Mehr Bürgermitbestimmung durch eine flexible Stimmenabgabe?
Das neue Bremer Wahlrecht in der Diskussion
Führende Politiker und Politikwissenschaftler scheinen Bremen in einer ganz kritischen Situation zu sehen. Dabei geht es glücklicherweise nicht um das Defizit bei der Finanzen oder bedrohliche letzte Plätze in Rankings zur öffentlichen Sicherheit und in PISA-Tests. Mit diesen politischen Herausforderungen hat das kleinste deutsches Bundesland immerhin bereits mehrere Jahrzehnte überstanden, sodass diese Beeinträchtigungen der Lebensqualität fast schon zur Stadt gehören wie der Roland und die Stadtmusikanten.
Jetzt haben offenbar die Bürgerschaftsabgeordneten selbst im Jahr 2006 mit einem neuen Wahlrecht die vertrauten Ergebnisse von Bremer Wahlen gestört. Diese Schlussfolgerungen muss man jedenfalls aus der Kritik von Politikern und Wissenschaftlern ziehen, wenn man deren negative Bemerkungen zum Wahlrecht liest. Hier wird sehr schweres Geschütz aufgefahren, wenn Politologen das Wahlrecht für "intransparent, paradox und möglicherweise verfassungswidrig" halten. Auch soll es für sie zu einer „zerschossenen Verteilung“ der Fraktionen in der Bürgerschaft führen.
Kritiker aus dem politischen Raum befürchten eine Benachteiligung von Frauen und jüngeren wie älteren Bürgern. Auch machen sie das notwendige umfangreiche Abstimmungsheft, das in Bremen den üblichen Stimmzettel ersetzt, für die niedrige Wahlbeteiligung und die zahlreichen ungültigen Stimmen verantwortlich.
Daher gibt es für den harten Kern dieser Beobachter des neuen Wahlrechts nur eine korrekte Entscheidung: Es muss weg.
Diese Vorwürfe lassen sich jedoch leicht entkräften, wenn man die Zahlen des Stat. Landesamtes und dessen Veröffentlichungen näher ansieht.
Dabei wird deutlich, dass man bei einer sachgerechten Analyse dieses teilweise so vehement abgelehnten Wahlrechts drei Teilbereiche unterscheiden muss, die zwischen der Aufstellung der Kandidatenliste für die Stimmenhefte und der Auswahl der Bürgerschaftsabgeordneten liegen:
- die von den Parteien erstellte Rangreihe der Bewerber, die den Wählern vorgelegt wird,
- die vorgegebenen Wahlbereiche und schließlich
-die Zuordnungen von Bürgerschaftsmandaten zu den abgegebenen gültigen Stimmen.
Strittig ist dabei fast ausschließlich der Zuteilungsprozess, der für den Wähler wenig sichtbar wird.
Dabei wird deutlich, dass man bei einer sachgerechten Analyse dieses teilweise so vehement abgelehnten Wahlrechts drei Teilbereiche unterscheiden muss, die zwischen der Aufstellung der Kandidatenliste für die Stimmenhefte und der Auswahl der Bürgerschaftsabgeordneten liegen:
- die von den Parteien erstellte Rangreihe der Bewerber, die den Wählern vorgelegt wird,
- die vorgegebenen Wahlbereiche und schließlich
-die Zuordnungen von Bürgerschaftsmandaten zu den abgegebenen gültigen Stimmen.
Strittig ist dabei fast ausschließlich der Zuteilungsprozess, der für den Wähler wenig sichtbar wird.
Der zentrale Mechanismus, durch den eine größere Beteiligung der Wähler an der Auswahl der Abgeordneten erreicht werden soll, sind de Personenstimmen, auf die sich daher eine Analyse konzentrieren muss. Dabei zeigt sich nach zwei Wahlen mit den Regeln des Gesetzes, dass sich die Personenstimmen etwa zur Hälfte auf die Spitzenkandidaten der Parteien konzentrieren, während für die restlichen vor allem der Migrationshintergrund und der Ortsteil verantwortlich sind, in dem sie leben.
Das entspricht formal durchaus dem Wählerwillen. Nur werden dabei die kognitiven Fähigkeiten von Bürgern vernachlässigt, die nicht nach rationalen Kriterien ihre Stimmen zwischen mehr als 300 Kandidaten zuordnen können. Sie konzentrieren sich stattdessen auf Heuristiken, die nicht unbedingt dafür sorgen, dass die politisch besten Kandidaten gute Chancen erhalten.
Wenn man das Stadtgebiet Bremens in weitere Wahlbereiche untergliedern würde, wie ihn Bremerhaven bisher bereits darstellt, ließe sich dieses Problem leicht reduzieren, da dann die Kandidaten im Durchschnitt bekannter sind und sich der Listenführereffekt weniger auswirkt.
Auf diese Weise ließen sich ohne allzu große Änderungen die Wahlen so umgestalten, dass man die Beteiligung der Wähler weder auf die Abgabe einer einzigen Stimme reduzieren muss noch die Fragwürdigkeiten von Listenführerstimmen hat.
Das Problem der Auswahl von Repräsentanten
In einer Demokratie entscheiden üblicherweise die Bürgerinnen und Bürger in Wahlen über ihre Regierung und zentrale politische Sachfragen. Diese Entscheidungen können in den heutigen Gemeinden, Kreisen, Bundesländern und Staaten aufgrund ihrer Größe nicht mehr in Volksversammlungen erfolgen, wie es sie als "Landsgemeinden" in kleinen Schweizer Kantonen gibt. Vielmehr wird für die laufenden Entscheidungen heute eine überschaubare Gruppe von Repräsentanten für alle Bürger gesucht, an deren Auswahl in aller Regel politische Parteien beteiligt sind.
Damit stellt sich das Problem der Wahl diese "Volksvertreter", die so erfolgen muss, dass möglichst alle Wahlberechtigten das Auswahlverfahren für legitim halten.
Falls er gelingt, durch ein Wahlrecht für eine hohe Identifikation zwischen Wählern und Repräsentanten zu sorgen, können sogar viele Forderungen nach weiteren Beteiligungsformen an Gewicht verlieren. Das gilt etwa - nimmt man die Bremer Regelungen - für Bürgeranträge und Bürgerinitiativen, deren Themen bereits durch gewählte Beiratsmitglieder in den politischen Prozess eingebracht werden. Mit der klassischen Wahl konnte in diesen Fällen dann bereits ein Höchstmaß an Bürgerbeteiligung erreicht werden.
Nach diesen Überlegungen wurde das "neue" Bremer Wahlrecht von einer Bürgerinitiative konzipiert und aufgrund der großen Unterstützung durch die Wahlberechtigten durch die Bürgerschaft beschlossen.
Allerdings waren und sind nicht alle am politischen Prozess Beteiligten von dem Wahlrecht begeistert; denn es versucht, die Einflussmöglichkeiten der Wähler deutlich zu erhöhen, wodurch zwangsläufig die Parteien größere Schwierigkeiten haben, die zukünftigen Abgeordneten bereits vor der Wahl über die Aufstellung einer Parteiliste zu bestimmen.
In Bremen ist nach der Wahl am 10. Mai, als die Regierungskoalition vom Wähler durch einen massiven Stimmenverlust abgestraft wurde, deutliche Kritik am Wahlrecht geäußert worden. Dabei haben die Gegner sogar wissenschaftliche Analysen verwendet, die eher einem Plädoyer für die Rückkehr zum alten Wahlrecht entsprachen als objektiven Vergleichen der Vor- und Nachteile beider Wahlrechtsformen.
Diese kritische Erörterung von Pros und Contras soll daher an dieser Stelle versucht werden. Dabei wird sich zeigen, was man kaum als ungewöhnlich einordnen kann. Auch mit dem "neuen" Wahlrecht ist nicht nur mehr Bürgernähe verbunden. Vielmehr werden teilweise von den Wählern Auswahlleistungen erwartet, die ein menschliches Gehirn nicht erbringen kann. Es sollen daher auch Vorschläge für die weitere Diskussion angeboten werden, die eine Weiterentwicklung des Wahlrechts vorsehen.
Die verstärkte Bürgerbeteiligung über das Wahlrecht soll schließlich nicht fiktiv bleiben, sondern von konkreten Menschen mit ihrem tatsächlichen politischen Sachverstand erfolgen.
Flyer des Vereines "Mehr Demokratie"
Anforderungen an ein bürgernahes Wahlrecht
Wenn man nach einer Regierungsform sucht, nach der die Menschen weltweit leben möchten, steht die Demokratie vermutlich mit großem Abstand an der Spitze der Präferenzliste. Die Bürger erwarten dabei ihre eigene Beteiligung an staatlichen Entscheidungen, die mögliche Ablösung nicht mehr gewollter Regierungen ohne Bürgerkriege und die Einhaltung und Garantie der Menschenrechte.
Trotz dieses Grundkonsenses wirft die praktische Umsetzung eine Reihe von Fragen auf, da anders als in den kleinsten Kantonen der Schweiz keine Volksversammlung entscheiden kann. Die Bürger benötigen Vertreter, die sich an ihrer Stelle am Entscheidungsprozess im Parlament und in den Ausschüssen beteiligen und über die Vielzahl von Regelungen in einem modernen Staatswesen abstimmen. Damit stellt sich die Frage der Auswahl dieser Repräsentanten.
Zur Lösung dieses Auswahlproblems wurden im Zuge der langen Demokratiegeschichte verschiedene Verfahren entwickelt, von denen das Mehrheits- und das Verhältniswahlrecht die beiden Grundtypen darstellen.
Im ersten Fall wählen die Bürger in einem Wahlkreis als ihren Vertreter den Kandidaten, der mehr Stimmen erhalten hat als die übrigen. Dieses Verfahren wird vor allem in Großbritannien und in den USA eingesetzt.
Das Gegenmodell hierzu ist das Verhältniswahlrecht, bei dem Listen von Wählergruppen oder Parteien aufgestellt werden, zwischen denen man eine Auswahl treffen kann. In diesem Fall wird de Stimme nicht einer Person, sondern einer Liste zugeordnet, sodass alle abgegebenen Stimmen entsprechend dem Anteilswert, den eine Liste erreicht hat, an Kandidaten verteilt wird. Die Reihenfolge dieser Kandidaten - und das ist der zentrale Ausgangspunkt der weiteren Überlegungen - wird bereits vor Wahl von der jeweiligen Partei oder Wählergruppe nach Regeln des Parteiengesetzes festgelegt. Man spricht daher auch von einer Listenwahl.
Beide Wahlverfahren haben Vor- und Nachteile, sodass sie aufgrund mancher Ergebnisse zuweilen sogar als Verfälschung des Wählerwillens und illegitim angesehen werden.
Anschauliche Beispiele liefern dafür viele Wahlergebnisse aus Großbritannien und Nordirland. Obwohl dort weder die Konservativen oder die Labour Party in der Regel über 50 % der Stimmen unter allen Wählern erhalten, kommt es fast immer aufgrund des Wahlrechts zu einer absoluten Mehrheit an Sitzen für die nach Stimmen stärkste Partei. Dafür sorgen meist schon die Stimmen, die für kleinere Parteien abgegeben werden und bei der Zuteilung der Mandate keine Rolle spielen, wenn damit in keinem Wahlkreis eine Mehrheit erzielt werden kann. Weil die Mehrheiten erst durch das Wahlsystem geschaffen werden, spricht man in diesen Fällen von künstlichen Mehrheiten (manufactured majorities). Allerdings kann es auch sein, dass eine Partei, die weniger Stimmen als eine andere erhalten hat, trotzdem bei den Mandaten vorn liegt. Das war in Großbritannien bei der Wahl im Februar 1974 der Fall, als die Konservativen die meisten Stimmen erhielten, die Arbeiterpartei jedoch mehr Unterhausmandate erzielte.
Noch abhängiger von einer ganz besonders antiquierten Regelung bei der Umwandlung der abgegebenen Stimmen ist die Wahl zum US-Präsidenten, da hier noch in jedem Bundesstaat Wahlmänner zwischengeschaltet sind, die in den Bundesstaaten nach unterschiedlichen Verfahren bestimmt werden.
Ein zwar krasses, aber deswegen nicht unwichtiges Beispiel für die Auswirkungen dieser Berechnungsregeln bei der Umsetzung des Wählerwillens war die Wahl von 2000. Damals erhielt der als Umweltpolitiker weltweit bekannte Demokrat Al Gore 48,4 % der Stimmen, während auf den republikanischen Gegenkandidaten George W. Bush 47,9 % entfielen. Bei den Wahlmännern lag dann jedoch Bush mit 271 zu 266 vorn und konnte später seine umstrittenen Kriege gegen den Terrorismus und den Irak führen, während Al Gore 2007 den Friedensnobelpreis erhielt.
Wahlrechtsfragen können also zu nicht ganz unwichtigen Ergebnissen führen. Das gilt nicht zuletzt dann, wenn ein Wahlsystem wie "Russisches Roulett ist". So drückte es zumindest der US-Politologe James Mac-Gregor Burns aus.
Da beide Wahlsysteme in ihrer "reinen" Form Schwächen besitzen, hat in den letzten Jahren hat die in Deutschland seit dem Ende des zweiten Weltkrieges übliche Verbindung von wenig Mehrheits- und viel Verhältniswahlrecht weltweit zahlreiche Nachahmer gefunden, die ebenfalls Mischsysteme einführen, um die Vorteile beider Systeme zu nutzen.
Landsgemeinde Glarus (Quelle: wikipedia)
Die problematische Vorauswahl der Kandidaten
Generell sehen Kritiker vor allem bei dem sonst als besonders gerecht angesehenen Verhältniswahlrecht ein Manko in einer mangelhaften Beteilung und Mitwirkung der Wahlberechtigten, da nur wenige Parteimitglieder tatsächlich an der Auswahl der Kandidaten und ihrer Aufstellung in einer Rangreihe beteiligt sind. Daran können auch Vorwahlen nichts ändern, da sie sich entsprechend dem Interesse der Öffentlichkeit in der Regel ausschließlich auf Spitzenkandidaturen beschränken, während später jeder Hinterbänkler dasselbe Stimmrecht besitzt.
Zahlenmäßig sieht das Problem in Deutschland so aus, dass von den 64 Mio. Wahlberechtigten etwa 1,3 Mio. Mitglieder einer Partei sind. Aber auch diese 2% der Wahlberechtigten beteiligen sich nicht alle an der Kandidatenaufstellung. Vielmehr sehen etwa 40 % ihre Mitgliedschaft ausschließlich als Bekenntnis und finanzielle Verpflichtung gegenüber "ihrer" Partei an, während die übrige Hälfte die Parteien entweder als gesellige Vereine oder eben als Instrumente der politischen Willensbildung betrachtet. Grob gerechnet erfolgt damit die Wahl der Kandidaten etwa von 0,5 % der Wahlberechtigten, wobei der Einfluss der einzelnen Teilnehmer bei der Kandidatenaufstellung breit gestreut ist. Ein Seitenhieb auf eine Hinterzimmerentscheidung mag daher zwar überspitzt sein, aber er macht den Vorwurf einer sehr begrenzten Wählerentscheidung in einer Demokratie deutlich, deren Abgeordnete über Parteilisten gewählt werden.
So dürften die meisten Wähler bei Landtags-, Bundestags- und Europawahlen gar nicht wissen, wen sie auf der Liste, die sie ankreuzen, überhaupt wählen. Der Stimmzettel nennt etwa bei der Abgabe der Zweitstimme nur die Kandidaten der ersten Plätze, während die weiteren Kandidaten im Dunklen bleiben (Heinrich u.a.) wenn man sich deswegen nicht speziell im Internet informiert.
Der Weg zum neuen Bremer Wahlrecht
Auf die Problematik einer Reduzierung der Demokratie auf eine Auswahl von Parteilisten hat in Deutschland und Bremen der 1988 gegründete Verein "Mehr Demokratie" aufmerksam gemacht. Vorläufer dieser heutigen Organisation, die sich für direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung sowie Reformen des Wahlrecht auf allen politischen Ebenen Deutschlands und in der Europäischen Union einsetzt, war u.a. die von dem Künstler Josepf Beuys 1971 gegründete Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung.
Anforderungen an ein bürgernahes Wahlrecht
Wenn man nach einer Regierungsform sucht, nach der die Menschen weltweit leben möchten, steht die Demokratie vermutlich mit großem Abstand an der Spitze der Präferenzliste. Die Bürger erwarten dabei ihre eigene Beteiligung an staatlichen Entscheidungen, die mögliche Ablösung nicht mehr gewollter Regierungen ohne Bürgerkriege und die Einhaltung und Garantie der Menschenrechte.
Trotz dieses Grundkonsenses wirft die praktische Umsetzung eine Reihe von Fragen auf, da anders als in den kleinsten Kantonen der Schweiz keine Volksversammlung entscheiden kann. Die Bürger benötigen Vertreter, die sich an ihrer Stelle am Entscheidungsprozess im Parlament und in den Ausschüssen beteiligen und über die Vielzahl von Regelungen in einem modernen Staatswesen abstimmen. Damit stellt sich die Frage der Auswahl dieser Repräsentanten.
Zur Lösung dieses Auswahlproblems wurden im Zuge der langen Demokratiegeschichte verschiedene Verfahren entwickelt, von denen das Mehrheits- und das Verhältniswahlrecht die beiden Grundtypen darstellen.
Im ersten Fall wählen die Bürger in einem Wahlkreis als ihren Vertreter den Kandidaten, der mehr Stimmen erhalten hat als die übrigen. Dieses Verfahren wird vor allem in Großbritannien und in den USA eingesetzt.
Das Gegenmodell hierzu ist das Verhältniswahlrecht, bei dem Listen von Wählergruppen oder Parteien aufgestellt werden, zwischen denen man eine Auswahl treffen kann. In diesem Fall wird de Stimme nicht einer Person, sondern einer Liste zugeordnet, sodass alle abgegebenen Stimmen entsprechend dem Anteilswert, den eine Liste erreicht hat, an Kandidaten verteilt wird. Die Reihenfolge dieser Kandidaten - und das ist der zentrale Ausgangspunkt der weiteren Überlegungen - wird bereits vor Wahl von der jeweiligen Partei oder Wählergruppe nach Regeln des Parteiengesetzes festgelegt. Man spricht daher auch von einer Listenwahl.
Beide Wahlverfahren haben Vor- und Nachteile, sodass sie aufgrund mancher Ergebnisse zuweilen sogar als Verfälschung des Wählerwillens und illegitim angesehen werden.
Anschauliche Beispiele liefern dafür viele Wahlergebnisse aus Großbritannien und Nordirland. Obwohl dort weder die Konservativen oder die Labour Party in der Regel über 50 % der Stimmen unter allen Wählern erhalten, kommt es fast immer aufgrund des Wahlrechts zu einer absoluten Mehrheit an Sitzen für die nach Stimmen stärkste Partei. Dafür sorgen meist schon die Stimmen, die für kleinere Parteien abgegeben werden und bei der Zuteilung der Mandate keine Rolle spielen, wenn damit in keinem Wahlkreis eine Mehrheit erzielt werden kann. Weil die Mehrheiten erst durch das Wahlsystem geschaffen werden, spricht man in diesen Fällen von künstlichen Mehrheiten (manufactured majorities). Allerdings kann es auch sein, dass eine Partei, die weniger Stimmen als eine andere erhalten hat, trotzdem bei den Mandaten vorn liegt. Das war in Großbritannien bei der Wahl im Februar 1974 der Fall, als die Konservativen die meisten Stimmen erhielten, die Arbeiterpartei jedoch mehr Unterhausmandate erzielte.
