Montag, 14. März 2016

Polarisierung




"Braune Haufen", "geistige Brandstifter", "rechtes Gesocks" und mutige Rassistenjäger


Blumenthals Weg in die politische Polarisierung




 Umstrittenes Wahlplakat der Bürger in Wut (BiW)




Vor dem Wendepunkt Rekumer Str. 12: Blumenthal als Stadtteil mit rechtem Wähleranteil



Bremen-Nord und vor allem Blumenthal waren seit dem Beginn der Industrialisierung und der Einführung allgemeiner gleicher Wahlen parteipolitisch umkämpft. Dafür stehen zwei Namen aus der Zeit des Kreises Blumenthal, und zwar die der Landräte Paul Berthold, einem Vertreter einer genossenschaftlich orientierten Bismarckschen Sozialpolitik, und Ludwig Christians, einem bildungspolitisch engagierten Sozialdemokraten.

Während der NS-Zeit wurde Blumenthal ein wichtiger Standort von Gefangenenlagern, in denen die Arbeitskräfte für eine Reihe von Rüstungsprojekten wie dem Tanklager Farge und dem U-Boot-Bau-Bunker Valentin unter unmenschlichen Bedingungen mitten im Ortsteil Blumenthal untergebracht waren. Wegen der offenbar gewollten Entfernung zwischen den Schlaf- und Arbeitsplätzen wurden die Gefangenen täglich durch den Ort geführt , sodass praktisch jeder Blumenthaler diese Märsche sehen konnte und musste. Daher konnte niemand später behaupten, nichts von dem menschenverachtenden Unrecht gewusst zu haben. Das scheint zu einer Verdrängung dieser Erinnerungen geführt zu haben, sodass man sich erst sehr spät zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Heimatgeschichte durchringen konnte, die vor allem von privaten Initiativen angestoßen wurde.

Trotzdem scheint nicht jeder Blumenthaler die NS-Zeit auch nach Kriegsende ausschließlich negativ gesehen zu haben. Das mag ein Blick auf die historische Bevölkerungsstruktur Blumenthals erklären können. Danach besitzt ein großer Teil der Einwohner, wenn nicht sogar die Mehrheit, aufgrund der Rekrutierungspolitik vor allem der BWK einen polnischen Migrationshintergrund. Diesen damaligen Makel, von angeblich slawischen "Untermenschen" abzustammen, hat man offenbar durch eine besondere Treue zum NS-Regime kompensieren wollen, was offenbar die Sozialisation der Kinder im Bremer Norden stärker beeinflusst haben könnte als in anderen Teilen Deutschlands.

Das kann zumindest als eine Erklärung für ein extremes Wahlergebnis in der frühen Nachkriegszeit dienen, als zu Beginn der 1950-er Jahre Blumenthal und Farge Hochburgen der als Nachfolgerin der NSDAP später verbotenen Sozialistischen Reichspartei waren. So konnte diese gegenüber dem NS-Regime unkritische Partei immerhin einen Anteil von 20% der Stimmen in einer Nachwahl im Jahr 1952 erreichen.

Auch in den folgenden Jahren hatte ein Teil der Wähler die Vergangenheit nicht vergessen, da die in Bremen starke Deutsche Partei (DP) während der Entnazifizierung auch die Interessen ehemaliger NSDAP-Parteigenossen vertreten hat.


Wählerprotest am nördlichen Rand Bremens



Die späteren Wahlen brachten Ergebnisse, in denen weniger extreme Parteien erheblich schlechter abschnitten als die SRP, aber auf einem niedrigeren Niveau an der nördlichen Sitze Bremens deutlich stärker waren als in Bremen insgesamt. Dabei änderten sich die Namen der Parteien und damit auch die speziellen Programmpunkte und Kandidaten. So folgten etwa im Blumenthaler Beirat seit 1995 auf ein Mitglied der Deutschen Volksunion (DVU) und zwei der rechten SPD-Abspaltung Arbeit für Bremen und Bremerhaven (AFB), deren Zahl sich vier Jahre später halbierte. In der folgenden Wahl schafften dann 2003 zwei Mitglieder der Schill-Partei, die in Blumenthal mit 9,5 % (Bremen 2003,  S. 11), den höchsten Anteilswert in einem Bremer Stadtteil errang, den Sprung in den Beirat, denen in der folgenden Legislaturperiode ein Vertreter der "Konservativen" folgte. 


 2011 gewannen die Bürger in Wut und die NPD dann als Gruppierungen rechts von der CDU jeweils ein Mandat, wodurch sich Blumenthal in beiden Fällen als Bremer Hochburg erwies, da die NPD nur in Gröpelingen einen weiteren Sitz gewann.


Die Schwankungen lassen sich nicht ausschließlich durch eine Erbschaft aus der Vergangenheit erklären. Vielmehr lassen sie sich auch als eine besonders krass ausfallende Reaktion auf die anderen Parteien interpretieren, von denen sich einige Wähler keine bessere Entwicklung ihres benachteiligten Stadtteils versprochen haben. Damit gleicht ihr Wahlverhalten dem in Bremerhaven, wo die  DVU in mehreren Legislaturperioden die 5 %-Hürde überspringen konnte, obwohl oder eben weil die anderen Parteien und die Medien diese Gruppierung als rechtsextrem gebrandmarkt haben. 

Wenn man die Anteilswerte der Wutbürger und der NPD addiert, kommt man damit auf einen Anteil von 11,5 % der Wähler (BiW (7,6 %) und NPD 3,9 %) (Bremen 2011, S. 53), die in Blumenthal einer Partei ihre Stimme gegeben hat, die üblicherweise rechts von der CDU angeordnet wird. Das wäre damit der parteienkritische oder "rechte Bodensatz", mit dem man in der Beiratswahl 2015 rechnen konnte.



Die Positionierungen vor der Wahl


In der Diskussion um die Einrichtung einer intensivpädogischen Einrichtung an der 
Rekumer Str. 12, wo als Mehrfachstraftäter unter den unbegleiteten minderjährigen männlichen betrut werden sollten, bildeten sich bereits vor dem Beginn des eigentlichen Wahlkampfes zwei Lager. Dabei spielte neben der generellen bundespolitischen Ausrichtung die Beteiligung an einer geheimen Sitzung Blumenthaler Beiratsmitglieder am 17. 10. 2014 eine Rolle, in der die AfD und die BiW nicht vertreten waren, da sie diesem Gremium nicht angehörten, und die CDU nur unvollständig vertreten war. Diese drei Gruppen schienen daher zunächst zwar unabhängig und damit in einem gewissen Konkurrenzverhältnis eigene Positionen zu beziehen, aber sich gemeinsam von der im Oktober 2014 gefällten Entscheidung zur Einrichtung einer intensivpädagogischen Maßnahme für jugendliche Mehrfachstraftäter abzugrenzen.

Lange Zeit blieb es allerdings unklar, ob und wie sich der Initiator der Facebookgruppe "Rekumer Str 12 Nicht mit uns!", der von allen drei Gruppen zu ihren Veranstaltungen als Publikumsmagnet eingeladen wurde, an der Wahl beteiligen würde. Schließlich konnten ihn die Bürger in Wut als Spitzenkandidat in Blumenthal und auf Platz 3 der Bremer Gesamtliste für sich gewinnen. Als ein vorgesehener Kandidat schließlich nicht für die Alternative für Deutschland (AfD) antrat, gab es damit nur eine Liste mit einem dezidiert flüchtlingsskeptischen Profil auf dem Stimmzettel.



Die Neupositionierung der CDU


Ein besondere Rolle in der politischen Ausrichtung Blumenthals, die nach der geheimen Beiratsaktion am 17. Oktober 2015 erfolgte, spielte die CDU. Zunächst schien sie sich im Bremer Norden deutlich von der Maßnahme an der Rekumer Str. absetzen zu wollen. So findet man führende lokale CDU-Politiker aus Blumenthal und Vegesack unter den Mitgliedern der Facebookgruppe "Rekumer Str. 12 - Nicht mit uns". Auch traten ihre Vertreter auf Informationsveranstaltungen der Kritiker auf, die sich erst nach und nach voneinander abgrenzten.

Aus dieser Anfangsphase von Ende Oktober 2014 stammt ein 10 Punkte-Papier "Für eine gelingende Integration", das von einer zwölfköpfigen Arbeitsgruppe der Partei erarbeitet wurde und in dem vor allem eine frühzeitige Bürgerinformation und eine konsequente Abschiebungspolitik gefordert werden. Daher spricht es sich gegen behördlich durchgesetzte Maßnahmen aus, weil das "zu einer Ablehnungshaltung führt und jeglichen konstruktiven Dialog erschwert". Daher wird in dem Vorgehen in Rekum ein "Kardinalfehler" gesehen, weil versucht wurde, "über die Bevölkerung hinweg Entscheidungen durchzudrücken ohne die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.

Diese Haltung änderte sich jedoch bereits Anfang November 2014 offensichtlich als Folge der Politik der CDU-Bundeskanzlerin, was in ganz Deutschland zu einem immer tieferen Riss durch die Unionsparteien führte, worauf die "Norddeutsche" als Hintergrundinformation zu einem Artikel über eine Unterstützergruppe für die "Wir schaffen-das-Politik" der Regierung hinwies. Danach hatten sich Kommunalpolitiker im sozialen Netzwerk Facebook formiert, zu denen auch einige Repräsentanten der Nordbremer CDU gehörten, und zwar u,a. die Bürgerschaftsmitglieder Silvia Neumeyer und Rainer Bensch sowie die Blumenthaler Beiratspolitiker Hans-Gerd Thormeier und Ralf Schwarz. So attestierte man jetzt der Bundeskanzlerin in der Flüchtlingsfrage eine „vorausschauende Politik“, die auf das Machbare ausgerichtet sei und war der Meinung, dass die Kanzlerin Unterstützung verdient hat.“

Ein für die Öffentlichkeit eher lautloser Wandel erfolgte gleichzeitig auf den Listen von SPD und Grünen, die ihre Kandidaten weitgehend austauschten und mit neuen Spitzen antraten. Das dürfte hinter den Kulissen nicht ohne Konflikt abgelaufen sein, wie sich nach der Wahl zeigen sollte, als die neue SPD-Fraktionsführung in Blumenthal anders als im Bundesland Bremen insgesamt keine Weiterführung einer bewährten Politik versprach, wie es parteipolitischer Usus ist, sondern einen Neubeginn ankündigte. Das bezog sich vermutlich nicht zuletzt auf die Flüchtlingspolitik, da einige der neuen Kandidaten Mitglieder der Facebookgruppe waren, die sich für die Aufnahme aller Menschen einsetzte, die in Deutschland um Asyl nachsuchen, ohne dass dabei eine einschränkende Prüfung erfolgt.



