das Ziel des Camps - nämlich gewalttätiges Verhalten zu unterbinden - „ unterlaufen wird.

Der bekannte Kriminologe und sozialdemokratische Politiker Pfeiffer warnte daher vor „selbsternannten Gurus, die glauben, in harter körperlicher Ertüchtigung den Stein der Weisen gefunden zu haben“. Aufgrund der fehlende Erfolgsnachweise empfahl er, das Geld nicht für „zweifelhafte Erziehungscamps”, sondern für „gute Schulen“ auszugeben.   


Nach diesen vernichtenden fachlichen Urteilen gibt es für die Behauptung, dass die "Stadt .. die Besten geholt“ hat, keine Grundlage. Die offensichtlich einzige empirische Überprüfung, auf die sich diese Einschätzung des Blumenthaler Ortsamtsleiters in einem Facebook-Posting beziehen könnte, kommt zu anderen Ergebnissen. Danach wird in Rekum sehr teuer mit Wasser gekocht, ohne dass man weiß, ob das Respekttraining für eine Integration in die deutsche Bildungs- und Berufswelt überhaupt geeignet ist. 

Eine Ausrichtung auf einen starken Respekttrainer und gute physische Fitness lassen sich schließlich vielseitig verwenden: das gilt sowohl für den kriminellen als auch für den militärischen Bereich im In- und Ausland, und zwar bei Freud und Feind gleichermaßen.  




Der Jugendhilfeträger Makarenko Schiffahrt GmbH


Eine weitere Spur zu den vorhanden angeblichen Erfahrungen kann über die Makarenko Schiffahrt GmbH laufen, die in der Pressemitteilung der Sozialsenatorin besonders herausgestellt wird, da sie „in ganz Deutschland aktiv“ ist und „unter anderem seit den frühen 90er Jahren intensivpädagogische Maßnahmen auf Schiffen“ anbietet, „um Jugendlichen Struktur und Halt zu geben“. Jetzt fungiert sie nach ihrer Neueintragung in das Handelsregister beim Amtsgericht Walsrode als Trägerin der Maßnahme, da sie eine anerkannte  Jugendhilfe-Einrichtung sein soll.

Diese Gesellschaft hat seit ihrer Gründung Anfang der 1990-er Jahre zumindest ein mobiles juristisches Leben geführt, da ihr Sitz von Lohme auf Rügen über Steinberg und Arnis im Kreis Schleswig jetzt vermutlich ganz zufällig nach Bothel in die Nähe Bremens gewandert ist. Dort domiziliert man gemeinsam mit der Wildfang GmbH, die eine Kette von klassischen Kinderheimen betreibt, am Flachshofweg.


Während sich das juristische Leben in der Vergangenheit noch in ganz groben Zügen rekonstruieren lässt, gilt das nicht für die wirtschaftliche und speziell die sozialpädagogische Geschichte.

Hier reduziert sich die belegte Historie auf den Kauf der „Annemarie“ im Jahr 1992. Dabei handelte es sich um ein Küstenmotorschiff, das im August 1991 außer Dienst gestellt und zum Abbruch vorgesehen worden war.

Es folgten jedoch keine sozialpädagogisch betreuten Schiffsturns, wie man man vielleicht erwartet hätte. Zwar war in Arnis an der Schlei ein Umbau zum Chartersegler geplant, tatsächlich ausgeführt wurden jedoch bis 1996 eine Verkürzung des Rumpfs und ein Abbruch der Masten.

Im Mai 2004 wurde die Annemarie nach Sassnitz überführt, um dort von der Wildfang GmbH, die damals noch ihren Sitz in Lohme auf Rügen hatte, eingesetzt zu werden. Vier Jahre später fand dann die Verbindung der Annemarie mit dem Firmengeflecht Makarenko/ Wildfang ein Ende; denn das Schiff wurde Mitte August 2008 nach Rendsburg überführt, wo sie von der gemeinnützigen Organisation Europäische Jugendhanse e.V. als neuem Eigner fertiggestellt werden sollte.

Über einen erfolgreichen Abschluss dieser Arbeiten gibt es keine Meldung. Es wird nur berichtet, dass über die Jugendhanse, also weder über die Makarenko Schiffahrt noch die Wildfang GmbH, "seit 2008 ca. 30 Jugendliche ihre Tagesfreizeit oder einen Teil davon auf der Annemarie im Rahmen von Kriseninterventionen, Kurzzeit- oder Langzeitprojekten verbrachten.

Die Annemarie wurde also kurze Zeit sozialpädagogisch genutzt, aber nicht von der Makarenko Schiffahrt GmbH.


Weitere Facebook-Gruppen


Ein Erfolg hat immer Nachahmer. Das galt auch für das rasche Wachstum der Facebookgruppe "Rekumer Str.12 Nicht mit uns". Das trifft umso mehr, wenn sich zeigt, dass man kaum über 2.000 Mitglieder in einer kontroversen Frage längere Zeit unter einem Hut halten kann.


Rekumer Str. 2 ohne Vorurteile

Als Antwort auf die riesige Facebook-Gruppe „Rekumer Str. 12 Nicht mit uns” hat sich inzwischen eine ähnliche virtuelle Initiative "Rekumer Str. 12 Ohne Vorurteile” gebildet, die schon im Name ihre kritische Orientierung an der älteren Bürgerinitiative zum Ausdruck bringt.  Damit war auch gleich eine Richtung für weitere Auseinandersetzungen definiert, indem man den anderen Vorurteile unterstellte.

Daraus darf man allerdings nicht schließen, dass hier die Mitglieder Argumente für die Wahl des Standorts an der Rekumer Straße 12 ins Netz stellen, um eine breite sachliche Diskussion zu ermöglichen, da die Orga-Gruppe der alten Facebookseite angeblich abweichende Meinung zu wenig berücksichtigt hat. 

Weit gefehlt! Folgt man dem Selbstverständnis der nach ihrer eigenen Einschätzung Vorurteilsfreien, wie es gleich ganz oben auf der Seite formuliert wird, müsste man diese Argumente sogar von der Seite verbannen. Dort hieß es lange Zeit „Politik hat hier nichts zu suchen. Bei Zuwiderhandlung erfolgt der Ausschluß.” 




Aktuelle Facebookseite der Gruppe "Rekumer Str. 2 ohne Vorurteile"


"Wir stehen zum Projekt Akademie Kannenberg und zu den Jungs", beschreibt inzwischen diese sehr aktive Ohne-Vorurteile-Gruppe, die am 28. 10. aus einer ganz kurzfristigen als "geschlossen" gegründeten Facebookgruppe hervorgegangen ist, aktuell ihre Position. Inzwischen hat sie sich zur aktivsten Kontrahentin der gut eine Woche vorher gegründeten und immer noch deutlich mitgliederstärkeren Nicht-mit-uns-Gruppe entwickelt, indem sie sogar auf ihre Mitglieder Lothar Kannenberg und Peter Nowack zählen kann.

Offenbar hat sich durch diese Mitgliedschaften die von Lokalpolitikern der Grünen, der Linken und der Piraten das ursprünglich in der Gruppenbeschreibung festgelegte Politikverbot gelockert. So sollte zunächst einem Posting mit politischem Inhalt, worüber der von der Initiatorin Tina Kolbe eingesetzte Administrator Harald Beate zu wachen hatte, der Ausschluss aus der Gruppe folgen. Daraus ist jetzt eine weitaus offenere Aussage getreten. "Wir verstehen uns als politisch - aber nicht parteipolitisch - engagierte Bürger, die einen Gegenpol zu den unterschwellig rassistischen Bestrebungen gegen das Projekt setzen möchten". 

Jedoch man will weiterhin keine Parteipolitik, was gleich mit der Netiquette verknüpft wird, da die entsprechende "Gruppenregel "Unser Umgang untereinander ist freundlich. Parteipolitik ist hier fehl am Platz" lautet. Offenbar ist damit bei den vorurteilsfreien Mitgliedern allerdings nicht eine vehemente Kritik an einzelnen Parteien gemeint.

Wie die Postings und Diskussionen zeigen, ist damit offenbar eine Grundhaltung gemeint, die keine Kritik an dem überstürzten und unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgten Beschluss über die Errichtung des Umerziehungshauses an der Rekumer Str. 12 zulässt, an der die CDU bedingt und AfD und die Wutbürger nicht beteiligt waren. Diese Parteien und die große Facebookgruppe, von der man sich getrennt hat, werden daher als mehr oder wenige "rassistisch" etikettiert. Die Hauptangriffsrichtung richtet sich dabei inzwischen gegen die Alternative für Deutschland, wobei man sich gern der Artikel aus der Huffington Post und der taz bedient.

Mit anderen Worten ist die Mitgliedschaft also an zwei sehr politische Grundüberzeugungen gekoppelt: Zum einen war die schnelle Durchführung der Maßnahme an der Rekumer Straße wichtiger als eine Bürgerinformation und sorgfältige Prüfung der Akademie Lothar Kannenberg und zum anderen grenzt zumindest eine Kritik des Standortes in einem Wohngebiet an der Grenze zwischen Farge und Rekum an Rassismus. 

Damit ist klar, warum sich die Diskussion beschränken kann. Das sind die jetzt erlaubten politischen Aussagen über die anderen, deren "Rassismus" aufgespürt wird und die konkrete verbale und ganz handgreifliche Hilfe für Herrn Kannenberg und seine Jungs.

So wird auf der Facebookseite nicht selten von Gesprächen mit "Lothar" berichtet, der "
sich dann bei mir melden wenn mal etwas Luft ist und er auch genau weiß was noch gebraucht wird. Was allerdings gebraucht wird sind Bilderbücher. Und zwar ganz einfache wo nur ein Bild ist und unten drunter das Wort steht. Das wäre für die Deutschlehrerin sehr hilfreich und für die Jugendlichen auch."

Obwohl die Damen der „vorurteilsfreien“ Facebook-Gruppe mit Herrn Kannenberg Kaffee trinken und ihren „Peter“ bei ihrem ersten Kennenlerntreffen am 31.10. begrüßen konnten, scheinen sie die Funktion des Umerziehungshauses an der Rekumer Str nicht zu kennen. So wird in der Rede, wie man es in üblichen entsprechenden Ansprachen über Flüchtlinge erwartet, von Integration gesprochen. Das klingt sehr gut und vertraut. Nur sind die kriminellen Jugendlichen nach den bisherigen Erklärungen der Sozialbehörde dort nur für ein halbes Jahr, um überhaupt erst „therapiefähig“ zu werden. Wenn man sich das Konzept Kannenberg einmal genauer ansieht, was ja die Gruppe missfällt, wird man feststellen, dass hier keine Integration vorgesehen ist, nicht einmal die in das deutsche Bildungs- und Berufssystem.   

Während man auf der rechten Sekte des politischen Spektrums in dieser Gruppe, die keine Parteipolitik diskutieren will, fast überall "Rassismus" erkennen will,  setzt man sich auf der anderen Seite sogar für extrem linke Gruppen ein, die der autonomen Linken nahestehen. Das hat sich bei der von diesen Gruppen organisierten Rassismus-Kundgebung gezeigt, als dieses Facebookforum sogar mit einigem Stolz eine Rede der Blumenthalerin veröffentlichte, die neben acht Auswärtigen ihr Statement verlesen durfte.

Da dieser Wortlaut schriftlich vorliegt und offenbar von der Autorin für so wichtig gehalten wird, dass er einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wurde, sollte er eine nähere Analyse verdienen, da es in der Forumsdiskussion keine Kritik, aber zahlreich "Gefällt mir"-Anzeigen gab, und zwar vom Ortsamtsleiter und dem Blumenthaler Beiratsmitglied der Linken. 