Noch abhängiger von einer ganz besonders antiquierten Regelung bei der Umwandlung der abgegebenen Stimmen ist die Wahl zum US-Präsidenten, da hier noch in jedem Bundesstaat Wahlmänner zwischengeschaltet sind, die in den Bundesstaaten nach unterschiedlichen Verfahren bestimmt werden.
Ein zwar krasses, aber deswegen nicht unwichtiges Beispiel für die Auswirkungen dieser Berechnungsregeln bei der Umsetzung des Wählerwillens war die Wahl von 2000. Damals erhielt der als Umweltpolitiker weltweit bekannte Demokrat Al Gore 48,4 % der Stimmen, während auf den republikanischen Gegenkandidaten George W. Bush 47,9 % entfielen. Bei den Wahlmännern lag dann jedoch Bush mit 271 zu 266 vorn und konnte später seine umstrittenen Kriege gegen den Terrorismus und den Irak führen, während Al Gore 2007 den Friedensnobelpreis erhielt.
Wahlrechtsfragen können also zu nicht ganz unwichtigen Ergebnissen führen. Das gilt nicht zuletzt dann, wenn ein Wahlsystem wie "Russisches Roulett ist". So drückte es zumindest der US-Politologe James Mac-Gregor Burns aus.
Da beide Wahlsysteme in ihrer "reinen" Form Schwächen besitzen, hat in den letzten Jahren hat die in Deutschland seit dem Ende des zweiten Weltkrieges übliche Verbindung von wenig Mehrheits- und viel Verhältniswahlrecht weltweit zahlreiche Nachahmer gefunden, die ebenfalls Mischsysteme einführen, um die Vorteile beider Systeme zu nutzen.
Landsgemeinde Glarus (Quelle: wikipedia)
Die problematische Vorauswahl der Kandidaten
Generell sehen Kritiker vor allem bei dem sonst als besonders gerecht angesehenen Verhältniswahlrecht ein Manko in einer mangelhaften Beteilung und Mitwirkung der Wahlberechtigten, da nur wenige Parteimitglieder tatsächlich an der Auswahl der Kandidaten und ihrer Aufstellung in einer Rangreihe beteiligt sind. Daran können auch Vorwahlen nichts ändern, da sie sich entsprechend dem Interesse der Öffentlichkeit in der Regel ausschließlich auf Spitzenkandidaturen beschränken, während später jeder Hinterbänkler dasselbe Stimmrecht besitzt.
Zahlenmäßig sieht das Problem in Deutschland so aus, dass von den 64 Mio. Wahlberechtigten etwa 1,3 Mio. Mitglieder einer Partei sind. Aber auch diese 2% der Wahlberechtigten beteiligen sich nicht alle an der Kandidatenaufstellung. Vielmehr sehen etwa 40 % ihre Mitgliedschaft ausschließlich als Bekenntnis und finanzielle Verpflichtung gegenüber "ihrer" Partei an, während die übrige Hälfte die Parteien entweder als gesellige Vereine oder eben als Instrumente der politischen Willensbildung betrachtet. Grob gerechnet erfolgt damit die Wahl der Kandidaten etwa von 0,5 % der Wahlberechtigten, wobei der Einfluss der einzelnen Teilnehmer bei der Kandidatenaufstellung breit gestreut ist. Ein Seitenhieb auf eine Hinterzimmerentscheidung mag daher zwar überspitzt sein, aber er macht den Vorwurf einer sehr begrenzten Wählerentscheidung in einer Demokratie deutlich, deren Abgeordnete über Parteilisten gewählt werden.
So dürften die meisten Wähler bei Landtags-, Bundestags- und Europawahlen gar nicht wissen, wen sie auf der Liste, die sie ankreuzen, überhaupt wählen. Der Stimmzettel nennt etwa bei der Abgabe der Zweitstimme nur die Kandidaten der ersten Plätze, während die weiteren Kandidaten im Dunklen bleiben (Heinrich u.a.) wenn man sich deswegen nicht speziell im Internet informiert.
Der Weg zum neuen Bremer Wahlrecht
Auf die Problematik einer Reduzierung der Demokratie auf eine Auswahl von Parteilisten hat in Deutschland und Bremen der 1988 gegründete Verein "Mehr Demokratie" aufmerksam gemacht. Vorläufer dieser heutigen Organisation, die sich für direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung sowie Reformen des Wahlrecht auf allen politischen Ebenen Deutschlands und in der Europäischen Union einsetzt, war u.a. die von dem Künstler Josepf Beuys 1971 gegründete Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung.
Dieses Projekt machte zunächst keine Karriere im politischen Raum, sondern vor dem Hintergrund des sehr weit gefassten Kunstverständnisses seines Initiators durch seine Präsentation auf der Documenta 5 im Jahr 1972. Damals diskutierte Josepf Beuys mit seinem Publikum 100 Tage lang
die gesellschaftlichen Gestaltungsfragen der direkten Demokratie und die Möglichkeiten ihrer Verwirklichung.
Diese wenigen Hinweise zeigen bereits das "grüne" und "alternative" Umfeld, in dem der heutige Verein entstanden ist. Anfang 2015 hatte der Verein 7.332 Mitglieder und Förderer und nahm etwa eine habe Mio € an Beiträgen und Spenden ein. Hinzu kommt die Finanzierung spezieller Kampagnen wie die Europäische Bürgerinitiative Stop TTIP/ CETA.
Rasch blieben die Forderungen nach einem bürgernahen Wahlrecht nicht nur theoretische Trockenübungen, sondern wurden in die Praxis umgesetzt. Dabei wurde das kleine Bundesland Bremen als ein günstiges Beispiel ausgewählt, da hier aufgrund der Eigenschaft als Bundesland die Bürger in der Stadt Bremen zwar als Bürger eines Bundeslandes ihre Stimmzettel ausfüllen können, ihnen jedoch die Abgabe von Personenstimmen für den Stadtrat bzw. die Stadt- oder Ortsteile verwehrt war, wie das in einfachen Städten, die nicht gleichzeitig ein Bundesland sind, gang und gäbe ist.
Durch die organisatorische Hilfe des Vereins "Mehr Demokratie" haben die Bremer Bürger die Wahlrechtsreform selbst durchgesetzt, indem sie eine Volksinitiative durch ihre Unterschrift unterstützt haben. Generell wollten sich die Befürworter damit für Regelungen einsetzen, durch „die Bürger endlich über wichtige Fragen selbst entscheiden können.“
Mit einem "modernes Wahlrecht“, wie es der Landesverband von „Mehr Demokratie“ bereits 2006 durch ein Volksbegehren in Bremen durchgesetzt hat, sollten Ziele erreicht werden, die in einer Broschüre erläutert wurden:
- mehr Einfluss durch die präzise Stimmabgabe für Parteien und Personen.
So kann der Wähler eine Unterstützung für eine Partei dosieren, indem er ihr ein bis fünf Stimmen gibt. Entsprechendes gilt für die Zustimmung zu einzelnen Kandidaten. Außerdem kann der Wähler sogar seine Präferenz zwischen verschiedenen Parteien aufteilen, indem er nicht alle seine Stimmen ausschließlich einer List gibt, sondern auch noch eine oder mehrere weitere Listen oder Kandidaten anderer Listen berücksichtigt. Damit dürfte das Wahlrecht den Ergebnisses etwas des Wahl-O-Maten entsprechen, wo auch häufig kein Schwarz-Weiß-Bild als Präferenz ermittelt wird, sondern mehrere Parteien den Vorstellungen eines Wählers annähernd gleichwertig entsprechen.
- mehr Bürgernähe, da die Wähler unbeliebte Kandidaten meiden und damit den Stimmenanteil der jeweiligen Partei senken können.
Vor allem durch die Personenwahl mit der Möglichkeit zum Kumulieren und Panaschieren erhalten der Wähler die Möglichkeit, das gewählte Gremium nach ihren Wünschen zusammenzustellen.
- mehr Offenheit und Kommunikation vor allem auch in den Parlamenten, weil die Mandatsträger von den Parteien weniger und von ihren Wählern stärker abhängig sind.
Durch das Instrument der Personenstimmen können die auf dieser Basis gewählten Abgeordneten eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber Parteivorständen und Fraktionszwängen erreichen, da ihre politische Karriere nicht ausschließlich von weiteren Aufstellungen auf der Parteiliste abhängt, sondern sie den Parteien ihre persönliche Stimmenzahl etwas Sicht- und Messbares präsentieren können. Damit wird deutlich, dass eine Partei nicht zuletzt aus populären Abgeordneten besteht, wenn sie erfolgreich sein will. Diese größere auch gefühlte Unabhängigkeit der Abgeordneten kann sich auch in Diskussionen in der Bürgerschaft und in den Beiräten auswirken, wenn nicht mehr fast ausschließlich nach vorher festgelegten Fraktionsabsprachen abgestimmt wird, sondern eine richtige Erörterung erfolgt, in der man die Vor- und Nachteile einer Maßnahme herausarbeitet und anschließend nach einer guten Lösung sucht.
Auf eine kurze Formel gebracht, soll also an die Stelle eines abgeschotteten Parteienstaates mit Fraktionszwängen eine stärker bürgernahe Abgeordnetendemokratie treten. Diese Postion vertrat auch 2006 die taz, als für den Kommentator Klaus Wolschner ohne diese Wahlrechtsreform die "die Parteien zu "Posten-Verteil-Stationen" verkamen, die nicht an der politischen Willensbildung der Bevölkerung mitwirkten, "sondern an der Entmündigung".
Eine Reform des alten Bremer Wahlrechtes schien also überfällig zu sein. Das sahen auch 71.365 Bürger so, die durch ihre Unterschrift das Volksbegehren "Mehr Demokratie beim Wählen" unterstützt haben. am 31. Mai 2006 circa 6 700 gültige Unterschriften an den Landeswahlleiter. Das waren deutlich mehr als die für eine Annahme erforderlichen 10 % der Wahlberechtigten oder 48.175 Unterschriften. Der Senat ließ darauf das Volksbegehren am 27. Juni 2006 zu.
Offenbar waren die Vorschläge des Vereins so überzeugend und die Stimmung in Bremen so eindeutig, dass die Bremische Bürgerschaft in ihrer Sitzung am 13. Dezember 2006 das Gesetz über „Mehr Demokratie beim Wählen – Mehr Einfluß
für Bürgerinnen und Bürger“ in der Form beschloss, die im Volksbegehren vorgeschlagen war. Das Gesetz trat dann am 29. Dezember in Kraft, wodurch ein sonst möglicher Volksentscheid unnötig wurde. (Morgenstern, S. 17)
Nachdem der Staatsgerichtshof das Wahlrecht in der geltenden Fassung für verfassungskonform ist. Die Bürgerschaft sah darauf von einer
Gesetzesänderung ab, da das Wahlgesetz inhaltlich nur geändert werden sollte, wenn es rechtlich geboten gewesen wäre. (S. 18)
Obwohl das Gesetz also bereits verabschiedet war, wurde es bei der Bürgerschafts- und Beirätewahl 2007 noch nicht angewendet, da - wie Gerüchte (kawe) besagten - die Sozialdemokraten davor Angst hatten, dass Herr Böhrnsen, den damals die Parteimitglieder als Spitzenkandidaten aufgestellt hatten, bei den Personenstimmen hinter dem beim Wähler sehr beliebten Willi Lemke liegen könnte.
Das neue Wahlrecht im Detail
Erläuterung des Mehrstimmenwahlrechts in der Broschüre "Mehr Demokratie beim Wählen
- Mehr Einfluss für Bürgerinnen und Bürger"
Kernelement waren die Einführung von jeweils fünf "Listenstimmen" und fünf "Personenstimmen". Dadurch sollten die Bürgerinnen und Bürger nicht nur eine Liste wählen können, auf der Kandidaten vorher durch die Parteien nach den Vorschriften des Parteiengesetzes festgelegt waren.
Mit fünf Stimmen (statt einer) wäre außerdem eine differenzierte Stimmabgabe möglich, es müsste nicht mehr eine Liste „ganz oder gar nicht“ gewählt werden. Vielmehr konnte man die Listenstimmen zwischen den Listen splitten, also vier Kreuze der SPD und ein Kreuz der FDP geben. Das war ganz entsprechend für die Personen möglich, wo man beispielsweise alle fünf Stimmen dem Spitzenkandidaten der SPD Herrn Böhrnsen geben konnte oder jeweils eine Stimme an die Spitzenkandidaten der fünf größten Parteien.
In der Praxis wurde aufgrund dieser Vorgaben bei der Wahl zur Bürgerschaft 2015 Wahlbereich Bremen statt eines Stimmzettels ein DIN A4-Heft mit 18 Seiten erforderlich.
Da am 10. Mai gleichzeitig mit der Bürgerschaftswahl eine Beiratswahl stattfand erhielten die Wahlberechtigten zusätzlich ein entsprechendes Stimmenheft für die Wahl der Beiratsmitglieder. Die Größe variierte hier mit der Zahl der Listen und Kandidaten im jeweiligen Beiratsbereich. So wurden beispielsweise in Blumenthal und Burglesum 11, in der Östlichen Vorstadt 12 und in Vegesack 13 Seiten benötigt.
Hamburg als zweiter Wahlrechtsreformer
Anders als in Bremen ist die Einführung eines neuen Wahlrechts nach den Kriterien des Vereins "Mehr Demokratie" in Hamburg wie eine spannende Fortsetzungsgeschichte mit überraschenden Wendungen verlaufen. An der Elbe wurde nicht ein Vorschlag, der überzeugend viele Unterschriften erhalten hatte, gleich von der Bürgerschaft zum Gesetz gemacht.
Hier begann die Diskussion eines veränderten Wahlrechts im Jahre 2001, als ein Vorläufer des jetzigen Vereins Mehr Demokratie e. V. eine erfolgreiche Volksinitiative bzw. Volkspetition zur Veränderung des Hamburger Wahlrechts. Um den Wählern mehr Einfluss auf die Zusammensetzung der Hamburgischen Bürgerschaft zu geben, wollten die Reformer sowohl Mehrmandatswahlkreise als auch eine personalisierte Verhältniswahl einführen, bei der die Wähler jeweils bis zu stimmen in ihrem Wahlkreis bzw. auf der Landesliste verteilen können sollten. Von den 121 Abgeordneten der Bürgerschaft wären dadurch 71 aus den Wahlkreisen und 50 über die Landesliste in das Parlament eingezogen.
Nachdem dieses Volksbegehren nicht von der Bürgerschaft übernommen wurde, kam es am 13. Juni 2004 in zeitlicher Verbindung mit der Wahl zum Euopaparlament zum Volksentscheid.
Bei der Abstimmung lagen den Wählern zwei Gesetzentwürfe für ein neues Wahlrecht vor: einerseits die Vorlage des Vereins unter dem Motto "Mehr Bürgerrechte - ein neues Wahlrecht für Hamburg" und andererseits der Text der Bürgerschaftsparteien "Bürgernahe Demokratie - 50 Wahlkeise für Hamburg".
Im Ergebnis stimmten 21,1 der Wahlberechtigten für den Gesetzesentwurf. Der Verein war damit gegen den Entwurf der mächtigen Parteien erfolgreich, sodass das neue Wahlrecht bereits 2004 in Kraft trat. Die Bürgerschaftsparteien scheiterten hingegen mit ihrem gemeinsamen Antrag, der nur auf 16,3 % der abgegebenen Stimmen unter allen Wahlberechtigten kam. Das war damit ein deutlicher Sieg der Demokratie von unten über die Hamburger Parteiendemokratie.
Offenbar konnten sich die Abgeordneten mit diesem Ergebnis des Wählerwillens so wenig anfreunden, dass es keine Wahl nach diesem Gesetz in Hamburrg gab Vielmehr kippte es die Hamburger CDU nach ihrem Wahlsieg mit einer Bürgeschaftmehrheit von 62 der 121 Stimmen. Damit wurde der alte Einfluss der Parteien auf die Zusammensetzung der Bürgerschaft wiederhergestellt.
Die Hamburger Wahlrechtssituation entsprach also wieder der von 2001. Daher begann der Hamburger Landesverband von Mehr Demokratie nach dieser Herausforderung durch die Parlamente und Parteisoldaten einen neuen Anlauf, um das Wahlrecht nachhaltig im Sinne einer stärkeren Bürgerbeteiligung zu reformieren.
Die erforderlichen Schritt waren in der Hamburger Landesverfassung mit ihrer Volksgesetzgebung vorgezeichnet. Daher folgte einer erneuten erfolgreichen Volksinitiative im Herbst 2008 wenige Monate später bereits Anfang 2009 ein Volksbegehren durchgeführt.
Als auch dieser Schritt erfolgreich war, kam es 2009 zu einer Einigung zwischen der Volksinitiative und den in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen. Das am 24. Juni 2009 beschlossene Gesetz sieht ein stark personalisiertes Wahlrecht wie bereits der erste Entwurf von "Mehr Demokratie", der dann 2011 erstmals in einer Bürgerschaftswahl praktisch geprüft werden konnte.
Bei der Bürgerschaftswahl bleibt es dabei, dass in den 17 Wahlkreisen jeweils entsprechend der Größe drei bis fünf Sitze von den Parteien errungen werden können. Aber die Hamburger Wähler können ihre fünf Stimmen auf den Wahlkreislisten jetzt nur noch ausschließlich an Personen und nicht wie bisher auch an Parteien zu vergeben.
Auch bei den Landeslisten haben die Wähler jetzt fünf Stimmen statt bisher eine Stimme, die sie an die von den Parteien aufgestellten Personen, aber auch an die Parteiliste selbst vergeben können.
Die Akzeptanz von "Kumulieren und Panaschieren"
Zwei Fragen machten die Bremer Wahl 2011 besonders spannend. Es ging nicht nur um die übliche Ermittlung von Wahlgewinnern und -verlierern, also die künftige Regierung im kleinsten Bundesland. Zusätzlich gab es einen großen Praxistest für das neue Wahlrecht. Hier musste sich zeigen, ob außer den engagierten Befürwortern aus dem Umfeld de Vereins "Mehr Demokratie" und den Bürgerschaftsabgeordneten, die das Wahlgesetz beschlossen hatten, auch die Wahlberechtigten etwas mit ihren erweiterten Wahlmöglichkeiten anfangen konnten.