Der politische Newcomer Fritjof Balz als Personenstimmensieger


Das Blumenthaler Wahlergebnis unterschied sich deutlich von dem in Bremen insgesamt, auch wenn die Tendenzen ähnlich waren. Die stärkste Abweichung gab es in der Beiratswahl, in der die Bürger in Wut auf einen Stimmenanteil von 18,4 % kamen, wobei ihnen allerdings das Fehlen einer konkurrierenden Liste der AfD half. Dieser Vorteil wird deutlich, wenn man auf das Bremer Ergebnis für die Bürgerschaftswahl sieht; denn in der Stadt insgesamt haben die Wutbürger leicht um 0,4 Prozentpunkte auf 2,7 % verloren, während die erstmals kandidierende AfD 5,6 % errang.

Zusammen genommen erzielten BiW und AfD damit einen Anteilsgewinn von 11,3 Prozentpunkten, der per Saldo weitgehend zulasten der Verlierer SPD und Grüne ging, die insgesamt 14,2 Prozentpunkte einbüßten. Allein von der Größenordnung her lässt sich dieser Swing nicht auf den "heimatlos" gewordenen Anteil der NPD zurückführen, die 2015 nicht kandidierte. Ihre 3,9 % von der letzten Wahl lagen jedoch deutlich unter dem jetzigen Zugewinn der flüchtlingsskeptischen Parteien, sodass zumindest die Differenz von ca. 10 Prozentpunkten weitgehend eine Reaktion auf die Blumenthaler Lokalpolitik und vor allem die Maßnahme an der Rekumer Str. 12 sein muss.

Weitere Sieger waren die CDU mit einem Gewinn von 4,8 Prozentpunkten und die Linke mit 1,8 Prozentpunkten, womit beide Parteien allerdings deutlich abweichend von der Gesamtstadt abschnitten. Die CDU konnte sich lokal als ein besonders klarer Sieger feiern, während das Gegenteil für die Linke galt.



Gewinne und Verluste der Lager bei der Bürgerschaftswahl in Blumenthal im Mai 2015 (Veränderungen in Prozentpunkten)


1: Rot-Rot-Grün, 2: CDU, 3: BiW/ AfD, 4: Sonstige (2011 incl. NPD)


Zwar änderten sich durch diese Wahl die Mehrheitsverhältnisse im Beirat nicht grundlegend, da sich die Verschiebung der Anteilswerte nur bedingt in der Verteilung der Sitze widerspiegelt, aber es gab dennoch deutliche Unterschiede und damit eine klare Beurteilung der Bremer Politik durch die Wähler insgesamt. 



Stimmenanteile der nach ähnlichen Positionen in der Flüchtlingsfrage aggregierten Parteien und Wählergruppen in der Bürgerschaftswahl 2015


Quelle: Bremer Wahlstatistik, eigene Berechnungen


Wie das Kreisdiagramm veranschaulicht, haben die drei Parteien, die zunächst keine Kritik an der Errichtung einer intensivpädagogischen Maßnahme an der Rekumer Str. übten, also SPD, Grüne und Linke, trotz der Verluste einen Wähleranteil von 50,3 % behalten, womit sie im Beirat 9 von 17 Sitzen innehaben und damit eine knappe Mehrheit verteidigten.

Allerdings wurde aufgrund der teilweise persönlichen Animositäten für die Wahl der Beiratssprecher nicht diese inhaltlich naheliegende Koalition gebildet, sondern nach Berliner Vorbild eine große Koalition aus SPD und CDU, die mit 11 Sitzen eine klare Mehrheit stellt.

Neben dem generellen Erfolg der BiW, der entgegen dem Bremer Trend erzielt wurde, fällt bei ihrem Wahlerfolg besonders der hohe Anteil der Personenstimmen für ihren Spitzenkandidaten Fritjof Balz auf, der durch seine zahlreichen Personenstimmen allein für über 38 % aller BiW-Stimmen sorgte. Das waren gleichzeitig mehr als drei Viertel der für die BiW abgegebenen Personenstimmen.


Verteilung der Personenstimmen auf die vier Kandidaten der Bürger in Wut


Quelle: Bremer Wahlstatistik, eigene Berechnungen



Der Wahlkampf im Rückblick


Diese nüchtern erscheinenden Zahlen standen keineswegs als Resultat am Ende eines sachliche geführten Wahlkampfes, in dem mit Argumenten über die Vor- und Nachteile verschiedener Entwicklungsvorstellungen für den Stadtteil gestritten wurde.

Vielmehr griff sogar der Ortsamtsleiter in die Auseinandersetzung der Kandidaten ein - ganz entgegen seinen Aufgaben, wie man sie im Ortsbeirätegesetz nachlesen kann -, indem er die Wutbürger und speziell Fritjof Balz als "seine Gegner" bezeichnete und nach der Wahl trotz der "schweren Niederlage für seine Partei" von einem orgiastischen Gefühl berichtete, was einen Eindruck von seiner vorangegangenen psychischen Anspannung erkennen lässt.

Der Grund war eine besonders ausgeprägte Form von Schadenfreude, als der Blumenthaler BiW-Kandidat wegen der zu geringen Stimmenzahl seiner Gruppierung in Bremen nicht als Abgeordneter in die Bürgerschaft gelangte. Deswegen konnte der Ortsamtsleiter in einem Posting der Facebookgruppe "Bremen-Nord - Politisches Forum" anschaulich schildern, dass ihm diese Niederlage der "Rechtspopulisten", deren Aktivitäten ihm zuvor einen "Würgreiz verursacht" hatten, geradezu ein großartiges Gefühl geschenkt habe, das ihm niemand nehmen könne, ja, er beschrieb es als "geradezu ein Gefühl wie ein Orgasmus".

Auch kündigte der Ortsamtsleiter bereits mit seinem Posting vom 13.5.2015 eine Isolierungspolitik gegenüber den Wutbürgern an, obwohl das zu diesem Zeitpunkt nur seine persönliche Meinung sein konnte, da noch keine Beiratssitzung stattgefunden hatte. Es scheint also möglicherweise bereits zu diesem Zeitpunkt eine Absprache der SPD-Beiratsmitglieder mit dem OAL gegeben zu haben oder sogar noch mit weiteren Fraktionen.


Posting des Blumenthaler Ortsamtsleiters Peter Nowack 


Quelle: Facebook-Gruppe "„Bremen-Nord – Das geht uns alle an“ am 13.5.2015



Spaltung in ganz klassischer linker DKP-Sicht


Einen präziseren Ein- und Rückblick in die Gefühlswelt während der Wahlkampfphase findet man im Bericht eines DKP-Mitglieds aus Blumenthal, das "viele der Veranstaltungen zur Flüchtlingsthematik im Stadtteil besucht" hat. Danach wurden während dieser Veranstaltungen der Flüchtlingsskeptiker "den in Rekum einquartierten Flüchtlingen bis zu 300 Straftaten angehängt" und "der ganze Wahlkampf war nur auf Spaltung zwischen Deutschen und Migranten ausgerichtet“. Am "schlimmsten fand er das BiW-Wahlkampfplakat vor dem Asylheim „Vollzug statt schöner wohnen“ – „für mich ist das Volksverhetzung“.

Daher wurde von dieser Seite, die die ewig Gestrigen nicht bei den DDR-Nostalgikern, sondern immer noch überlebenden Hitler-Fans aufspürt, eine Protestdemo zur ersten Beiratssitzung angekündigt, zu der man "mit bis zu 150 Demonstranten" in Blumenthal am 6. Juli um 18 Uhr vor der Beiratssitzung "rechnete", wobei sich die Nordbremer Organisatoren "die Unterstützung des Bremer Bündnisses gegen Rassismus" erhofften.



"Gelbe Karte" für einen parteilichen Ortsamtsleiter


Die persönlichen Attacken des verbeamteten Ortsamtsleiters gegen Politiker von AfD, BiW und CDU blieben nicht ohne Folgen, auch wenn sie in der virtuellen Welt stattfanden. Aber das Internet ist bekanntlich kein rechtsfreier Raum, was derselbe Ortsamtsleiter immer wieder betont, wenn er Screenshots aus Internetforen an den Bremer Staatsschutz schickt. Dabei zog in diesen "verbalen Scharmützeln", wie die Norddeutsche schrieb, "Nowack während des zurückliegenden Bürgerschaftswahlkampfs ... überwiegend nicht mit dem Florett, sondern mit dem schweren Säbel ins Gefecht". So zweifelte er die politischen Kompetenzen eines Vegesacker CDU-Kandidaten mit dem Rat an: „Kümmere dich um die Poller am Vegesacker Hafen. Das ist für dich angemessen.“

Auch sein orgiastischer Freudentaumel über die Nichtwahl der drei Bürgerschaftskandidaten Fritjof Balz (BIW), Detlef Scharf (CDU) und Christoph Seidl (AfD) wurde als Beleidigung empfunden und von den Betroffenen Gegenstand einer Beschwerde beim Dienstvorgesetzten. Davon konnte sie auch der Beistand aus einer anderen Welt nicht abhalten, den der Blumenthaler Ortsamtsleiter auf seiner Seite sah, wenn er schrieb: "Es gibt einen Gott. Und er liebt mich. Ich werde jetzt feiern!“

In der Sache konnte die Senatskanzlei den Vorhaltungen der Betroffenen nicht widersprechen, da sich die Vorwürfe aus dem geltenden Beamtenrecht ergeben und höchstens Ermessenspielrume zulassen. Die Mäßigung, die Nowacks Kritiker vermissen, ergibt sich aus dem Beamtenrecht. Im Beamtenstatusgesetz des Bundes, auf das sich auch die landesrechtlichen Bestimmungen des bremischen Beamtengesetzes beziehen, heißt es wörtlich in § 33 und 60: „Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen...“ Und weiter: „Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amts ergibt.“

Auch wenn der Ortsamtsleiter einräumte, sich mit seinen Debattenbeiträgen auf Facebook „im Grenzbereich bewegt“ zu haben, rechtfertigte es sie weiterhin, da es angeblich Reaktionen auf Angriffe waren, die "so was von schmutzig und abartig" waren, sodass er "entschiedene Zeichen setzen" wollte" "gegen die rassistischen Ressentiments, die in diesem Zusammenhang transportiert worden seien".