Dabei wird deutlich, welche antidemokratischen und moralisch elitären Gedanken in den Kopfen der Kundgebungsteilnehmer und ihrer Anhänger stecken. Vielleicht ist es aber auch nur so, dass sich die Rednerin zu sehr auf die Grammatik und die in diesem Fall ja weniger wichtige Orthografie konzentriert hat, wodurch sie kaum noch Zeit für den Inhalt hatte. So kann es dann passieren, wenn man überall Rassismus enttarnen will, dass einem gar nicht auffällt, wenn es in Rekum nicht um Asylsuchende oder auch Flüchtlinge geht, sondern um „hoch kriminelle und hoch aggressive“ Jugendliche, wie sie in der Bürgerschaft der Sozialexperte der SPD-Fraktion charakterisiert hat. 

Mit diesem gezielt selektiven Ausgangspunkt für den Sachverhalt waren die Weichen für das folgende Pamphlet gestellt. Dabei darf man vor allem vier Aspekte dieses Textes nicht übersehen:

Der Zuhörer oder Leser wird mit einem Konvolut von Begriffe wie Neonazis, rechtsgesinnte Leute, Neonazi-Gruppen, rechte Parteien wie die Bürger in Wut und die AfD usw. überschüttet. Allein die Aneinanderreihung dieser Begriffe wie in einer Litanei macht bereits einen erheblichen Anteil des Textes aus. Ein leichtgläubiger Zuhörer mag dadurch fast schon überwältigt werden.

Was hingegen völlig fehlt, ist auch nur ein einziger Beleg für diese Behauptungen. Es sind offenbar ausschließlich Unterstellungen, die von den anderen Teilnehmern übernommen werden wie früher ein religiöses Glaubensbekenntnis. Nur spricht das in keiner Weise für ihren Wahrheitsgehalt. Es ist also nichts als politische Polemik, wie sie die Facebook-Gruppe „Ohne Vorteile“ angeblich sofort entfernt.

An die Situation im früheren Südafrika mit seiner menschenverachtenden Rassentrennung erinnert eine Absicht, die laut auf dem Blumenthaler Marktplatz ausgesprochen wurde. Dabei ging es nicht um die Angehörigen einer biologischen Rasse, sondern um die, denen die Rednerin eine bestimmte politische Einstellung unterstellt. Wörtlich erklärt sie: „Wir wollen nicht mit euch zusammen stehen!“.

Da sie diesem Wunsch leicht hätte entsprechen können, wenn sie sich einen anderen Platz gesucht hätte, soll hier offenbar in ihren Fantasien etwas ganz anderes durchgesetzt werden. Die moralisch ach so guten Anti-Rassisten wollen das Recht haben, unter ihren Mitbürgern Rassisten aufzuspüren, die sich dann nicht mehr dort aufhalten dürfen, wo sich die „Anti-Rassisten“ gerade befinden. 

Es ist fraglich, wie bei derartigen diskriminierenden Vorgaben ein Staat als Demokratie mit freien und allgemeinen Wahlen und damit auch Wahlkundgebungen und Wahllokalen existieren kann. Daher sind sie auch bekanntlich grundgesetzwidrig. Die "angeblich Voruteilsfreien" scheinen eher einen Staat anzustreben, indem nicht alle Bürger dieselben Rechte haben. Nur soll die Trennung in diesem Fall nicht nach der biologischen Abstammung erfolgen, sondern nach der politischen Gesinnung. 

Neben der Mehrfachauflistung von "rechten" Gruppen, die bekanntlich wie die AfD und die Wutbürger keinen derartigen Gesinnungsstaat anstreben, beansprucht ein Hinweis auf das Jahr 1992 in Rostock-Lichtenhagen einen großen Teil des Textes.

Hier soll offenbar mit einer Angst gespielt werden, die mit dem dortigen Geschehen verbunden ist. Dabei wird allerdings nicht erwähnt, dass es ganz wesentlich Unterschiede zu Rekum gibt. In diesem Blumenthaler Ortsteil hat sich die NPD nicht offen als Partei an Protestaktionen beteiligt und es ist kein Molotow-Cocktail gegen das Haus an der Rekumer Str 12 geflogen. Während auf den friedlichen Charakter der Proteste in Rekum, wie sie die Verfassung einer Demokratie vorsieht, nicht mit einem Wort hingewiesen wird, sucht sich die Rednerin einen nicht vergleichbaren Fall aus der Vergangenheit heraus, um offenbar das zu tun, was sie den sogenannten „Rassisten“ vorwirft: „Ängste schüren“. 

Damit dürfte die Position dieser Gruppe mit einem Gemisch von guten Werken für Lothar Kannenberg und seine Jungs einerseits und heftigen Polemiken gegen alle Andersdenkenden und Handelnden andererseits, die man schnell als Neonazis oder Rassisten brandmarkt, deutlich erkennbar sein. Nur bleibt unklar, warum diese Gruppe glaubt, die Situation in Farge und Rekum "ohne Vorurteile" zu beurteilen und wieso sie offenbar die Eigenschaft der Toleranz, die für ein menschliche Zusammenleben so wichtig ist, nicht zu kennen scheint.
  

menschen gegen kinderpogrom in farge



                 Facebookseite der Gruppe "menschen gegen kinderpogrom in farge"

 

Ebenfalls kritisch, aber insgesamt eher distanziert gegenüber den konkreten Vorgängen in Rekum versteht sich eine dritte Facebookgruppe, die sich den Namen "menschen gegen kinderpogrom in farge" gegeben hat. Der Hinweis auf Kapitalverbrechen in dem kleinen Ortsteil Farge erzeugt hier zunächst einen hohen Aufmerksamkeitswert, wobei allerdings unklar bleibt, was tatsächlich gemeint ist, da an keiner Stelle bisher von Verletzten oder gar Toten berichtet wurde.

Durch die Beschreibung der Gruppe und einen Blick auf die überschaubare Menge an Postings wird deutlich, was der Initiator Jan Wrede am 22. 10. mit seiner Gründung  beabsichtigt haben mag.

Seine kurze gebetsähnlche Formel "GOTT ALLAH ODIN VERZEIHT DIESEN HETZERN SIE HABEN SCHWARZEN HASS IN BRAUNEN KÖPFEN" stellt gleich klar, dass auch hier schnell zwischen den "Guten" und den "Bösen" unterschieden wird, wobei auch rasch deutlich wird, wer die "Bösen" sein sollen. 

Ein kleines Rätsel gibt dabei nur die Erwähnung von drei Gottheiten auf, wobei sich die Nennung des germanischen Obergottes Odin offenbar an einen Kern der ewig gestrigen Deutschen richtet, die sogar weiterhin ihrem alten Gott treu geblieben sein sollen. 

Um die Anrufung Allahs zu verstehen, muss man die Beteiligung vieler Kurden mit oder ohne deutschem Pass berücksichtigen, die im Kampf um Kobane vehement zur Unterstützung gegen den Islamischen Staat an verschieden Stellen auf der Facebookseite aufrufen. 

Auch die Moslems, die nicht auf der Seite der Kurden kämpfen, sollen offenbar "schwarzen Hass" in sich tragen, wobei sich die Tönung dieser Eigenschaft auf die Farbe der Fahne des Kalifats beziehen dürfte. Damit wird eine kühne Verbindung zwischen den toten Kindern im syrischen Bürgerkrieg und vielleicht denkbaren Brandanschlägen auf andere Kinder versucht, wie man es in Rostock-Lichtenhagen erlebt hat.

Insgesamt konnte dieser frühe Versuch einer Gegenposition zur großen Facebookgruppe um Friejof Balz jedoch nicht reüssieren. Die Verbindung des kurdischen Kampfes um die Stadt Kobane in Syrien mit der konkreten Situation in Rekum war offenbar nicht überzeugend. Zudem fehlten engagierte Bürger aus dem Bereich der Rekumer Straße als postende Mitglieder.

Bei diesem Forum konnte man daher bereits innerhalb kurzer Zeit verfolgen, wie das Sterben einer Facebookgruppe verläuft. An der Mitgliederzahl ändert sich kaum etwas, da es keine kontroversen Diskussionen gibt, die häufig mit Kündigungen oder Ausschlüssen verbunden sind. Vielmehr ebbt die Zahl der aktiven Mitglieder ab und die Diskussion hört praktisch auf.

Das war bei dieser Gruppe bereits Ende Oktober der Fall. Da war offenbar das Interesse so stark gesunken, dass sich niemand mehr die Mühe gemacht hat, sich durch eine Abmeldung aus dieser praktisch toten Gruppe zu verabschieden. 



Bremen-Nord - Das geht uns alle an!


Neben diesen drei Gruppen, die sich schon aufgrund ihres Namen auf Rekum bzw. die Rekumer Str. 12 beziehen, bestehen weitere Facebookgrupen, die zumindest vom Namen her weitere Themenbereiche einschließen, sich jedoch zumindest aus aktuellem Anlass auf das Umerziehungshaus fokussieren.



                     Facebookseite der Gruppe "Bremen-Nord - Das geht uns alle an!"



Nicht nur als Abspaltung von der Nicht-mit-uns-Gruppe darf man die am 9.11. von Christian Milpacher gegründete Facebookgruppe "Bremen-Nord - Das geht uns alle an!" verstehen. Zwar ist der Initiator wegen Querelen um den autoritären Führungsstil und vermutlicher politische Ambitionen von Herrn Balz aus der Nicht-mir-uns-Gruppe ausgeschlossen worden, aber das ist inzwischen nur noch ein Detail aus der Vergangenheit. Das gilt auch für Herrn Seidle, der als AfD-Mitglied das ursprüngliche Triumvirat des Orga-Teams verlassen hat oder musste, und inzwischen ebenfalls in der neuen Gruppe aktiv ist.

Mit dem Namen "Bremen-Nord - Das geht uns alle an!", der die Gruppe auf eine deutlich breitere Thematik ausweitete, konnte gleichzeitig ein politisch breiteres Spektrum an Mitgliedern gewonnen werden. Es reicht, wenn man die bekannteren Lokalpolitiker betrachtet, von AfD und Wutbürgern über die CDU bis hin zur SPD, während die Grünen und die Linke offenbar fehlen. Damit präsentiert sich die Gruppe inzwischen als vergleichsweise offen. 

Dafür ist sicherlich auch die Gruppenbeschreibung verantwortlich. Dort wird der Leser "herzlich willkommen" geheißen, wenn er sich "mit uns gemeinsam in Bremen-Nord für Transparenz und Bürgerbeteiligung sowie für unterstützungsbedürftige soziale Projekte einsetzen" will. Dabei werden ausdrücklich "Repräsentanten aller politischen Parteien sowie von Kirchen, religiösen Vereinigungen und Vereinen begrüßt, die sich einbringen möchten".

Deutlich abweichend von der Ohne-Vorteile-Gruppe will man "gerne politisch" diskutieren, wenn dabei nicht für die eigene Organisation geworben wird. 

Sehr deutlich versucht sich diese Gruppe vor der Gefahr zu schützen, dass dann, wenn einzelne Mitglieder oder Posts Anlässe bieten sollten, gleich die gesamte Gruppe in eine extreme Ecke zu drängen und zu brandmarken. So sollen sich die Gruppenmitglieder zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und zur geltenden Rechtsordnung bekennen. Eine persönliche Diffamierung aufgrund von Rasse, Geschlecht, politischer oder sexueller Orientierung wird nicht geduldet und "führt zur sofortigen Entfernung aus der Gruppe".

