Vorbilder für die Nutzung des BWK-Geländes?
Freie Flächen in Innenstadtnähe: Die städtebauliche Nutzung ehemaliger Kämmerei- und Textilareale
Da die Bremer Woll-Kämmerei (BWK) erst 2009 ihre Produktion in Bremen-Blumenthal eingestellt hat, kann sich die zukünftige Nutzung ihres Betriebsgeländes an Arealen von Unternehmen orientieren, die bereits vorher stillgelegt wurden. Wegen ihrer ähnlichen Größe und innerstädtischen Lage gilt das für ehemalige Kämmerei-Grundstücke in Delmenhorst, Hannover-Döhren und Kaiserslautern sowie das Textilviertel in Augsburg.
Es stellt sich daher die Frage, ob die Situation in Blumenthal von der in den Vergleichsstädten so verschieden ist, dass hier gar keine Wohnbebauung, sondern stattdessen industrielle Arbeitplätze mit erheblichen Lärm- und Luftbelastungen wünschenswert sind.
Der Niedergang der deutschen Textilindustrie, von dem die großen Wollkämmereien besonders hart betroffen waren, hat nicht nur zu Verlusten von Arbeitsplätzen und damit Kaufkraft geführt, sondern auch zu zahlreichen nicht mehr genutzten Gebäuden und ehemaligen Betriebsflächen. Dabei handelt es sich nicht um Areale, die weitab am Rande der Städte liegen und daher für die Stadtentwicklung nur eine geringe Rolle spielen.
Als die Gründungen dieser Unternehmen Ende des 19. Jahrhundert erfolgten, fand man die besten Standorte am Rand der damaligen Innenstädte, sodass sie für die Arbeitskräfte leicht erreichbar waren und leicht an das Bahnnetz angeschlossen erschlossen werden konnten. Schließlich gab es damals noch keinen Individualverkehr, weder mit Pkws für die Mitarbeiter noch mit Lkws für die Anfuhr von Rohwolle und Kohle noch für den Versand von Kammzügen, Wollfett oder weiteren Textilprodukten.
Dieser Standortzwang Ende des 19. Jahrhunderts führt etwa 100 Jahre später bei der Schließung zu speziellen Situationen auf dem Immobilienmarkt. Die alten Betriebsgrundstücke haben heute einen erheblich höheren Wert als Industrie- und Gewerbefläche am Stadtrand und in Autobahnnähe, also dort, wo man heute attraktive Kombinationen von Standortfaktoren in einer arbeitsteiligen Wirtschaft findet.
Die vergleichsweise hohen Preise zeigen die heutige Werthaltigkeit dieser Grundstücke an, die sich vor allem aus ihrer innenstadtnahen Lage mit ergibt. Hinzu kommen teilweise weitere Standortvorteile, die etwa bei Wohnimmobilien besonders geschätzt werden wie die Nähe zu Flüssen oder Parks.
Für einen Vergleich kommen einerseits die Standorte der vier inzwischen geschlossenen westdeutschen Wollkämmereien in Blumenthal, Delmenhorst, Döhren und Kaiserslautern in frage, da hier bereits eine neue Bebauung erfolgte bzw. konkret geplant wird. Wegen dieser Aktualität ist ergänzend das Textilviertel in Augsburg besonders interessant, da hier eine relativ aufwendige und gut dokumentierte Planung erfolgte. Dabei ist es dann für die städtebauliche Entwicklung kaum relevant, ob hier früher Kammzüge hergestellt oder die Kammzüge versponnen wurden bzw. statt Wolle Baumwolle verarbeitet wurde.
Wichtigere Rahmenfaktoren sind vielmehr die Fläche des Areals sowie der Zeitpunkt der Betriebsaufgabe und die einige Merkmale der Lage innerhalb eines städtischen Raumes, für die die Einwohnerzahl und die Lage zum Stadtmittelpunkt von Bedeutung sind.