Politisches Aufplustern vor der ersten Beiratssitzung


Aber auch nach dem Wahlkampf konnte von einer parteipolitischen Neutralität des Ortsamtsleiters keine Rede sein. Vielmehr versuchte er durch Verallgemeinerungen von Einzelfällen Öl ins Feuer zu gießen, um die Polarisierung zwischen den Lagern voranzutreiben, die sich in der Diskussion um die Rekumer Str. 12 und in der Wahl abgezeichnet hatten.

Die Stimmung, stellte er genüber der Presse fest, ist überladen. „Es wird bei jeder Gelegenheit gehetzt.“ Für ihn hatte es mit kriminellen Jugendlichen angefangen, die in der Rekumer Straße untergebracht wurden, „aber darum geht es schon lange nicht mehr. Sondern es geht darum, dass jeder Flüchtling als Krimineller dargestellt wird“. So spreche man von „marodierenden Flüchtlingsbanden“, die die Zahl der Einbrüche nach oben ausschlagen lassen werde.

Im Hinblick auf die Beiratspolitik fand der Ortsamtsleiter Unterstützung bei seiner als Beiratspecherin vorgesehene Parteigenossin. Zwar gab es für sie auf Beiratssitzungen wichtigere Aufgaben wie "zum Beispiel Wohnungsbauförderung“ als sich mit Internetentgleisungen bei den BiW zu beschäftigen. Das soll allerdings durch ganz spezielle Maßnahmen gelingen, die nicht unbedingt eine offene Diskussionsatmosphäre erwarten lassen; denn Ute Reimers-Bruns sah es als „große Aufgabe“ an, "in Zukunft verstärkt darauf zu achten, dass keine rechtspopulistischen Äußerungen im Beirat fallen".

Durch diese an Zensur erinnernden Absichten in einem gewählten Gremium von Volksvertretern wollte sie "eine Politik anbieten, die die Bürger mittragen". Das Wahlergebnis hatte sie so interpretiert, dass die Bürger "uns" nicht mehr zutrauen, "mit ihren Sorgen umzugehen" und deshalb "nicht mal mehr zur Wahl“ gehen.

Trotz aller Kontroversen bestand zwischen beiden Lagern jedoch eine Gemeinsamkeit, die sich allerdings nur auf die Feststellung einer angespannten politischen Atmosphäre in Blumenthal bezog, wobei Frithof Balz von einer "aufgestachelten" Stimmung sprach, zu der er mit einigen Irritationen selbst beigetragen hatte. So räumte er als seinen Ausrutscher einen „copy-and-paste-Fehler“ ein, als er kurzzeitig gepostet habe, "dass ein Plan bestehe, Europa zu einem „bunt gemischten braun-gelb-schwarz-weißen Bastardenvolk“ zu vermischen, um dann „von der Edelrasse der Juden regiert“ zu werden."

Zwar distanzierte sich der Autor von diesem rasch wieder gelöschten Eintrag und weiteren rassistischen Äußerungen auf seinen Facebookseiten, jedoch blieb ungeklärt, woher der rassisch argumentierende Text stammte und warum er zunächst gepostet wurde. Ein Lateiner, der an den Spruch "Es bleibt immer etwas hängen" denken wird, muss sich daher fragen, ob es sich hier tatsächlich nur um ein zufälliges Missgeschick gehandelt hat oder nicht vielleicht die Irritationen beabsichtigt waren, um einer bestimmten Klientel ein Signal zu geben.

Klarer waren die Aussagen zur Beiratpolitik der Wutbürger, die erklärte, weitere Unterkünfte vom Typ der Rekumer Straße verhindern und Blumenthal aus einer negativen Rolle in der Bremer Politik herauszuholen, ganz nach dem Motto „Blumenthal ist nicht das Endlager der sozialen Probleme dieser Stadt!“



Die Juli-Resolution als "Krönung" einer neuen Politik in Blumenthal



Mitte Juli war es dann soweit. Der neu gewählte Beirat mit seiner verdreifachten BiW-Fraktion, auf die bereits Demonstranten warteten, die das Votum der Wähler nicht einfach als Meinungsäußerung von Mitbürgern akzeptieren wollten, trat erstmals zusammen und konnte auf das Wahlergebnis reagieren, ja, auch die Weichen für die weitere politische Diskussion in Blumenthal stellen.

Vor der öffentlichen Sitzung hatten sich die Fraktionen mit Ausnahme der Wutbürger auf die Verabschiedung einer Resolution geeinigt, die von der Linken eingebracht worden war, nachdem sie einen ersten Antrag der SPD sprachlich überarbeitet hatte. Anders als es bei anderen Themen häufig der Fall ist, fand zu dieser Resolution eine breitere Diskussion im Beirat statt, indem nicht alle den Text ohne jede Anmerkung durchwinken wollten.

Angesprochen wurde dabei die Frage, ob der Text aufgrund einer Schwarz-Weiß-Malerei nicht unausgewogen und möglicherweise sogar im Hinblick auf ein positives Image für Blumenthal sogar kontraproduktiv sein könnte.

Die dann am 2. Juli 2015 beschlossene "Resolution des Beirates Bremen-Blumenthal anlässlich seiner Konstituierung" begann mit einer Einleitung, in der die bisherige Entwicklung Blumenthals aus der Sicht des Beirat dargestellt wurde:

"Wir sind in großer Sorge, dass das jahrzehntelange nachhaltige Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunftsländer, Muttersprache und Religionen in unserem Stadtteil empfindlich Schaden erleiden könnte. Seit vielen Jahren arbeiten Blumenthalerinnen und Blumenthaler für ein Klima der Toleranz und gegenseitiger Achtung. Das konfliktfreie Zusammenleben von Kulturen, Sprach- und Religionsgemeinschaften in Blumenthal ist und bleibt das Ziel aller demokratischen Kräfte in unserem Stadtteil. Die in diesem Zusammenhang gemachten positiven Erfahrungen in Kindergärten, Schulen, Freizeitheimen und in der Nachbarschaft lassen wir uns nicht nehmen."

An der anschließenden Problemsicht nahm die CDU zunächst Anstoß, ohne jedoch für die beantragte Streichung eine Mehrheit zu erhalten:

"Die Perspektivlosigkeit vieler Erwerbsloser und Jugendlicher darf nicht dazu führen, zu Hass und Diskriminierung gegenüber Teilen unserer Wohnbevölkerung aufzurufen."

Im anschließenden Kern der Resolution, den die Wutbürger durch einen Hinweis auf "eine wachsende Deutsch- und Christenfeindlichkeit" ergänzen wollten, heißt es:

"Der Beirat weist jede Form von Volksverhetzung, wie religiös-, rassistisch-, ethnisch- oder homophobmotivierte Angriffe, zurück. Es gilt dem ein buntes, vielfältiges Blumenthal entgegenzusetzen, das die gesamte Kreativität und Vielfalt des Stadtteils widerspiegelt. Öffentliche Einrichtungen, Straßen oder Plätze können nicht als Forum für menschenverachtende Hasspropaganda zur Verfügung gestellt werden."

Damit muss man diese Resolution in dem Rahmen sehen, in den sie von den Autoren gestellt wurde, und das bedeutet zunächst einmal, dass keine gemeinsam Resolution mit den Wutbürgern angestrebt wurde, die einen Text vorgeschlagen hatten, der sich inhaltlich nur wenig unterschied. Allerdings hätte die Mehrheit dann nicht die vermutlich politisch gewollte Ausgrenzung der Kritiker der seit dem Oktober 2015 betriebenen Flüchtlingspolitik erreicht, sondern die Bedeutung einer konstruktiven Diskussion der unterschiedlichen Positionen als Gemeinsamkeit aller Blumenthalerinnen und Blumenthaler herausgestellt.

Diese Zielsetzung lässt sich auch in den Formulierungen des Textes erkennen. Hier werden zwar homophob motivierte Angriffe speziell aufgeführt, über die sich bis dahin niemand in Blumenthal aufgeregt hatte. Der zentrale Kern des Konflikts, worum es auch nach den entsprechenden Umfragen einer Mehrheit in der Bevölkerung geht, nämlich die eigene politische Meinung öffentlich auszudrücken, ohne dabei befürchten zu müssen, dass sie von Mitbürgern als "Volksverhetzung" attackiert und teilweise sogar bei der Staatsanwaltschaft angezeigt wird, wurde hingegen nicht einmal erwähnt. Hier hat man ganz offensichtlich das allgemeine Gleichheitsgebot des Grundgesetzes, also Artikel 3, herangezogen, aber wichtige Wörter wie "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, ... politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden" ausgelassen. 


Auch eine Verbannung Andersdenkender von "Öffentliche Einrichtungen, Straßen oder Plätzen" durch einen Beirat kennt das Grundgesetz nicht. Über die Genehmigung von Demonstrationen und ihren möglicherweise volksverhetzenden Charakter entscheiden in einem demokratischen Rechtsstaat bekanntermaßen Gerichte und keine Mehrheiten in politischen Gremien.  

Die Abstimmung fiel trotz der anfänglichen Einwände deutlich aus; denn nachdem Frau Krohne eingangs die Resolution verlesen und mitgeteilt hatte, "dass diese in anderen Beiräten bereits beschlossen wurde", gab es "12 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen von BiW und 4 Enthaltungen von der CDU, wobei die parteipolitische Zuordnung nach einem Protokoll der Linken erfolgte.


Ein Brandanschlag am Kreinsloger


Nachdem der Konflikt um die Bremer Flüchtlingspolitik und ihre konkreten Auswirkungen auf den Stadtteil Blumenthal bis dahin, sieht man einmal von Sachbeschädigungen an Plakaten ab, auf verbaler Ebene stattgefunden hatte, erfolgte Ende September 2015 ein "Versuchter Brandanschlag auf Großzelt für Flüchtlinge", wie die Überschrift eines ersten Zeitungsartikels lautete.

Nach diesem Bericht entdeckten "Mitarbeiter am späten Vormittag" einen Brandschaden an den Bodenbrettern eines Notausganges. An dieser Stelle hatten unbekannte Täter offenbar von außen versucht, Bodenbretter und die Kunststoffkassetten einer Seitenwand mit Brandbeschleuniger beziehungsweise Brandmittel zu entzünden. Dabei entstand "allerdings lediglich" in Schaden am Holzfußboden, da das Feuer nicht auf die Kunststoffkassetten übergriffen. So dürfte es "von alleine ausgegangen sein" und außen am Zelt waren "leichte Verrußungen" zu erkennen.