Aufgrund der Befürchtungen des Initiators im Hinblick auf die Entwicklung der ersten Großgruppe zur Rekumer Straße wird den Mitgliedern versichert, dass "keinerlei Gründung einer politischen Partei oder Wählerinitiative" angestrebt und auch keine Partei präferiert wird, ja, falls einer der Gruppenadmins Mitglied einer politischen Partei oder Initiative werden sollte, "wird er/sie selbst von seinem/ihren Amt zurück treten."

Damit setzt man sich deutlich von den beiden großen Kontrahenten ab. Hier will man nicht die Gründung einer straff strukturierten Gruppen erreichen, um als "Dachverband Bremer Bürger" zur kommenden Bürgerschafts- und Beiratswahl anzutreten. Anders als die Ohne-Vorurteile-Gruppe ist man gegenüber allen Themen offen, ja sie können auch politisch sein. Nicht politische Postings sind hier Ausschlussgründe, sondern sozial diskrimierende.


Ein Zuhause in Bremen nicht nur für ausgewählte Flüchtlinge

Durch eine Reihe von Doppelmitgliedschaften besteht inzwischen eine sehr enge Verzahnung zwischen einer weiteren Gruppe, die von ihrem Namen her nicht einmal auf Bremen-Nord begrenzt ist, sondern sich für Flüchtlinge in ganz Bremen einsetzen will, und den UnterstützerInnen der "Akademie Kannenberg.



          Facebookseite der Gruppe "Ein Zuhause in Bremen nicht nur für ausgewählte Flüchtlinge"


Von ihrem Profil her will sich diese Gruppe, die mit Jörn Hermening ein ehemaliges Vorstandsmitglied der Linken und heutiger Quartiersmanager des 
WiN-Gebietes Tenever am 24.10. gegründet hat, vor allem ein sehr formales Ziel errechen: stärker werden als der "braune" Haufen.

Obwohl Jörn Hermening am 31. 10. 2010 aus der Partei "Die Linke" ausgetreten ist und danach, wie man auf seiner Homepage feststellen kann, mit der Partei "Die Partei" ein wenig geflirtet hat, gehören weiterhin Linke zu den Mitgliedern dieser Gruppe, allerdings nicht mehr die Spitzenkandidatin für die kommende Bürgerschaftswahl. Hinzu kommen Vertreter der Grünen und mindestens eine Sozialdemokratin. Zudem sind seit der Gründung der Ohne-Vorurteile-Gruppe vier Tage nach der dieser allgemeineren und in Blumenthal weniger real vertretenen Gruppe Doppelmitgliedschaften häufig geworden, zu denen von den Initiatoren beider Gruppen aufgerufen wurde, um nicht bei der Mitgliederzahl weiterhin so deutlich hinter dem so negativ gesehenen großen Konkurrenten zurückstehen zu müssen.

Diese Gruppe sieht sich ausdrücklich in Konkurrenz zu der Facebook-Gruppe in Bremen-Nord, die sich etwas unscharf ausgedrückt "gegen die Flüchtlingsunterkunft" dort stellt. Die Tatsache, dass es sich um straffällige Jugendliche handelt, die vom SPD-Sozialexperten in der Bürgerschaft als "hoch aggressiv" charakterisiert wurden, wird in der Gruppenbeschreibung mit "Flüchtlinge die Mist machen" machen und "irgendwo wohnen" müssen auf ein sehr menschelndes Gleis geschoben.

Ohne auf die politischen Weichenstellungen in Blumenthal mit einem Wort auch nur einzugehen, erfolgt eine scharfe Fokussierung mit einer klaren Tendenz. Minderjährige "brauchen Unterstützung und keinen Hass" und wenn gegen ihren Respekttrainer, der von einem Vertreter aus dem WiN-Gebiet Tenever empfohlen worden ist, angeblich "Morddrohungen" ausgesprochen wurden, dann ist das - ganz ungeprüft - "ungeheuerlich!".

Zwar muss man nicht "hinter seinen Methoden stehen", aber "alle" sollen angeblich "wissen", "
dass er auch aus seinen eigenen Erfahrungen etwas Gutes für die Kids will". Eine erklärte Absicht scheint also wichtiger zu sein als die konkreten erzieherischen Methoden und ihr Ergebnis. Eine entsprechende Argumentation wird anschließend für den Blumenthaler Ortsamtsleiter Peter Nowack geführt. Auch hier sollen angebliche wüste Todesdrohungen, für die keine Belege angeführt werden, für ein deutliches ablehnendes Urteil gegenüber der großen Protestgruppe sorgen. 

Diese verengte Sicht auf das eine oder andere möglicherweise gelöschte Posting im Internet "erschreckt" nach seinen Worten Jörn Hermening und "macht ihn traurig." Offenbar hört der Quartiersmanager nicht, was die Menschen in seinem Tenever sagen, denn hier hat in der letzten Europawahl ein erheblich höherer Anteil für die NPD gestimmt als in Rekum. Besonders abstrus ist dabei, wenn ein Quartiersmanager aus Tenever die Einwohner Rekums darüber belehren will, dass der Rassismus ihr Problem sein soll. Trotzdem bittet er alle User ihm bei seinen emotionalen Problemen zu helfen, die er mit den Internetstatements einer Gruppe von 2.500 Mitgliedern hat. Die angesprochenen Leser sollen in seiner Gruppe Mitglied zu werden, "damit wir mehr werden als dieser braune Haufen!"

Während unter den aktuell 185 Mitgliedern einige prominente Linke als Aushängeschilder dienen, findet die Diskussion fast ausschließlich zwischen dem Gründer und dem Bremer Bündnis soziale Arbeit statt. Hinzu kommen kleine Dankeserklärungen von neuen Mitgliedern, die auch der Gruppe „Rekumer Str. 12 ohne Vorurteile“ angehören. Diese Doppelmitgliedschaften führen auch gleich zum Zweck der Gruppe.

Der lässt sich für den Initiator ganz einfach definieren. Nachdem er in der Gruppenbeschreibung zunächst auf angebliche Morddrohungen gegen den Blumenthaler Ortsamtsleiter und den Leiter der "Akademie Lothar Kannenberg" hingewiesen hat, erfolgt die Aufforderung: "Bitte helft mit, damit wir mehr werden als dieser braune Haufen!"

Damit wird klar, dass es sich hier um keine humanistische oder christliche Gruppe handelt, die generell dafür eintritt, dass auch jemand, der „Mist“ gemacht hat, „irgendwo wohnen“ muss.

Während man sich mit dem „Irgendwo“ nicht näher beschäftigt, also von konstruktiven Lösungen für die Unterbringung und Betreuung der straffälligen Jugendlichen nichts zu finden ist, konzentriert sich der Initiator auf die Agitation. Dabei wird auch ein nicht konkreter definiertes „Nord bremer Forum“ attackiert, dem er „Fremdenhass“ vorwirft. Ein Forum mit diesem Namen lässt sich nicht ergoogeln; es muss sich also um eine unkorrekte Bezeichnung handeln, was allerdings für die „sorgfältigen“ Argumentationen in den Postings dieser Seite nicht ungewöhnlich ist.

Da es keiner großen Fähigkeiten, Kenntnisse oder Recherchen bedarf, um jemandem etwas Negatives zu unterstellen, verdient die in dieser Facebookgruppe angewandte Form der Agitation besondere Aufmerksamkeit. Es könnte schließlich sein, dass sich die Autoren zwar nicht rassistisch betätigt haben, aber stattdessen so etwas Altmodisches und Ordinäres wie Verleumdungen begangen haben.

Der öffentliche Teil dieses Forums wird offenbar durch eine geschlossen Gruppe gesteuert. So empört sich der Diskussionspartner „Bremer Bündnis Soziale Arbeit“ über eine „erschreckende fremdenfeindliche Stimmung“ und beklagt sich darüber, dass im „kommunalpolitischen Forum aus Bremen Nord“ „die Debatte um Kannenberg schon längst von anderen eröffnet“ wurde. Das war offenbar nicht im Sinne des Quartiersmanagers aus Tenever, aus dessen Bereich schließlich Herr Kannenberg als Respekttrainer für Rekum empfohlen worden sein soll.

Da der "Akademiechef" aus dem Hessischen, der nach objektiver Unterlagen wie der Studie der Uni Kassel, dem Bundesanzeiger und dem Handelsregister zumindest nicht grundlos umstritten ist, scheint bereits diese Fragestellung dem Initiator nicht zu passen. Sie zeigt schließlich die Vielschichtigkeit der Realität und lenkt von seiner Fixierung auf einen angeblichen „braunen Haufen“ ab. Daher muss eben die Maxime gelten: „Der Zweck heiligt die Mittel!“
 

Den Autoren in der Gruppe missfällt jedoch nicht nur eine Diskussion über die umstrittenen Methoden und „Erfolge“ des Respekttrainers. Sie versuchen noch dazu den menschlichen Verstand nach unlogischen Anforderungen zu verbiegen, indem sie von Nachforschungen über ihren geliebten "Akademieleiter" auf „Fremdenhass“ schließen. So soll eine Debatte über Herrn Kannenberg „missbraucht“ werden, „um den Fremdenhass hinter "wissenschaftlichen" Argumenten zu verstecken oder zu legitimieren“.

Um ihre schwache sachliche Position zu stärken, wollen sie es also mit Diffamierungen anderer versuchen, die sich darum bemühen, Hintergründe des Konzepts Kannenberg transparent werden zu lassen, eine Aufgabe, die die Opposition in Bremen nicht geleistet hat.

Auch diese Methode ist bekanntlich nichts Neues, sondern ein sehr beliebtes Verfahren aller autoritären und totalitären Regime, denen man sich bei dieser haarsträubenden „Begründung“ offenbar sehr verbunden fühlt. 
Deshalb hat diese Gruppe auch für die Teilnahme an der von Nicht-Blumenthaler organisierte Kundgebung "Das Problem ist Rassismus" geworben und dafür den Dank der Initiatoren erhalten hat, zu den vermutlich auch Organisationen aus dem Kreis der militanten autonomen Linken zählen.


Rekumer Straße 12 - Bürger gegen politische Willkür



       Webseite der Facebookgruppe "Rekumer Straße 12 - Bürger gegen politische Willkür"


Die jüngste Facebookgruppe zur Rekumer Str 12 hat sich am 26. 11. als Reaktion auf die Einstellung eine aktuellen Facebookauftritts der ältesten Protestgruppe mit dem 1. 12. gebildet. Dabei wird im Namen "Rekumer Straße 12 - Bürger gegen politische Willkür" sowohl dieser enge Bezug zu Herkunftsgruppe als auch eine spezielle thematische Ausrichtung angesprochen. Es soll offensichtlich nicht ausschließlich um einen Kampf ge
gen die Unterbringung straffälliger Jugendlicher an der Rekumer Straße gehen, sondern um eine Auseinandersetzung mit der politische Willkür. Initiator und Promotor der neuen Gruppe dürfte Erich Seifert sein, der in der alten Gruppe ein einfaches Mitglied war und wohl nicht ohne einen Blick auf die Wahlen im kommenden Jahr die Seiten Vegesack aktuell und Bürgerliche Initiative betreibt.

Auf eine spezielle Beschreibung der Gruppe verzichtet man, da man sich als "Alternative zum Austausch der Farger Bürger" sieht. Thematisch soll es in dieser ebenfalls geschossenen Gruppe "ausschließlich um die Rekumer Str. 12 und den Bürgerprotest dagegen" gehen. Dabei plädiert der Initiator für eine uneingeschränkte Meinungsfreiheit, wenn es heißt: "Jeder darf hier seine Meinung schreiben, solange er sich an die normal üblichen Regeln für Foren hält." Es wird allerdings an ein virtuelle Gemeinschaftsgefühl appelliert, da alle Mitglieder "an einem Strang (ziehen) und .. entsprechend miteinander umgehen" sollten.