Ehemalige
Kämmerei- und Textilareale im Vergleich
Stadt
|
Fläche
in ha
|
Betriebsaufgabe
|
Einwohner (Stadt/
Stadtteil)
|
Entfernung vom
Zentrum in km
|
Augsburg
|
180
|
AKS: 2002
|
267.000
|
2,6
|
HB-Blumenthal
|
50
|
2009
|
32.000
|
26
|
Delmenhorst
|
24
|
1981
|
75.000
|
2
|
H-Döhren
|
74
|
1973
|
13.000
|
7
|
Kaiserslautern
|
24
|
1981-2
|
100.000
|
1,4
|
Wie die Übersicht zeigt, stellt sich die Situation in den fünf Städten unterschiedlich dar. Zu diesen Faktoren gehört vor allem die Lage innerhalb der Stadtregion. Besonders typisch für Industriegebiete aus der Gründerzeit sind die Fälle Augsburg, Delmenhorst und Kaiserslautern, wenn man einmal von der unterschiedlichen Größe der Städte absieht, da es sich um Standorte am Rand der Innenstadt handelt.
In Bremen-Blumenthal und Hannover-Döhren gibt es hingegen besondere Situationen, da hier die Kämmereien in Orten entstanden sind, die während der Gründung noch selbständig waren. So wurde Döhren 1907 und Blumenthal erst 1939 eingemeindet, so dass in diesen Fällen sowohl die Lage innerhalb des Stadtteils als auch der gesamten Stadt gesehen werden muss.
Das Gelände der Woll-Wäscherei und Kämmerei in Döhren bei Hannover (WW&K) befindet sich im heutigen Stadtbezirk Döhren-Wülfel der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover.
Die Döhrener Wolle als Spekulationsobjekt
Besonderes Aufsehen in der Wirtschaftspresse erregte das Ende der Kämme Döhren, wie die Aktien der Woll-Wäscherei und Kämmerei an der Regionalbörse Hannover genannt wurden. Dabei ging es nicht um eine extreme Schieflage des Unternehmens, sondern einen phänomenalen Kursanstieg in einer Branche, der man bereits in den 1970er Jahren keine guten Zukunftsaussichten einräumte.
Kurz danach trat ein unbekannter Investor bzw. eine Investorengruppe auf den Plan und kaufte im Frühling 1972 für 8 Mio. DM zwei Aktienpakete von ehemaligen Großaktionären, wodurch sie eine qualifizierte Mehrheit von 75% des Grundkapitals der Wollwäscherei erreichte. Anschließend wurde ihr einziger bekannter Vertreter, der Textilkaufmann Dr. Ulf Cloppenburg, für nur ein halbes Jahr von April bis November 1972 Vorstandschef einer Kämmerei, die mit ihren gut 400 Beschäftigten mit einem Bilanzgewinn von 12.000 € gerade noch eine schwarze Null schrieb. So kündigte der neue Chef auf der Hauptversammlung zunächst mit den Worten „Wir müssen wachsen“ einen Wachstumskurs als Zukunftsstrategie an.
Nur kurze Zeit später folgte dann in Form einer kurzen Pressemeldung ein Paukenschlag. Das Unternehmen teilte die Schließung des Werkes mit: „Die Kämmerei Döhren AG wird in den nächsten Wochen ihre Produktion in Hannover nach und nach einstellen. Die mit Kunden eingegangenen Kontrakte werden voll erfüllt.“
Hinter diesem „Coup von Döhren“, wie das Wirtschaftsblatt Capital die Vorgänge nannte, hatte man an der Börse relativ schnell eine Immobilienspekulation vermutet. So schoss der Kurs der Aktien, die damals mit einem Nennwert von 1.000 DM gehandelt wurde, von 1.750 DM auf 6.500 DM. Die Fantasien gingen jedoch noch höher. So munkelten Ende Oktober die "Frankfurter Börsenbriefe" von „aussichtsreichen Verhandlungen“ mit der Stadt Hannover über eine Umwandlung der Grundstücke in Bauland“ und erwarteten daraus Erlöse von ca. 80 Millionen DM innerhalb von zwei Jahren. Spekulanten wurden daher mit erwarteten Kurse von 8.000 bis 10.000 DM zum Aktienkauf verlockt, die aufgrund der Immobilienpreise „gerechtfertigt“ sein sollten.
Dabei war der Wert des Grundbesitzes jedoch umstritten war. So dämpfte etwa ein Aufsichtsrat noch im Sommer die Erwartungen mit dem Hinweis, die Hälfte der 74 Hektar lägen im Überschwemmungsgebiet der Leine und von der anderen Hälfte seien 25 Prozent bereits vermietet oder verpachtet, auf 15 Prozent der Fläche ständen Werkswohnungen und der Rest sei Kleingarten-Gelände. Allerdings konnte man das auch ganz anders sehen, wie die weitere Entwicklung zeigte.