Heftiger als das Feuer wüteten anschließend Teile der Bremer Politik gegen diese vermutliche Straftat, bei der niemand zu Schaden gekommen war. So gab es gleich viele Ermittler, die anders als die Polizei Ergebnisse vorlegten. Dazu zählten der "entsetzte" Bremer Bürgermeister, der gleich konstatierte „Rechter Gewalt muss entschieden entgegengetreten werden“ und der Vorsitzende seiner Partei entmenschlichte mögliche Täter, ohne eine Würdigung der unbekannten Persönlichkeiten und deren Alter vornehmen zu können: "Skandalös! Ich wünsche, dass es schnell gelingt, diese feigen Schweine hinter Schloss und Riegel zu bringen.


Eine Mahnwache der Flüchtlingsinitiative


Zu einem raschen Urteil über den Hintergrund des Brandanschlages gelangte ebenfalls die Blumenthaler Flüchtlingsinitiative, in der auch die Beiratssprecherin mitarbeitet. So rief diese im Zuge der Willkommenskultur entstandene Gruppe für den 28.9. zu einer "Spontanen Mahnwache" vor dem Blumenthaler Rathaus gegen "geistige Brandstifter der "Hetzplattform" "Bremen-Nord, das geht uns alle an" auf, zu der sich rund 50 Teilnehmer versammelten.

Laut eines Banners wollte man dabei eine eher tautologische Aussage öffentlich vertreten, nach der „Hetze gegen Flüchtlinge .. geistige Brandstiftung“ ist. Diese Ausrichtung erläuterte der Initiator der Aktion, Reinhard Johann, mit den Worten „Wir wollen der Öffentlichkeit deutlich machen, dass es in Blumenthal nicht nur Menschen mit fremdenfeindlicher Gesinnung gibt“. Andere Aussagen richteten sich gegen einen "alltäglichen" Rassismus und erklärten den naiven Passanten. "als Rassist wird "überführt, wer rassistisch ist"



Die Hilfstruppen der Blumenthaler Polarisierer


Zwei Tage später wurde diese Blumenthaler Aktion durch einen unangemeldeten Demonstrationszug von etwa 60 bis 70 Teilnehmern ergänzt, der in der Landrat-Christians-Straße startete und "sich gegen rechtsradikale Gewalt" richtete. Anlass war auch hier der Brandanschlag auf das Flüchtlingszelt auf dem Brenor-Gelände.

Diese Gruppe, die der Bremer Antifa zumindest nahegestanden haben dürfte, richtete sich nach einer veröffentlichten Rede vor allem gegen die Christdemokraten bzw. einige Blumenthaler CDU-Mitglieder. Danach wurde argumentiert: "Wenn man dann noch bedenkt, wie hetzerisch und rassistisch sich einige CDU-Mitglieder zu den Fragen des Umgangs mit geflüchteten Menschen geäußert haben, wird auch über Zahlen und Statistik deutlich, dass es in Blumenthal eine rassistische Stimmung gibt."



Die Erklärung gegen "geistige Brandstifter, die "mit rassistischen Äußerungen ihr Unwesen treiben"


Die Blumenthaler Lokalpolitiker griffen die sozialdemokratische Bremer Linie gegen "geistige Brandstifter" und "Rassisten" auf, wodurch letztlich am 12. Oktober 2015 auf Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und FDP der Beirat einstimmig die nachfolgende Erklärung verabschiedet hat, die offiziell mit "Verurteilung des Brandanschlages auf die bis dahin im Bau befindliche Flüchtlingsunterkunft auf dem Brenor-Gelände am Kreinsloger" überschrieben wird.

Dabei spricht das Protokoll des Ortsamtes einerseits von einer "einstimmigen" Verabschiedung, zählt aber andererseits nur fünf der sechs Beiratsfraktionen auf, da die Wutbürger überhaupt nicht erwähnt werden, die bis dahin diskriminierte Fraktion also zu einer "Nicht-Fraktion" vernichtet wird. Zieht man das Protokoll der Fraktionsvorsitzenden der Linken hinzu, standen 13 Ja-Stimmen drei Enthaltungen der Wutbürger gegenüber, der Antrag wurde also einmütig, aber nicht einstimmig, angenommen. 


Der Text dieser Erklärung lautet:

"Der Beirat Blumenthal verurteilt auf das Schärfste den jüngsten Brandanschlag, auf die sich noch im Bau befindliche Flüchtlingsunterkunft in Bremen-Blumenthal!

Seit mehr als einem Jahrhundert leben in Blumenthal Menschen unterschiedlichster Herkunft friedlich zusammen. Viele BlumenthalerInnen haben einen Migrationshintergrund. Wir bekennen uns zur Notwendigkeit, Flüchtlingen, die sich in Not befinden, schnell und unbürokratisch zu helfen und in Unterkünften unterzubringen.Wir sind entsetzt über diesen Brandanschlag! Das ist nicht Blumenthal!

Wir treten den geistigen Brandstiftern entschieden entgegen, die vor allem in den Sozialen Medien ihr Unwesen treiben, die mit rassistischen Äußerungen, mit übertriebenen und falschen Informationen sowie zum Teil auch gefälschtenStimmung machenden Berichten, aufzuhetzen versuchen. Sie tragen eine große Mitschuld an fremdenfeindlichen Anschlägen.

Es ist nun an der Zeit, Zeichen zu setzen. Zeichen für einen Stadtteil, der Anteil nimmt an der derzeitigen Flüchtlingstragödie und sich auch weiterhin solidarisch an der Unterbringung der Menschen beteiligt. Zeichen für einen Stadtteil, der Gewalt ächtet.

Der Beirat Blumenthal bedankt sich an dieser Stelle ausdrücklich bei den Willkommensinitiativen. Sie repräsentieren unseren Stadtteil so wie er ist: Fair und menschenfreundlich!" 


Ambitionierte Aufseher und ein bereitwilliges Beiratsmitglied


In der Diskussion des Antrags ging es jedoch nicht nur um die Frage, ob "nur" rechte oder auch "linke" Gewalt verurteilt werden sollte, sondern auch um ganz besondere Kontrollwünsche des Ortsamtsleiters und der Spitze der SPD-Fraktion. Dabei blieb allerdings offen, ob es sich dabei um eine Bitte unter "Freunden" handeln sollte oder die Weichensteller der Blumenthaler Politik für sich ein ganz spezielles Überwachungsrecht in Anspruch nehmen wollen. Auch blieb offen, ob dieses Ansinnen der Zulieferarbeit des Ortsamtes für den Staatsschutz dienen soll oder "nur" eine Erleichterung für die bereits betriebenen leidenschaftlichen Jagd auf Rassisten in Blumenthal, Schwanewede und vielleicht auch noch in weiteren Orten gewünscht wurde.

Das Beiratsprotokoll stellt diesen für eine gewählte Vertretung in einem demokratischen Land höchst ungewöhnlichen Vorgang folgendermaßen dar: Danach "forderte" Herr Pfeiff Herrn Balz auf, "ihn und andere auf die Facebook-Seite Rekumer Straße 12 – nicht mit uns“ zu lassen, um zu sehen, was dort unter den Mitgliedern diskutiert wird." Dazu gab Her Balz umgehend eine positive Antwort, obwohl er feststellte, "Herr Pfeiff sei aber nicht der Fach-Brandermittler vom Dienst".

Um seine bisherigen Jagderfolge zu dokumentieren, nutzte der Ortsamtsleiter die Beiratssitzung gleich um einige Screenshots, "die man in der Gruppe sieht, wenn man dort Mitglied ist" einem größeren Publikum zu präsentieren. Dazu berichtete er von Äußerungen „dass Leute, die Flüchtlingsunterkünfte anzünden, solange noch keine Leute drin sind, einen Orden kriegen müssten“ und anderes." Nach diesen Angaben besteht die Leistung des Ortsamtsleiters darin, dass er "von diesen Dingen Screenshots" macht und "an den Verfassungsschutz" weiterleitet.

Über die finanzielle Kompensation dieser Dienstleistungen, die damit das Ortsamt Blumenthal für andere Behörden Bremens erbringt, musste man bisher auf Auskünfte verzichten.

Es gab allerdings nicht nur Bewunderung für diese speziellen Einsätze des Ortsamtsleiters; denn ein Bürger konnte nicht erkennen, warum nur BiW-Anhängern eine Mitgliedschaft im "Dunstkreis der Facebook-Gruppe des rechten Spektrums „Schwanewede redet Klartext“" vorgeworfen wird, nicht jedoch anderen Mitgliedern. Dadurch fühlte sich der Ortsamtsleiter angesprochen und erklärte, er sei Mitglied dieser Gruppe, weil er gerne wisse, "was dort gesprochen wird. Ihm „schwelle dabei nicht nur der Kamm“. 


Gleiches scheint also nicht immer gleich zu sein, wenn man unterstellt, dass dieselbe Tätigkeit entweder eine nervenraubende mühsame Kontrollaufgabe ist oder zu orgiastischen Lustgefühlen führen kann, wie es in einem anderen Zusammenhang geschildert wurde.


Die öminösen 500 Brandanschläge


Da der Brandanschlag in Blumenthal weder durch einen brennenden Dachstuhl noch verwüstete Innenräume aufgefallen war, bezog er sein mediales und politisches Gewicht fast ausschließlich aus einer Verbindung zu anderen Straftaten, über die auch in regionalen und vor allem nationalen Medien berichtet wurde. Daher kann es nicht überraschen, wenn im Sitzungsprotokoll gleich viermal ein Verweis auf "500" Anschläge in Deutschland erfolgt, was als bedrohlicher Hintergrund der Resolution erheblich mehr Bedeutung verleiht als kaum sichtbare Schäden an einem unbewohnten Flüchtlingszelt vor Ort.

Vor diesem dürren Blumenthaler Informationshintergrund, den man sicherlich für unerfreulich halten kann, lasst sich kaum rasch eine fundierte Maßnahme entwickeln, die von tatsächlichen Tätern und deren Motiven ausgeht. Das scheint einige Blumenthaler Lokalpolitiker jedoch nicht von angeblichen Wissensproben abzuhalten, die zielgenau auf den jeweiligen politischen Gegner ausgerichtet sind, auch wenn allein die verwendete Häufung von Vorurteilen jeder Art Unbefangene bereits skeptisch machen müsste.

Das trifft etwa auf den SPD-Fraktionsvorsitzenden zu, für den "die 500 Brandanschläge .. seinen Informationen nach in der Mehrheit von Facebook-Mitläufern begangen worden" seien, "die sich jung und unerfahren auf diese Seiten rumtreiben würden und sich anstacheln und aufheizen lassen würden."