Diese Abspaltung konnte von Anfang an mit etwa 300 Mitgliedern starten, die die Herkunftsgruppe nicht in voller Höhe verloren hat. Es dürfte daher auch Doppelmitgliedschaften geben. Bemerkenswert ist, dass die neue Gruppe auf Anhieb mehr Mitglieder besitzt als die beiden Kämpfer gegen den angeblich "braunen Haufen". 


Von einer Protestgruppe zur Wählervereinigung?



                                        Webseite der Bremer Bürger

 
Wie es schon bei der Facebookgruppe "Bremen-Nord - Das geht uns alle an!" kurz angesprochen wurde, gab und gibt es bei der ursprünglichen Protestgruppe zu Verwaltungsentscheidung über das Haus an der Rekumer Str. 12 erhebliche Umorganisationen.

Auslöser dafür sind nicht ausschließlich veränderte Rahmenbedingungen, da die Umwandlung in ein Umerziehungshaus, das von der "Akademie Lothar Kannenberg" betrieben wird, durch die bisherigen politischen Aktivitäten nicht verhindert werden konnte. Die straffällig gewordenen jungen Flüchtlinge sind eingezogen und die gegnerischen Facebookgruppen warten darauf, ob es Polizeieinsätze gegen die Jugendlichen oder Anschläge mit einem rechtsradikalen Hintergrund gegen das Haus gibt, wie das in Anlehnung an die Vorfälle in anderen Orten prognostiziert wurde.

Um den Kritikern der gegnerischen Gruppen weniger Ansatzpunkte für ihre Kritik an der Wortwahl, aber auch die Orthografie zu bieten, hat man sich daher in eine geschlossene Gruppe umgewandelt, sodass nur Mitglieder die Forumsdiskussion verfolgen können.


Interne Querelen und Organisationsprobleme



Es zeigen sich auch immer wieder interne Reibereien und kleine Meinungsverschiedenheiten, wenn etwa Herr Baxmann seinen Orga-Teamkollegen Herrn Bals korrigiert, wenn der bei den Klienten im Umerziehungshaus von "Insassen" spricht. Auch fand der Versuch, eine Internetabstimmung über eine Abwahl der rot-grünen Bremer Regierung weder als Versuch viel Zustimmung noch bei der Durchführung eine hohe Beteiligung. 

Um ihre Bedeutung der ersten Tage nicht zu verlieren, war daher wie es auch die Ohne-Vorteile-Gruppe gemacht hat - zumindest eine flexible Anpassung notwendig. Hier ergab sich für die angeblich Vorurteilslosen die Umwandlung von einer kleinen Gegengruppen der vielen Andersdenkenden zu nachbarschaftlichen Unterstützer und Verteidigern der "Akademie" und gegen das angebliche rassistische Umfeld.

So einfach war eine Neuorientierung für die Protestgruppe nicht, auch wenn sie immer noch mehrere politische Eisen mit Ihren Petitionen und den Fragen an die Sozialbehörde und das Ortsamt im Feuer hat. 


Alternative 1: Klagen 


Juristische Aktivitäten, wie man sie vor allem über das Umwelt- und Planungsrecht kennt, sind hier kaum einsetzbar, da die Bürger im konkreten Fall kein Anhörungsrecht besitzen und auch keine Umweltprüfung erfolgen muss. Ansatzpunkte könnte hier nur das OBG bieten, da die Sozialsenatorin, wie es hier diskutiert wurde, über ihre Vorhaben nicht rechtzeitig  informiert hat und die Rechtmäßigkeit der Geheimsitzung des Blumenthaler Beirats hinterfragt werden könnte. 

Da jedoch die Verwaltungen mit Informationen über die tatsächlichen Vorgänge mauern, dürfte hier mit langwierigen Ermittlungen und einem sehr ungewissen Ausgang zu rechen sein. Es liegt also kein Fall vor, bei dem für eine Klage ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis besteht, dass man einer virtuellen Bürgerinitiative zumuten kann, zumal keinerlei finanzielle Rücklagen bestehen. 


Alternative 2: Kampf für mehr Kompetenzen für Bürger und Stadtteile


Ein andere denkbare Weiterentwicklung wäre eine Ausweitung der ursprünglichen Kritik an der bürokratischen Willkür, die in diesem Fall besonders eklatant ist. Hier könnte man an eine Entwicklung zu einer Bürgerinitiative denken, die aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen die Diskussion um die Stärkung der Beiräte und die unmittelbare Bürgerbeteiligung aufgreift und dafür wirbt, dass nicht nur an die Ortsämter gedacht wird, sondern auch an die einzelnen Bürger, denen mehr Beteiligungsrechte eingeräumt werden. 

Dabei könnte man auch an die Hinzuziehung auswärtiger Kompetenz denken, da bisher nur eine Information der Bürger durch die Bremer Verwaltung erfolgt, die immer auch Partei ist. Anhörungen von Experten, die nicht in der Bremer Verwaltung beschäftigt sind, können daher, wenn sie auf Vorschlag von Bürgern und Bürgerinitiativen eingeladen werden, zu mehr Transparenz und wertvollen neuen Anregungen führen als jetzt bestehenden internen Verfilzungen zwischen Verwaltung und Politik.

Diese Alternative hat allerdings im Hinblick auf eine Bürgerinitiative den Nachteil, dass sie wenig griffig ist und sich kritische Fragen, nicht überall im Wohnumfeld bemerkbar machen, an dem viele Bürger besonders interessiert sind.


Eine "geschlossene" Facebookgruppe


Daher scheint Herr Balz einen anderen Weg in die Zukunft zu planen, den man an der Einstellung der Aktivitäten der Facebookgruppe und dem Aufbau einer neuen Webpräsens für "Bremer Bürger" ablesen kann.   

Der fortschreitende Umbau der Facebookaktivitäten zeigt bereits erhebliche Auswirkungen. So wurde das offene Diskussionsforum geschlossen, und für eine neue geschlossen Gruppe, die auf die alten Mitglieder zurückgreift, lassen sich für Nichtmitglieder nur noch die Mitglieder aufrufen, die in die vier Klassen Freunde, Administratoren, veröffentlichte Mitglieder und restliche Mitglieder unterteilt sind.

Begründet wird dieser angeblich "unumgängliche" Schritt damit, dass sich die Mitglieder der Facebookgruppe "Anfeindungen gefallen lassen" müssen, was verhindert werden soll. Durch die Exklusivität der Forumsdiskussion sollen die Mitglieder auf diese Weise  "vor äußeren Repressalien geschützt" werden.

Nach den Worten vermutlich von Herrn Balz wurde "auch in Betracht gezogen", "vorher ... darüber zu diskutieren, was jedoch nicht erfolgt ist, weil diese Entscheidung aus der Sicht des Initiators der Gruppe für die Mitglieder zu keinen "Nachteilen" führen soll. Offenbar bewerten die Entscheidungsträger bei dieser Facebookgruppe wie auch im Blumenthaler Ortsamt damit Werte wie Transparenz und Öffentlichkeit nicht sehr hoch, während ihnen alles besser gefällt, was sie hinter verschlossenen Türen mit ihren Leuten ohne große Formalien regeln können.

Eine Diskussion, über die bisher die Konkurrenten und Medien ihre Beispiele für rechtsextreme Aussagen einer der 2.500 Mitglieder genommen haben, ist damit nicht mehr von der Öffentlichkeit einsehbar. Das nimmt den Rassismussuchern zwar Angriffspunkte, verhindert aber auch eine transparente Diskussion, wie sie für Bürgerinitiativen typisch ist. Auch dürfte es bei der großen Mitgliederzahl nicht unbedingt schwer sein, Fakes oder andere Formen verdeckter Mitglieder einzuscheusen. Zudem ist ja auch der Übertritt von dem einen oder anderen "Mitwisser" zu anderen Forum nicht auszuschließen. 



Die "Bremer Bürger"


Als Ausweg aus ihrer schwierigen Entscheidungssituation wird eine neue Webseite aufgebaut, die sich allerdings nicht mehr an Gegner der jetzigen Nutzung des Hauses an der Rekumer Str. 12 richtet, sondern die "Bremer Bürger" als "eine Bürgerinitiative der politischen Mitte" vorstellt.

Allerdings werden bisher dort unter "News" nur Nachrichten zur Rekumer Straße angeboten.

Aber das ist nur ein Zeichen für die aktuellen Baustellen. Gebaut werden soll etwas anderes, wenn die neue politische Vereinigung "Bremer Bürger" kurz vorgestellt wird. Danach will man sich für ein "Mitbestimmungsrecht in politischen Entscheidungen" einsetzen. Auf diese Weise will die neue Wählergruppe verhindern, dass "politische Entscheidungen ohne Beteiligung der betroffenen Bürger und ohne deren Kenntnisse" getroffen werden. Erklärtes Ziel ist es daher, dass die Bürger nicht weiter unter senatorischen Entscheidungen leiden müssen, auf die sie selbst keinen direkten und auch indirekten Einfluss haben. "Das darf" für Herrn Balz und seine Mitstreiter "so nicht weitergehen."

Dabei bleibt jedoch noch völlig offen, wie dieses Ziel konkret erreicht werden soll. Ob also durch die vorhandenen Instrumente der Bürgerbeteiligung in Bremen eine gezielte Stärkung der Beteiligung an lokal bedeutsamen Einzelentscheidungen angestrebt wird oder ob eine eine Vertretung in Bürgerschaft und Beiräten der Wunsch ist, wo man auch die Interessen anderer Bürgerinitiativen etwa in Form eines losen Zusammenschlusses vertreten will. Der bisherige Aufbau des Forums kann in diese Richtung weisen.

Zu den bereits recht aktiven Teilen der Webseite der Bremer Bürger gehört ein Forum, in dem angemeldete Mitglieder, die bisher keinerlei Erklärung oder persönliche Daten offenlegen müssen, zu Themen diskutieren können. Das ist bisher neben der Rekumer Str. 12 das Tanklager Farge, sodass von einem Portal für Bremer Bürger bisher kaum gesprochen erden kann.

Auch die Kontakte zu weiteren Bürgerinitiativen scheinen sich bisher auf einen Link zur Internetseite der Bremer Bürgerschaft mit den Online-Petitonen zu beschränken, die nicht von Bürgerinitiativen, sondern von Einzelpersonen stammen.

  
Die Entwicklung der Mitgliederzahlen


Nach den Mitgliederzahlen hatte Ende November die Gruppe „Nicht mit uns“ 2.435 Mitglieder, die Gruppe „Ohne Vorurteile“ 148 Mitglieder und die Gruppe „Gegen Kinderpogrom in Farge“ 125 Mitglieder. Das sind in Prozentzahlen umgerechnet genau 90,0 % für die verwaltungskritische Gruppe, die von ihren Gegnern teilweise als „rassistisch“ bezeichnet wird, während die beiden Nachahmer nur jeweils ca. 5 % erreichten. Dabei entfallen auf die Gruppe um den Blumenthaler Ortsamtsleiter nur unwesentlich mehr als auf die im Stadtteil wenig präsente multikulturelle Gruppe, die ein Kinderpogrom in Farge befürchtet. Es ist genau der Unterschied zwischen 5,5% und 4,6 %.


Mitglieder von Facebookgruppen zur Rekumer Str. 12 (Stand: 25.11. 2014, 8 Uhr)

Facebook-Gruppe
Mitglieder
Anteil in %
Nicht mit uns“
2435
90
ohne Vorurteile“
148
5,5
„menschen gegen kinderpogrom in farge“
125
4,8
Quelle: eigene Erhebung.