Nach der Einstellung der Produktion wurden noch im selben Jahr die Grundstücke und Gebäude an das gewerkschaftseigene Wohnungsbauunternehmen Neue Heimat Bremen für 55 Mio. DM verkauft, während die Produktionsanlagen für 10 Mio. € an die ehemalige Konkurrenz nach Blumenthal und Delmenhorst gingen. Nach der Meinung des Hannoveraner Oberstadtdirektor Martin Neuffer waren das zwar 28 Mio. DM zuviel, wie er in einem der Presse übergebenen Brief an die Neue Heimat rügte, aber der Käufer scheint sich mit dem Preis nicht übernommen zu haben.
Uhrturm, Pförtnerhaus und „Wollkämmerei“
Vom Eingang zur Kämmerei sind der Uhrturm mit angrenzenden Gebäudeteilen und das gegenüberliegende Pförtnerhaus erhalten geblieben. Heute findet man hier auf der Nordseite ein China-Restaurant, das durch das Dach eines Erkers und die Verwendung weißer und roter Ziegel ein ansprechende Ornamentik aufweist.
Fassade des heutigen Restaurants
Ein noch höheren Identifikationswert besitzt der gegenüberliegende Uhrturm als Wahrzeichen des gesamten Wohngebietes. Er dient heute als Eingang und Treppenhaus für die Wohnungen und Arztpraxen in den angrenzenden Gebäudeteilen.
Ein noch höheren Identifikationswert besitzt der gegenüberliegende Uhrturm als Wahrzeichen des gesamten Wohngebietes. Er dient heute als Eingang und Treppenhaus für die Wohnungen und Arztpraxen in den angrenzenden Gebäudeteilen.
Uhrturm (Quelle:wikipedia)
An die alte Bebauung und Nutzung dieses Areals erinnern sonst nur noch die angepassten Klinkerfassaden der Wohngebäude sowie die Straßenbezeichnungen „Am Uhrturm“ und „Wollkämmerei“, an deren Kreuzung eine Widderskulptur steht, die 1893 den Mitarbeitern der Döhrener Kämmerei von ihren deutschen Kämmereikollegen geschenkt wurde.
An die alte Bebauung und Nutzung dieses Areals erinnern sonst nur noch die angepassten Klinkerfassaden der Wohngebäude sowie die Straßenbezeichnungen „Am Uhrturm“ und „Wollkämmerei“, an deren Kreuzung eine Widderskulptur steht, die 1893 den Mitarbeitern der Döhrener Kämmerei von ihren deutschen Kämmereikollegen geschenkt wurde.
Die Leineinsel
Turbinenhaus und Brücke zur Leineinsel
Da die Gebäude auf der Leineinsel vollständig abgerissen wurde, konnte der Bauträger hier neue Wohngebäude in einer Umgebung errichten, die den damaligen Wohnwünschen optimal entsprach. Im Mittelpunkt steht dabei eine verdichtete Bebauung mit viel Nähe zum Wasser. Daher wurde noch zusätzlich zu den Leinearmen, die die Insel umgeben, in der Mitte ein größerer Teich angelegt, sodass auch die Bewohner der Gebäude, die auf der inneren Seite der Ringstraße leben, die die Insel erschließt, von ihren Terrassen bzw. Balkonen einen Blick auf Wasser mit seiner Tier- und Pflanzenwelt haben.
Wohngebäude im Westen der Leineinsel
Gleichzeitig beleben die Spiegelbilder auf den Wasserflächen die Umweltwahrnehmung.
Die Verdichtung erfolgte durch eine weitgehend viergeschossige Bebauung, deren Höhe jedoch wegen breiter Terrassen, Balkone und Dachausbauten kaum ins Auge fällt. Das gilt auch für einen Blick aus der Perspektive der ringförmigen Erschließungsstraße.
Ensemble an der Werrastraße
Da die Gebäude auf der Leineinsel vollständig abgerissen wurde, konnte der Bauträger hier neue Wohngebäude in einer Umgebung errichten, die den damaligen Wohnwünschen optimal entsprach. Im Mittelpunkt steht dabei eine verdichtete Bebauung mit viel Nähe zum Wasser. Daher wurde noch zusätzlich zu den Leinearmen, die die Insel umgeben, in der Mitte ein größerer Teich angelegt, sodass auch die Bewohner der Gebäude, die auf der inneren Seite der Ringstraße leben, die die Insel erschließt, von ihren Terrassen bzw. Balkonen einen Blick auf Wasser mit seiner Tier- und Pflanzenwelt haben.