Zwei Fragen machten die Bremer Wahl 2011 besonders spannend. Es ging nicht nur um die übliche Ermittlung von Wahlgewinnern und -verlierern, also die künftige Regierung im kleinsten Bundesland. Zusätzlich gab es einen großen Praxistest für das neue Wahlrecht. Hier musste sich zeigen, ob außer den engagierten Befürwortern aus dem Umfeld de Vereins "Mehr Demokratie" und den Bürgerschaftsabgeordneten, die das Wahlgesetz beschlossen hatten, auch die Wahlberechtigten etwas mit ihren erweiterten Wahlmöglichkeiten anfangen konnten.
Hier warteten die Beobachter vor allem auf die Beantwortung von zwei Teilfragen warten. Dabei ging es zum einen um die Akzeptanz und tatsächliche Nutzung der Optionen. Würden die Wähler weiterhin Stimmzettel so ausfüllen, wie sie es gewohnt waren, also ausschließlich eine Partei wählen und so den Rang keines Kandidaten durch eine oder mehrere Stimmen beeinflussen. Nach der vorangegangenen Information in den Medien konnte man jedoch auch mit Wahlprofis rechnen, die alle Möglichkeiten der Stimmenabgaben nutzten, um ihre Partei- und Personenpräfenzen bei ihrer Abgabe der Stimmen optimal zu nutzen. Oder könnte der Umfang des Stimmenheftes vielleicht so abschreckend wirken, dass sich ein großer Teil der Wahlberechtigten nicht diese Mühe machen wollte und auch möglicherweise Angst davor hatte, ungültig zu wählen.
Der erste Praxistest: die Bürgerschafts- und Beirätewahl 2011
Das Ergebnis fiel dann für die Initiatoren des neuen Wahlrechts durchaus ermutigend aus. Zwar hat weiterhin mehr als ein Drittel der Wählerinnen und Wähler im Land Bremen „traditionell“ gewählt, d.h. sie haben ihre Stimmen als Listenstimmen für genau eine Partei vergeben. Der größere Teil der Wähler hat jedoch die verschiedenen Möglichkeiten des neuen Wahlrechts genutzt. Etwa 41 % der abgegebenen Stimmen waren so Personenstimmen, also Stimmen, wie sie vor der Reform gar nicht vorgesehen waren, die sich kumulieren und panaschieren ließen. Man konnte sie bis zur Obergrenze von fünf Stimmen auf einen Kandidaten konzentrieren oder "häufeln", indem man Personenstimmen auf die Kandidaten mehrerer Listen verteilte.
Bei dieser Verteilung haben die Bremer Wähler ihr wertvolles Gut, also ihre Stimme, sorgfältig genutzt, denn nur etwa 1 % der Stimmen wurde nicht an Kandidaten verteilt, sodass die Ausschöpfungsquote 98,8 betrug.
Die Sitzverteilung erfolgt anschließend nach dem Verhältnis von Listen- und Personenstimmen. Dabei wird zunächst die so genannte Listenbank besetzt. Dazu zählen alle Stimmen, die auf die Liste als Ganze entfallen. Danach erfolgt die Zuteilung der Personenbank. Dabei werden die Kandidaten und Kandidatinnen, die bereits ein Mandat über die Listenwahl erhalten haben, nicht berücksichtigt.
Die Listenstimme unterstützt die von der Partei aufgestellte Listenreihenfolge. Das heißt, die Kandidaten und Kandidatinnen auf den vorderen Plätzen der Liste erhalten zuerst einen Sitz im Parlament.
Die Abgabe de Personenstimmen und ihre Verteilung auf die Kandidaten der von den Parteien zuvor aufgestellten und beschlossenen Listen führte zu einigen Überraschungen. So zeigte sich eine erhebliche Konzentration auf die Spitzenkandidaten der Parteien, wie etwa das Beispiel SPD zeigt. Hier erhielt der amtierende Bürgermeister 62 % der für seine Partei abgegebenen Personenstimmen. Da er selbst nur einmal in der Bürgerschaft vertreten sein kann, konnten von dem hohen Anteil des Listenführers auch Kandidaten profitieren, die auf der Liste relativ weit hinten gestanden haben.
Neben diesem Listenführereffekt, bei dem aus dessen immensem Stimmenanteil Kandidaten über die Personenliste gewählt werden konnten, die durch diese große Zahl von Personenstimmen aufgrund des sogenannten Bürgermeistereffektes zu einem hohen Stimmenanteil gelangten, ließen sich auch klare Kumulationseffekte erkennen. "Mehrere zukünftige Abgeordnete wurden mit Personenstimmen von weit hinten liegenden Plätzen nach vorne gewählt, so die ersten vier Mandatsgewinner von der Personenbank, die von den Listenplätzen 31, 41, 18 und 37 auf die Plätze 5, 6, 7 und 10 in der Rangfolge nach Personenstimmen gewählt wurden." (S. 15)
Die ersten Bremer Beirätewahlen nach dem neuen Wahlrecht
Das Wahlrecht hat damit die personelle Zusammensetzung der Bürgerschaft erheblich beeinflusst und verändert. Das galt jedoch nicht in gleicher Weise für die Beiräte, da hier die Chancen des neuen Wahlrechts weniger genutzt wurden.
So vergaben die Wähler mit 28,7 % deutlich weniger Personenstimmen als bei der Bürgerschaftswahl, wo es 42,5 % waren. Auch kombinierten die Wähler
seltener Listen- und Personenstimmen oder panaschierten zwischen unterschiedlichen Parteilisten. Bei den Beiratswahlen haben daher auf nur 14,4 % der gültigen Stimmzettel die Wähler Listen- und Personenstimmen kombiniert, während es bei der Bürgerschafstwahl 23,3 %.
Besonders wenig innovativ war die Stimmabgabe bei der Möglichkeit, mehrere Listen gleichzeitig ankreuzen zu können. Hier entfielen wie es im alten Wahlrecht ausschließlich möglich war, fast 64 % der Stimmen ausschließlich auf eine Liste, während bei der Wahl zur Bürgschaft nur 45,3 % der Stimmen so verteilt wurden.
Typisch für die Beiratswahl blieb so eine ausgeprägte Parteitreue, die sich in einem konsistenten Wahlverhalten niedergeschlagen hat. Das manifestierte sich darin, dass die Wähler mit drei Vierteln aller Stimmzettel für die Beiräte ausschließlich eine Partei gewählt, während es in der Bürgerschaftswahl nur 69,5 % waren.
Dabei haben sicherlich nicht ganz unerwartet vor allem Listenstimmen für dieses konsistente Wahlverhalten gesorgt, da für den Beirat 69,5 % Listenstimmen abgegeben wurden, für die Bürgschaft hingegen nur 49,9 %.
Der Anteil der ungültigen Stimmzettel bei den Beirätewahlen betrug 5 % und war damit höher als bei den Bürgerschaftswahl mit 3,1 %. Am häufigsten
(70 % der ungültigen Stimmzettel) wurden leere oder durchgestrichene Stimmzettel abgegeben, der Anteil der Stimmzettel, auf dem mehr Kreuze gemacht wurde als es zulässig war, lag hingegen unter dem der Bürgerschaftswahl.
Akzeptiert und eingeübt, aber innerhalb fester Strukturen: Die Wahl 2015
Das ist inzwischen Vergangenheit, nachdem am 10. Mai 2015 eine zweite Wahl nach dem Wahlrecht mit Personenstimmen auch in Bremen erfolgte. Jetzt muss man nicht mehr die Praktikabilität des Wahlrecht theoretisch diskutieren, sondern kann sich auf die Frage konzentrieren, ob das Wahlrecht den Erwartungen im Hinblick auf die stärkere Bürgerbeteiligung gerecht wird und ob ein Eingewöhnungs- oder Lerneffekt zu Äderungen bei der Nutzung der neuen Möglichkeiten erfolgt ist.
Anteil der Personenstimmen bei den Bürgerschaftswahlen 2011 und 2015 (in %)
Quelle:
Rösel (2011), S. 23 und Rösel (2015), S. 15
Wenn zwei Drittel der Wähler von den neuen Möglichkeiten einer variablen Stimmabgabe Gebrauch machen, muss man sicherlich von einem Erfolg sprechen. Dieses Wahlrecht kommt damit offensichtlich den Wählerwünschen entgegen, es entspricht dem Wählerwillen.
In konkreten Zahlen ausgedrückt haben am 10. Mai 34,0 % der Wählen nur Listenstimmen für eine Partei abgegeben, also so gewählt, wie es nach dem alten Wahlrecht ausschließlich möglich gewesen wäre. Das ist gegenüber 2011 nur ein kleiner Rückgang von damals 34,7 %. Bei dieser Wählergruppe ist also die alte Ausrichtung auf eine Parteiliste sehr fest verankert.
Bei den einzelnen Möglichkeiten des neuen Wahlrechts gibt es hingegen deutlichere Entwicklungen. Als besonders beliebt hat sich die Konzentration auf Personenstimmen herausgestellt, während die Mischung von Partei- und Personenstimmen an Bedeutung verloren hat. Immerhin haben diesmal 37,0 % der Wähler einen Stimmzettel ausschließlich mit Personenstimmen abgeben, während es 2011 nur 31,4 % waren. Rückläufig waren hingegen die gemischten Stimmzettel mit Partei- und Personenstimmen. Hier fiel der Anteil um 3,8 Prozentpunkte auf 19,5 %.
Die Möglichkeit einer Stimmabgabe zugunsten mehrerer Parteien nutzt weiterhin in Bremen nur eine Minderheit, die zudem bei den Wählern, die bei zwei Parteien ein Kreuz gemacht haben, noch gesunken ist. So ist es dabei geblieben, dass die mit 71,5 % große Mehrheit der Bremer Wähler ihre Stimmen auf eine Partei konzentriert, dabei allerdings in diesem Jahr deutlich häufiger als 2011 von der Möglichkeit der Personenstimmen Gebrauch gemacht hat. Hier ist der Anteil auf 28,4 %, d.h. um fast 5 Prozentpunkte gestiegen.
Auch der Einwand der Kritiker, das Wahlrecht sei zu kompliziert, unterschätzt offensichtlich die Fähigkeiten der Wähler. Zwar waren 2,9 % der Stimmzettel ungültig, aber das ist zumindest eine leichte Abnahme gegenüber den 3,1 % von 2011.
Zudem kann man diesen Anteilswert nicht unbedingt auf das Wahlrecht zurückführen; da 0,9 % auf leere oder durchgestrichene Stimmzettel entfallen, also ein für Ungültigwähler typisches Protestverhalten bedeuten. Es handelt sich dabei um Wähler, die auf diese Weise ihre generelle Unzufriedenheit mit allem ausdrücken wollen und hierfür die Abgabe einer ungültigen Stimme als ihre spezielle Ausdrucksform gefunden haben.
So bleiben als Beleg für die Wahlrechtskritik wegen ungültiger Stimmen die Wähler, die mehr als fünf Stimmen verteilt haben. Das waren gut 3.000 oder 1,5 % aller Wähler. Hier darf man sich überlegen, ob jemand, der nicht bis 5 zählen kann oder will, mit mehr Sachverstand über die Auswahl zwischen mehr als fünf Parteien entscheiden kann.
Wer nicht glaubt, ein Wahlrecht müsse vor allem dieser Gruppe eine gültige Stimmabgabe erleichtern, wird aufgrund der großen Akzeptanz durch die Mehrheit der Wähler feststellen: das neue Wahlrecht bringt mehr Mitbestimmung für die Wähler, die das auch zu nutzen wissen.
Die sozialräumlichen Aspekte des neuen Wahlrechts
Quelle: Wahlatlas
Dieses generelle Muster kann im Hinblick auf Auswirkungen des "neuen" Wahlgesetzes näher analysiert werden. Dabei interessieren zwei Fragen:
- Lässt sich die geringe Wahlbeteiligung wenigstens teilweise auf das komplizierte Wahlverfahren zurückführen, das möglicherweise bereits im Vorfeld eine abschreckende Wirkung hat. In diesem Fall müsste die Abhängigkeit zumindest von einigen Sozialindikatoren bei der Bürgerschaftswahl, die die Bewältigung eines mehrseitigen Stimmenblocks verlangt, größer sein als bei der einfachen Vergabe von zwei Stimmen in der Bundestagswahl.
- Hat sich die Wahlbeteiligung zwischen den beiden Kommunalwahlen durch einen Lerneffekt im Hinblick auf das Wahlrecht verändert. Hier müssen die Zusammenhängen zumindest mit einzelnen Sozialmerkmalen ebenfalls schwächer ausgeprägt sein.
Im Vergleich zur Bundestagswahl hat die komplexere Stimmabgabe zu keinen erkennbaren Veränderungen bei der Wahlbeteiligung geführt. Für beide Wahlen sind die Zusammenhänge hoch und das bei denselben Indikatoren. Eine schwache und gesunkene Wahlbeteiligung lässt sich also durch die Statistik nicht erklären.
Auch für einen Lerneffekt kann man keine Begründung finden, da sich in den Daten nicht der erforderliche Trend finden lässt.
Der erste Praxistest: die Bürgerschafts- und Beirätewahl 2011
Das Ergebnis fiel dann für die Initiatoren des neuen Wahlrechts durchaus ermutigend aus. Zwar hat weiterhin mehr als ein Drittel der Wählerinnen und Wähler im Land Bremen „traditionell“ gewählt, d.h. sie haben ihre Stimmen als Listenstimmen für genau eine Partei vergeben. Der größere Teil der Wähler hat jedoch die verschiedenen Möglichkeiten des neuen Wahlrechts genutzt. Etwa 41 % der abgegebenen Stimmen waren so Personenstimmen, also Stimmen, wie sie vor der Reform gar nicht vorgesehen waren, die sich kumulieren und panaschieren ließen. Man konnte sie bis zur Obergrenze von fünf Stimmen auf einen Kandidaten konzentrieren oder "häufeln", indem man Personenstimmen auf die Kandidaten mehrerer Listen verteilte.
Bei dieser Verteilung haben die Bremer Wähler ihr wertvolles Gut, also ihre Stimme, sorgfältig genutzt, denn nur etwa 1 % der Stimmen wurde nicht an Kandidaten verteilt, sodass die Ausschöpfungsquote 98,8 betrug.
Die Sitzverteilung erfolgt anschließend nach dem Verhältnis von Listen- und Personenstimmen. Dabei wird zunächst die so genannte Listenbank besetzt. Dazu zählen alle Stimmen, die auf die Liste als Ganze entfallen. Danach erfolgt die Zuteilung der Personenbank. Dabei werden die Kandidaten und Kandidatinnen, die bereits ein Mandat über die Listenwahl erhalten haben, nicht berücksichtigt.
Die Listenstimme unterstützt die von der Partei aufgestellte Listenreihenfolge. Das heißt, die Kandidaten und Kandidatinnen auf den vorderen Plätzen der Liste erhalten zuerst einen Sitz im Parlament.
Die Abgabe de Personenstimmen und ihre Verteilung auf die Kandidaten der von den Parteien zuvor aufgestellten und beschlossenen Listen führte zu einigen Überraschungen. So zeigte sich eine erhebliche Konzentration auf die Spitzenkandidaten der Parteien, wie etwa das Beispiel SPD zeigt. Hier erhielt der amtierende Bürgermeister 62 % der für seine Partei abgegebenen Personenstimmen. Da er selbst nur einmal in der Bürgerschaft vertreten sein kann, konnten von dem hohen Anteil des Listenführers auch Kandidaten profitieren, die auf der Liste relativ weit hinten gestanden haben.
Neben diesem Listenführereffekt, bei dem aus dessen immensem Stimmenanteil Kandidaten über die Personenliste gewählt werden konnten, die durch diese große Zahl von Personenstimmen aufgrund des sogenannten Bürgermeistereffektes zu einem hohen Stimmenanteil gelangten, ließen sich auch klare Kumulationseffekte erkennen. "Mehrere zukünftige Abgeordnete wurden mit Personenstimmen von weit hinten liegenden Plätzen nach vorne gewählt, so die ersten vier Mandatsgewinner von der Personenbank, die von den Listenplätzen 31, 41, 18 und 37 auf die Plätze 5, 6, 7 und 10 in der Rangfolge nach Personenstimmen gewählt wurden." (S. 15)
Die ersten Bremer Beirätewahlen nach dem neuen Wahlrecht
Das Wahlrecht hat damit die personelle Zusammensetzung der Bürgerschaft erheblich beeinflusst und verändert. Das galt jedoch nicht in gleicher Weise für die Beiräte, da hier die Chancen des neuen Wahlrechts weniger genutzt wurden.
So vergaben die Wähler mit 28,7 % deutlich weniger Personenstimmen als bei der Bürgerschaftswahl, wo es 42,5 % waren. Auch kombinierten die Wähler
seltener Listen- und Personenstimmen oder panaschierten zwischen unterschiedlichen Parteilisten. Bei den Beiratswahlen haben daher auf nur 14,4 % der gültigen Stimmzettel die Wähler Listen- und Personenstimmen kombiniert, während es bei der Bürgerschafstwahl 23,3 %.
Besonders wenig innovativ war die Stimmabgabe bei der Möglichkeit, mehrere Listen gleichzeitig ankreuzen zu können. Hier entfielen wie es im alten Wahlrecht ausschließlich möglich war, fast 64 % der Stimmen ausschließlich auf eine Liste, während bei der Wahl zur Bürgschaft nur 45,3 % der Stimmen so verteilt wurden.
Typisch für die Beiratswahl blieb so eine ausgeprägte Parteitreue, die sich in einem konsistenten Wahlverhalten niedergeschlagen hat. Das manifestierte sich darin, dass die Wähler mit drei Vierteln aller Stimmzettel für die Beiräte ausschließlich eine Partei gewählt, während es in der Bürgerschaftswahl nur 69,5 % waren.
Dabei haben sicherlich nicht ganz unerwartet vor allem Listenstimmen für dieses konsistente Wahlverhalten gesorgt, da für den Beirat 69,5 % Listenstimmen abgegeben wurden, für die Bürgschaft hingegen nur 49,9 %.
Der Anteil der ungültigen Stimmzettel bei den Beirätewahlen betrug 5 % und war damit höher als bei den Bürgerschaftswahl mit 3,1 %. Am häufigsten
(70 % der ungültigen Stimmzettel) wurden leere oder durchgestrichene Stimmzettel abgegeben, der Anteil der Stimmzettel, auf dem mehr Kreuze gemacht wurde als es zulässig war, lag hingegen unter dem der Bürgerschaftswahl.
Akzeptiert und eingeübt, aber innerhalb fester Strukturen: Die Wahl 2015
Das ist inzwischen Vergangenheit, nachdem am 10. Mai 2015 eine zweite Wahl nach dem Wahlrecht mit Personenstimmen auch in Bremen erfolgte. Jetzt muss man nicht mehr die Praktikabilität des Wahlrecht theoretisch diskutieren, sondern kann sich auf die Frage konzentrieren, ob das Wahlrecht den Erwartungen im Hinblick auf die stärkere Bürgerbeteiligung gerecht wird und ob ein Eingewöhnungs- oder Lerneffekt zu Äderungen bei der Nutzung der neuen Möglichkeiten erfolgt ist.