Diese Bedeutungsrelationen haben sich innerhalb von ca. drei Wochen einerseits durch die Änderungen bei der großen Protestgruppe verschoben, die in eine geschlossene Gruppe umgewandelt wurde. Dieser Schritt, dem ein Umzug von Facebook auf eine neue Webseite folgen soll, hat nicht nur für Zustimmung von allen Mitgliedern gesorgt.

Daneben sind auch einige Mitglieder zu stärker inhaltlich ausgerichteten Gruppen gewechselt.



Insgesamt haben jedoch die beiden zusätzlich aufgeführten Facebookgruppen leicht an der Dominanz der Nicht-mit-uns-Gruppe gerüttelt.


Mitglieder von Facebookgruppen mit einem Fokus auf der Rekumer Str. 12 (Stand: 5.12.2014, 8 Uhr)

Facebook-Gruppe
Mitglieder
Anteil in %
Webadresse
„Nicht mit uns“
2270
77,0
„ohne Vorurteile“
182
6,2
www.facebook.com/groups/724943164266691/?fref=ts
menschen gegen kinderpogrom in farge
125
4,2
"Bremen-Nord - Das geht uns alle an!"
174
5,9
"Ein Zuhause in Bremen nicht nur für ausgewählte Flüchtlinge"
198
6,7
Insgesamt
2949
100

Quelle: eigene Erhebung.

Die politischen Verwerfungen


Nach der Geheimsitzung Blumenthaler Beiratsmitglieder am 17. Oktober konnte man zunächst den Eindruck gewinnen, dass in Blumenthal eine große Einmütigkeit für die Einrichtung eines Umerziehungshauses für straffällig gewordene minderjährige Flüchtlinge in einem Wohngebiet an der Rekumer Straße besteht. So ließen sich zumindest die Erklärungen des Ortsamtsleiters interpretieren, für den sich dank einer „Sternstunde“ des Beirats die Blumenthalerinnen und Blumenthaler in einer historisch fast einmaligen Weise an der Resozialisierung von einem Dutzend jugendlicher Flüchtlinge beteiligten wollen. Nur wussten die Gelobten zunächst nichts von dieser angeblich beschlossenen gemeinsamen Anstrengung aller Mitbürger, da die entscheidende Sitzung der Beiratsmitglieder geheim war.


Von dieser durch den Ortsamtsleiter verkündeten Absicht kann inzwischen keine Rede mehr sein; da nur die gegenwärtige SPD-Fraktion diese Position öffentlich vertritt. Sie steht offenbar weiterhin in jedem Punkt ohne Einschränkungen und Diskussionsbedarf hinter der Entscheidung der grünen Sozialsenatorin, die der Blumenthaler Beirat abgesegnet hat.

Dabei wird offenbar kein Konflikt zwischen einer positiven Haltung gegenüber Flüchtlingen und einer kohärenten Stadtentwicklung gesehen, die eine weitere Kumulation von ökologischen und sozialen Problemen Bremens in einem bereits belasteten Stadtteil an der Landesgrenze, wie es Blumenthal ist, ausschließt.

Auch nimmt man keinen Anstoß daran, dass die Information den Beiratsmitgliedern unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgte und erst dann eine Information der Bürger vorgesehen ist, wenn vollendete Tatsachen geschaffen wurden. Man vertritt also offenbar die Position, dass es für die betroffenen Bürger das beste ist, wenn man ihnen wie unmündigen Kindern nur möglichst wenige Informationen „zumutet“.


Während von den drei anderen im Beirat vertretenen Parteien die Grünen keine Stellungsnahme zum Beschluss ihrer Sozialsenatorin abgegeben haben, ihn also offenbar ohne jede Kritik unterstützen, und die Linke mit kritischen Frage im Blumenthaler Beirat für mehr Aufklärung sorgen möchte, setzte sich die CDU deutlich von einer Zustimmung während der Geheimsitzung am 17.10. ab.

Relativ schnell hat sie damit als erste Partei, die im Beirat vertreten ist, den Phantomeindruck des Ortsamtsleiter ganz erheblich relativiert. Zwar begrüßte die CDU in ihrer Stellungnahme ausdrücklich das persönliche Engagement Nordbremer Bürger bei Integrationsmaßnahmen. Nur sollten "bei Entscheidungen zur Unterbringung von Flüchtlingen .. die Bürger informiert und mit einbezogen werden." Daher lehnt die CDU Bremen-Nord eine "behördlich durchgesetzte Entscheidung" ab, wie sie an der Rekumer Str. 12 durchgesetzt wurde.



Die Bürgerversammlung der CDU


Bürgerversammlung der CDU (Quelle: "22.10.2014 Etwa 600 besorgte Bürger bei Informationsabend in Bremen-Farge" bei youtube)


So haben die Christdemokraten gleich kurzfristig zu einer Anwohnerversammlung am 22.10 in die Gaststätte „Zum grünen Jäger“ eingeladen, wo die Bürger mit den lokalen CDU-Politikern und dem Bürgerschaftsabgeordneten Rainer Bensch über das Thema „Unterbringung von schwer straffällig gewordenen Flüchtlingen in Farge-Rekum“ diskutieren konnten


Der Anlass für die kurzfristige Organisation dieser Veranstaltung waren "unzählige Anrufe und Emails aus der Bevölkerung während des Wochenendes, da sich viele Bürgerinnen und Bürger durch die Ankündigung der Sozialsenatorin "schlicht „überrumpelt“ gefühlt" gefühlt hatten.

Diese Information war für den Veranstalter ein großer Erfolg, da - je nach Schätzer - 400 bis 600 besorgte Bürger kamen, womit der Saal de Restaurants mehr als überfüllt war.
 


Die "gelingende" Integration der CDU in Bremen-Nord


Während es zunächst vor allem um Informationen über die Ereignisse seit der Geheimsitzung am 17.10. ging, wozu neben den CDU-Politikern auch der Initiator dr Facebookgruppe "Rekumer Str.12 Nicht mit uns" zu Wort kam, konnte die CDU kurze Zeit später ein konkretes inhaltliches Programm zu ihrer Flüchtlingspolitik vorlegen.



                                                 CDU-Positionspapier


So stellte die CDU in Bremen-Nord ein Positionspapier unter dem Titel „Für eine gelingende Integration“ vor. Damit hat sie sogar der Sozialsenatorin Arbeit abgenommen, da von dieser Behörde bisher keine diskussionsfähigen Konzepte zur Flüchtlings- un Integrationspolitik vorliegen, was auch für die Behandlung besonderer Problemguppen gilt, wie sie jetzt in Farge und Rekum zu Konflikten geführt haben. 
Diese konkrete Situation in Rekum hat bei der Vorstellung des Postionspapiers zu konkreten Aussagen geführt.

Auch wenn sich das Positionspapier nicht speziell mit der Einrichtung an der Rekumer Str 12 beschäftigt, stellte die CDU ihr Position zu dieser Maßnahme und vor allem der Informationspolitik des rot-grünen Senats während der Präsentation der 10 Punkte für die Medien deutlich heraus. So hat Rainer Bensch, der Vorsitzender des CDU-Kreisverbands Bremen-Nord, nach einem Artikel des Weser-Kuriers betont: „Es war ein Kardinalfehler, über die Bevölkerung hinweg Entscheidungen durchzudrücken ohne die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.“

Damit hat sich erstmals eine Partei, die an dem Geheimtreffen von Beiratsmitgliedern am 17.10. beteiligt war, sehr eindeutig von der angeblich einmütigen Bewertung der Maßnahme der Sozialsenatorin in Rekum abgesetzt, die der Ortsamtsleiter als „Sternstunde“ des Beirats euphorisch gewürdigte hatte. Obwohl seine Haltung angeblich generell geteilt worden sein soll, stellt sie sich somit immer mehr als seine Privatmeinung dar.

Diese deutlich abweichenden Postionen von zwei informellen Blumenthaler Koalitionspartnern, die bisher vieles in trauter Gemeinsamkeit in Blumenthal geregelt haben, spricht eine sehr deutliche Sprache. Es wird daher vermutlich zumindest einige Zeit dauern, bis das so zerrissene Bett- und Tischtuch wieder geflickt ist.

Vielleicht sogar bundesweite Beachtung verdient hier beinahe die Unterscheidung der beiden Parteien bei ihrer Bürgerfreundlichkeit. Die SPD lobt ihre Geheimsitzung mit einer Bürgerinformation, wenn bereits vollendete Tatsachen geschaffen wurden, während die CDU die Bedeutung der Information und die Beteiligung der Bürger an die Spitze ihrer Ausführungen stellt.
 

Kaum Kritik übt die CDU hingegen an der Wahl des Konzepts des Respekttrainers Kannenberg. Das dürfte nicht überraschen, da dieser Autodidakt vor einigen Jahren von hessischen Parteifreunden sehr gefördert wurde. Dabei hat man offensichtlich vergessen, wann diese freundlichen Spaßboxkämpfe mit einem Ministerpräsidenten und Bundespräsidenten stattgefunden haben. Das war vor 2012, als erstmal objektive Daten über den Erfolg des harten Kannenberg-Drills veröffentlicht wurden. Diese Forschungsresultate machen deutlich, dass sich Herr Kannenberg sehr geirrt hatte, da die tatsächliche Rückfallquote beim Dreifachen der zuvor vom Campleiter behaupteten lag. Die Tatsachen machen damit klar: die Effektivität spricht keineswegs für das Kannenberg-Konzept und dessen Entwickler kann sein Leistungen kaum korrekt beurteilen.

Aufgrund dieser objektiven Erfolgsauswertung kann man zwar anders als die CDU „Einwände gegen das Konzept Kannenberg“ haben, aber natürlich mit ihr „hoffen“, dass es funktioniert.“

Generell fordern die Christdemokraten für straffällig gewordenen, minderjährigen Flüchtlinge konsequente Verfahren und eine „geeignete Heimunterbringung“.

Um sich von rechten Parteien abzugrenzen, betont die CDU in Bremen-Nord ihren Integrationswillen: „Wir wollen alles Menschenmögliche tun, damit Integration gelingt.“

Bei der Bereitstellung von Wohnraum gilt dabei für die CDU „dezentrale Unterbringung statt Gettobildung sowie helfende und zielgerichtete Steuerung statt ,völlig freie’ Wohnungssuche nach den drei Monaten in einer Übergangseinrichtung“. 


 

Die großen Chancen für AfD und BiW


Damit waren die Weichen für die Zukunft in Richtung Polarisierung gestellt, wobei man die CDU in eine schwierige Position manövriert hatte, da auch ein Teil ihrer Beiratsmitglieder an der Geheimsitzung des Beirats teilgenommen hatte. 
Aber es waren nicht alle gewesen und vor allem nicht der Bürgerschaftsabgeordneter aus Bremen-Nord. So beteiligten sich einige ihrer führenden Lokalpolitiker gemeinsam mit Vertretern der Bürger in Wut (BiW) und der Alternative für Deutschland (AfD) an der Internetprotestgruppe, während das Blumenthaler NPD-Beiratsmitglied nicht als Mitglied akzeptiert wurde.  


Die Aktivitäten der Bürger in Wut


Ähnlich wie die AfD stellen die Bürger in Wut, also einer Wählergemeinschaft, die sich auf das Bundesland Bremen konzentriert und sich vor allem durch eine Innen- und Flüchtlingspolitik profiliert, die rechts von der CDU steht, keinen Beiratsvertreter in Blumenthal, obwohl sie in Rekum 9,1 % der Stimmen in der Beiratswahl 2011 erhalten haben. Da die Wutbürger damals noch nicht genügend Personal hatten, um einen zweiten Kandidaten auf ihre Liste zu setzen, sind sie in Blumenthal seit dem Umzug ihres Beiratsmitglieds nicht mehr im Beirat vertreten.