Will man sich im Internet nach diesem halben tausend Angriffen auf Flüchtlinge erkundigen, hilft das zitierte und genehmigte Beiratsprotokoll nicht weiter, da eine Quelle für diese Aussage fehlt. Man muss also die Begriffe "Flüchtlinge" und "500" bei einer Suchmaschine eingeben und bekommt schnell die vermeintliche Quelle, da nur die Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" gleich in zwei Artikeln unter einer Überschrift berichtet hat, die die Zahl "500" enthält.

Damit enden dann allerdings auch bereits die Gemeinsamkeiten zwischen dem Inhalt der Berichterstattung in einer Zeitung, die sicherlich nicht die Position der "geistigen Brandstifter" vertritt. Und das gilt gleich in zwei nicht gerade unwichtigen Punkten. So erfährt ein Leser dort zum einen, dass sich die Zahl von "über 500 "Angriffen gegen Flüchtlinge und ihre Unterkünfte" (Middelhoff) auf "Körperverletzung, Pöbeleien, Brandstiftung, ausländerfeindliche Demonstrationen" und andere "Vorfälle mit möglicherweise fremdenfeindlichem Hintergrund" bezieht, wobei auch, wie es im Text heißt, neben "Schmiererein, Sachbeschädigung etc" auch "Demos und Kundgebungen" gezählt wurden, die sich fast ausschließlich auf Sachsen konzentrieren. Dabei scheint es sich größtenteils um die Pegida-Veranstaltungen in Dresden zu handeln, deren Zuordnung sicherlich nicht unter dem Terminus "Straftat" erfolgen kann, da sie beispielsweise der ehemalige sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf als "sächsische Innovation" in der Nähe der Bürgerrechtsbewegung vor der Wende sieht. Die von der "Zeit" benutzten Daten stammen dabei größtenteils von Flüchtlingsorganisationen und der Amadeu Antonio Stiftung sowie dem Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrums Berlin (APABIZ), also Organisationen, die nicht geade die Gefahr der Brandstiftungen verniedlichen wollen.

Um detaillierte Informationen über die "Angriffe" zu erhalten, hat die "Zeit" anschließend ein eigenes "15-köpfiges Rechercheteam" von ZEIT ONLINE und DIE ZEIT gebildet, das acht Wochen lang "222 gewalttätigen Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte in diesem Jahr nachgegangen" ist. ZEIT ONLINE und ZEIT haben dabei aus der Statistik des Bundeskriminalamts, die 747 Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte auflistet, alle kleineren Delikte wie Schmierereien, Propagandadelikte und Pöbeleien aussortiert. So ist die laut "Zeit" erste belastbare Analyse entstanden, wie der deutsche Rechtsstaat auf die schlimmsten Gewalttaten reagiert hat. Nach dieser sorgfältigen Prüfung der Einzelfälle kam es bis Ende September 2015 in Deutschland zu 57 Brandanschlägen, von denen nach den Daten des Zeit-Rechercheteams 76,1 % nicht aufgeklärt wurden, sodass die Autoren weder über die Sozialstruktur der Täter noch ihre Motive eine Aussage machen konnten.

Eine im Mai gewählte Beiratsmehrheit, die trotz des Abstimmunsergebnisses von  13 Ja-Stimmen, 0 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen vermutlich nicht die Mehrheit der Wähler in der Flüchtlingspolitik vertritt, hat hier mit ihrer "Einladungspolitik" (Lindner, FDP) bzw. "Ponyhof-Politik" (Palmer, Grüne) einen Kampf mit eigenartigen verbalen Waffen geführt. Schließlich hat eine Beiratsmehrheit ihre Macht dadurch missbraucht, dass sie ein "Gerücht" mehrfach vorgetragen hat, um auf diese Weise offenbar festzulegen, was Wahrheit ist, um dadurch eine "politisch korrekte" Aktion zu begründen. Aber das war einigen Blumenthaler Politikern noch nicht genug.



Das Nachspiel von Ortsamt und SPD-Fraktion



Dazu zählten der Ortsamtsleiter und die Führung der SPD-Fraktion, denn beide suchten in Aufrufen "Mitunterzeichner" als Unterstützung für diese Erklärung "gegen Fremdenfeindlichkeit." Dafür standen bereits an den Beirat voradressierte Postkarten zur Verfügung.


Antwort eines "Angehörigen des "Packs"" auf den "Aufruf gegen Fremdenfeidnlichkeit" des Blumenthaler Ortsamtes 


Quelle: Facebookseite der SPD-Beiratsfraktion Blumenthal


Insgesamt kamen in den vier Monaten bis Ende Februar 2016 knapp 80 unterschriebene Erklärungen zurück, deren Absender größtenteils in Blumenthal wohnen. Dazu gehören u.a. die bei dieser Aktion besonders engagierten Ehepaare Johann von der Flüchtlingsinitiative, Nowack vom Ortsamt, die Quartiersmanagerinnen für Lüssum und Alt-Blumenthal, der ehemalige Beiratssprecher und der ehemalige Kritiker der Maßnahme an der Rekumer Str. 12 Christian Milpacher. Diese Mitunterzeichner haben offenbar diese Erklärung für so wichtig gehalten, dass sie sie im Prinzip doppelt abgegeben haben, und zwar durch ihre gewählte Vertretung in Form des Beirats und noch einmal durch ihre persönliche Unterschrift.

Einen weiteren Kreis konnten die Initiatoren durch Unterschriften aus Vegesack erreichen, von wo immerhin ein gutes Viertel und damit eben so viele wie aus dem restlichen Bremen stammte. Neben Privatleuten haben auch einige Institutionen unterschrieben, so der Begleitausschuss Partnerschaft für Demokratie, der sich von Amts wegen für Projekte "gegen Diskriminierung, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit" einsetzt, die Bürgerinitiative "Grüner Weidedamm", die DITIB Gemeinde Bremen-Aumund, der Stadtteilschule Bremen-Nord e.V. und der VAJA Verein zur Förderung akzeptierender Jugendarbeit e.V. 


Regionale Herkunft der beim Blumenthaler Ortsamt gesammelten Unterschriften für die Resolution gegen das "Unwesen geistiger Brandstifter"

Quelle: Ortsamt Blumenthal (Stand: Ende Februar 2016), eigene Berechnungen


Flüchtlingsinitiative und Presse gegen "geistige Brandstifter" im Internet




Webangebot der Gruppe "Bremen-Nord - Politisches Forum"



Ein besonders intensives Licht wirft im Rahmen der virtuell geführten politischen Diskussion die Entwicklung einer Facebookgruppe auf die Veränderungen in Blumenthal. Und nicht nur das. In einigen Fällen wurden sogar Konflikte, die zunächst hier begonnen und ausgetragen wurden, zu Auseinandersetzungen in der Realität.

Ein solcher Seismograph ist die Facebookgruppe zur Rekumer St. 12, die Christian Milpacher zunächst vor allem als Kritik an dem persönlichen Umgangsstil von Fritjof Balz und an dessen vermuteten politische Plänen initiiert hat. Dabei lassen sich inzwischen gleich mehrere Phasen unterscheiden, für die neben politischen Entwicklungen auch persönlich Schwerpunktsetzungen der Administratoren verantwortlich sein dürften, die dieser Gruppe nicht nur im engen Sinne administrierten, sondern 
der Gruppe auch durch Stellungnahmen und Kommentare ein Profil gegeben haben.

Zunächst fand die Gruppe sogar in den Lokalpresse viel Lob. Das änderte sich dann allerdings, als Christian Milpacher sich weitgehend zurückzog. Auch schwand nach der Bürgerschaftswahl offenbar das Interesse einiger SPD- und CDU-Politiker an dem Forum, mit denen man zuvor heftig diskutieren konnte, sodass ein User aus der CDU kritisierte, es sei "auf dem besten Weg zu einer BiW und AfD Zankplattform zu verkommen".

Erst als die verbliebenen aktiven Administratoren aus der öffentlichen eine geschlossen Gruppe machten, gab es dazu neben Kritik von einigen Mitgliedern auch ein deutliches Eingreifen des Initiators. Das führte nach einigem Hin und Her, bei dem auch eine Löschung der Facebookseite angedroht wurde, zu einer Neuausrichtung, die sich bereits an dem veränderten Titelbild zeigt, das nicht mehr das Haus Rekumer Str, 12, sondern eine Hafenszene aus Vegesack zeigt.

Dadurch traten jedoch zunächst kaum Änderungen der Mitgliederstruktur ein, auch wenn jetzt der Chef der BiW aus Bremerhaven und das ehemalige Blumenthaler NPD-Beiratsmitglied posteten. Das fiel allerdings vom Umfang her kaum auf und störte auch nicht die aktive Teilnahme durch den SPD-Fraktionsvorsitzenden und den SPD-Ortsamtsleiter aus Blumenthal. Allerdings gelang es trotz des veränderten Namens und Titelbildes nicht, lokalpolitische Fragen aus den den drei Stadtteilen Blumenthal, Burglesum und Vegesack in den Vordergrund zu stellen. Ein Übergewicht behielten die Flüchtlingsdiskussion, die auch nationale und europäische Aspekte umfasste, Polizeiberichte und die allgemeine Bremer Landespolitik.

Erst im Zuge von Ausschlüssen von zwei führenden und in der Gruppe aktiven SPD-Mitgliedern verengte sich die politische Ausrichtung in den Threads deutlich, ohne dass deswegen jedoch andere SPD-Angehörige ihre Mitgliedschaft beendeten. So stellten jetzt einerseits "Reichsbürger" mit der Übernahme von Postings aus nicht immer seriösen Webseiten sowohl die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland als auch die Legitimität des Handelns der Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik in frage. Andererseits konterte zunächst der Blumenthaler Ortsamtsleiter diese Agitation, indem er Postings gezielt gegen Kritiker der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung einstellte. Dazu forderte er von den übrigen Diskussionsteilnehmern und Gruppenmitgliedern Stellungnahmen, obwohl in den Texten selbst zumeist eine Diskussion mit Andersdenkenden als unmöglich abgelehnt wurde.