Anteil der Personenstimmen bei den Bürgerschaftswahlen 2011 und 2015 (in %)
Partei |
Stimmen
insgesamt
2015
|
Anteil
der Personenstimmen 2015
|
Anteil
der Perso-nenstimmen 2011
|
SPD |
383
509
|
54,5
|
49,5
|
CDU |
261
929
|
46,1
|
41,1
|
Grüne |
176
807
|
46,7
|
34,3
|
Linke |
111
485
|
33,3
|
29,5
|
BiW |
37
759
|
48,3
|
28,1
|
FDP |
76
754
|
45,4
|
37,7
|
Piraten |
17
773
|
23,6
|
15,5
|
NPD |
2170
|
30,6
|
15,8
|
AfD |
64368
|
22,9
|
-
|
PARTEI |
21888
|
31
|
-
|
Tierschutzpartei |
13910
|
13,8
|
-
|
Land Bremen |
1168352
|
45,4
|
40,7
|
Wenn zwei Drittel der Wähler von den neuen Möglichkeiten einer variablen Stimmabgabe Gebrauch machen, muss man sicherlich von einem Erfolg sprechen. Dieses Wahlrecht kommt damit offensichtlich den Wählerwünschen entgegen, es entspricht dem Wählerwillen.
In konkreten Zahlen ausgedrückt haben am 10. Mai 34,0 % der Wählen nur Listenstimmen für eine Partei abgegeben, also so gewählt, wie es nach dem alten Wahlrecht ausschließlich möglich gewesen wäre. Das ist gegenüber 2011 nur ein kleiner Rückgang von damals 34,7 %. Bei dieser Wählergruppe ist also die alte Ausrichtung auf eine Parteiliste sehr fest verankert.
Bei den einzelnen Möglichkeiten des neuen Wahlrechts gibt es hingegen deutlichere Entwicklungen. Als besonders beliebt hat sich die Konzentration auf Personenstimmen herausgestellt, während die Mischung von Partei- und Personenstimmen an Bedeutung verloren hat. Immerhin haben diesmal 37,0 % der Wähler einen Stimmzettel ausschließlich mit Personenstimmen abgeben, während es 2011 nur 31,4 % waren. Rückläufig waren hingegen die gemischten Stimmzettel mit Partei- und Personenstimmen. Hier fiel der Anteil um 3,8 Prozentpunkte auf 19,5 %.
Die Möglichkeit einer Stimmabgabe zugunsten mehrerer Parteien nutzt weiterhin in Bremen nur eine Minderheit, die zudem bei den Wählern, die bei zwei Parteien ein Kreuz gemacht haben, noch gesunken ist. So ist es dabei geblieben, dass die mit 71,5 % große Mehrheit der Bremer Wähler ihre Stimmen auf eine Partei konzentriert, dabei allerdings in diesem Jahr deutlich häufiger als 2011 von der Möglichkeit der Personenstimmen Gebrauch gemacht hat. Hier ist der Anteil auf 28,4 %, d.h. um fast 5 Prozentpunkte gestiegen.
Auch der Einwand der Kritiker, das Wahlrecht sei zu kompliziert, unterschätzt offensichtlich die Fähigkeiten der Wähler. Zwar waren 2,9 % der Stimmzettel ungültig, aber das ist zumindest eine leichte Abnahme gegenüber den 3,1 % von 2011.
Zudem kann man diesen Anteilswert nicht unbedingt auf das Wahlrecht zurückführen; da 0,9 % auf leere oder durchgestrichene Stimmzettel entfallen, also ein für Ungültigwähler typisches Protestverhalten bedeuten. Es handelt sich dabei um Wähler, die auf diese Weise ihre generelle Unzufriedenheit mit allem ausdrücken wollen und hierfür die Abgabe einer ungültigen Stimme als ihre spezielle Ausdrucksform gefunden haben.
So bleiben als Beleg für die Wahlrechtskritik wegen ungültiger Stimmen die Wähler, die mehr als fünf Stimmen verteilt haben. Das waren gut 3.000 oder 1,5 % aller Wähler. Hier darf man sich überlegen, ob jemand, der nicht bis 5 zählen kann oder will, mit mehr Sachverstand über die Auswahl zwischen mehr als fünf Parteien entscheiden kann.
Wer nicht glaubt, ein Wahlrecht müsse vor allem dieser Gruppe eine gültige Stimmabgabe erleichtern, wird aufgrund der großen Akzeptanz durch die Mehrheit der Wähler feststellen: das neue Wahlrecht bringt mehr Mitbestimmung für die Wähler, die das auch zu nutzen wissen.
Die sozialräumlichen Aspekte des neuen Wahlrechts
Einige Hintergründe der Formalien des Wahlverhaltens, also der Beteiligung und der Abgabe ungültige Stimmen lassen sich in einer sozialräumlichen Analyse herausarbeiten. Diese Möglichkeit, die die Bremer Wahlatlanten bieten, soll hier genutzt werden.
Ökologische Korrelationen zwischen der Wahlbeteiligung bei den Bürgerschaftswahlen 2015 und 2011 sowie der Bundestagswahl 2013 und Strukturindikatoren
Ökologische Korrelationen zwischen der Wahlbeteiligung bei den Bürgerschaftswahlen 2015 und 2011 sowie der Bundestagswahl 2013 und Strukturindikatoren
Strukturindikator |
Wahlbeteili-
gung
2015
|
Wahlbeteili-
gung
2011
|
Wahlbeteiligung
Bundestagswahl 2013
|
Unter 18 |
-0,29
|
-0,23
|
-0,34
|
18-65 |
0,11
|
0,11
|
0,14
|
Über 65 |
0,03
|
0,00
|
0,03
|
Wohndauer |
0,09
|
0,06
|
0,16
|
Anteil Migranten |
-0,85
|
-0,82
|
-0,86
|
Mobilitätsquote |
0,04
|
0,00
|
0,02
|
Einpersonenhaushalte |
-0,01
|
-0,03
|
0,01
|
Haushalte mit Kindern |
-0,16
|
-0,11
|
-0,16
|
Gymnasiastenanteil |
0,72
|
0,74
|
0,77
|
Arbeitslosenziffer |
-0,82
|
-0,82
|
-0,85
|
Hartz IV-Empfänger (Anteil) |
-0,90
|
-0,87
|
-0,93
|
Jahreseinkommen (2007) |
0,84
|
0,83
|
0,84
|
Einfamilienhäuser |
0,22
|
0,21
|
0,22
|
Wohnungsgröße |
0,57
|
0,56
|
0,57
|
In Bremen wie auch in anderen deutschen Großstädten besteht ein enger Zusammenhang zwischen sozial benachteiligten Vierteln und der Höhe der Wahlbeteiligung. In den Ortsteilen, in denen überdurchschnittlich viele Hartz IV-Empfänger, Arbeitslose, Migranten und Angehörige der unteren Einkommensgruppen leben, gehen nur wenige zu Wahl.
Dieses generelle Muster kann im Hinblick auf Auswirkungen des "neuen" Wahlgesetzes näher analysiert werden. Dabei interessieren zwei Fragen:
- Lässt sich die geringe Wahlbeteiligung wenigstens teilweise auf das komplizierte Wahlverfahren zurückführen, das möglicherweise bereits im Vorfeld eine abschreckende Wirkung hat. In diesem Fall müsste die Abhängigkeit zumindest von einigen Sozialindikatoren bei der Bürgerschaftswahl, die die Bewältigung eines mehrseitigen Stimmenblocks verlangt, größer sein als bei der einfachen Vergabe von zwei Stimmen in der Bundestagswahl.
- Hat sich die Wahlbeteiligung zwischen den beiden Kommunalwahlen durch einen Lerneffekt im Hinblick auf das Wahlrecht verändert. Hier müssen die Zusammenhängen zumindest mit einzelnen Sozialmerkmalen ebenfalls schwächer ausgeprägt sein.
Auch für einen Lerneffekt kann man keine Begründung finden, da sich in den Daten nicht der erforderliche Trend finden lässt.
Ökologische Korrelationen zwischen dem Anteil der ungültigen Stimmen bei den Bürgerschaftswahlen 2015 und 2011 sowie Strukturindikatoren
Quelle: Wahlatlas
Bei der Verteilung der ungültigen Stimmen auf die Sozialräume mit ihren abweichenden Werten für die Sozialindikatoren ist es während der letzten vier Jahre zu einer ungewöhnlichen Entwicklung gekommen. Während 2011 vor allem in Vierteln mit niedrigen Durchschnittseinkommen viele ungültige Stimmen abgegeben wurden (r= -0,70), besteht jetzt ein besonders enger Zusammenhang zur Wohndauer (r = 0,70). Hinter diesem Wert kann man als Erklärungsfaktor das Alter vermuten, da auch mit dem Anteilen der über 65-jährigen eine hohe positive Korrelation besteht (r= 0,49).
Leicht abgeschwächt haben daneben allerdings die Indikatoren für soziale Benachteiligungen und einen niedrigen sozialen Status von Wohngebieten ihre Bedeutung behalten.
Ökologische Korrelationen zwischen der Höhe de Wahlbeteiligung, dem Anteil ungültiger Stimmen und den Anteilen der Parteien in der Bürgerschaftswahl 2015
Quelle: Wahlatlas
Da die Parteien in den verschiedenen Sozialräumen unterschiedlich stark sind, haben die Abhängigkeit der Wahlbeteiligung und des Anteils der ungültigen Stimmen durchaus Implikationen für die Parteien.
Allerdings darf man dabei keine leichte technische Lösung erwarten, indem etwa eine Partei, die in WiN-Gebieten ihre Hochburgen besitzt, durch Wahlwerbung die Beteiligung anheben und durch eine Aufklärung über das Wahlverfahren die Abgabe ungültiger Stimmen reduzieren kann. Das scheinen zwar logischerweise ergebnisorientierte Wahlkampfstrategien für Parteien wie die SPD, die AfD und die BiW zu sein, die in ganz ähnlicher Weise betroffenen sind. Nur waren die Versuche bei der Wahlbeteiligung, die bisher unternommen wurden, kaum erfolgversprechend.
Die Hamburger Erfahrungen
Da es ein Wahlverfahren mit Personenstimmen wie bereits dargestellt nicht nur in Bremen, sondern auch in ganz ähnlicher Form in Hamburg gibt, lassen sich für die aktuelle Diskussion die Hamburger Erfahrungen nutzen. Das kann sogar helfen, mögliche Effekte aus der spezifischen Bremer Politik und den geringen Modifikationen des Wahlrechts bei der Beurteilung zu berücksichtigen.
Indikatoren für das Wahlverhalten bei den Bürgerschaftswahlen 2015 in Hamburg und Bremen im Vergleich (Anteilswerte jeweils in %)
Strukturindikator |
Ungültige
Stimmen 2015
|
Ungültige
Stimmen 2011
|
Unter 18 |
0,34
|
0,26
|
18-65 |
-0,58
|
-0,51
|
Über 65 |
0,49
|
0,45
|
Wohndauer |
0,61
|
0,46
|
Anteil Migranten |
0,33
|
-0,52
|
Mobilitätsquote |
-0,50
|
-0,34
|
Einpersonenhaushalte |
-0,38
|
-0,26
|
Haushalte mit Kindern |
0,32
|
0,20
|
Gymnasiastenanteil |
-0,51
|
-0,56
|
Arbeitslosenziffer |
0,40
|
0,55
|
Hartz IV-Empfänger (Anteil) |
0,46
|
0,61
|
Jahreseinkommen (2007) |
-0,57
|
-0,70
|
Einfamilienhäuser |
0,32
|
0,20
|
Wohnungsgröße |
-0,04
|
-0,21
|
Bei der Verteilung der ungültigen Stimmen auf die Sozialräume mit ihren abweichenden Werten für die Sozialindikatoren ist es während der letzten vier Jahre zu einer ungewöhnlichen Entwicklung gekommen. Während 2011 vor allem in Vierteln mit niedrigen Durchschnittseinkommen viele ungültige Stimmen abgegeben wurden (r= -0,70), besteht jetzt ein besonders enger Zusammenhang zur Wohndauer (r = 0,70). Hinter diesem Wert kann man als Erklärungsfaktor das Alter vermuten, da auch mit dem Anteilen der über 65-jährigen eine hohe positive Korrelation besteht (r= 0,49).
Leicht abgeschwächt haben daneben allerdings die Indikatoren für soziale Benachteiligungen und einen niedrigen sozialen Status von Wohngebieten ihre Bedeutung behalten.
Ökologische Korrelationen zwischen der Höhe de Wahlbeteiligung, dem Anteil ungültiger Stimmen und den Anteilen der Parteien in der Bürgerschaftswahl 2015
Partei |
Wahlbeteiligung
|
Ungültige
Stimmen
|
SPD |
-0,81
|
0,62
|
Grüne |
0,50
|
-0,65
|
CDU |
0,37
|
0,01
|
Linke |
-0,07
|
-0,20
|
BiW |
-0,36
|
0,51
|
FDP |
0,54
|
-0,35
|
Piraten |
-0,22
|
-0,33
|
AfD |
-0,56
|
0,55
|
PARTEI |
0,17
|
-0,42
|
Tierschutzpartei
|
-0,40
|
0,31
|
Da die Parteien in den verschiedenen Sozialräumen unterschiedlich stark sind, haben die Abhängigkeit der Wahlbeteiligung und des Anteils der ungültigen Stimmen durchaus Implikationen für die Parteien.
Allerdings darf man dabei keine leichte technische Lösung erwarten, indem etwa eine Partei, die in WiN-Gebieten ihre Hochburgen besitzt, durch Wahlwerbung die Beteiligung anheben und durch eine Aufklärung über das Wahlverfahren die Abgabe ungültiger Stimmen reduzieren kann. Das scheinen zwar logischerweise ergebnisorientierte Wahlkampfstrategien für Parteien wie die SPD, die AfD und die BiW zu sein, die in ganz ähnlicher Weise betroffenen sind. Nur waren die Versuche bei der Wahlbeteiligung, die bisher unternommen wurden, kaum erfolgversprechend.
Die Hamburger Erfahrungen
Da es ein Wahlverfahren mit Personenstimmen wie bereits dargestellt nicht nur in Bremen, sondern auch in ganz ähnlicher Form in Hamburg gibt, lassen sich für die aktuelle Diskussion die Hamburger Erfahrungen nutzen. Das kann sogar helfen, mögliche Effekte aus der spezifischen Bremer Politik und den geringen Modifikationen des Wahlrechts bei der Beurteilung zu berücksichtigen.
Indikatoren für das Wahlverhalten bei den Bürgerschaftswahlen 2015 in Hamburg und Bremen im Vergleich (Anteilswerte jeweils in %)
Merkmal |
Hamburg
2015
|
Bremen
2015
|
Wahlbeteiligung |
56,9
|
52,1
|
Anteil der Personenstimmen: |
47,0
|
46,5
|
SPD |
57,8
|
54,5
|
CDU |
44,5
|
46,1
|
Grüne |
35,7
|
46,7
|
FDP |
43,8
|
45,4
|
Linke |
37,8
|
33,3
|
AfD |
27,7
|
22,9
|
Piraten |
23,6
|
|
Tierschutzpartei |
13,8
|
|
Insgesamt |
45,4
|
|
Ungültige Stimmzettel |
3,0
|
3,3
|
Quellen:
Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein (Hg.),
Statistik informiert ... Nr. 18/2015 17. Februar 2015 Schlaglichter
Wahlanalyse zur Bürgerschaftswahl 2015
Wenn man keine Nabelschau treiben will, können die Bremer von den Erfahrungen der Hamburger mit dem Wahlrecht profitieren, das ebenfalls vom Verein "Mehr Demokratie" initiiert wurde und dem in Bremen sehr ähnlich ist.
Wie in Bremen machen auch die Hamburger Wähler von den Möglichkeiten ihres Wahlrechtes in erheblichem Umfang Gebrauch. Das gilt für Nutzung der jetzt möglichen Personenstimmen, worauf konstant 47 % entfallen. Diese Beharrungstendenz gilt nicht nur für die Aufteilung von Listen- und Personenorientierungen, sondern sogar für die verschiedenen Parteien. Hier findetet man deutliche parteitypische Muster. Dabei lag ganz wie 2011 auch 2015 die SPD bei den Personenstimmen mit 57,8 % vorn. CDU und FDP folgten mit 44,5 % bzw. 43,8 %, während die Grünen und die Linken vor allem als Parteien gewählt wurden. Bein ihnen blieben die Personenstimmen mit 35,7 % bzw. 37,8 % von geringerem Gewicht als die Listenstimmen. Das galt noch deutlicher für die AfD, bei der die Personenstimmen 27,7 % ausmachten.
Die faktische Verteilung der Personenstimmen in der Bürgerschaftswahl
Die SPD stellt sich 2011 und 2015 sowohl in Hamburg als auch in Bremen als Partei von Wählern heraus, die gern Personenstimmen abgeben und davon auch im Rahmen des neuen Wahlgesetzes regen Gebrauch machen. Dem stehen vor allem kleinere Parteien wie die Piraten, die AfD, und die Tierschutzpartei gegenüber, deren Wähler mit dem meist engen Angebot an Kandidaten nur wenig anfangen können und wie in alten Zeiten für eine Parteiliste stimmen.
Anteil der Personenstimmen bei den Bürgerschaftswahen 2011 und 2015 in Bremen (in %)
Partei |
Stimmen
insgesamt
2015
|
Anteil
der Personen-stimmen 2015
|
Anteil
der Perso-nenstimmen 2011
|
SPD |
383.509
|
54,5
|
49,5
|
CDU |
261.929
|
46,1
|
41,1
|
Grüne |
176.807
|
46,7
|
34,3
|
Linke |
111.485
|
33,3
|
29,5
|
BiW |
37.759
|
48,3
|
28,1
|
FDP |
76.754
|
45,4
|
37,7
|
Piraten |
17.773
|
23,6
|
15,5
|
NPD |
2.170
|
30,6
|
15,8
|
AfD |
64.368
|
22,9
|
-
|
PARTEI |
21.888
|
31,0
|
-
|
Tierschutzpartei |
13.910
|
13,8
|
-
|
Land Bremen |
1.168.352
|
45,4
|
40,7
|
Quelle:
Rösel (2011), S. 23 und Rösel (2015), S. 15
Diese Verteilung der Personen- und Listenstimmen auf die Parteien läuft parallel zum Alter der Wähler, wie man ebenfalls aus der repräsentativen Wahlstatistik erfährt. Danach werden, wie es in der folgenden Tabelle zusammengestellt ist, mit zunehmendem Alter vermehrt Personenstimmen abgegeben. Gleichzeitig bekommen CDU und SPD relativ viele Stimmen von älteren Wählern, sodass man hier einen wechselseitigen Zusammenhang erkennen kann.
Anteil der Personenstimmen bei Männern und Frauen in der Bremer Bürgerschaftswahl 2015 (in %)
Quelle: Habig, S. 42
Altersgruppe
|
Männer
2015
|
Frauen
2015
|
16-25
|
30,9
|
36,1
|
25 -
35
|
34,6
|
37,1
|
35 -
45
|
39,4
|
43,1
|
45 -
60
|
44,3
|
49,6
|
60 -
70
|
49,7
|
57,5
|
70 und
mehr
|
51,9
|
59,8
|
Insgesamt
|
43,7
|
49,1
|
Bei der Wählern mit Personenstimmen sind damit die Frauen deutlich überepräsentiert, weil aus demografischen Gründen mehr Frauen wahlberechtigt sind, sie ihr Wahlrecht stärker ausnutzen und zudem häufiger Personenstimmen abgeben. Wenn also durch Personenstimmen überproportional Männer gewählt werden, resultiert das aus dem Wählerwillen von Frauen.