Das dürfte ein Grund dafür sein, dass die BiW erst etwas Anlaufzeit benötigte, um ihre Position speziell im Streit um die Nutzung des Hauses an der Rekumer Straße zu formulieren und öffentlich darzustellen. Dazu dienten vorwiegend die Mitgliedschaft des Vorsitzenden Jan Timke in Facebookgruppen sowie Fragen des Bremer Bürgerschaftsabgeordneten Martin Koriol. Allerdings hat man sich trotz der angespannten Lage auch noch mehr zugeraut.


Der Bürgerabend der Wutbürger

Für eine eigene Informatiosveranstaltung der BiW hatte offensichtlich zunächst auch der Initiator der Facebookgruppe Rekumer Str. 2 Nicht mit uns" seine Teilnahme zugesagt. Daher wurde auch entsprechend für den Bürgerabend geworben. Kurz vorher folgte dann jedoch ein Rückzug, der offenbar die Neugier der Anwohner reduzierte. So kamen nur etwa 50 Interessierte zu den Reden der beiden BiW-Bürgerschaftsabgeordneten der BiW.



                                          Anzeige der Wutbürger im BLV vom



In seiner Einführung knüpfte Martin Korol bei der Wahl des Standortes an der Rekumer Str. 12 an, der "vom rot-grünen Senat ohne Kenntnis des Blumenthaler Beirats und über die Köpfe der Anwohner hinweg bestimmt wurde"

Anschließend erläuterte der BiW-Vorsitzende Jan Timke, die Position seiner Wählervereinigung zum Umgang mit jungen kriminellen Asylbewerbern in Bremen. Dabei stellte er ein dreistufiges Modell vor, das zunächst von einer Überprüfung des Alters ausgeht, wobei in Zweifelsfällen eine "biologische Altersfeststellung vorzunehmen" ist.

Als zweiter Schritt sollen die Möglichkeiten einer Rückführung der Zuwanderer in die Heimatländer geprüft werden, da die üblicherweise später nur geduldeten illegalen Zuwanderer "nicht in unsere Gesellschaft zu „integrieren“ seien, "schon gar nicht, wenn sie bei uns Straftaten begingen".

Erst wenn eine Abschiebung definitiv ausscheidet, wollen die Wutbürger im dritten Schritt nach Wegen suchen, um diese kriminellen Jugendlichen zu resozialisieren. Dabei soll "stets der Schutz der Öffentlichkeit vor diesen teilweise brutalen Straftätern" im Vordergrund stehen, sodass dafür keine "ungesicherten Gebäuden noch dazu in Wohnvierteln" wie an der Rekumer Straße geeignet seien


Stattdessen müssten kriminelle minderjährige Flüchtlinge in geschlossene, bewachte Einrichtungen eingewiesen werden. Dort seien sie intensivpädagogisch zu betreuen. Für die Unterbringung dieser Jugendlichen, die aus rechtlichen Gründen im Land Bremen erfolgen müsse, favorisieren die BIW das ehemalige Jugendgefängnis in Blockland.

Abschließend kritisierte Jan Timke die inzwischen in den Medien übliche Bezeichnung „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ als sachlich falsch, da die Betroffenen häufig gar nicht minderjährig sind, von bezahlten Schleppern nach Deutschland gebracht werden und sie auch keine Flüchtlinge sind, da es in ihren Heimatländern Algerien und Marokko weder politische Verfolgung noch kriegerische Auseinandersetzungen gibt. Die sog. Schutzquote bei den Asylverfahren liegt deshalb bei praktisch Null. Die Bezeichnung „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ ist somit für die Wutbürger nichts anderes als eine schönfärberische Umschreibung für Jugendliche, die illegal in die Bundesrepublik einreisen und zum Teil unsere Gastfreundschaft missbraucht, indem sie Straftaten begehen.

Die anschließende Diskussion dieser Thesen musste ohne Vertreter der Bremer Sozialbehörde und ohne Lothar Kannenberg erfolgen, die zwar zu der Veranstaltung eingeladen waren, um ihnen die Möglichkeit zu geben, den teilnehmenden Bürgern ihre Sicht der Dinge darzulegen. Sie waren jedoch nicht gekommen.



Die ersten lokalen Laufversuche der AfD in Blumenthal


Zwar hat die Alternative für Deutschland (AfD) bei der Europawahl 2014 in Blumenthal mit einem Anteil von 7,7 % besser abgeschnitten als in den übrigen Nordbremer Stadtteilen, aber damit war nur ein Potenzial für den Aufbau einer Parteiorganisation sichtbar geworden.

Um konkrete Kontakte vor Ort hat sich mit Christoph Seidl der Regionalbeauftragte der jungen Partei bemüht, der schon relativ früh in der Facebookgruppe "Rekumer Str 12 Nicht mit uns" mitgearbeitet hat und dort auch zunächst Mitglied des Orga-Teams wurde. Diese enge Verbindung wurde dann jedoch gekappt, da die Facebookgruppe auf dieser Ebene keine Kontakte zu einer politischen Partei haben wollte. So ist Christoph Seidl zwar weiterhin an Forumsdiskussionen beteiligt, hat jedoch keine Funktion in der großen Facebookgruppe inne.

Die AfD hat ihre Haltung schon früh in einer Pressemitteilung vom 22.10. dargestellt, die von einer Ansiedlung "serienkrimineller jugendlicher Flüchtlinge" spricht. Dabei hat Christoph Seidl zu den Protesten im Stadtteil klargestellt, dass es nicht um eine Ablehnung von Flüchtlingen geht, sondern drum, dass "hier ohne Anhörung der Bürger Kriminelle in einer ungesicherten Einrichtung angesiedelt werden, die sich mitten in einem Wohngebiet befindet." 


In seinen Facebook-Postings konnte Herr Seidl auf eine persönliche Ortsbegehung gleich am ersten Wochenende nach der Geheimsitzung hinweisen. Dabei stellte er fest, dass das vorgesehene Gebäude vor einer Bushaltestelle "keine gute Wahl ist", zumal "vor allem der notwendige Polizeischutz .. definitiv nicht gewährleistet" ist. Die AfD unterstützt daher die Gruppe um ihren Initiator Fritjof Balz, die aus einer "tiefen Betroffenheit der Bürger" entstanden ist, "die sich vollständig übergangen fühlen."  

Insgesamt sieht die Alternative das Verhalten der Bremer Behörden in diesem extremen Einzelfall jedoch als Teil der vom Senat vernachlässigten Inneren Sicherheit, wodurch es in Bremen für Kriminelle praktisch "kein Berufsrisiko gibt". Es werden daher mehr Stellen für Polizeibeamte gefordert und ein entschlosseneres Vorgehen gegenüber Tätern, die "aus Polizeistaaten, autoritären Regimen oder Diktaturen" kommen, denen "bereits nach ersten Straftaten enge Grenzen" gesetzt werden müssen, damit sie auch in Bremen "verbindliche Strukturen" erkennen. 

Mehrfachtäter, wie sie für das Haus an der Rekumer Straße vorgesehen sind, hält die AfD für "nicht therapiefähig". Sie sollen daher "in einer geschlossenen Einrichtung erst therapiefähig gemacht werden". Generell setzt sich die AfD daher für einen Warnschussarrest nach zwei bis drei Straftaten und für geschlossene Heime für Intensivtäter ein.

Auch wenn AfD und BiW die Maßnahme an der Rekumer Str. ablehnen und in einer geschossenen Einrichtung die bessere Problemlösung sehen, versuchen sie eine abweichende Herangehensweise, denn während die BiW sich auf die Abschiebung von Flüchtlingen konzentriert, beschäftigt sich die AfD mit der Resozialisierung von jugendliche Mehrfachtätern, will hier also keine Flüchtlingsdebatte lostreten. 

(Kriminelle) Flüchtlinge und Wahlverhalten



Die jetzigen Protestmaßnahmen im Stadtteil Blumenthal sind nicht die ersten, die Bremer Bürger gegen Vorlagen der Sozialsenatorin ergriffen haben. So hat seit 2013 die Unterbringung von Flüchtlingen für viel Aufregung in Bremen gesorgt, da die Sozialbehörde die lokalen Beiräte mit Vorschlägen überrascht hat, die nicht aus einem Gesamtkonzept entwickelt waren, sondern eher wie die Produkte einer kaum strukturierten Suchaktion aussahen. 

Dadurch ist es in mehren Teilen Bremens zu Widerständen gekommen, so auch in Vegesack und dem als Standort vorgesehen Ortsteil Fähr-Lobbendorf. Vor allem in der Presse wurde dieses Thema im Anschluss an eine tumultöse Sitzung des Vegesacker Beirats zu einer emotional stark aufgeladenen Frage. So sah etwa die links-alternative taz in Vegesack einen „rassistischen Volksmob“ wüten.

Innerhalb des Beirats selbst kam es zu einer heftigen Kontroverse vor allem zwischen den Grünen und der Linken auf der einen Seite sowie der CDU auf der anderen. So konnten sich die Parteien nicht einmal auf einen gemeinsamen Antrag über ein abgestimmtes Gesamtkonzept zur Integration und Unterbringung von Flüchtlingen in Bremen einigen. Die SPD versuchte dabei die Situation zu deeskalieren, indem sie die anderen Fraktionen aufforderte, beim Thema Flüchtlinge an einem Strang zu ziehen.

Nachdem es für den ersten von der Sozialbehörde vorgeschlagenen Standort Sportplatz „Fährer Flur“ keine Beiratsmehrheit gab, da SPD, CDU, FDP und Bürger in Wut dagegen stimmten, wurde als sozialverträgliche Alternative ein Gelände an der Jacobs Uni ins Gespräch gebracht. 


Diese kontroversen Standpunkte sind nicht ohne Rückwirkung auf das Verhalten in der Bundestagswahl geblieben, die kurze Zeit später stattfand und an der bis auf die Bürger in Wut die anderen Beiratsparteien teilgenommen haben. Diese Ergebnisse können daher mögliche Wählerströme veranschaulichen, die nach den erheblich stärkeren Protestaktionen bei der nächsten Bürgerschafts- und Beiratswahl im Mai 2015 zu erwarten sind.

Im Wahlbezirk am Fährer Sportplatz im Stadtteil Vegesack hat die Kontroverse um die Mobilbauten für Flüchtlinge zu einem überdurchschnittlichen Rückgang der Wahlbeteiligung geführt und zu geringfügig überdurchschnittlichen Verlusten der Grünen. Profiteur war neben der CDU, die allerdings nicht ganz die Verluste im schwarz-gelben Lager auffangen konnte, die Alternative für Deutschland, die eine restriktive Einwanderungspolitik nach kanadischem Vorbild vertritt.

Obwohl um die Unterbringung von Flüchtlingen in Grohn nicht derart intensiv im Beirat gekämpft wurde, sondern der Standort auf Vermittlung der Jacobs-Uni als Kompromisslösung vom Beirat beschlossen wurde, entspricht das Wahlergebnis im unmittelbar betroffenen Stimmbezirk tendenziell dem Wahlergebnis in Fähr. Für einige Parteien ist es sogar noch eindeutiger; denn in Grohn hat sich der Stimmenanteil der SPD geringfügig reduziert, während die AfD sogar 7,2 % erreichte. Der Rückgang der Wahlbeteiligung entspricht hier der Entwicklung in Fahr. Der Gewinn der CDU liegt sogar unter dem im gesamten Ortsteil Grohn und auch unter den Verlusten der FDP. Hier scheint also vor allem die AfD mit ihrer klaren Position in der Zuwanderungsfrage vom Bürgerprotest Protest profitiert zu haben, zumal die CDU diesen Standort nicht abgelehnt hat.
 