Die anderen Facebookgruppen zur Rekumer Str. 12 konnten ihren anfänglichen Mitgliederstand nicht halten und büßten vor allem aktive Nutzer ein. Das trifft auch auf die Gruppe "Rekumer Str. 12 - ohne Vorurteile" zu, die sich als Opposition zur anfänglichen Protestgruppe versteht und inzwischen ihr Ziel in der Unterstützung der "Akademie Kannenberg" sieht." Sie konnte am 29. Oktober 2015 ihr einjähriges Bestehen feiern und den "Jungs in der RS12" zeigen, "das es auch Menschen gibt die sich auch freuen das sie da sind." In einem Resumee zum Geburtstag kann man daher lesen: "Es ist sehr still geworden ein gutes Zeichen sie werden ihren Weg gehen und werden Ihr Leben in Frieden Leben."

Ein noch geringeres Engagement findet man inzwischen in den Gruppen, die sich für die Aufnahme aller Menschen eingesetzt haben, die sich in Deutschland als Asylsuchende registriert haben. Hier heißt es etwa von den Administratoren und Usern: "Ich habe keinen Bock mehr auf Facebook! Von daher wird dieser Account nur noch selten genutzt."

Als Reaktion auf die Umwandlung der ursprünglichen von Fritjof Balz initiierten Protestinitiative gründete Erich Seifert, der sich mit einer eigenen Liste 18 "stubentiger65" um ein Beiratsmandat in Vegesack bemüht hat, mit dem Angebot "Rekumer Str. 12 - Bürger gegen politische Willkür", die sich inzwischen jedoch selbst in eine geschlossene Gruppe umgewandelt hat und kaum Bedeutung gewinnen konnte.


Quelle: Facebookgruppe "Rekumer Str. 12 - Bürger gegen politische Willkür"


Neben diesen Fortführungen von Facebookseiten aus der Frühzeit der Online-Diskussion zur Rekumer Straße kam es auch zu Neugründungen, die sich als Wettbewerber zum politischen Bremen-Nord-Forum mehr oder wenig erfolgreich entwickelten.



Wandelnde zwischen den Welten und Stühlen



Facebook-Seite von Fritjof Balz


Auch wenn Blumenthal ein Stadtteil mit mehr als 30.000 Einwohnern ist, reduziert sich die Zahl der bekannten Lokalpolitiker auf eine sehr überschaubare Menge. Üblicherweise gelangt man nur über eine Ochsentour, wie sie häufig als typischer Weg im Parteileben beschrieben wird, durch einen herausragenden Einsatz in Parteiämter und auf die Kandidatenlisten für Wahlen.

Auch hier bedeuteten die Proteste gegen die Rekumer Str. 12 einen Einschnitt, da sich sowohl durch Aktivitäten in virtuellen Internetgruppen als auch anschließende reale Versammlungen der Anwohner einige engagierte Bürger als Meinungsmacher profilieren konnten. Das galt neben dem AfD-Mitglied Christoph Seidl aus Burglesum vor allem für zwei Blumenthaler, die zunächst gemeinsame Positionen vertraten, bevor sich ihre Wege trennten, sie konkurrierenden Parteien beitraten und inzwischen eine weitgehend eigenständige politische Ausrichtung durch Internetangebote versuchen. 



Die Wandlungen des Christian Milpacher 



Quelle: Facebook-Gemeinschaft "Bremen-Nord - Das geht uns alle an"



Schon im Sommer 2015 war Christian Milpacher offensichtlich mit der Diskussion in der von ihm ursprünglich als Antwort auf die so erfolgreiche Balz-Gruppe nicht mehr zufrieden. Er begann jedenfalls damit, Facebookseiten für neue Gruppen einzurichten. Dabei schwebte ihm anscheinend vor, eine politische Quadratur des Kreises zu lösen, indem Politik ohne Politik diskutiert werden sollte. So lässt sich zumindest der Titel seines Gründungsversuchs "Bremen-Nord - Das geht uns alle an (ohne Politik!)" interpretieren, da der Name weitestgehend seiner alten Gruppe entspricht, wenn man von der Ergänzung "ohne Politik!" absieht.

Manche Verhaltensmuster sind jedoch offensichtlich nicht politisch, sondern persönlichkeitpsychologisch begründet, wenn Herr Milpacher etwa gern seine Postings mit dem Hinweis schließt, dass er nicht weiter mit einem Kontrahenten diskutieren will und ihn daher blockiert und seine alten Beiträge löscht.

Damit scheint er ausdrücken zu wollen, dass seinem Gegner dadurch als Strafe die Belohnung eines Gedankenaustausches mit einem besonders kompetenten Gesprächspartner entzogen wird. Offen bleibt bei dieser Selbsteinschätzung allerdings eine andere eigene Charakterisierung, denn auf der persönlichen FB-Seite konnte man lange Zeit als Arbeitgeber "Hat als Arschkricher bei Geht Dich Nix an" lesen.

Aber auch ohne derartige Persönlichkeitsmerkmale scheint einer Diskussion mit Christian Milpacher dessen Verständnis von Demokratie entgegenzustehen. Das hat allerdings weniger mit den Vorwürfen zu tun, die er anderen macht, wenn er schreibt: "Solange wir aber nicht offen und ehrlich diskutieren und die eigenen Vorurteile dem gegenüber nicht abstellen können, wird nichts produktives entstehen."

Da eine Diskussion in einer pluralistischen Demokratie Gesprächspartner erfordert, von denen niemand von sich glaubt, die einzige richtige und wahre Meinung zu besitzen, lag es nahe, mit einem neuen Forum zu beginnen.

Dafür hatte sich Herr Milpacher bereits eingeübt, als er an anderer Stelle seine Art der Erörterung von strittigen Fragen vorstellte. Danach argumentiert er nicht mit dem Abwägen von Pro und Contra, sondern hämmert als seinen Beitrag zur Klärung einer offenen Frage ein "Fakt ist ..." seinen Lesern ein. Dabei werden im Beispiel die Aussagen des Blumenthaler Ortsamtsleiter zur Geheimsitzung am 17.10.2014 wiederholt, obwohl niemand behauptet hat, Herr Nowack habe etwas anderes gesagt. Es geht schließlich um die Frage, ob diese Position tatsächlich juristisch korrekt ist, da die Sozialbehörde, auf die sich der Blumenthaler Ortsamtsleiter beruft, in diesem Fall Partei ist, deren Rechtsauffassung andere Bremer Beiräte kritischer sehen als der Blumenthaler. Offenbar kann oder will der Parteigänger des OAL diesen zentralen Unterschied der beiden Zugänge nicht sehen, sondern nennt die abweichende Rechtsauffassung eine "absichtliche falsche Information", für die er zudem unterstellt, sie sei "sehr berechnend."

Kurz vorher hatte er auf seine Erfahrungen zurückgegriffen und neue Mitgliedergruppe bei Facebook gegründet. Dabei scheint ihm ein Versuch nicht ausreichend gewesen zu sein, da er gleich mehre Seiten  mit unterschiedlichem Titel und abweichender Mitgliedschaftsdefinition startete.

Wie schon am Namen zu erkennen, erinnert dabei die Gruppe "Bremen-Nord - das geht uns alle an" sehr an die verlassene Vorgängerin, denn der Unterschied beschränkt sich auf ein Ausrufungszeichen am Ende, also nicht gerade sehr viel. Hier sollen nach den Vorstellungen von Christian Milpacher "Soziale Projekte für Bremen-Nord besprochen und angegangen und wenn nötig über die Stadtteilparlamente oder in die Bürgerschaft getragen!" werden.

Regional weiterreichende Ansprüche meldete vom Titel her die Mitte Juli 2015 gestartete Gruppe "Bürgerbeteiligung Bremen" an, wobei sie diesen thematischen Anspruch jedoch bisher durch die diskutierte Thematik nicht abdecken konnte. Daran hat auch die Einladung nichts geändert, in der sich Christian Milpacher bei den ersten Mitgliedern dafür entschuldigt hat, "dass ich euch "hinzugefügt" habe: Ich bitte euch, allen Beiratsmitgliedern aller Beiräte, alle Politiker, allen Vereinen, allen BI und jeden Bürger den ihr kennt der sich aktiv beteiligt hier einzuladen oder darauf aufmerksam zu machen."

Am 10. 11.2015 konnte dann der kommunalpolitische Blumenthaler Neustarter "ganz öffentlich, ganz transparent" ein völlig reales Ereignis im Internet vermelden, das sicherlich nicht nur für ihn, sondern auch, folgt man dem Text seiner Facebookmeldung, für seinen Stadtteil einen positiven Einschnitt bedeutet. So füllte er während einer Sitzung des Blumenthaler Beirats an diesem Tag einen Mitgliedsantrag für die SPD aus, den er übergab, weil er sich mit diesem "wichtigen Schritt" "im Stadtteil einbringen" will.


Quelle: Facebookgruppe "Bürgerbeteiligung Bremen"


Der "Bremer Bürger" Fritjof Balz zwischen den Stühlen "BiW" und "AfD"


Andere Motive dürften die aktuellen Internetaktvitäten von Fritjof Balz beeinflusst haben, da er mit seinem Start der Gruppe "Rekumer Str. 12 - nicht mit uns!" bereits einen kaum zu übertreffenden Erfolg erzielt hatte.

Die Ursachen seiner weiteren Arbeiten im Internet dürften vielmehr die fehlende feste Verankerung in einer politischen Partei sein, sodass er immer auch den Aufbau einer eigenen Wählervereinigung als Option sehen musste, zumal die Wahl im Mai seine erfolgversprechende Wirkung auf Wählerinnen und Wähler gezeigt hatte. So hat er parallel zur wieder geöffneten Hauptseite "Nicht mit Uns ! Bremen-Nord wehrt sich !" das Angebot "Bremer Bürger" aufgebaut.

Durch die Profilierungsbemühungen von Christian Milpacher und den Aufbau einer teilweise durch äußere Entwicklungen erzwungenen eigenen Position bei Fritjof Balz hat sich die Zahl der Blumenthaler Diskussionsforen erhöht. Dazu haben auch Facebookangebote der SPD und der BiW beigetragen, die sich ebenfalls mit politischen Tendenzen in Blumenthal beschäftigen, auch wenn dabei der parteipolitische Aspekt stärker im Vordergrund steht.