Die Bremer Wähler und ihr Verhältnis zum neuen Wahlrecht
Diese zahlreichen Detaildaten lasen sich mit ganz wenigen Indikatorwerten zusammenfassen, wenn man die Akzeptanz de Wahlrechts in den Mittelpunkt stellt. Aus den Werten zur Stimmabgabe in der folgenden Tabelle werden sowohl die Stärken also auch Schwächen bei der Wirkungen der Regelungen erkennbar.
Inzwischen nutzen zwei Drittel der Wähler die Möglichkeiten der jetzt zulässigen Wahlmöglichkeiten, wobei der Rückgang der Stimmzettel, auf denen nur eine Liste gewählt, jedoch keine Personenstimmen vergeben wurden, nur ganz leicht rückläufig war. Bremen kennt damit einen "traditionellen Wählertyp", der sein Wahlverhalten recht beharrlich beibehält.
Einen deutlichen Zuwachs gab es bei den Wählern, die bei den Personenstimmen auf einer Liste ihre Stimmen kumuliert haben. Zu diesen "Kumulierern", die 2015 ihren Anteil gegenüber 2011 um knapp 5 Prozentpunkte gesteigert haben, zählen inzwischen knapp 30 % der Wähler.
Die Wähler, die als "Panaschierer" noch freier mit ihren Stimmen umgehen, sind in Bremen zwar keine Rarität, denn immerhin gehört jeder fünfte Wähler zu ihnen, das allerdings bei rückläufiger Tendenz.
Die Kritik eines Politologen und der mit ihm befreundeten Senatsparteien
Analyse von Prof. Dr. Probst und Dr. Schröder zum Bremer Wahlrecht
Das einmütige Bürgerschaftsvotum für das Mehrstimmenwahlrecht scheint jetzt zumindest bei zahlreichen führenden Sozialdemokraten und Linken sowie befreundeten Politikwissenschaftlern vergessen zu sein. Zwar konnte das neue Wahlrecht nicht wie ein Zaubertrank alle Gebrechen der Bremer Demokratie an zwei Wahltagen heilen, also die niedrige Wahlbeteiligung, den hohen Anteil ungültiger Stimmen und die generelle Parteien- und Politikerverdrossenheit abbauen.
Eine Schwierigkeit bei der Zuteilung von Mandaten auf de erhaltenen Stimmen sind Mandatsverschiebungen zugunsten oder zulasten einzelner Parteien, wobei es sogar zu einem negativen Stimmengewicht kommen kann. Dieses Zurechnungsproblem wird üblicherweise als Paradox bezeichnet.
Diese seltenen Fehler sind nicht nur ungerecht, sondern haben seit 2012 in Deutschland eine entscheidende Bedeutung. Danach liegt ein
Stimmgewicht vor, "wenn die Sitzzahl einer Partei erwartungswidrig mit der auf diese oder eine konkurrierende Partei entfallenden Stimmenzahl korreliert."
Am 3. Juli 2008 verkündete der zweite Senat sein Urtei, nach dem das „negative Stimmgewicht“ "nicht mit dem Grundsatz der Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl vereinbar" ist. Damit erklärte das Bundesverfassungsgericht erstmals in einem Wahlprüfungsverfahren eine Regelung des Bundeswahlgesetzes für verfassungswidrig, so dass eine Notwendigkeit zur gesetzlichen Neuregelung entstand.
Das Personenstimmenparadox erzeugt damit aus Sicht der Wahlberechtigten ein negatives Stimmengewicht, weil sich eine abgegebene Stimme gerade entgegengesetzt zum damit verfolgten Ziel aus. Die beiden Politologen der Bremer Universität halten daher die Regelung der Stimmenzuteilung beim Bremer Wahlrecht aufgrund der letzten Gerichtsentscheidungen für möglicherweise "verfassungswidrig".
Listen- und Personenstimmen bei der Bürgerschaftswahl 2015 in der Stadt Bremen (in %)
Quelle: Bremen 2015, S. 16
Stimmenabgabe |
Anteil
2015
|
Veränderung
gegenüber 2011
|
Traditioneller Typ | ||
Nur eine Liste, keine Personenstimmen |
34,0
|
-0,7
|
Kumulierer | ||
Nur eine Liste, aber Personenstimmen |
28,4
|
4,6
|
Panaschierer | ||
Listen- und Personenstimmen für verschiedene Parteien |
19,5
|
-3,8
|
Einen deutlichen Zuwachs gab es bei den Wählern, die bei den Personenstimmen auf einer Liste ihre Stimmen kumuliert haben. Zu diesen "Kumulierern", die 2015 ihren Anteil gegenüber 2011 um knapp 5 Prozentpunkte gesteigert haben, zählen inzwischen knapp 30 % der Wähler.
Die Wähler, die als "Panaschierer" noch freier mit ihren Stimmen umgehen, sind in Bremen zwar keine Rarität, denn immerhin gehört jeder fünfte Wähler zu ihnen, das allerdings bei rückläufiger Tendenz.
Die Kritik eines Politologen und der mit ihm befreundeten Senatsparteien
Analyse von Prof. Dr. Probst und Dr. Schröder zum Bremer Wahlrecht
Das einmütige Bürgerschaftsvotum für das Mehrstimmenwahlrecht scheint jetzt zumindest bei zahlreichen führenden Sozialdemokraten und Linken sowie befreundeten Politikwissenschaftlern vergessen zu sein. Zwar konnte das neue Wahlrecht nicht wie ein Zaubertrank alle Gebrechen der Bremer Demokratie an zwei Wahltagen heilen, also die niedrige Wahlbeteiligung, den hohen Anteil ungültiger Stimmen und die generelle Parteien- und Politikerverdrossenheit abbauen.
Es kann also durchaus jetzt eine Zeit sein, um die Schwächen des Wahlgesetzes kritisch zu prüfen und im Hinblick auf das angestrebte Ziel weiterzuentwickeln, also mehr Mitentscheidung der Bürger im Vergleich zu den wenigen Parteimitgliedern und den Einflüssen von noch weniger Funktionsträgern, die hinter verschlossenen Türen erfolgen.
Diesen Weg wollen jedoch der bekannte Bremer Politologe und seine Partei nicht gehen. Ihr Ziel besteht offenbar darin, über das Wahlrecht die Macht der Parteiapparate zu konservieren.
Aber ist es aufgrund zu hoher Erwartungen gerechtfertigt, wenn Lothar Probst jetzt im Titel einer wissenschaftlichen Analyse fragt, ob das Wahlrecht "intransparent, paradox und möglicherweise verfassungswidrig" sei und die Änderungen der Kandidatenreihenfolge auf den Parteilisten durch die Personenwahl ausschließlich negativ sieht. Wer hier von einer „zerschossener Verteilung“ spricht, kann von einer Beteiligung der Wähler an einer Wahl nicht viel halten, da ihm schließlich die wissenschaftliche Ethik Wertfreiheit gebietet. Trotzdem kann und will er offenbar nicht verschwiegen, wenn er sein Ideal ausgeklüngelten Parteilisten findet, die in der Regel nur bestehende Seilschaften innerhalb der Parteien zementieren, zumal wenn keine Kontrolle durch eine Personenwahl droht.
Diesen Weg wollen jedoch der bekannte Bremer Politologe und seine Partei nicht gehen. Ihr Ziel besteht offenbar darin, über das Wahlrecht die Macht der Parteiapparate zu konservieren.
Aber ist es aufgrund zu hoher Erwartungen gerechtfertigt, wenn Lothar Probst jetzt im Titel einer wissenschaftlichen Analyse fragt, ob das Wahlrecht "intransparent, paradox und möglicherweise verfassungswidrig" sei und die Änderungen der Kandidatenreihenfolge auf den Parteilisten durch die Personenwahl ausschließlich negativ sieht. Wer hier von einer „zerschossener Verteilung“ spricht, kann von einer Beteiligung der Wähler an einer Wahl nicht viel halten, da ihm schließlich die wissenschaftliche Ethik Wertfreiheit gebietet. Trotzdem kann und will er offenbar nicht verschwiegen, wenn er sein Ideal ausgeklüngelten Parteilisten findet, die in der Regel nur bestehende Seilschaften innerhalb der Parteien zementieren, zumal wenn keine Kontrolle durch eine Personenwahl droht.
Der Bremer Politologe, der über gute Kontakte zu den rot-grünen Koalitionsparteien verfügt, hat in einer "Analyse aus wissenschaftlicher Perspektive" sie Kritik am neunen Wahlrecht fortgeführt. Nachdem er schon vor der Wahl mit einem Artikel für die den Grünen nahestehenden Heinrich-Böll-Stiftung Kritik am aktuellen Bremer Wahlrecht geäußert hatte, folgte kurz nach der Darin wurde in dieser per zweiter Überschrift als
Das PersonenstimmenparadoxEine Schwierigkeit bei der Zuteilung von Mandaten auf de erhaltenen Stimmen sind Mandatsverschiebungen zugunsten oder zulasten einzelner Parteien, wobei es sogar zu einem negativen Stimmengewicht kommen kann. Dieses Zurechnungsproblem wird üblicherweise als Paradox bezeichnet.
Diese seltenen Fehler sind nicht nur ungerecht, sondern haben seit 2012 in Deutschland eine entscheidende Bedeutung. Danach liegt ein
Stimmgewicht vor, "wenn die Sitzzahl einer Partei erwartungswidrig mit der auf diese oder eine konkurrierende Partei entfallenden Stimmenzahl korreliert."
Am 3. Juli 2008 verkündete der zweite Senat sein Urtei, nach dem das „negative Stimmgewicht“ "nicht mit dem Grundsatz der Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl vereinbar" ist. Damit erklärte das Bundesverfassungsgericht erstmals in einem Wahlprüfungsverfahren eine Regelung des Bundeswahlgesetzes für verfassungswidrig, so dass eine Notwendigkeit zur gesetzlichen Neuregelung entstand.
Zu dieser Problematik gab es uf Bundesebene ein Bremer Beispiel. Bei der Bundestagswahl 2002 ging der SPD das Mandat der Listenkandidatin Cornelia Wiemeyer verloren, weil die Brandenburger Parteifreunde 50.000 zu viele Zweitstimmen erhalten hatten.
Da die Stimmenzuteilung zwischen Mengen, dabei auch zusätzliche Mengen wie Bundesländer und Parteien berücksichtigt werden, immer Fehler auftreten, muss man entscheiden, "welchen Fehler man hinzunehmen bereit ist und welchen nicht".
Probst/ Schröder haben jetzt in Bremen ein so genanntes Personenstimmenparadox herausgestellt, von dem Thomas vom Bruch (CDU). betroffen war. Durch seine Personenstimmen wurde ein Personenmandat erzeugt, das für die CDU sonst als Listenmandat angefallen wäre. Das entfallene Listenmandat hätte vom Bruch einen Sitz in der Bremer Bürgerschaft gesichert. Um das Personenmandat zu erhalten, genügten seine Personenstimmen aber wiederum nicht. Vom Bruch hätte also ein Mandat gewonnen, wenn entweder weniger oder mehr Personenstimmen auf ihn entfallen wären. Er rutsche aber nun in eine Lücke zwischen den Listen- und Personenmandaten, weil nicht genug und gleichzeitig zu viele Wählerinnen und Wähler für ihn Personenstimmen abgaben.
Probst/ Schröder haben jetzt in Bremen ein so genanntes Personenstimmenparadox herausgestellt, von dem Thomas vom Bruch (CDU). betroffen war. Durch seine Personenstimmen wurde ein Personenmandat erzeugt, das für die CDU sonst als Listenmandat angefallen wäre. Das entfallene Listenmandat hätte vom Bruch einen Sitz in der Bremer Bürgerschaft gesichert. Um das Personenmandat zu erhalten, genügten seine Personenstimmen aber wiederum nicht. Vom Bruch hätte also ein Mandat gewonnen, wenn entweder weniger oder mehr Personenstimmen auf ihn entfallen wären. Er rutsche aber nun in eine Lücke zwischen den Listen- und Personenmandaten, weil nicht genug und gleichzeitig zu viele Wählerinnen und Wähler für ihn Personenstimmen abgaben.
Das Personenstimmenparadox erzeugt damit aus Sicht der Wahlberechtigten ein negatives Stimmengewicht, weil sich eine abgegebene Stimme gerade entgegengesetzt zum damit verfolgten Ziel aus. Die beiden Politologen der Bremer Universität halten daher die Regelung der Stimmenzuteilung beim Bremer Wahlrecht aufgrund der letzten Gerichtsentscheidungen für möglicherweise "verfassungswidrig".
"De Gender-Effekt" und "Bürgermeisterstimmeneffekt"
Neben diesem Paradoxon, das in einigen wenigen Einzelfällen auftreten kann, haben die Bremer Statistiker bei ihren Auswertungen zwei Effekte entdeckt, die eine nachweisbare Wirkung auf die Zusammensetzung der Bürgerschaft haben. Dabei muss man allerdings von der Annahme ausgehen, dass die Zusammensetzung, die das alte Wahlrecht und die Vorgaben der Parteien über ihre Listen eine "richtige" Verteilung ergeben hätten, während eine Abweichung kritisch gesehen wird. Die Statistiker sprechen in diesem Zusammenhang von einem „De-Gender-Effekt“.
Dieser besteht darin, dass im Ergebnis der Personenwahl überwiegend Männer gewählt und damit die Bemühungen um die Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen den Geschlechtern im Parlament konterkariert werden.
Dies lässt sich besonders am Beispiel der stadtbremischen SPD belegen. Obwohl die von ihr aufgestellte Bewerberliste sich durch eine konsequente Durchquotierung auszeichnet, wird ihre Fraktion wahrscheinlich aus
17 Männern und 7 Frauen bestehen. Dieser Effekt kommt auch bei den Grünen zum Tragen.
Trotz der konsequenten Quotierung der vorderen 41 Plätze ihrer stadtbremischen Liste wurden 7 Männer und 5 Frauen in das Parlament gewählt. Lediglich bei der Linken als dritter Partei mit quotierter Liste trat der Effekt nicht auf. Das Verhältnis der gewählten Bewerber beträgt bei ihnen 3 (Männer) zu 4 (Frauen).
Dieser Effekt wurde in der Stadt Bremen durch den hier sehr ausgeprägten Bügermeisterstimmeneffekt verstärkt, da die großen Personenstimmenpakete, die auf die Spitzenkandidaten entfielen, bei der Sitzzuteilung nicht für die Zuteilung von Sitzen benötigt wurden, da die Listenführer bereits aufgrund dieses Ranges gewählt waren. Folglich konnten Kandidaten, die das mit eigenen Kräften nicht geschafft hätten, von den zahlreichen Personenstimmen der Listenführer profitieren.
Diese statistischen Beobachtungen wurden rasch von Politikern aufgegriffen, denen offenbar das Wahlrecht ohnehin nicht gefallen hatte. Jetzt besaßen sie ein neues Argument, das in ihren Augen offenbar mehr Zugkraft besitzt als jeder Wählerwille. Es wird hier schließlich ein für sie hohes Gut wie die politische Korrektheit bedroht.
Dabei wurden sogar die unmittelbare Wahl mit ihren Möglichkeiten zum Kumulieren und Panaschieren auf der einen Seite und das Umrechnungsverfahren von Wählerstimmen in Sitze in der Bürgerschaft vermengt, wenn etwa "von Wahlgängen mit Begünstigung der Älteren, der Männer oder der Besserverdienenden" gesprochen wird, die man "entfernen" will.
Für eine Abgeordneten der Linken, deren Stimmen diesmal nicht für den Sprung in die in die Bürgerschaft gereicht haben, produziert das neue Wahlrecht sogar „politischen Qualitätsverlust“ (Gerland). Eine weitere Gültigkeit des Bremer Wahlgesetzes ist daher für sie „indiskutabel". (Zier)
Die Probst-Vorschläge für ein neues "altes" Wahlrecht
Innerhalb seiner politischen Analyse greift Valentin Schröder die Fremdverwertung von Personenstimmen als zentrales Problem auf. Für ihn sollte die Zuteilung eines Sitzes nicht nur von der Zahl der Personenstimmen des jeweiligen Kandidaten abhängen, sondern auch der Zahl der Personenstimmen anderer. Diese Differenzierung hat sich in Bremen als gewichtige Frage herausgestellt, da die Listenführer nicht nur die meisten Personenstimmen für ihre Partei holen und damit über die so genannte Listenbank einen Sitz in der Bürgerschaft erringen. Sie erreichen vielmehr gleichzeitig Anteile von 50 % und mehr der Personenstimmen, die dann bei der Vergabe der Sitze von der Personenbank auch in Form einer "Fremdverwertung" Kandidaten erhalten, deren Stimmenzahl allein nicht für ein Bürgerschaftmandat ausgereicht hätte.
Eine Bremer "Lösung" für ein Bremer Problem
Für jeden Wissenschaftler dürfte es zu den schwierigsten Aufgaben zählen, wenn er ein Stimmenparadoxon beseitigen will. Das lassen zumindest die Versuche in anderen Demokratien erkennen.
Das war und ist auch jetzt in Bremen nicht anders. Immerhin haben Probst/ Valentin drei Verfahren vorgeschlagen, bei denen das vom Bundesverfassungsgericht monierte Stimmgewicht nicht eintritt. Das wird jedoch weitgehed durch den Verzicht auf ein bürgernahes Wahlrecht erkauft. Kritiker werden daher rasch feststellen, dass hier das Kind leichtfertig mit dem Bad ausgeschüttet wird.
Der erste Vorschlag Uni-Politologen sieht eine Rückkehr zum alten Ein-Stimme-Wahlrecht vor, das "extrem einfach zu verstehen" ist und bei dem sich die "Mandatschancen der Kandidaten über ihren Listenplatz nach soziodemographischen Merkmalen gezielt erhöht werden".
Die zweite Nachbesserung des von der Bürgerschaft beschlossenen Wahlrechts ähnelt dem ersten Vorschlag, da man hier die "Stimmenzahl pro Wahlberechtigtem auf 2 oder weniger" reduzieren will. Einen Vorteil sehen die beiden Wissenschaftler dabei in einer "wahrscheinlich" geringeren Häufigkeit von "Zählfehlern" im Vergleich zur "Abgabe von zu vielen Stimmen".
Wichtig ist jedoch zusätzlich, dass zunächst eine eingeschränkte Verteilung der Personen- und nicht der Listenstimmen erfolgt, wodurch eine "systematische Steuerung der Mandatschancen nach soziodemographischen Merkmalen" möglich wird.