Wohngebäude im Westen der Leineinsel
Gleichzeitig beleben die Spiegelbilder auf den Wasserflächen die Umweltwahrnehmung.
Wohngebäude im Osten der Leineinsel
Straße "Leineinsel"
Der heutige „Döhrener Jammer“
Ursprünglich hatte de Neue Heimat nicht nur den Abriss der Kämmerei, sondern auch den der Werkssiedlung vorgesehen. Das scheiterte jedoch am Widerstand einer Bürgerinitiative, sodass die Einzelbauten mit ihren roten Backsteinfassaden ab 1981 an Privatinteressenten veräußert und sukzessive saniert wurden.
Der heutige „Döhrener Jammer“
Ursprünglich hatte de Neue Heimat nicht nur den Abriss der Kämmerei, sondern auch den der Werkssiedlung vorgesehen. Das scheiterte jedoch am Widerstand einer Bürgerinitiative, sodass die Einzelbauten mit ihren roten Backsteinfassaden ab 1981 an Privatinteressenten veräußert und sukzessive saniert wurden.
Werrastraße
So wurde in Döhren ein Zeugnis des Arbeitssiedlungsbaus aus der Zeit der Industrialisierung erhalten. Heute stehen die Wohnungen in den kleinen verkehrsberuhigten Sträßchen des „Döhrener Jammers“, also etwa der Werra-, Weser-, Ems-, Aller- und Rheinstraße, unter Denkmalschutz..
So wurde in Döhren ein Zeugnis des Arbeitssiedlungsbaus aus der Zeit der Industrialisierung erhalten. Heute stehen die Wohnungen in den kleinen verkehrsberuhigten Sträßchen des „Döhrener Jammers“, also etwa der Werra-, Weser-, Ems-, Aller- und Rheinstraße, unter Denkmalschutz..
Dabei sind einige Sträßchen so schmal, das sich dort keine Autos begegnen können, was schon von der Straßenbreite her die Gefahren durch schnelle Fahrzeuge ganz erheblich reduziert und für viele nachbarschaftliche Kontakte auch über die Straße hinweg schafft.
Modernisierter Lehrbereich (Foto: B. Gehm)
Turbinenhalle und Kesselhäuser: Kulturzentrum Kammgarn
Stilistisch weniger einheitlich ist ein Komplex aus dem Alten und Neuen Kesselhaus, der Turbinenhalle und einer alten Werkstatt besteht und insgesamt das Kulturzentrum Kammgarn baulich darstellt.
Vo diesen Gebäuden steht die Skulptur „Twist and Turn“ von Robert Currie. Diese 12 m hohe Stahlkonstruktion einer Spindel wurde 2002 geschaffen und soll an die alte Spinnerei erinnern. Dabei möchte der Künstler durch die verwendeten Materialen, also rostender Stahl und verzinkter Stahldraht, die alte und neue Verwendung des Areals und der Kammgarn-Gebäude symbolisieren.
Innerhalb der „Kammgarn“, wie das Kulturzentrum in der Umgangssprache genannt wird, dienen die Kesselhäuser unabhängig von ihrem unterschiedlichen Alter und ihrer abweichenden Stilrichtung als das eigentliche Konzerthaus. Das Kraftwerk bzw. die Turbinenhalle ist ein Showroom und in der ehemaligen Werkstatt logiert der Cotton Club, der eine intimere Atmosphäre für die Liveauftritte von Blues-, Jazz- und Soulgruppen bietet als der große Kammgarnsaal.Insgesamt verfügt das heutige Kulturzentrum Kammgarn über eine Fläche von 1.300 qm und einen Innenhof mit weiteren 1.000 qm Außenfläche. Seit seines Bestehens hat es sich in zwei Jahrzehnten einen über Kaiserslautern hinausgehenden Ruf erworben. Das gilt vor allem für die Sparten Pop, Rock, Hiphop, Rap, Indie, Jazz, Blues, Comedy, Kabarett, Punk und Gothic. Ein konkretes regionales Beispiel ist für die Stadt der „Roten Teufel“ die Punk-Band „Die Walter Elf“. Besonders stolz ist man auf die eigene Sound- und Licht-Technik, die dem jeweils neuesten Stand der Entwicklung entsprechen soll.