Facebookgruppe "Bremer Bürger"


Weitere Daten zu den Webseiten, die sich zu einem großen Teil mit der Blumenthaler Flüchtlings- und Polarisierungspolitik beschäftigen, sind in der folgenden Übersicht zusammengestellt:


Facebook-Foren, in denen die Blumenthaler Flüchtlingsfrage dargestellt und diskutiert wird


NameAdminstrator
Mitglieder
(29.2.2016)
Webadresse
Mitgliedergruppen


Nicht mit Uns ! Bremen-Nord wehrt sich !Herren Balz, M. Meyer und O. Meyer
1759
www.facebook.com/groups/523421044460657/?fref=ts
Bremen-Nord - Politisches Forum - Das geht uns alle an!Frau Behn, Ehepaar Schomburg
995
www.facebook.com/groups/310141772512612/
Rekumer Straße 12 - Bürger gegen politische WillkürHerr Seifert
296
www.facebook.com/groups/rekumerstr12/?fref=ts
Rekumer Str. 12 - ohne VorurteileFrau Kolbe und Herr Beate
219
www.facebook.com/groups/724943164266691/
Bremen-Nord Das geht uns alle anHerr Milpacher
160
www.facebook.com/groups/818957251557619/
Bürgerbeteiligung BremenHerr Milpacher
153
www.facebook.com/groups/480872578753879/
Weitere Webseiten


Bremer BürgerHerr Balz539 Likeswww.facebook.com/bremerbuerger/?fref=ts
BiW Bremen-Blumenthal

291 Likeswww.facebook.com/biwbremenblumenthal/
SPD Beiratsfaktion Blumenthal
211 Likeswww.facebook.com/SPD-Beiratsfraktion-Blumenthal-438839526260950/?fref=ts
Bremen-Nord Das geht uns alle anHerr Milpacher  136 Likeswww.facebook.com/Bremen-Nord-Das-geht-uns-alle-an-742879225786355/

Quelle: eigene Erhebungen


Die politische Maginalisierung des Wahlsiegers im Blumenthaler Beirat


Eine Popularität beim Wähler, wie sie Fritjof Balz im Mai erlebt hatte, besitzt auch ihre Schattenseiten, und das sogar bei den eigenen Parteifreunden und nicht nur bei den Vertretern eines konkurrierenden Lagers, die ganz gezielt nach Angriffsflächen Ausschau halten.

Im Falle Balz sah das so aus, dass er bei den Vorstandswahlen der Bremer Wutbürger nicht zum Zuge kam und seine Zukunft eher in der national und medial erheblich besser aufgestellten Alternative für Deutschland (AfD) sah. So teilte er am 20. November im Internet einen reibungslosen Aus- und Eintritt von den BiW zur AfD mit.

Aber das war zu voreilig gewesen; denn der AfD-Bundesvostand machte die in Bremen bereits bestätigte Aufnahme wieder rückgängig, da man Fotos von einer Bremer Antifa-Seite erhalten hatte, die Fritjof Balz bei einer gemeinsamen Aktion mit vermutlichen NPD-Anhängern vor dem Bremer Hauptbahnhof zeigten. Über diese ungewöhnliche Parteientscheidung konnte in Blumenthal der Ortsamtsleiter als Erster berichten, der sich angeblich an den AfD-Vorstand gewandt hatte, um auf diese Weise eine korrekte Zusammensetzung der Beiratsausschüsse in Blumenthal zu gewährleisten.

Durch diese Entscheidung saß der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Blumenthaler BiW-Fraktionsvorsitzende als Parteiloser zwischen den beiden Stühlen AfD und BiW. Derartige Situationen führen in der Regel zu verschlechterten Arbeitsbedingungen, sodass sich Abgeordnete einer anderen Fraktion anschließen.

Diese Entscheidung wird allerdings in Bremen durch das Wahlgesetz erheblich behindert, da Ausschüsse im Prinzip nicht nach der jeweils aktuellen Zusammensetzung eines Beirats erfolgen, sondern nach der durch die letzte Wahl entstandenen. Gestützt auf diese problematische Vorschrift konnte das Ortsamt als Vollstrecker des Bremer Rechts den ungeliebten Kritiker aus allen Ausschüssen verbannen und ihm damit seine politischen Einflussmöglichkeiten erschweren. Dabei berief sich die Verwaltung auf das geltende Wahlgesetz, das allerdings nur sehr bedingt als zwingende Grundlage dienen kann; denn es enthält eine weitere gesetzeskonforme Lösung, die in diesem Fall nicht nur dem ehemaligen BiW-Fraktionschef eine weitere Mitarbeit erlaubt hätte, sondern auch einem vermutlichen Rechtsfehler des Bremer Gesetzes, das von den Regelungen anderer Bundesländer abweicht, verhindern kann. § 17 Wahlen durch Beiräte räumt jedenfalls die Möglichkeit ein, auch ganz anders zu verfahren, wenn es heißt "Sind mehrere gleichartige Wahlstellen zu besetzen, so ist ... der für die Parteien und Wählervereinigungen im Beiratsbereich abgegebenen Stimmen zu wählen, außer wenn einstimmig etwas anderes beschlossen worden ist."

So muss Blumenthal jetzt auf eine mögliche Klage warten, wodurch sogar in der Zwischenzeit getroffene Entscheidungen aufgehoben werden können, ja, vielleicht sogar das Wahlgesetz gekippt wird. Nachdem der Betroffene zunächst von SPD und CDU Fairness eingefordert hatte, bezeichnete er die durchgesetzte Vorgehensweise als "Willkür".



Rekumer Str. 12: eine vorläufige Evaluation



500 Taten durch 20 Jugendliche, von denen 40 innerhalb der Polizeiinspektion Bremen-Nord erfolgten, waren das Ergebnis eines sozialpädagogischen Erfolges an der Rekumer Str. 12, wenn man dem Urteil des Blumenthaler Ortsamtsleiters, folgt, der diese Maßnahme ein Jahr zuvor als "Sternstunde" für Blumenthal verbal gefeiert hatte.

Dem schloss sich in einer Beiratssitzung mit dem Schwerpunktthema Rekumer St
raße am 8. Februar 2016 die Vertreterin seiner damaligen Partnerin, der Bremer Sozialbehörde, an, die in einem Gespräch mit der Norddeutschen ebenfalls von einem Erfolg sprach. Für den stellvertretenden Leiter der Polizeiinspektion Bremen-Nord waren die empirischen Zahlen hingegen "erschreckend".

Und auch die weiteren Details werden kaum einen sachlichen Beobachter der Daten zu einem positiven Gesamturteil kommen lassen. Dabei muss vorab die Belegung der speziellen Jugendhilfeeinrichtung betrachtet werden, da offenbar während des gesamten Jahres nie die Kapazität vollständig ausgelastet war. So waren zum Zeitpunkt der Diskussion im Blumenthaler Beirat dem Haus neun Jugendliche "zugeteilt", von denen zwei in Haft saßen, während sich von einem die Akademie getrennt habe und ein weiterer "vermisst" werde.

Unter dem Strich lebten also fünf minderjährige Flüchtlinge in der Einrichtung. Das ist zumindest kein besonders hoher Stichtagswert, auf den man wegen fehlender weiterer Informationen die übrigen genannten "Erfolgszahlen" beziehen muss. Das gilt etwa für die Feststellung, nach der "drei Jugendliche in dieser Zeit überhaupt nicht straffällig geworden" sind.

Auch wenn die Vertreterin der "Akademie" die Leistung ihres Arbeitgeber als "überzeugend" qualifizierte, konnte sie als Erfolgskriterium nun darauf verweisen, dass man versuche, "für schwer belastete Jugendliche mit vielen Problemen Antworten zu finden."

Diese Resultate der vorab so gelobten Jugendhilfeeinrichtung veranlassten auch die Beiratsverteterin, die 
an der weichenstellenden geheimen Sitzung im Oktober 2014  teilgenommen hatte, zu einem nüchternen Rückblick auf den tatsächlichen Erfolg des damals vorgestellten Konzepts. Danach sitzen nur noch drei Mitglieder, die "bei der ersten Sitzung dabei" waren, im aktuellen Beirat und das was uns damals "verkauft" worden ist, wurde in keinerlei Hinsicht eingehalten".

Zwar sind die damaligen Teilnehmer und vor allem Organisatoren weiterhin nicht bereit, über den Hintergrund und den Verlauf der geheimen Sitzung aufzuklären, sodass sich dank der negativen Erfahrungen entsprechende verhängnisvolle Ereignisse nicht wiederholen müssen, aber dennoch sind zumindest unabhängige Sachverständige zu einem klaren Urteil gekommen: die Ausschaltung der Öffentlichkeit war ein Fehler, wie der Petitionsausschuss der Bremer Bürgerschaft und auch die jetzigen Beiratssprecher festgestellt haben, und der Versuch, ein Erziehungskonzept, das auf Sport bis zum Umfallen setzte, war zumindest innerhalb eines Wohngebietes mit einer direkten Busverbindung zum Bremer Bahnhof völlig verfehlt. Das wird sogar von der "Akademie Kannenberg" eingeräumt, wenn es nach den Worten der pädagogischen Leiterin "im Laufe der Monate korrigiert werden musste."

Blumenthals politisches Klima hat sich damit durch einen absehbaren Flop verändert, den mehr Bürgerbeteiligung und eine andere Einstellung der Verwaltung leicht verhindert hätten. Jetzt aber folgt auf die Anfangsfehler Uneinsichtigkeit und der Versuch, durch eine politische Polarisierung Sündenböcke zu finden.


Der Ortsamtsleiter als "Denunziant"



"Guckst Du mal Silvia. Vielleicht solltest Du mal langsam eingreifen!", mit diesem sehr persönlich, ja, intim klingenden Hinweis erreichte die Auseinandersetzung zwischen den beiden politischen Lagern eine neue Eskalationsstufe, zumindest wenn man die virtuelle politische Welt in Blumenthal betrachtet.

Durch die beteiligten drei Politiker und deren Verhalten, das sich vermutlich auch in der realen Welt zeigen wird, erhält die Bemerkung jedoch eine weitreichende Bedeutung. Der Hinweis stammt vom Blumenthaler Ortsamtsleiter und intensiven Beobachter lokaler Internetdiskussionen in diversen Foren und hat die stellvertretende Vorsitzende der CDU in Bremen-Nord als Adressatin, zwischen denen offenbar ein fast freundschaftliches Duz-Beziehung besteht, wenn sie denn nicht bloß gefakt ist, was man bekanntlich nicht ausschließen kann.

Stein des Anstoßes waren für den Ortsamtsleiter "Die wichtigsten Regeln der Flüchtlingshilfe", die einer der Administratoren des Facebookgruppe "Bremen-Nord - Politisches Forum - Das geht uns alle an!" ins Internet gestellt hatte, der die CDU als sachkundiger Bürger in einem Blumenthaler Beiratsausschuss vertritt.