Falls jemand nichts gegen fünf Stimmen und eine effektiv mögliche Auswahl von Kandidaten hat, die seinen Vorstellungen und nicht denen von Parteioberen entsprechen, wird er auch mit dem dritten Vorschlag nicht glücklich werden. Bei ihm scheint man ohnehin weniger nach den inhaltlichen Regelungen als nach der politischen Funktion fragen müssen. Hier räumen die Autoren ein, dass ihr Vorschlag "schwerer zu verstehen ist", als das zuvor kritisierte geltende Gesetz. Auch lässt sich durch die Mandatszuteilung in diesem Konzept die sonst für so wichtig gehaltene Relation zwischen Frauen und Männern nicht steuern. Man wird hier nicht von einem wirklich ernst gemeinten Vorschlag sprechen können.
Die politische Essenz der Analyse scheint damit auf der Hand zu legen, auch wenn sie von den Wissenschaftlern nicht direkt als Rückkehr zum Wahlrecht von vor 2006 angesprochen wird. Besonders aufschlussreich ist dabei der Vorschlag, der "Reduzierung der Stimmenzahl pro Wahlberechtigtem auf 2 oder weniger".
Auf diese Weise wird zumindest in völlig unnötiger Weise die Einflussmöglichkeit de Wähler, von der sie besonder gern Gebrauch ganz erheblich eingeschränkt oder sogar abgeschafft, wenn man an das "weniger" im Vorschlag denkt.
Für die Kritiker muss ein gutes Wahlrecht damit offensichtlich nicht bürgernah in dem Sinne sein, dass es von den Wahlberechtigten angenommen wird und ihnen auch tatsächlich Wahlmöglichkeiten gibt. Ihnen geht es hingegen um eine Form politischer Korrektheit, bei der das Wahlergebnis ihren Vorstellungen von einem "richtigen" Resultat entspricht. Das bedeutet für sie, dass die Personenstimmen gleich viele Frauen und Männer in die Bürgerschaft bringen, auch wenn Wählerinnen häufig Männer wählen. Dabei dürfte der Grund kaum ein Mangel an Kandidatinnen sein.
Mit diesen juristischen Spitzfindigkeiten, die sich auf extreme Ausnahmen beziehen, und frauenpopulistische Vereinfachungen soll offensichtlich nur nachgewiesen werden: die Wählerinnen und Wähler sind für das neue Wahlrecht zu dumm. Daher muss man zum alten zurückkehren, weil die Parteien selbst dann für ein politisch korrektes Ergebnis sorgen können.
Nur soll dabei eine wichtige Wahrheit über die Folgen eines allmächtigen Parteienstaats verdrängt werden: die fast vollständiger Entmündigung der Bürger, die kaum reale Möglichkeiten haben, ihre politischen Vorstellungen in eines von vielleicht einmal halben Dutzend Kästchen zu quetschen, hinter dem sich eine Partei verbirgt, die vermutlich in die Bürgerschaft oder den Beirat einziehen wird
Keiner davon ist optimal in dem Sinne, dass er gleichzeitig den Erwerb von Mandaten nur nach Rangplatz in der Reihenfolge der Personenstimmen eröffnet, die systematische Berücksichtigung des soziodemografischen Profils der Bremer Wählerschaft ermöglicht und einfach zu verstehen wäre.
Bremer Auswahlmuster in kognitionspychologischer Sicht
Die Abgabe von Stimmen in einer politischen Wahl darf man jedoch nicht nur um dem Macht- und dem Gerechtigkeitskriterium sehen. Es handelt sich nicht um ein Verfahren, dass man von den ganz realen Wählern und ihren begrenzten kognitiven Fähigkeiten und zeitlichen Ressourcen abstrahieren kann. Für die diese Fälle, in denen sich das menschliche Gehirn zeitlich und mengenmäßig überfordert sieht, setzt es Heuristiken ein. Dadurch werden Entscheidungsprozesse vereinfacht, sodass leicht das Ziel einer Verbesserung, wie es eine größere Beteiligung an der Auswahl der besten Kandidaten für einen Sitz in der Bürgerschaft wäre, nicht geleistet wird.
Welche Vereinfachungen die Wähler am 10. Mai eingesetzt haben, soll durch die folgenden Auswertungen der Wahlstatistik näher analysiert werden.
Eine schwierige Herausforderung besteht generell in der Aufgabe, wenigstens die über 300 Kandidaten der größeren Parteien in eine Rangreihe zu bringen, sodass man seine fünf Stimmen rational zuordnen kann. Eine erste Erleichterung, die das neue Wahlrecht vom Prinzip her kaum tangiert, wäre eine Begrenzung der Listengröße auf das jetzige Durchschnittsmaß. Davon wären ohnehin nur die SPD mit ihren 168 Kandidaten und die PARTEI mit 45 Bewerbern betroffen.
Die tatschliche Demographie von Nicht- und Ungültigwählern
Die Thesen über das Verhalten verschiedener Altersgruppen und der beiden Geschlechter lässt sich mithilfe der Auswertungen der repräsentativen Wahlstatistik überprüfen.
Dabei muss man offenbar im Hintergrund sehen, dass beide sozialstatistische Merkmale nicht die Bedeutung von naturwissenschaftlichen Kategorien wie Größe und Gewicht besitzen, sondern als Kombinationen von Effekten zu interpretieren sind, die vor allem aus unterschiedlichen Sozialisationsstilen und geschlechtsspezifischen Rollenbildern resultieren, die während der Lebensphasen der heutigen Wähler gewechselt haben. Hinzu kommen die eher biologischen und physiologischen Einflüsse. Die Höhe der Wahlbeteiligung variiert daher zwar deutlich nach den Merkmalen Alter und Geschlecht, allerdings ohne ein simples Muster. So wäre es zwar im Hinblick auf den Durchschnitt korrekt, wenn man von einer Benachteiligung der Männer gegenüber den Frauen bei der Wahlbeteiligung und der Abgabe gültiger Stimmen sprechen. Das ist zumindest zutreffender als die jetzt vorgebrachte gegenteilige Behauptung. Trotzdem verdecken diese Pauschalaussagen zahlreiche wichtige Detailbeobachtungen.
Wahlbeteiligung bei der Bürgerschaftswahl 2015 in der Stadt Bremen nach Alter und Geschlecht (in %)
Altersgruppe
|
Männer
2015
|
Frauen
2015
|
16 -
18
|
44,1
|
47,3
|
18 -
21
|
49,1
|
49,3
|
21 -
25
|
39,3
|
40,9
|
25 -
30
|
34,2
|
39,0
|
30 -
35
|
39,1
|
42,1
|
35 -
40
|
43,5
|
53,3
|
40 -
45
|
52,4
|
53,5
|
45 -
50
|
49,9
|
58,6
|
50 -
60
|
54,5
|
56,4
|
60 -
70
|
58,0
|
60,6
|
70 und
mehr
|
61,6
|
54,8
|
Insgesamt
|
50,9
|
53,1
|
Einfacher sieht der Zusammenhang mit dem Alter aus, da der Anteil der ungültigen Stimmen bei den Wählern in der Gruppe "70 und mehr Jahre" gegenüber der vorangehenden Altersgruppe ganz erheblich nach oben gesprungen ist. Bei den Männern betrug der Anteil sogar mit 5,9 % ungültigen Stimmen mehr als das Dreifache der 1,7 % bei de 60- bis 70-jährigen.
Allerdings ist der Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und der Abgabe ungültiger Stimme insgesamt nicht linear, denn in einigen Altersgruppen haben die Männer und in anderen die Frauen mehr ungültige Stimmen abgegeben. Von durchgängig durch das Wahlrecht benachteiligten Frauen, die Schwierigkeiten mit dem neuen Wahlrecht haben, kann jedoch keine Rede sein, wenn die Frauen zwischen 25 und 45 deutlich weniger ungültig wählen als die Männer.
Anteile der ungültigen Stimmen bei der Bürgerschaftswahl 2015 in der Stadt Bremen nach Alter und Geschlecht (in %)
Altersgruppe |
Männer
|
Frauen
|
16 - 25 |
1,7
|
2,9
|
25 - 35 |
1,3
|
0,8
|
35 - 45 |
2,0
|
1,0
|
45 - 60 |
1,7
|
3,2
|
60 - 70 |
1,7
|
3,4
|
70 und mehr |
5,4
|
5,9
|
Der eigentliche politische Skandal: die Wirkung der "Bürgermeister"- oder Listenführerstimmmen
Am 10. Mai haben bekanntlich außerordentlich viele Wähler Jens Böhrnsen von der SPD und Elisabeth Motschmann von der CDU ihr Vertauen geschenkt, indem sie ihnen Personenstimmen gegeben haben. Das waren 50 % bzw. 36 % aller Personenstimmen von SPD und CDU. Damit haben sich die beiden Spitzenkandidaten wie auch mehrere andere eigentlich mehrfach für die Bürgerschaft qualifiziert. Da das praktisch nicht möglich ist, haben die anderen Kandidaten der beiden Parteien zu Sitzen in der Bürgerschaft verholfen. Deren Zahl lässt sich relativ leicht bestimmen. Bei der SPD kamen 14 Abgeordnete aufgrund von Personenstimmen in die Bürgerschaft, bei der CDU waren es 8. (Bremen 2015, S.66)
Umgerechnet auf die die Anteile der beiden hier zur Diskussion stehenden Kandidaten sind das insgesamt die Hälfte der 14 sozialdemokratischen Abgeordneten, die im Wahlbereich Bremen aufgrund der Personenstimmen ein Bürgerschaftsmandat errungen haben, und ein gutes Drittel von den entsprechend ausgewählten 8 christdemokratischen Mandatsträger. Das sind also etwa 10 Abgeordnete, die aufgrund des Bürgermeisterstimmeneffekts "gewählt" wurden, obwohl ausschließlich zwei andere Kandidaten die erforderlichen Personenstimmen erhalten haben. Die Wähler wollten hingegen eindeutig Elisabeth Motschmann und Jens Böhrnsen mit ihren Stimmen in die Bürgerschaft wählen.
Die beiden bei den Personenstimmen sehr erfolgreichen Listenführer haben anschließend die Wahl nicht angenommen, aber die 10 Abgeordneten, die als eine Art technische Folge der hohen Anzahl an Personenstimmen für die Spitzenkandidaten von SPD und CDU in die Bürgerschaft gelangt sind, behalten ihre Mandat. Mit dem Wählerwillen scheint das nichts mehr zu tun zu haben, da in diesem Fall Kandidaten als "gewählt" gelten, denen die Wähler gerade nicht ihre Stimme gegeben haben. Hier müsste man fragen, warum diese Personenstimmen weiterhin den Anteil der Kandidaten erhöhen sollen, die über die Personenstimmenliste in die Bürgerschaft gelangen.
Umgerechnet auf die die Anteile der beiden hier zur Diskussion stehenden Kandidaten sind das insgesamt die Hälfte der 14 sozialdemokratischen Abgeordneten, die im Wahlbereich Bremen aufgrund der Personenstimmen ein Bürgerschaftsmandat errungen haben, und ein gutes Drittel von den entsprechend ausgewählten 8 christdemokratischen Mandatsträger. Das sind also etwa 10 Abgeordnete, die aufgrund des Bürgermeisterstimmeneffekts "gewählt" wurden, obwohl ausschließlich zwei andere Kandidaten die erforderlichen Personenstimmen erhalten haben. Die Wähler wollten hingegen eindeutig Elisabeth Motschmann und Jens Böhrnsen mit ihren Stimmen in die Bürgerschaft wählen.
Die beiden bei den Personenstimmen sehr erfolgreichen Listenführer haben anschließend die Wahl nicht angenommen, aber die 10 Abgeordneten, die als eine Art technische Folge der hohen Anzahl an Personenstimmen für die Spitzenkandidaten von SPD und CDU in die Bürgerschaft gelangt sind, behalten ihre Mandat. Mit dem Wählerwillen scheint das nichts mehr zu tun zu haben, da in diesem Fall Kandidaten als "gewählt" gelten, denen die Wähler gerade nicht ihre Stimme gegeben haben. Hier müsste man fragen, warum diese Personenstimmen weiterhin den Anteil der Kandidaten erhöhen sollen, die über die Personenstimmenliste in die Bürgerschaft gelangen.
Während von dem Personenstimmenparadoxon bestenfalls einige wenige Kandidaten betroffen sind, handelt es sich hier um ca. 30.000 Wähler, die in der Wahlstudie von Probst/Valentin nicht einmal als Kritikpunkt unter ferner liefen auftauchten.
Hier mag es dem Wählerwillen entsprechen, wenn die Personenstimmen der jeweiligen Partei bei der Zuteilung der Mandate zugerechnet werden. Damit wird jedoch nicht legitim, Kandidaten aufgrund der Zahl der Stimmen, die Listenführer und damit ganz andere Personen erhalten haben, bei der Wahl zu begünstigen. Wer etwa Herrn Böhrnsen gewählt hat, dürfte überrascht sein, wenn dadurch Mehmet Sirri Acar gewählt wurde, den die Partei auf Platz 61 gesetzt hatte.
Hier mag es dem Wählerwillen entsprechen, wenn die Personenstimmen der jeweiligen Partei bei der Zuteilung der Mandate zugerechnet werden. Damit wird jedoch nicht legitim, Kandidaten aufgrund der Zahl der Stimmen, die Listenführer und damit ganz andere Personen erhalten haben, bei der Wahl zu begünstigen. Wer etwa Herrn Böhrnsen gewählt hat, dürfte überrascht sein, wenn dadurch Mehmet Sirri Acar gewählt wurde, den die Partei auf Platz 61 gesetzt hatte.
Das räumliche Verteilungsmuster der Personenstimmen in der Bürgerschaftswahl 2015
Die Verteilung der Personenstimmen auf die Bürgerschaftskandidaten bietet einige Einblicke in die Überlegungen der Wähler bei de Auswahlaufgaben, die ihnen das neue Wahlrecht als zusätzliches Mitbestimmungsangebot macht oder, wenn das nicht unbedingt gewünscht ist, von ihnen verlangt.
Die Verteilung der Personenstimmen auf verschiedene Kandidatengruppen
Partei |
Personen-stimmen
|
Rang 1 | Ränge 2 -4 |
Restliche Ränge
|
Kandida-tenzahl |
SPD | 186.590 | 50,4 | 5024,7 | 472,6 | 168 |
CDU | 105.407 | 36,1 | 5424,3 | 1087,1 | 51 |
Grüne | 74637 | 25,8 | 3022,7 | 1130,5 | 45 |
Linke | 35.107 | 33,2 | 2741,3 | 1268,3 | 16 |
FDP | 31.347 | 62,7 | 782,0 | 322,2 | 33 |
AfD | 12.984 | 33,3 | 868,7 | 504,5 | 16 |
Wie die Tabelle erkennen lässt, haben die Bremer Parteien unterschiedliche Strategien bei der Aufstellung ihrer Kandidaten eingesetzt. Dabei hat man offenbar deutlich aus Fehlern bei der Wahl 2011 gelernt, als später Beiratssitze unbesetzt blieben, weil es keinen Nachrücker gab. So war das bei den Wutbürgern im Blumenthaler Beirat in der abgelaufenen Legislaturperiode der Fall. Da sieht es jetzt ganz aus.
Bei der SPD und der PARTEI, die eine Vielzahl von "Politikern" auf ihrer Liste vorweist, kann man fast den Eindruck gewinnen, dass man in der Vertreterversammlung, die die Kandidatenliste aufstellt und verabschiedet davon überzeugt ist, dass jedes Mitglied auch in seinem Bekannten- und Verwandtenkreis Personenstimmen einsammeln kann, die dann in der Summe Sitze geben können.
Der Orts- und Stadtteileffekt bei der Kandidatenwahl
Bei dieser extremen Ungleichheit der Verteilung der Personenstimmen auf die Kandidaten verdienen die Faktoren eine genauere Betrachtung, die bei einem Durchschnittskandidaten für die Stimmabgabe ausschlaggebend sind.
Dabei spielt die Bekanntheit, die vom Wohnort abhängt eine wichtige Rolle. Das lässt sich an zahlreichen Beispielen beobachten, wo anders als der Prophet der Politiker in seiner Vaterstadt viel gilt. Das trifft nicht nur wegen einer erwarteten Vetternwirtschaft zu, aber möglicherweise schon mit der Hoffnung, dass der einheimische Kandidaten nach der Wahl sich besonders für die Interessen seines Wohnortes einsetzen wird.
Dieser Regionaleffekt lässt sich mithilfe der Daten auch für die Bürgerschaftswahl 2015 prüfen. Dabei wurde als Beispiel der Stadtteil Blumenthal herangezogen.
Verteilung der Personenstimmen Blumenthaler Kandidaten bei der Bürgerschaftswahl 2015 (Anteilsangaben in %)
Diese Auswertung hat sich nur auf die Parteien beschränkt, die in der Stadt Bremen Sitze errungen haben, um das Bild nicht durch die Kandidaten der Kleinparteien, die nur sehr wenige Personenstimmen für sich erringen konnten, unübersichtlich zu machen. Das hätte jedoch in Blumenthal zu einem falschen Gesamtbild geführt. Da hier der Nordbremer Spitzenpolitiker der Bürger in Wut die größte Zahl an Personenstimmen erhalten hat.
Hier sollen allerdings weniger die absoluten Zahlen im Vordergrund stehen, sondern die Wahl de Kandidaten im Stadtteil und in seinen Ortsteilen. Die empirischen Aussagen lassen sich in den Durchschnittswerten finden. Danach erhielten die Blumenthaler Kandidaten knapp 80 % ihrer Stimmen im Bremer Norden und davon allein 70 % im Ortsteil Blumenthal. Die Bürgerschaftswahl reduzierte sich damit in räumlicher Sicht auf eine regional sehr begrenzt Auswahl.
Dieses generelle Muster variiert allerdings bei den Kandidaten. Ein Beispiel dafür ist Fridjof Balz von den Wutbürgern, dessen Stimmen sich besonders stark auf den Stadtbezirk Bremen-Nord konzentrieren, während Hans-Gerd Thormeier von de CDU über 70 % seiner Stimmen aus Blumenthal erhielt.
Es gibt jedoch auch Beispiele für Kandidaten mit einer regional breiter aufgestellten Wählerschaft. Hierzu zählen Anke Krohne von der Linken, die relativ zahlreiche Stimmen auch in Burglesum und Vegesack erhielt, und Herr Fabian von der SPD, der als Beisitzer im SPD-Landesvorstand fungiert.
In den beiden anderen Stadtteilen von Bremen-Nord findet noch weitere Kandidaten, deren Wählerschaft nicht so stark regional eingegrenzt ist, sodass man aus ihren persönlichen Merkmale weitere Schlüsse auf die Gründe ziehen kann, die die Wähler bei ihrer Vergabe von Personenstimmen geleitet haben.