Dank der besonderen Räumlichkeiten und Umgebung kann das „Kammgarn ein „attraktives Flair von Vintage-Atmosphäre“ bieten, also ein authentisches historisches Ambiente, wie es in einer Selbstdarstellung heißt. Daher werden die Räumlichkeiten, so vor allem die „Kammgarn-Turbine“ auch als Showroom für Produktpräsentationen angeboten.
Kulturzentrum Kammgarn (Foto: S. Dohle)
Die Erweiterung der Fachhochschule
Während diese historischen Gebäude, die aufgrund ihres exemplarischen Charakters für die Industriearchitektur unter Denkmalschutz stehen, relativ problemlos für neue Nutzungen modernisiert werden konnten, galt das nicht für weitere Teile der KGSK, die fast ausschließlich aus der Nachkriegszeit stammen.
Hier gab es zunächst eine Reihe von Zwischennutzungen. So wurden die VHS im Wollmagazin und Wolllager und zwei Künstlerateliers im Wollmagazin untergebracht.
Eine besonders abwechslungsreiche Karriere erlebten die Gebäudeteile gegenüber dem Kulturzentrum Kammgarn, die zur Zeit der KGSK als Zwirnerei, Rohweißspinnerei, Vorspinnerei und Lager genutzt wurden. Hier entstand während der Landesgartenschau im Jahr 2000 ein Industriemuseum und später die Jean-Schoen-Halle, in der über 600 Besucher Platz finden konnten.
Der Kampf um die „Fassade“
Diese historische Außenwand, die gegenüber dem Kulturzentrum Kammgarn liegt und daher auch als Kammgarn-Mauer bezeichnet wird, hatte durch eine besondere künstlerische „Ergänzung“ eine spezifische Aufwertung erfahren. So hatte man eigens für das Dach dieser Halle konzipierte 22 „Grauen Männer“ von Christel Lechner installiert, die sich im Eigentum des Kulturzentrum befinden. Die Künstlerin versteht diese Skulpturen als Alltagsmenschen, denen sie somit ein Denkmal setzt, das in Kaiserslautern durch computergesteuerte Lichteffekte in der Dunkelheit besonders inszeniert wird.
Durch diese markante Lage und ihre nächtlich Anstrahlung, die man 2003 installierte, wurde diese Mauer rasch zu einem Identifikationsobjekt für die Besucher der Kammgarn, für die Studenten und Mitarbeiter Fachhochschule und die Kaiserslauterer insgesamt.
Im Zuge der Baufortschritte der Verdichtungsbauten kam es zu den nicht ganz unüblichen Kostensteigerungen, die das Land Rheinland-Pfalz dadurch senken wollte, dass man die Kammgarn-Mauer nicht wie ursprünglich geplant erhalten, sondern durch eine moderne Fassade aus Glas und Stahl ersetzt werden sollte. Auf diese Weise sollten rund 1,5 Mio. eingespart werden.
Gegen diese Absicht organisierte sich in Kaiserslautern rasch Widerstand. So sammelte eine „Initiative „Pro Industrie-Denkmal“!“ unter dem Vorsitz einer ehemaligen CDU- und jetzigen FDP-Stadträtin 4.500 Unterschriften für den Erhalt der Kammgarn-Mauer und veranstaltete an einem Sonntag Mitte Juni 2010 auf einer Bühne vor der Fassade einen Protestbrunch. Daran beteiligten sich auch Lauterer Künstler, so die Kabarett-Truppe „Die Untiere“. Dabei setzte sich u.a. die „Lautrer-Angie“ Marina Tamássy geschützt durch düstere Bodyguards für den Erhalt dieser ganz speziellen Mauer in Kaiserslautern ein.
Vermutlich hat allerdings weniger die Kanzlerin als die einmütige Haltung der Kaiserslauterer die Haltung der Landesregierung wieder umgestimmt, worin man auch einen Beweis für die Identifikation einer Stadt mit einem historischen Bauwerk sehen kann.