Das Anschreiben an die lieben Anwohner 


                          Anschreiben der Sozialsenatorin an die lieben Anwohnerinnen...


Knapp zwei Wochen nach der ersten Pressemitteilung der Sozialsenatorin, in der die Blumenthaler darüber informiert wurden, dass bei ihnen in den nächsten Tagen eine intensivpädgogische Einrichtung für kriminelle unbegleitete minderjährige Flüchtlinge eingerichtet werden sollte, hat sich am 29.10. die Senatorin erneut in dieser Frage zu Wort gemeldet. Ihr öffentliches Schreiben an die „lieben Anwohnerinnen und Anwohner rund um die Rekumer Straße 12..."wird dabei offiziell als "Information" bezeichnet.

Allerdings erfährt der Leser wenig Neues, auch wenn er liest: "Diese Jugendlichen müssen jetzt lernen, dass sie eine echte Chance bekommen, wenn sie die Regeln unseres Zusammenlebens respektieren".

Obwohl es insgesamt in Blumenthal mindestens drei Fragenkataloge gibt, die der Senatorin vorgelegt wurden bzw. es über einen Beiratsbeschluss noch sollen, wird praktisch keine der zahllosen Fragen aufgegriffen, wie sie die Bürger und ihre lokalen Vertreter formuliert haben. Stattdessen spricht sie selbst nach einer langen Einleitung, in der sie über die Leistungen von Flüchtlingen und die Pflichten Bremens reflektiert, zwei Themen an:

Ist die Rekumer Str. 12 eine „gute Lösung“?


Die „Antwort“ auf diese für die Anwohner zentrale Frage muss man wohl als ganz besonders überzeugend bezeichnen, da sie ausschließlich in der Wiederholung der Frage als Behauptung besteht.

Ergänzt wird dabei noch ein Hinweis auf die sozialräumliche Umgebung, die Jugendliche weniger leicht zur Kriminalität verführen kann, da in Rekum die „Verlockungen der Großstadt“ fehlen, die straffälligen Jugendlichen im Bahnhof und in der Discomeile aber in der belebten Innenstadt „Langeweile“ hatten und „darüber in Streit untereinander geraten“ sein sollen. Dieser „unterhaltsame“ Streit hat sich allerdings nicht gegen „Kindergarten- oder Grundschulkindern“ gerichtet.

Die Fachleute der Sozialbehörde treffen hier erneut eine nicht nachvollziehbare Auswahl von nebensächlichen Details der Standortwahl, die den großen Nachteil haben, dass sie sich widersprechen.

Wieso ist es nicht auch in Farge und Rekum zu „langweilig“, wenn es bereits das Treiben in der City sein soll? Und warum werden keine Eigentumsdelikte erwähnen? Doch wohl nicht, weil dabei auch die Wertsachen von Kindergarten- oder Grundschulkindern eine Beute darstellen können.

Wann und wieso hat Herr Kannenberg die Verdienstmedaille zum Bundesverdienstkreuz erhalten?

Als Beleg für die Leistungen des Akademieleiters Lothar Kannenberg wird behauptet, der Ex-Boxer und heutige Respekttrainer, eine Berufsbezeichnung, die er sich selbst zugelegt hat, wird sein Bundesverdienstkreuz ins Feld geführt. Danach soll Herr Kannenberg in „ganz Deutschland für seine Arbeit mit Jugendlichen“ geachtet, sei „nicht umsonst .. mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden und habe „überall ... Anwohner und Nachbarn, die seine Arbeit respektieren, bei denen die Jugendlichen mal im Garten mit anpacken und mal das Brennholz stapeln“

Auch hier bleibt die Senatorin die Belege für ihre Behauptungen schuldig. Relativ leicht zu überprüfen ist die Aussage über das Bundesverdienstkreuz, die jedoch nur bedingt korrekt ist, da Herr Kannenberg im Jahr 2005 vermutlich aufgrund seiner guten Kontakte zu zwei einflussreichen Box-Fans, dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, und dem Bundespräsidenten Horst Köhler, die Verdienstmedaille zum Bundesverdientkreuz erhalten hat. Das ist die niedrigste Stufe des Ordens.

Schwieriger lässt sich zwangsläufig überprüfen, ob es tatsächlich „überall“ in Deutschland Menschen gibt, die nicht nur die Methoden von Herrn Kannenberg wertschätzen, sondern bei denen die Jugendlichen mal im Garten mit anpacken und mal das Brennholz stapeln.

Während Herr Kannenberg in seinen Internetauftritten nicht müde wird, seine Drillmethoden vorzuführen und Fotos mit Promis zu zeigen, muss man Bilder von derartiger Nachbarschaftshilfe vergeblich suchen. Gibt es vielleicht deshalb keine Fotos, weil das Erziehungscamp in Rhoden aufgrund seiner Lage gar keine Nachbarn hatte?

Die große Zäsur für die Beurteilung des kannenbergschen Konzepts wird weiterhin von der Sozialsenatorin völlig ignoriert. Dabei geht es um das zentrale Leistungskriterium, das überhaupt nur die hohen Kosten und die Methoden rechtfertigt, die für viele die Menschenrechte der gedrillten Jugendlichen verletzen, wenn sie nicht nach dem aktuellen Rekumer Schmusekurs, sondern nach dem Konzept Kannenberg behandelt werden. Hier haben bekanntlich Wissenschaftler der Uni Kassel Daten veröffentlicht, die nachweisen, dass die Rückfallquote im Erziehungscamp in Hessen nicht 20% beträgt, wie Herr Kannenberg jahrelang behauptet hatte, sondern 59,1%.

Diese Art von „Information“ wollte auch das Blumenthaler Ortsamt „unterstützen". Daher lässt sich der Brief auf dessen Webseite abrufen. Für die Lektüre erhalten die Leserinnen und Leser dabei noch eine Erwartung auf den Weg. Ein „ich“, womit sich vermutlich der Ortsamtsleiter meint, hofft, dass die "Argumente .. nachvollziehbar" sind.


Diesen Wunsch kann man zweifellos teilen, falls es gelingen sollte, Argumente zu entdecken. 



Die Kundgebung der Gegner des Umerziehungshauses an der Rekumr Str. 12 


Kundgebung der Facebook-Protestgruppe (Quelle:Jörg Stäsche, Rekumerstr 12 nicht mit uns Demo in Blumenthal 01 11 2014 bei youtube)


Vor allem für die medialen Kritiker der Facebookgruppe "Rekumer Str. 12 Nicht mit uns" stellt deren Kundgebung am 1 November eine Wende in der Einschätzung dar. Der Grund ist die eigentlich nicht überraschende Tatsache, dass die Mitgliedschaft in einer Facebookgruppe und sogar die Unterschrift unter eine Petition etwas anderes ist als die ganz reale und persönliche Teilnahme an einer Kundgebung auf einem öffentlichen Marktplatz.

Daher hatte die Gruppe zwar mit deutlich weniger Teilnehmern als Unterschriften bei der Petition gerechnet. Real kamen jedoch nur etwa 150 Blumenthaler und das waren deutlich weniger als die erwarteten und angemeldeten 400. Die kritischen Medien titelten daher "Kundgebung schwach besucht".

Zu der Kundgebung hatten die Veranstalter auf dem Blumenthaler Marktplatz einen Lkw geparkt, an dem vier Plakate auf die Ziele der Facebookgruppe hinwiesen, also auf
„Rekumer Straße 12, kein offener Vollzug in Bremen!" und "Rekumer Straße 12 Nicht mit uns!“. 

Von hier aus hielt Herr Balz als Gründer der Gruppe, der inzwischen zu einer Personifikation für den Kampf gegen die Nutzung des Hauses an der Rekumer Str. 12 durch die "Akademie Kannenberg" geworden ist, seine Rede, während sich sein Kollege aus dem Orga-Team, Sven Baxmann, nur kurz vorstellte. 

In seiner Rede ging Herr Balz zunächst auf die Entstehung der Facebookgruppe ein. Im Mittelpunkt stand allerdings die von ihm als gefährlich eingeschätzte Situation an der Rekumer Str. 12 hin, da dort ca. 15 illegale kriminelle Jugendliche untergebracht werden sollen, die in kurzer Zeit über 200 Straftaten begangen haben. Als Delikte zählte er dabei keine Bagatellen wie das Fahren ohne gültiges Fahrausweis, sondern Diebstahl, Raub, Körperverletzung bis zu einem Toten durch einen Messerstich auf, zu dem es bei einem Streit innerhalb der eigenen Gruppe bei einer Zugfahrt gekommen ist. 

In der gemeinsamen Unterbringung dieser Straffälligen in der Rekumer Str. 12, sieht er ein Sicherheitsproblem. Das wird durch die vorgesehene sportliche Rundumbetreuung außerhalb des Hauses noch verstärkt. Daher hält es Herr Banz für bedenklich, wenn "Kriminelle" nicht "eingesperrt" sind.

Da bei diesen Sicherheitsbedenken zahlreicher Anwohner "nicht das rechte Vertrauen in die Behörden" fehlt und sich die Menschen hintergangen fühlen, rief Herr Banz abschließend zum weiteren Protest in Farge und Rekum auf. 


Zuhörer der Kundgebung ((Quelle:Jörg Stäsche, Rekumerstr 12 nicht mit uns Demo in Blumenthal 01 11 2014 bei youtube)

Die Online-Petition

Mit einem ähnlichen Tenor, aber abweichenden Text wurde ab 27.10 für sechs Wochen bis zum 25.12.2014 eine Online-Petition zur Mitzeichnung ins Netz gestellt.


                              Online-Petition von Fritjof Balz

In einer "Beschwerde über die Ansiedlung eines Wohnheims für straffällige jugendliche Flüchtlinge" wendet sich Fritjof Balz darin an das "sehr geehrte Parlament". Gleich anschließend heißt es dann ohne große Umschweife "wir die Bürger des Stadtteil Farge und ich Fritjof Balz Gründer der Facebook Gruppe "Rekumer Strasse 12 Nicht Mit Uns" fordern "die Einstellung der Unterbringungsmaßnahme für 12 Intensivtäter im Haus Rekumer Str 12",

Als Begründung werden eine fehlende Informationen, ein "widerrechtliches Beschlussverfahren" und die "Auffassung" zum Projekt genannt, dass "dieses nicht dieser Form Hier entstehen darf ".

Der kurze Petitionstext schließt, bevor "freundliche, aber besorgte Grüße folgen, mit der Aufforderung, die "an einen privaten Träger abgegebene Unterbringungsmaßnahme mit sofortiger Wirkung" einzustellen.
ein.

Auf der Diskussionsseite fand diese Petition nicht nur Zustimmung, und das nicht nur wegen ihrer unkonventionellen Rechtschreibung. So weist ein "Markus" darauf hin, dass "lediglich persönliche Meinungen geäußert und zweifelhafte Behauptungen aufgestellt" werden, der Text "jedoch kein einziges zumindest diskussionswürdiges Argument" liefert. Als Beispiel nennt "Markus" das angeblich rechtswidrige Beschlussverfahren, wobei jedoch eine Darlegung dieser Auffassung fehlt.


Fragen über Fragen: Eine Beiratssitzung mit Protestgruppe


Trotz der Aufregungen über die Situation an der Rekumer Straße gingt das politische Leben im Stadtteil seinen gewohnten Gang. Das gilt zumindest von der Tagesordnung her auch für die Novembersitzung des Beirats, also das erste öffentliche Treffen dieses Gremiums nach der Geheimsitzung, die zu den ungewohnten Erschütterungen und Abgrenzungen in Blumenthal führte.