Kandidat |
Parteistimmen
insgesamt
|
Anteil
HB-Nord
|
Anteil
Burglesum
|
Anteil
Vegesack
|
Anteil
Blumenthal
|
Riegert, SPD |
711
|
80,2
|
5,3
|
13,1
|
61,7
|
Bruns-Reimers, SPD |
1.118
|
84,3
|
4,4
|
10,o
|
70,0
|
Bienzeisler, SPD |
615
|
79,8
|
5,9
|
9,4
|
64,6
|
Fabian, SPD |
519
|
50,9
|
6,7
|
9,6
|
34,5
|
Bensch, CDU |
2.828
|
90,3
|
11,4
|
17,0
|
61,8
|
Schwarz, CDU |
498
|
78,7
|
3,2
|
20,7
|
54,8
|
Thormeier, CDU |
416
|
85,8
|
5,0
|
7,5
|
73,3
|
Krohne, Linke |
1.119
|
74,1
|
12,1
|
22,3
|
39,8
|
Durchschnitt |
978
|
78,0
|
6,8
|
11,6
|
57,5
|
Balz, BiW |
3037
|
94
|
6,4
|
17,7
|
69,9
|
Quelle: Bremen 2015
Hier sollen allerdings weniger die absoluten Zahlen im Vordergrund stehen, sondern die Wahl de Kandidaten im Stadtteil und in seinen Ortsteilen. Die empirischen Aussagen lassen sich in den Durchschnittswerten finden. Danach erhielten die Blumenthaler Kandidaten knapp 80 % ihrer Stimmen im Bremer Norden und davon allein 70 % im Ortsteil Blumenthal. Die Bürgerschaftswahl reduzierte sich damit in räumlicher Sicht auf eine regional sehr begrenzt Auswahl.
Dieses generelle Muster variiert allerdings bei den Kandidaten. Ein Beispiel dafür ist Fridjof Balz von den Wutbürgern, dessen Stimmen sich besonders stark auf den Stadtbezirk Bremen-Nord konzentrieren, während Hans-Gerd Thormeier von de CDU über 70 % seiner Stimmen aus Blumenthal erhielt.
Es gibt jedoch auch Beispiele für Kandidaten mit einer regional breiter aufgestellten Wählerschaft. Hierzu zählen Anke Krohne von der Linken, die relativ zahlreiche Stimmen auch in Burglesum und Vegesack erhielt, und Herr Fabian von der SPD, der als Beisitzer im SPD-Landesvorstand fungiert.
In den beiden anderen Stadtteilen von Bremen-Nord findet noch weitere Kandidaten, deren Wählerschaft nicht so stark regional eingegrenzt ist, sodass man aus ihren persönlichen Merkmale weitere Schlüsse auf die Gründe ziehen kann, die die Wähler bei ihrer Vergabe von Personenstimmen geleitet haben.
Verteilung der Personenstimmen Nordbremer Kandidaten bei der Bürgerschaftswahl 2015 (Anteilsangaben in %)
Quelle: Bremen 2015
In dieser Tabelle sind die Auszählungen für die Ortsteile in Burglesum und Vegesack zu finden, die ganz entsprechend denen für Blumenthal ermittelt wurden. Dabei zeigte sich, dass es in beiden Ortsteilen Kandidaten gibt, die nicht denen von "Durchschnittskandidaten" entsprechen und die in der folgenden Tabelle im Detail aufgeführt sind. In der Übersichtstabelle für den Stadtbezirk Bremen-Nord werden sie als überregionale Kandidaten bezeichnet. Wenn sie bei den Zahlen für einen Ortsteil nicht berücksichtigt wurden, sind sie als "bereinigt" gekennzeichnet.
Auch die Durchschnittswerte für ganz Bremen-Nord bestätigen die Ergebnisse für Blumenthal, auch wenn de Anteil de Personenstimmen, die aus Bremen-Nor stammen, nicht ganz so hoch ist. Allerdings kann auch dieses Gefälle zwischen 78% in Blumenthal und 64 - 66 % in Burglesum und Vegesack möglicherweise regional begründet werden, wenn man die Ortsteile nicht isoliert betrachtet, sondern ihre Lage in die Betrachtung einbezieht.
Danach bezogen die Blumenthaler Kandidaten zwar die meisten Stimmen aus ihrem Heimatorts, danach folgten Vegesack und Burglesum in dieser Reihenfolge, die auch der räumlichen Entfernung entspricht. Dieser Zusammenhang it auch gnz entsprechend für die Burglesumer Kandidaten eingetreten, während die Vegesacker ähnlich viele Stimmen in den beiden Nachbarortsteilen geholt haben. Aber auch das bestätigt ja das nachbarschaftsbezogene Stimmenmuster.
Dieser generelle Effekt gilt für einige Kandidaten nur bedingt, die hier zunächst
als Listenführer und auf die Kandidaten auf den den folgenden drei Listenplätzen zusammengefasst wurden. Beim räumlichen Verteilungsmuster hat sich dann empirisch gezeigt, dass neben diesen Kandidaten auch einige andere ein abweichendes Verteilungsmuster Ihrer Wählerschaft aufweisen. Das gilt in Bremen-Nord vor allem für Mehmet Acar.
Verteilung der Personenstimmen überregional bekannter Nordbremer Kandidaten bei der Bürgerschaftswahl 2015 (Anteilsangaben in %)
Quelle: Bremen 2015
Im Endeffekt kommt es zweifellos darauf, wie viele Abgeordnete aufgrund welcher Entscheidungsfaktoren unter den Kandidaten ausgewählt werden und daher tatsächlichen Einfluss in der Bürgerschaft ausüben können.
Um diese Fragen zu beantworten, wurden in der folgenden Tabelle die SPD-Abgeordneten aufgelistet, die aufgrund der Personenstimmen ein Mandat erhalten. Dabei werden vor allem der Wohnsitz und die regionale Herkunft berücksichtigt, da diese Faktoren in Bremen-Nord aufgefallen sind.
SPD-Kandidaten, die aufgrund ihrer Personenstimmen im Jahr 2015 in die Bürgerschaft gewählt wurden
(1) Anmerkung: In Klammen () stehen mögliche Erklärungsfaktoren für die hohe Zahl an Personenstimmen
Quellen: Stat. Landesamt Bremen und wikipedia
Nach den vorgegeben Merkmalen lassen sich drei offenbar deutlich ausgeprägte Faktoren, die für die Wahl einiger Kandidatengruppen. Dazu gehören Abgeordnete, an deren Namen bereits ein Migrationshintergrund zu erkennen ist, auch wenn es wie bei Valentina Tuchel nur für den Vornamen zutrifft.
Andere sind durch ihre Mitarbeit in Bremer Institutionen bekannt, wie die Verbraucherzentrale oder das Rote Kreuz. Die dritte Gruppe schließlich wohnt in großen Ortsteilen, wo sie hohe Anteile für sich verbuchen kann. Das gilt etwa für die SPD-Kandidaten aus Hemelingen, der Vahr und Walle.
Ein Blick auf die Stimmenzahl, die bei der SPD für einen Personenstimmensitz ausreichte, zeigt ein Vergleich der 1.378 Stimmen des Kandidaten auf dem untersten Stimmenrang bei der SPD, der noch zum Sprung in die Bürgerschaft ausreichte. Das ist nicht gerade viel, wenn man diese Zahl mit den Stimmen für die andere Kandidaten vergleicht, die auf anderen Listen nicht in die Bürgerschaft gelangt sind. Das findet man beispielsweise für Dr. Anne Schierenbeck mit 1.867 oder Linda Neddeman mit 1.508 Stimmen bei den Grünen. Sogar zwei Kandidaten der Bürger in Wut hatten trotz ihrer auffallend hohen Stimmenzahl von 3.246 für Dr. Martin Korol bzw. 3.037 für Fridjof Balz keine Chance für einen Sitz in der Bürgerschaft, da die Wutbürger insgesamt im Wahlbereich Bremen nicht die 5 %-Hürde überspringen konnten.
Struktur der SPD-Bürgerschaftsabgeordneten nach Merkmalen ihrer Stimmen in der Bürgerschaftswahl 2015
1: Listenstimmen, 2: Personenstimmen mit Migationshintergrund, 3: "normale" Personenstimmen, 4: Böhrnsen-Stimmen
Mehr Bürgermitbestimmung durch wählerorientiertes Mehrstimmenwahlrecht
Wie die Auswertungen der Statistiken über Bremen und als Vergleich aus Hamburg zeigen, wo ebenfalls nach einem Mehrstimmenwahlrecht um die Sitze gekämpft wird, das auf eine Initiative des Vereins "Mehr Demokratie" zurückgeht, wird das neue Wahlrecht von der Mehrheit der Wähler genutzt. Fast zwei Drittel nimmt damit inzwischen unmittelbaren Einfluss auf die Auswahl der Parlamentarier. Allerdings bleiben die Verhaltensmuster der Wähler relativ stabil, sodass nicht viele Wähler ihre Stimmen auf Kandidaten von mehr als einer Partei verteilen.
Auch die relativ niedrige Wahlbeteiligung und zahlreichen ungültigen Stimmen in Bremen lassen sich nicht in einem signifikanten Ausmaß auf das Mehrstimmenwahlrecht zurückführen. Zumindest werden Frauen auf diese Weise nicht gegenüber Männer benachteiligt, da die Wahlbeteiligung der Frauen deutlich höher ist und ihr Anteil an den ungültiger Stimmen insgesamt niedriger liegt. Wenn also durch das Mehrstimmenwahlrecht mehr Männer als Frauen gewählt werden geht das auf eine Wählerschaft zurück, die überwiegend weiblich ist. Hinweise auf eine Benachteiligung von Frauen sind also abwegig. Viele Wählerinnen und Wähler bevorzugen einfach Kandidaten, die u.a. auch männlich sind. Wenn man das im Sinne von parteipolitischen Grundsätzen durch besondere Zuteilungsverfahren korrigieren will, verfälscht man damit den Wählerwillen. Entsprechendes gilt für das Merkmal Alter.
Als Kritikpunkt bleibt damit das Phänomen der Bürgermeisterstimmen. Diese Personenstimmen wurden zwar vom Wähler vergeben, nur lassen sie sich kaum als Ergebnis einer tatsächlichen Auswahl aus einer überschaubaren Liste interpretieren. Hier stellt das Wahlrecht den Wahlberechtigten eine Auswahlaufgabe, die im Prinzip nur ein Computer lösen kann. Praktisch werden daher vor allem regional ausgerichtete Heuristiken eingesetzt. Der Wähler sucht in der Regel Kandidaten in seinem Heimatstadtteil und dessen Umgebung, auf die er dann Stimmen kumuliert oder auch panaschiert. Hinzu kommt noch eine Beimischung durch überregionale Kandidaten wie den bekannten und überall plakatierten Bürgermeister oder Vertreter einer ethnischen Gruppe, der man selbst auch angehört.
Diese Verteilung der Personenstimmen, für die einzelne Wähler zwar gestimmt haben, drückt den Wählerwillen nur im Rahmen der Vorgaben für Auszählung deer Stimmen korrekt aus. Das macht sie jedoch noch nicht legitim, wenn man die Auswahl genauer betrachtet. Auf diese Weise gelangen zahlreiche Kandidaten in die Bürgerschaft, die das Glück haben, in einem relativ großen Ortsteil zu leben. Um diese regionale Verzerrung abzubauen, müsste man das Wahlrecht nur geringfügig ändern.
Die Liste für die Personenstimmen dürfte nicht für ganz Bremen gelten, sondern für kleinere Wahlbereiche innerhalb der Stadt. Das könnten beispielsweise die Stadtbezirken sein. Allerdings wäre es dann von der Größe her sinnvoll, den Stadtbezirk Mitte mit anderen Stadtteilen zu ergänzen und einen Stadtbezirk von der Größe des Stadtbezirks Ost. Mit diesen beiden kleinen Änderungen käme man zu Wahlbereichen von 100.000 bis 120.000 Einwohnern.
Bremer Stadtbezirke und eine Verteilung der Bürgerschaftssitze nach der Einwohnerzahl
Quelle: wikipedia; eigene Berechnungen
Wie das Beispiel Bremen-Nord, das diese Größenordnung besitzt und daher ein Wahlbereich darstellt, innerhalb dessen Wähler tatsächlich ihnen bekannte Kandidaten auswählen, sind diese räumlichen Einheiten für diese Zweck durchaus geeignet.
Eine gute Ergänzung bei dieser am empirischen Verhalten der Wähler orientierten Erleichterung der Auswahlaufgabe, wäre es, wenn die Parteien und Wählervereinigungen nicht beliebig lange Listen einreichen dürften. Gerade für kleinere Parteien ist es sicherlich ein schöne Leistung, auf die man stolz sein kann, wenn man eine nicht enden wollende Kandidatenaneinanderreihung präsentieren kann. Nur ist das bekanntlich nicht die Funktion von Kandidatenlisten.
Stadtteil |
Personen-stimmen
|
Anteil
HB-Nord
|
Anteil
Burgleum
|
Anteil
Vegesack
|
Anteil
Blumenthal
|
Blumenthal |
978
|
78,0
|
6,8
|
13,7
|
57,5
|
Burglesum |
1.016,8
|
61,6
|
40,8
|
13,4
|
8,3
|
Burglesum (bereinigt) |
603,3
|
64,9
|
44,1
|
13,6
|
8,4
|
Vegesack |
6.816,2
|
59,3
|
10,0
|
36,2
|
13,1
|
Vegesack (bereinigt) |
812,1
|
63,5
|
10,1
|
39,4
|
14,0
|
Überregionale Kandidaten |
25.868,8
|
35,1
|
14,8
|
12,7
|
7,6
|
In dieser Tabelle sind die Auszählungen für die Ortsteile in Burglesum und Vegesack zu finden, die ganz entsprechend denen für Blumenthal ermittelt wurden. Dabei zeigte sich, dass es in beiden Ortsteilen Kandidaten gibt, die nicht denen von "Durchschnittskandidaten" entsprechen und die in der folgenden Tabelle im Detail aufgeführt sind. In der Übersichtstabelle für den Stadtbezirk Bremen-Nord werden sie als überregionale Kandidaten bezeichnet. Wenn sie bei den Zahlen für einen Ortsteil nicht berücksichtigt wurden, sind sie als "bereinigt" gekennzeichnet.
Auch die Durchschnittswerte für ganz Bremen-Nord bestätigen die Ergebnisse für Blumenthal, auch wenn de Anteil de Personenstimmen, die aus Bremen-Nor stammen, nicht ganz so hoch ist. Allerdings kann auch dieses Gefälle zwischen 78% in Blumenthal und 64 - 66 % in Burglesum und Vegesack möglicherweise regional begründet werden, wenn man die Ortsteile nicht isoliert betrachtet, sondern ihre Lage in die Betrachtung einbezieht.
Danach bezogen die Blumenthaler Kandidaten zwar die meisten Stimmen aus ihrem Heimatorts, danach folgten Vegesack und Burglesum in dieser Reihenfolge, die auch der räumlichen Entfernung entspricht. Dieser Zusammenhang it auch gnz entsprechend für die Burglesumer Kandidaten eingetreten, während die Vegesacker ähnlich viele Stimmen in den beiden Nachbarortsteilen geholt haben. Aber auch das bestätigt ja das nachbarschaftsbezogene Stimmenmuster.
Dieser generelle Effekt gilt für einige Kandidaten nur bedingt, die hier zunächst
als Listenführer und auf die Kandidaten auf den den folgenden drei Listenplätzen zusammengefasst wurden. Beim räumlichen Verteilungsmuster hat sich dann empirisch gezeigt, dass neben diesen Kandidaten auch einige andere ein abweichendes Verteilungsmuster Ihrer Wählerschaft aufweisen. Das gilt in Bremen-Nord vor allem für Mehmet Acar.
Verteilung der Personenstimmen überregional bekannter Nordbremer Kandidaten bei der Bürgerschaftswahl 2015 (Anteilsangaben in %)
Kandidat |
Personen-stimmen
|
Anteilswert
Bremen-Nord
|
Anteilwert
Burglesum
|
Anteilswert
Vegesack
|
Anteilswert
Blumenthal
|
Böhrnsen, SPD |
94.007
|
21,5
|
8,0
|
7,4
|
6,2
|
Schaefer, Grüne |
2.059
|
38,4
|
11,6
|
19,2
|
7,6
|
Kastendiek, CDU |
5.873
|
33,0
|
16,6
|
11,1
|
5,4
|
Acar, SPD |
1.536
|
47,5
|
23,2
|
13,0
|
11,3
|
Durchschnitt |
25.868,8
|
35,1
|
14,8
|
12,7
|
7,6
|
Im Endeffekt kommt es zweifellos darauf, wie viele Abgeordnete aufgrund welcher Entscheidungsfaktoren unter den Kandidaten ausgewählt werden und daher tatsächlichen Einfluss in der Bürgerschaft ausüben können.
Um diese Fragen zu beantworten, wurden in der folgenden Tabelle die SPD-Abgeordneten aufgelistet, die aufgrund der Personenstimmen ein Mandat erhalten. Dabei werden vor allem der Wohnsitz und die regionale Herkunft berücksichtigt, da diese Faktoren in Bremen-Nord aufgefallen sind.
SPD-Kandidaten, die aufgrund ihrer Personenstimmen im Jahr 2015 in die Bürgerschaft gewählt wurden
Kandidat |
Personen-
stimmen
|
davon
..
|
Anteil
|
Orts-/Stadtteil
|
Listenplatz
|
Migrations-
hintergrund (1)
|
Gottschalk | 4 .338 |
681
|
15,6
|
Östl. Vorstadt
|
17
|
(Arbeit bei der Verbraucherzentrale)
|
Seyreck |
3 911
|
734
|
18,8
|
Vahr
|
165
|
in der Türke aufgewachsener Kurde
|
Bolayela |
3 892
|
542
|
13,9
|
Gröplingen
|
25
|
in Kinshasa (Kongo) geboren
|
Möhle |
3 115
|
653
|
21,0
|
Obervieland
|
35
|
(Sozialpolitiker mit sehr rot-grüner Vergangenheit, ab 200 SPD-Abgeordneter)
|
Güngür |
3 087
|
690
|
22,4
|
Oberholz
|
13
|
Vorstand der Deutsch-Türkischen Ges.
|
Tuchel |
2 114
|
895
|
42,3
|
Vahr
|
26
|
in Russland geboren und studiert, seit 1995 Studium in Deutschland
|
Crueger |
1 679
|
1155
|
68,8
|
Hemelingen
|
14
|
nach grüner Vergangenheit jetzt Eintreten für eine "liberale" SPD
|
Weigelt |
1 627
|
1069
|
65,7
|
Vahr
|
23
|
Engagement der Neuen Vahr (Beiratssprecher und Kirchengemeindesekretär)
|
Kottisch |
1 556
|
446
|
28,7
|
Schwachhausen
|
17
|
selbständiger IT-Kaufmann mit akademischem Hintergrund
|
Acar |
1 536
|
356
|
23,2
|
Burglesum
|
61
|
in der Türkei geborener Bauunternehmer, der seit 35 Jahren in Bremen lebt
|
Rosenkötter |
1 510
|
281
|
18,6
|
Schwachhausen
|
32
|
enge Verbindung zum DRK und zum Landessportbund Bremen
|
Hamann |
1 451
|
397
|
27,4
|
Schwachhausen |
37
|
selbständiger Softwareentwickler und Sprecher für Datenschutz und Informationsfreiheit
|
Senkal |
1 408
|
704
|
50,0
|
Huchting
|
22
|
im
Netzwerk der türkeistämmigen Mandatsträger
|
Pohlmann |
1.378
|
712
|
51,7
|
Walle
|
29
|
bis 1990 Vorstandsmitglied in der DKP, aktives IG Metall-Mitglied, SPD seit Anfang der 1990-Jahre
|
Quellen: Stat. Landesamt Bremen und wikipedia
Nach den vorgegeben Merkmalen lassen sich drei offenbar deutlich ausgeprägte Faktoren, die für die Wahl einiger Kandidatengruppen. Dazu gehören Abgeordnete, an deren Namen bereits ein Migrationshintergrund zu erkennen ist, auch wenn es wie bei Valentina Tuchel nur für den Vornamen zutrifft.