Wie jeder, der den Screenshot liest, feststellen kann, passt diese Satire nicht zur Willkommenskultur der CDU-Kanzlerin, und auch über die Grenzen von satirischen Beiträge kann man sicherlich streiten. Das gilt sowohl für ihre literarische Qualität als auch die Wirkung, die sie auf Menschen haben muss, die tatsächlich in unserem Land Schutz suchen, da im Text jegliche Differenzierung fehlt. Das sollte jeder nachempfinden können, der auf der anderen Seite ungerechtfertigterweise als "brauner Haufen" oder "Rassist" attackiert wird, obwohl er weder mit der NS-Zeit noch einer Rassentheorie sympathisiert.

In diesem Fall blieb die Mail zwischen Mitgliedern von SPD und CDU nicht ohne Folgen, wozu sicherlich auch die bereits aufgeheizte Atmosphäre in der Forumsdiskussion beigetragen hat, da der Ortsamtsleiter bereits seit einigen Tagen zuvor die Leser mit vermutlich als Provokation gedachtem Lesematerial von "von wunderbar klugen "geteilten" Be
iträgen wie etwa dem von seinem Facebookfreund Manuel Weber eingedeckt hatte, auf die er mehr oder weniger heftig Stellungnahmen einforderte. Da diese Postings, deren Bezug zu Bremen-Nord zumindest nicht für jeden erkannbar war, gelöscht wurden, sah der Ortsamtsleiter in dieser Aktion der Administratoren eine "Bewerbung für das Reichszensurministerium".



Quelle: Facebookgruppe "Bremen-Nord - Politisches Forum - Das geht uns alle an!"


In dieser Situation wurde der Ortsamtsleiter von dem betroffenen Administrator blockiert und aus der Facebookgruppe ausgeschlossen, sodass er dort nicht mehr posten kann. Die Begründung dafür war die "Denunziation" innerhalb der CDU. Die Reaktion der übrigen Gruppenmitglieder fiel nicht unbedingt negativ, da zumindest ein User den Blumenthaler Ortsamtsleiter "eine Meldemuschi" und einen "Anscheißer" nannte.

Aber auch eine Reaktion des Blockierten ließ nicht lange auf sich warten, die jetzt allerdings nicht mehr innerhalb des Facebookforums erfolgen konnte, in dem die sich die Vorgeschichte abgespielt hatte.



Quelle: Facebookseite von Peter Nowack


Auf seiner privaten Facebookseite gab es keine juristische Abhandlung über die Rechte von Administratoren auch im Hinblick auf die Rechte der anderen Mitglieder eine Gruppe, deren gemeinsame Leistung ja eine Forumsdiskussion überhaupt erst entstehen lässt. Vielmehr wurde zum Säbel oder muss man sogar sagen zur Axt oder Keule gegriffen; denn der Ortsamtsleiter, immerhin der oberste Beamte Bremens in Blumenthal, hatte ein bisschen das Gefühl, als "Volksschädling" behandelt zu sein, während er in der Außengruppe, die er nicht näher abgrenzte, "eine Schande für unsere Gesellschaft" sieht.

Während Peter Nowack so seine Kritiker in die Nähe der Nationalsozialisten rückt und als "Schande" bezeichnet, fehlen keine Streicheleinheiten für die mutigen Kämpfer, die sich dieser erschreckenden Entwicklung entgegenstellen. Dabei vergisst er auch nicht einen notorischen Weltverbesserer, der fast überall versteckte "Rassisten" entdeckt, wodurch er eine sachliche Diskussion über eine vorausschauende Flüchtlingspolitik in seinem geliebten Stadtteil Blumenthal völlig zu vergessen scheint.






Durch diese Kette von verbalen Beiratserklärungen und Internetpostings hat sich das politische Klima in Blumenthal erheblich verändert, wenn man einmal an die Zeit zurückdenkt, als in der Legislaturperiode 2009 - 2015 das erste Beiratsmitglied der Wutbürger Harald-Christian Sociu wegen seines Umzugs aus dem Blumenthaler Beirat am 10.3.2013 verabschiedet wurde, wobei sich Herr Nowack bei Herrn Sociu für die "geleistete Arbeit" bedankte und "sein Bedauern über dessen Ausscheiden" ausdrückte. Dabei lebten vor drei Jahren praktisch dieselben Menschen im Stadtteil, nur das damals aus dem Munde von Ortsamtsleiter und Beiratsmitgliedern nicht von einem "braunen Haufen", "geistigen Brandstiftern" oder "rechtem Gesocks" die Rede war.

Da sich Blumenthal gegenwärtig mit zahlreichen planerischen, aber auch wortwörtlichen Baustellen herumschlagen muss, wenn es nach dem Niedergang der letzten Jahrzehnte wieder auf einen Wachstumspfad gelangen will, führt diese politische Spaltung zu Behinderungen und Blockaden der Beiratsarbeit. Das gilt sowohl für die Lösung der alten Probleme wie der Sanierung des Tanklagers Farge, der Nutzung des BWK-Geländes und der Aktivierung des alten Zentrums von Blumenthal als auch für die neue Herausforderung einer Integration der Flüchtlinge, die für längere Zeit in einer neuen Heimat im Bremer Norden leben müssen oder wollen.


Quellen:


Blickle, Paul u.a.
, Gewalt gegen Flüchtlinge:Es brennt in Deutschland
Mehr als 200 Mal haben Täter in diesem Jahr Flüchtlingsheime angegriffen. Gefasst wurde kaum jemand. Wie kann das sein? Eine Recherche von ZEIT ONLINE und DIE ZEIT vom 3. Dezember 2015.

Brandt, Michael, Kommentar zur Hetze im Internet. Ignorierte Gefahr, in: Norddeutsche vom 29.09.2015.

Brandt, Patricia, Aufgeheizt. Blumenthal vor der konstituierenden Beiratssitzung. Ortsamtsleiter verhängt Plakat-Verbot, in: Norddeutsche vom 30.06.2015.

Dies., Grüne: Parteilose nicht ausschließen, in: Norddeutsche vom 04.01.2016.

Buschmann, Ulf, Ein Novum: Beirat Blumenthal löst mehrere Gremien auf und besetzt sie gleich wieder neu Ausschüsse ohne Fritjof Balz, in: Norddeutsche vom 13.01.2016.

Friedrichs, Doris, Bilanz des Flüchtlingsheims in Rekum. Jugendliche begehen 70 Straftaten, in: Norddeutsche vom 10.02.2016.

Knief, Alexandra, Nach Brand an Flüchtlingszelt. 50 Teilnehmer bei Mahnwache in Blumenthal, in: Norddeutsche vom 28.09.2015.

Ladebeck, Julia, Zehn-Punkte-Papier zum Thema Flüchtlinge. CDU: Bürger müssen eingebunden werden, in: Norddeutsche vom 28.10.2014.

Middelhoff, Paul, Karte der Gewalt. Über 500 Angriffe gegen Flüchtlinge und ihre Unterkünfte zählte die Polizei allein in diesem Jahr. Wo leben sie besonders gefährlich? Eine Übersicht von ZEIT ONLINE vom 26. August 2015.


NN, Aspekte innerstädtischen Wahlverhaltens in der Stadt Bremen, in: Stat. Landesamt Bremen (Hg.), Bürgerschaftswahl 25. Mai 2003 im Lande Bremen,
Bremen 2003, S. 10 - 15.


NN, Ist das Projekt Rekumer Straße gescheitert? Fragen an das Ortsamt, die Polizei, die Akademie Kannenberg und die Sozialbehörde, in: Norddeutsche vom
12.2.2016.

Rohde, Heike, Protokoll über die Sitzung des Gremiums: Beirat Blumenthal am: 10.06.2013.

Dies., Protokoll über die öffentliche Sitzung des Gremiums: Beirat Blumenthal am: 6.07.2015.

Dies., Protokoll über die öffentliche Sitzung des Gremiums "Beirat Blumenthal" am: 12.10.2015.


Statistisches Landesamt Bremen (Hg.), Statistische Mitteilungen. Heft 114. Bremen 2011.

Theiner, Jürgen, Stadtteilpolitik in Bremen-Nord Facebook-Gruppen machen Druck, in: Norddeutsche vom 13.02.2015.

Ders., Das Maß ist voll. Jürgen Theiner über Peter Nowacks Entgleisungen, in: Norddeutsche vom 20.5.2015.

Ders., Rathaus nimmt Nowack ins Visier. Senatskanzlei will Einträge des Blumenthaler Ortsamtsleiters im Internet prüfen. Kritik auch aus der eigenen Partei, in: Norddeutsche vom 20.5.2015.

Ders., Rathaus rügt Peter Nowack. Internet-Aussagen haben Nachspiel, in: Norddeutsche vom 15.7.2015.

Wendler, Jürgen, Asylfrage mit großem Gewicht. Farge-Rekum und Lüssum entwickelten sich zu DVU-Hochburgen, in: Norddeutsche vom 5.1.1991.

Wesslau, Volkau J., Es "schillert" in Blumenthal. SPD verliert einen Sitz. CDU kontant, in: Norddeutsche vom 27.5.2003.

Weth, Christian, Wegen Balz: Blumenthaler Beirat ändert Geschäftsordnung, Norddeutsche vom 06.01.2016.



Zeitstrahl zur Blumenthaler Polarisierungsstrategie


Datum
Ereignis
17.10.14
Geheimsitzung von Beiratsmitgliedern über die Errichtung
einer intensiv-pädagogischen Einrichtung im Haus Rekumer Str. 12
10.05.15
Bürgerschafts- und Beiratswahlen mit deutlichem Gewinn für die BiW in Blumenthal
02.07.15
Resolution des Beirats anlässlich seiner Konstituierung 
25.09.15
Brandanschlag auf ein im Bau befindliches Zelt für Flüchtlinge am Kreinsloger
28.09.15
Mahnwache u.a. der Blumenthaler Flüchtlingsinitiative wegen des Brandanschlags
30.09.15
Antifa-Demo durch Blumenthal wegen des Brandanschlags 
12.10.15
Stellungnahme der Beirats zum Brandanschlag mit anschließendem Werben um weitere Unterstützer 
4./11.01.16
Abwahl von Herrn Balz aus allen Ausschussmitgliedschaften
8.02.16
Evaluation der Maßnahme an der Rekumer Str. 12 im Rahmen eines "Schwerpunktthemas" einer Beiratssitzung
15.02.16
Aufforderung des Blumenthaler SPD-OAL zum Eingreifen der stellvertretenden
CDU-Kreivorsitzenden von Bremen-Nord gegen ein Parteimitglied
Quelle: eigene Zusammenstellung nach Beiratsprotokollen, Zeitungsartikeln und Postings

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