                              Blumenthaler Beiratssitzung am (Foto: Christian Milpacher)


Neben einer Reihe anderer Tagesordnungpunkte lagen den Beiratsmitgliedern drei Fragenblöcke zur Rekumer Str. 12 zur Abstimmung und Weiterleitung an die zuständigen Behörden vor, und zwar

- eine Anfrage der Linken zur Unterbringung der umF in der Rekumer Straße,

- ein Antrag der Beiratsfraktion der CDU für die Sitzung des Beirates Blumenthal am 10.11.2014 und 

- ein Bürgerantrag der Facebookgruppe "Rekumer Str. 12 Nicht mit uns", der aus zwei formal getrennten Fragekatalogen bestand. Dabei war neben einem Antrag vom 9.11., der sich ganz im Rahmen des Üblichen bewegte, ein zweiter Antrag eingereicht, der mit zentralen Forderungen der Protestgruppe am Anfang und Ende des zweiseitigen Antrags gespickt war. 

Dadurch konnte kein Beiratsmitglied übersehen, was die Facebookgruppe "Rekumer Str 12 Nicht mit uns" will. Das war zum damaligen Zeitpunkt eine "uneingeschränkte und umfassende Akteneinsicht in alle Unterlagen um
das Projekt Rekumer Str.12" Dazu zählten für sie Belege über eine vorgenommene öffentliche Ausschreibung des Projekts, Daten über das Alter und die Herkunft der jugendlichen Flüchtlinge sowie ein vorhandenes Sicherheitskonzept und bestehende Versicherungen von möglichen Schäden.

Neben den dadurch implizit vorgegeben Fragen wollte die Facebookgruppe noch zahreiche weitere Auskünfte, die sich nicht prinzipiell von den Fragen der von den beiden Fraktionen gestellten unterscheiden.

Auffallend war hingegen das für eine Beiratssitzung ungewöhnliche Verhalten der Nicht-mit-uns-Gruppe, deren etwa einhundert Teilnehmer während der Sitzung durch laute Ablehnungs- und Zustimmungsäußerungen auf sich aufmerksam machten. Besonders ungewohnt war schließlich ein gemeinsamer Aufbruch noch bevor über die Fragenlisten der CDU und der Linken diskutiert worden war. Man wollte dadurch, wie erklärt wurde, in diesem als feindlich wahrgenommen Ortsamts- und Beiratsterritorium klar stellen, dass "wir zusammen für einen Weg stehen." 

Dieser Auftritt wurde allerdings nicht von allen anderen Sitzungsteilnehmern so wahrgenommen und beurteilt, sodass die Facebookgruppe dadurch neue Freunde gewinnen konnte.

Die Linke, die sich mit ihrem Antrag erstmals nach der Geheimsitzung des Beirats zu diesen Vorgängen zumindest indirekt äußerte, erkundigt sich mit ihren 15 Fragen nach den Gründen für die "dermaßen kurzfristige" Information des Beirats und nach den Aktivitäten der Behörde, "Informationsbedarfe zu decken und der Entstehung von Fragen und Bedenken in der Bevölkerung entgegen zu wirken". Aber auch andere Fragen, wie man sie in der geheimen Beiratssitzung erwartet hätte, werden angesprochen, so zur Auswahl von Träger, Konzept und Standort sowie zu den Kosten. 

Man kann in diesem Katalog also auch den Versuch sehen, vieles von dem öffentlich zu machen, was vielleicht am 17. 10. hinter verschlossenen Türen von der Sozialsenatorin vorgetragen wurde oder von Beiratsmitgliedern nachgefragt wurde. Nur weiß man das eben wegen der Geheimniskrämerei von Ortsamt und Beiratsmehrheit nicht.

Etwas ungewöhnlicher ist der CDU-Antrag vom 10.11., der sowohl aus Fragen besteht, die die Bürger auf einer CDU-Anwohnerversammlung am 22.10. gestellt haben, als auch aus fünf ergänzenden Fragen der Fraktion.

Während die Bürgerfragen ein ähnliches Konvolut wie die der Facebookgruppe darstellen, interessiert sich die CDU-Fraktion neben dem Schulbesuch der Jugendlich entsprechend der bestehenden deutschen Schulpflicht für das 
schriftliche Projektkonzept, eine Aufstellung der kalkulierten Projektkosten pro Monat und pro Jugendlicher, die Kontrolle der Mittelverwendung sowie den Prüf- und Begehungsbericht.

Entsprechend den Vorgaben des Ortsbeirätegesetzes (OBG) muss die Sozialsenatorin innerhalb von sechs Wochen diese Fragen beantworten.  

 

                                      Bürgerantrag mit Fragen und Gruppenforderugen


Die Anti-Rassismus-Kundgebung



Die heftige Diskusson um die Rekumer Str. 12 blieb nicht nur ein strittiges Thema für die Blumenthaler. Vertreter der extremen Linken in Bremen beschlossen, die Bewohner in Bremen nördlicher Spitze durch eine Kundgebung am 14. November darüber zu belehren, worum es eigentlich ging. Dabei boten sie eine Erklärung an, die vermutlich nicht von jedem Einwohner in den Ortsteilen Farge und Rekum geteilt wurde. Das Motto ihrer Kundgebung, das gleichzeitig als Erklrärung der Situation in Blumenthal dienen sollte, lautete "Das Problem heißt Rassismus."



                                    Einladungsflyer zur Antirassismus-Kundgebung 



Im Flyer der linken Autonomen und ihrer Verbündeten, die diese Kundgebung veranstaltet haben, sucht man unter der riesigen Überschrift „Das Problem heißt Rassismus“ und etwas kleiner darunter „Gegen die rassistische Mobilmachung in Farge und überall“ zwangsläufig nach einer Begründung für diese allgemeine These im Kleingedruckten. Das ist jedoch ein vergebliches Unterfangen.

Dort findet man außer Pauschalvorwürfen als Beleg eine einzige angebliche Aussage vom Teilnehmer einer Versammlung in Farge, die „rassistisch“ sein soll. Sie lautet nach dem Flyer-Text: „Eine Pleitekommune wie Bremen […] könnte sich nicht leisten, hochgradig Kriminelle zu importieren, die man dann hier mit Schmusekurs irgendwie in die richtige Richtung bringen soll…“.

Diese Aussage mag zwar sachlich falsch, polemisch oder auch nur regierungskritisch sein. Aber darum geht es hier ja nicht, da nicht gegen politische Fehlinformationen oder einen schlechten Schulunterricht demonstriert werden sollte. Es fällt jedoch schwer, hier überhaupt einen Bezug zum Begriff Rassismus zu entdecken, wenn man darunter versteht, dass die Rasse ein „grundsätzlich bestimmender Faktor menschlicher Fähigkeiten und Eigenschaften“ ist, sodass man etwa von der Überlegenheit einer Rasse über eine andere sprechen kann.

Bei dem Musterbeispiel der Autonomen wird hingegen ausschließlich von einem „importieren“ Kriminellen gesprochen. Daraus lässt sich weder ableiten, welcher „Rasse“ der Betreffende angehört noch dass die „Rasse“ für die Kriminalität verantwortlich sein soll noch gar dass er aufgrund dieses „Rassemerkmals“ in irgendeiner Weise minderwertig sein soll.

Das alles lässt sich nicht in dem ausgewählten Musterbeispiel finden. Der unterstellte Rassismus ist damit ein Produkt, das in den Köpfen derjenigen entstanden ist, die einen „Rassismus“ zum Problem in Farge und Rekum machen wollen. Das waren in diesem Fall, wie es die teilweise im Anschluss an die Kundgebung nach und nach veröffentlichten Redebeiträge zeigen, sehr unterschiedliche Gruppen, die sich links von der "Linken" im politischen Spektrum einordnen dürften. Hierzu zählen die "Basisgruppe Antifa. Kommunistische Gruppe Bremen" und die Linksjugend [‘solid].
 

Für die aufgeheizte Situation sind hingegen ganz andere Akteure verantwortlich, wie eine nüchterne Betrachtung der Tatsachen zeigt.
 

Dabei wird deutlich, welche antidemokratischen und moralisch elitären Gedanken in den Kopfen der Kundgebungsteilnehmer und ihrer Anhänger stecken. Vielleicht ist es aber auch nur so, dass sich die Rednerin zu sehr auf die Grammatik und die in diesem Fall ja weniger wichtige Orthografie konzentriert hat, wodurch sie kaum noch Zeit für den Inhalt hatte. So kann es dann passieren, wenn man überall Rassismus enttarnen will, das einem gar nicht auffällt, wenn es in Rekum nicht um Asylsuchende oder auch Flüchtlinge geht, sondern um „hoch kriminelle und hoch aggressive“ Jugendliche, wie es in der Bürgerschaft hieß.

Mit diesem gezielt selektiven Ausgangspunkt für den Sachverhalt waren die Weichen für das folgende Pamphlet gestellt. Dabei darf man vor allem vier Aspekte dieses Textes nicht übersehen:

Der Zuhörer oder Leser wird mit einem Konvolut von Begriffen wie Neonazis, rechtsgesinnte Leute, Neonazi-Gruppen, rechte Parteien wie die Bürger in Wut und die AfD usw. überall überschüttet. Allein die Aneinanderreihung dieser Begriffe wie in einer Litanei macht bereits einen erheblichen Anteil des Textes aus. Ein leichtgläubiger Zuhörer mag dadurch fast schon überwältigt werden.

Was hingegen völlig fehlt, ist auch nur ein einziger Beleg für diese Behauptungen. Es sind offenbar ausschließlich Unterstellungen, die von den anderen Teilnehmern übernommen werden wie früher ein religiöses Glaubensbekenntnis. Nur spricht das in keiner Weise für ihren Wahrheitsgehalt. Es ist also nichts als politische Polemik, wie sie die Facebook-Gruppe „Ohne Vorteile“ angeblich sofort entfernt.

An die Situation im früheren Südafrika mit seiner menschenverachtenden Rassentrennung erinnert eine Absicht, die laut auf dem Blumenthaler Marktplatz ausgesprochen wurde. Dabei ging es nicht um die Angehörigen einer biologischen Rasse, sondern um die, denen die Rednerin eine bestimmte politische Einstellung unterstellt. Wörtlich erklärt sie: „Wir wollen nicht mit euch zusammen stehen!“. Das kann zu Gedanken an eine Gesinnungs-Apartheit aufkommen.

Neben der Mehrfachauflistung von "rechten" Gruppen, die bekanntlich wie die AfD und die Wutbürger keinen derartigen Gesinnungsstaat anstreben, beansprucht ein Hinweis auf das Jahr 1992 in Rostock-Lichtenhagen einen großen Teil des Textes.

Hier soll offenbar mit einer Angst gespielt werden, die sich mit dem dortigen Geschehen verbunden ist. Dabei wird allerdings nicht erwähnt, dass es neben zahlreichen Unterschieden im Detail zwar ganz wesentlich Unterschiede zu Rekum gibt. In diesem Blumenthaler Ortsteil hat sich die NPD nicht offen als Partei an Protestaktionen beteiligt und es ist kein Molotow-Cocktail gegen das Haus an der Rekumer Str 12, geflogen. Während auf den friedlichen Charakter der Proteste, wie sie die Verfassung einer Demokratie vorsieht, nicht mit einem Wort hingewiesen wird, sucht sich die Rednerin einen nicht vergleichbaren Fall aus der Vergangenheit heraus, um offenbar das zu tun, was sie den sogenannten „Rassisten“ vorwirft: „Ängste schüren“.





           Eintreffen der Kundgebungsteilnehmer aus Bremen auf dem Blumenthaler Marktplatz   (Quelle: "14.11.2014 Demo gegen Rassismus in HB-Nord" bei youtube)





Fortsetzung:Teil 2

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