Andere sind durch ihre Mitarbeit in Bremer Institutionen bekannt, wie die Verbraucherzentrale oder das Rote Kreuz. Die dritte Gruppe schließlich wohnt in großen Ortsteilen, wo sie hohe Anteile für sich verbuchen kann. Das gilt etwa für die SPD-Kandidaten aus Hemelingen, der Vahr und Walle.
Ein Blick auf die Stimmenzahl, die bei der SPD für einen Personenstimmensitz ausreichte, zeigt ein Vergleich der 1.378 Stimmen des Kandidaten auf dem untersten Stimmenrang bei der SPD, der noch zum Sprung in die Bürgerschaft ausreichte. Das ist nicht gerade viel, wenn man diese Zahl mit den Stimmen für die andere Kandidaten vergleicht, die auf anderen Listen nicht in die Bürgerschaft gelangt sind. Das findet man beispielsweise für Dr. Anne Schierenbeck mit 1.867 oder Linda Neddeman mit 1.508 Stimmen bei den Grünen. Sogar zwei Kandidaten der Bürger in Wut hatten trotz ihrer auffallend hohen Stimmenzahl von 3.246 für Dr. Martin Korol bzw. 3.037 für Fridjof Balz keine Chance für einen Sitz in der Bürgerschaft, da die Wutbürger insgesamt im Wahlbereich Bremen nicht die 5 %-Hürde überspringen konnten.
Struktur der SPD-Bürgerschaftsabgeordneten nach Merkmalen ihrer Stimmen in der Bürgerschaftswahl 2015
1: Listenstimmen, 2: Personenstimmen mit Migationshintergrund, 3: "normale" Personenstimmen, 4: Böhrnsen-Stimmen
Mehr Bürgermitbestimmung durch wählerorientiertes Mehrstimmenwahlrecht
Wie die Auswertungen der Statistiken über Bremen und als Vergleich aus Hamburg zeigen, wo ebenfalls nach einem Mehrstimmenwahlrecht um die Sitze gekämpft wird, das auf eine Initiative des Vereins "Mehr Demokratie" zurückgeht, wird das neue Wahlrecht von der Mehrheit der Wähler genutzt. Fast zwei Drittel nimmt damit inzwischen unmittelbaren Einfluss auf die Auswahl der Parlamentarier. Allerdings bleiben die Verhaltensmuster der Wähler relativ stabil, sodass nicht viele Wähler ihre Stimmen auf Kandidaten von mehr als einer Partei verteilen.
Auch die relativ niedrige Wahlbeteiligung und zahlreichen ungültigen Stimmen in Bremen lassen sich nicht in einem signifikanten Ausmaß auf das Mehrstimmenwahlrecht zurückführen. Zumindest werden Frauen auf diese Weise nicht gegenüber Männer benachteiligt, da die Wahlbeteiligung der Frauen deutlich höher ist und ihr Anteil an den ungültiger Stimmen insgesamt niedriger liegt. Wenn also durch das Mehrstimmenwahlrecht mehr Männer als Frauen gewählt werden geht das auf eine Wählerschaft zurück, die überwiegend weiblich ist. Hinweise auf eine Benachteiligung von Frauen sind also abwegig. Viele Wählerinnen und Wähler bevorzugen einfach Kandidaten, die u.a. auch männlich sind. Wenn man das im Sinne von parteipolitischen Grundsätzen durch besondere Zuteilungsverfahren korrigieren will, verfälscht man damit den Wählerwillen. Entsprechendes gilt für das Merkmal Alter.
Als Kritikpunkt bleibt damit das Phänomen der Bürgermeisterstimmen. Diese Personenstimmen wurden zwar vom Wähler vergeben, nur lassen sie sich kaum als Ergebnis einer tatsächlichen Auswahl aus einer überschaubaren Liste interpretieren. Hier stellt das Wahlrecht den Wahlberechtigten eine Auswahlaufgabe, die im Prinzip nur ein Computer lösen kann. Praktisch werden daher vor allem regional ausgerichtete Heuristiken eingesetzt. Der Wähler sucht in der Regel Kandidaten in seinem Heimatstadtteil und dessen Umgebung, auf die er dann Stimmen kumuliert oder auch panaschiert. Hinzu kommt noch eine Beimischung durch überregionale Kandidaten wie den bekannten und überall plakatierten Bürgermeister oder Vertreter einer ethnischen Gruppe, der man selbst auch angehört.
Diese Verteilung der Personenstimmen, für die einzelne Wähler zwar gestimmt haben, drückt den Wählerwillen nur im Rahmen der Vorgaben für Auszählung deer Stimmen korrekt aus. Das macht sie jedoch noch nicht legitim, wenn man die Auswahl genauer betrachtet. Auf diese Weise gelangen zahlreiche Kandidaten in die Bürgerschaft, die das Glück haben, in einem relativ großen Ortsteil zu leben. Um diese regionale Verzerrung abzubauen, müsste man das Wahlrecht nur geringfügig ändern.
Die Liste für die Personenstimmen dürfte nicht für ganz Bremen gelten, sondern für kleinere Wahlbereiche innerhalb der Stadt. Das könnten beispielsweise die Stadtbezirken sein. Allerdings wäre es dann von der Größe her sinnvoll, den Stadtbezirk Mitte mit anderen Stadtteilen zu ergänzen und einen Stadtbezirk von der Größe des Stadtbezirks Ost. Mit diesen beiden kleinen Änderungen käme man zu Wahlbereichen von 100.000 bis 120.000 Einwohnern.
Bremer Stadtbezirke und eine Verteilung der Bürgerschaftssitze nach der Einwohnerzahl
Stadtbezirk |
Einwohner
|
Sitze
|
Mitte |
17.392
|
2
|
Süd | 123.303 |
16
|
Ost | 218.843 |
27
|
West | 89.216 |
11
|
Nord | 98.606 |
12
|
Bremerhaven |
108.323
|
15
|
Wie das Beispiel Bremen-Nord, das diese Größenordnung besitzt und daher ein Wahlbereich darstellt, innerhalb dessen Wähler tatsächlich ihnen bekannte Kandidaten auswählen, sind diese räumlichen Einheiten für diese Zweck durchaus geeignet.
Eine gute Ergänzung bei dieser am empirischen Verhalten der Wähler orientierten Erleichterung der Auswahlaufgabe, wäre es, wenn die Parteien und Wählervereinigungen nicht beliebig lange Listen einreichen dürften. Gerade für kleinere Parteien ist es sicherlich ein schöne Leistung, auf die man stolz sein kann, wenn man eine nicht enden wollende Kandidatenaneinanderreihung präsentieren kann. Nur ist das bekanntlich nicht die Funktion von Kandidatenlisten.
Auch verliert ein Wahlrecht den angestrebten Bezug zum Wählerwillen, wenn man zwar beliebte Politiker begünstigt, wovon jedoch vor allem Kandidaten profitieren, deren eigene Personenstimmen gar nicht für einen Sitz in der Bürgerschaft erhalten haben, sondern dafür vor allem denen dankbar sein müssen, die mit Herrn Böhrnsen einen ganz anderen Kandidaten gewählt haben. Durch die Verteilung von bereits für gewählte Kandidaten abgerechneten Personenstimmen zugunsten von Kandidaten mit weniger Stimmen, kann man zwar zahlreiche aufgrund des neuen Wahlrechts gewählte Kandidaten vorzeigen, Nur ist dafür nicht der faktische Wählerwille verantwortlich. Die Wahl erfolgt weniger aufgrund des Wählerwillen, sondern aufgrund der Stimmen für einen oder mehrere Kandidaten, die meist als Listenführer etwa die Hälfte der Personenstimmen für sich gesammelt haben. Die große Zahl von Abgeordneten, die durch Personenstimmen gewählt wurden, ist also weitgehend die Folge von systembedingten Leihstimmen.
Ein reformiertes Mehrstimmenwahlrecht, das die Wahlbereiche - ähnlich wie das jetzt bereits in Bremerhaven der Fall ist - und damit die Kandidatenauswahl auf ein überschaubares Maß reduziert, würde das Problem der Listenführerstimmen erheblich reduzieren. Zusätzlich kann man erwarten, dass in den kleineren Bereichen die Kandidaten erheblich besser bekannt sind. Das würde damit gleichzeitig die Bürgernähe weiter erhöhen.
Man kann also den Argumenten der Kritikern des Wahlrechts nicht zustimmen wenn man die Intentionen des aktuell geltenden Bremer Wahlrechts teilt. Die Wähler können ihre Wünsche erheblich besser artikulieren, was sich sogar durch den hier gemachten Vorschlag zur weiteren Einteilung in Wahlbereiche und eine Begrenzung der Kandidatenzahl noch verbessern lässt.
Wie die breite Diskussion zu Wahlrechtsfragen beweist, lassen sich Paradoxien bei einem Wahlrecht, das eine Zuteilung der Sitze nach verschiedenen Kriterien wie hier den Parteien sowie der Personen- und Listenstimmen vornimmt, nicht vermeiden. Das nimmt man in anderen Staaten in Kauf, weil man es für eine akademische Frage ohne größere praktische Bedeutung hält. Falls sich das Bundesverfassungsgericht nicht an diesen internationalen Usus hält, wird man sicherlich entsprechend der Urteilsbegründung eine kreative Lösung finden können, wie das beim Wahlrecht für den Bundestag der Fall war.
"Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg", sagt man. Das gilt selbstverständlich auch beim Wahlrecht. Hier geht es jetzt in Bremen um die Frage, ob durch das Wahlgesetz die Wähler mehr Mitbestimmung behalten sollen oder die Parteien durch die in kleinen Kreisen beschlossenen Listen und Quoten, wie sie kein Gesetz vorschreibt, wieder mehr Macht erhalten. Zugespitzt muss man sich also zwischen Wählerwillen und Parteiendemokratie entscheiden.
Ein reformiertes Mehrstimmenwahlrecht, das die Wahlbereiche - ähnlich wie das jetzt bereits in Bremerhaven der Fall ist - und damit die Kandidatenauswahl auf ein überschaubares Maß reduziert, würde das Problem der Listenführerstimmen erheblich reduzieren. Zusätzlich kann man erwarten, dass in den kleineren Bereichen die Kandidaten erheblich besser bekannt sind. Das würde damit gleichzeitig die Bürgernähe weiter erhöhen.
Man kann also den Argumenten der Kritikern des Wahlrechts nicht zustimmen wenn man die Intentionen des aktuell geltenden Bremer Wahlrechts teilt. Die Wähler können ihre Wünsche erheblich besser artikulieren, was sich sogar durch den hier gemachten Vorschlag zur weiteren Einteilung in Wahlbereiche und eine Begrenzung der Kandidatenzahl noch verbessern lässt.
Wie die breite Diskussion zu Wahlrechtsfragen beweist, lassen sich Paradoxien bei einem Wahlrecht, das eine Zuteilung der Sitze nach verschiedenen Kriterien wie hier den Parteien sowie der Personen- und Listenstimmen vornimmt, nicht vermeiden. Das nimmt man in anderen Staaten in Kauf, weil man es für eine akademische Frage ohne größere praktische Bedeutung hält. Falls sich das Bundesverfassungsgericht nicht an diesen internationalen Usus hält, wird man sicherlich entsprechend der Urteilsbegründung eine kreative Lösung finden können, wie das beim Wahlrecht für den Bundestag der Fall war.
"Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg", sagt man. Das gilt selbstverständlich auch beim Wahlrecht. Hier geht es jetzt in Bremen um die Frage, ob durch das Wahlgesetz die Wähler mehr Mitbestimmung behalten sollen oder die Parteien durch die in kleinen Kreisen beschlossenen Listen und Quoten, wie sie kein Gesetz vorschreibt, wieder mehr Macht erhalten. Zugespitzt muss man sich also zwischen Wählerwillen und Parteiendemokratie entscheiden.
Quellen:
Gerland, Wigbert, „Junge und Frauen benachteiligt“.Der SPD-Fraktionsvorsitzende Björn Tschöpe wirbt für Reform der Bürgerschaftswahl, in: Weser-Kurier vom 26.5.2015.
Ders., Bremer Wahlrecht erneut vor Reform. Parlamentsfraktionen beraten über Folgen der geringen Beteiligung / „Unverkennbare Schwachstellen“, in: Weser-Kurier vom 26.5.2015.
Ders., Folgen der niedrigen Wahlbeteiligung. Bremer Wahlrecht steht erneut vor Reform, in: Weser-Kurier vom 26.05.2015
Habig, Markus, Wahlverhalten in der Stadt Bremen nach Alter und Geschlecht Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik, in: Statistisches Landesamt Bremen (Hg.), Bürgerschaftswahl (Landtag) am 10. Mai 2015 im Land Bremen. Endgültiges Wahlergebnis, Bremen, Juni 2015, S. 35 - 44 (Statistische Mitteilungen. Heft 119).
Heinrich, Roberto, Lübker, Malte und Biehl, Heiko, Parteimitglieder im Vergleich: Partizipation und Repräsentation. Kurzfassung des Abschlussberichts zum gleichnamigen DFG-Projekt, Potsdam 2002.
kawe, Ich kenne nur juristische Argumente", in: taz vom 12.12.2006.
Probst, Lothar und Schröder, Valentin, Das Bremer Wahlsystem: Intransparent, paradox und möglicherweise verfassungswidrig Eine Analyse aus wissenschaftlicher Perspektive am Beispiel der Bürgerschaftswahl 2015
Rösel, Barbara, Listen- oder Personenstimmen? So wurden in Bremen die Möglichkeiten des neuen Wahlrechts genutzt, in: Statistisches Landesamt Bremen (Hg.), Wahlen im Land Bremen 22. Mai 2011 Landtagswahl. Bremische Bürgerschaft. Teil 1: Analysen und Tabellen. Endgültiges Wahlergebnis, Bremen 2011, S. 21 - 26 (Statistische Mitteilungen. Heft 113).
Dies., Listen- oder Personenstimmen? So wurden die Stimmen verteilt, in: Statistisches Landesamt Bremen (Hg.), Bürgerschaftswahl (Landtag) am 10. Mai 2015 im Land Bremen. Endgültiges Wahlergebnis, Bremen Juni 2015, S. 14-19 (Statistische Mitteilungen. Heft 119).
Schröder, Valentin, Die Fremdverwertung und das Personenstimmenparadox im neuen Bremer Wahlrecht; in: Gattig, Alexander und Lothar Probst (Hg.), Das neue Wahlsystem in Bremen: Auswertung und Analyse der Kommunikationskampagne und der Wirkungen des neuen Wahlsystems. Ein Forschungsbericht für die Bremische Bürgerschaft. Bremen 2012, S. 78‐86.
Wayand, Jürgen, Die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft am 22. Mai 2011. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse, in: Statistisches Landesamt Bremen (Hg.), Wahlen im Land Bremen 22. Mai 2011 Landtagswahl. Bremische Bürgerschaft. Teil 1: Analysen und Tabellen. Endgültiges Wahlergebnis, Bremen 2011, S. 11 - 16 (Statistische Mitteilungen. Heft 113).
Wayand, Jürgen, Die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft (Landtag) am 10. Mai 2015, in: Statistisches Landesamt Bremen (Hg.), Bürgerschaftswahl (Landtag) am 10. Mai 2015 im Land Bremen. Endgültiges Wahlergebnis, Bremen Juni 2015, S. 7 - 13 (Statistische Mitteilungen. Heft 119).
Wilke, Martin, Kritik am Kumulieren und Panaschieren, Internetartikel auf einer Webseite von Martin Wilke über Single Transferable Vote (STV) (Übertragbare Einzelstimmgebung), o.O. u. o J.
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Wahldaten:
Allgemeine Informationen
Statistische Mitteilungen
Wahlatanten:http://www.statistik.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen65.c.16898.de
Bundestagswahl: http://www.statistik-bremen.de/Tabellen/Wahlen/BTW2013_Strukturindikatoren/BremerWahlatlasII.html?indicator=i38&indicator2=i2
Bürgerschaftswahl: http://www.statistik-bremen.de/Tabellen/Wahlen/WahlatlasBuergerschaft2015_Strukturindikatoren/BremerWahlatlasII.html?indicator=i46&indicator2=i0
Gerland, Wigbert, „Junge und Frauen benachteiligt“.Der SPD-Fraktionsvorsitzende Björn Tschöpe wirbt für Reform der Bürgerschaftswahl, in: Weser-Kurier vom 26.5.2015.
Ders., Bremer Wahlrecht erneut vor Reform. Parlamentsfraktionen beraten über Folgen der geringen Beteiligung / „Unverkennbare Schwachstellen“, in: Weser-Kurier vom 26.5.2015.
Ders., Folgen der niedrigen Wahlbeteiligung. Bremer Wahlrecht steht erneut vor Reform, in: Weser-Kurier vom 26.05.2015
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Mai 2011 Landtagswahl. Bremische Bürgerschaft. Teil
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Wayand, Jürgen, Die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft am 22. Mai 2011. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse, in: Statistisches Landesamt Bremen (Hg.), Wahlen im Land Bremen 22. Mai 2011 Landtagswahl. Bremische Bürgerschaft. Teil 1: Analysen und Tabellen. Endgültiges Wahlergebnis, Bremen 2011, S. 11 - 16 (Statistische Mitteilungen. Heft 113).
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Wilke, Martin, Kritik am Kumulieren und Panaschieren, Internetartikel auf einer Webseite von Martin Wilke über Single Transferable Vote (STV) (Übertragbare Einzelstimmgebung), o.O. u. o J.
Wolschner, Klaus, Im Jahre 2011 gibt es eine Wahl bei den Wahlen. Bremer Wahlrecht ist überfällig, in: taz vom 14.12.2006.
Zier, Jan, Das Wahlrecht benachteiligt Frauen – von Personenstimmen profitieren meist Männer. Auch aus anderen Gründen ist es möglicherweise verfassungswidrig. Eine Frage des Marketings. in: taz vom 18.5.2015.
Videos
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Wahldaten:
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Statistische Mitteilungen
Wahlatanten:http://www.statistik.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen65.c.16898.de
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Bürgerschaftswahl: http://www.statistik-bremen.de/Tabellen/Wahlen/WahlatlasBuergerschaft2015_Strukturindikatoren/BremerWahlatlasII.html?indicator=i46&indicator2=i0