Delmenhorst: Die Expo-Chance: Ein Industriemuseum und mehr
In Delmenhorst, einer niedersächsischen Kreisstadt zwischen Odenburg und Bremen, wurde man gleich zweimal mit der Insolvenz einer großen Wollkämmerei konfrontiert. So musste die Norddeutsche Wollkämmerei & Kammgarnspinnerei, kurz Nordwolle genannt, bereits 1931 Konkurs anmelden. Ursachen für diesen Tod eines riesigen globalen Textilkonzerns waren neben der Weltwirtschaftskrise Bilanzfälschungen, die erst die Kredite für die Expansionspolitik ermöglicht hatten. Eine erheblich kleinere Nachfolgegesellschaft, die Vereinigt Kammgarnspinnerei AG (VKS), musste dann im Zuge der Krise der europäischen Textilindustrie 1982 die Produktion einstellen.
Vom städtebaulichen Bedarf her gesehen, ist das Gelände der Nordwolle erheblich weniger begünstigt als das der KGSK in Kaiserslautern, da Delmenhorst weitere alte Industrieflächen aufweist, aber nur ein geringes Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum besitzt. So war Delmenhorst vor Jahrzehnten auch ein Zentrum der Juteverarbeitung und Linoleumherstellung, also weiterer Branchen, die weitgehend ihre ehemalige Bedeutung verloren und zu Arbeitsplatzverlusten und Industriebrachen geführt haben.
So war in dieser alten Industriestadt zwischen Bremen und Oldenburg kein Mangel an Industriebrachen am Innenstadtrand, die sich etwa für großflächige Handelsstandorte eigneten. Ein Beispiel ist das Jute Center auf dem Gelände der ehemaligen Jute-Spinnerei und Weberei, die 1996 ihre Produktion in Delmenhorst einstellte.
Der FID besteht hingegen weiter und hat seit 1998 eine Kooperationsvereinbarung mit dem Museum abgeschlossen. Danach hilft er u. a. bei der Sicherung von Dokumenten zur Unternehmensgeschichte, der Erforschung der Geschichte der Nordwolle und der Erstellung von Publikationen.
Noch wichtiger ist jedoch die finanzielle und vor allem organisatorische Unterstützung des Vereins und seiner rund 50 Mitglieder bei pädagogischen Angeboten, Kulturveranstaltungen sowie den jährlichen Museumstagen und
Weserstraße
Aktienspekulation und Betriebsschließung im Rückblick
Auch wenn die Vernichtung der Arbeitsplätze und die Bereicherung der Aktien- und Immobilienspekulanten zunächst für viel Unmut sorgte, fällt die Beurteilung der Weichenstellung, die damit für das Kämmereigebiet erfolgte, heute eher positiv aus. So kann man etwa folgende Zeilen lesen:
Aktienspekulation und Betriebsschließung im Rückblick
Auch wenn die Vernichtung der Arbeitsplätze und die Bereicherung der Aktien- und Immobilienspekulanten zunächst für viel Unmut sorgte, fällt die Beurteilung der Weichenstellung, die damit für das Kämmereigebiet erfolgte, heute eher positiv aus. So kann man etwa folgende Zeilen lesen:
„Die vielen Bewohner der Leineinsel, die auf dem ehemaligen Fabrikgelände heute ihre Wohnungen und Häuser haben, sind zumindest sicher nicht allzu traurig“, da ihnen „die Wohnhäuser direkt am südlichen Leinetal natürlich viel besser als lärmende und wahrscheinlich auch nicht sonderlich gut riechende Fabrikgebäude.“
Auch räumt ein ortsverbundene Döhrenerin ein: „Und auch wenn vieles nicht zu retten war und manches nicht gerettet wurde, so sind die wenigen Stellen, die an die hundertjährige Geschichte der Wollwäscherei und Kämmerei erinnern, ziemlich hübsch geworden.“
Kaiserslautern: Bildungs- und Eventangebote als City-Ergänzung
Die Immobilien der Kammgarnspinnerei Kaiserslautern (KGSK), die auch die Wollwäsche und Kämmerei integriert hatte, boten für die städtebauliche Entwicklung ganz besondere Chancen, da die Gebäude noch relativ jung und in einem einheitlich Stil errichtet waren, vor allem aber weil das Areal sehr günstig zur Innenstadt liegt.
Der größte Teil des Gebäudekomplexes war 1937 nach einem Brand entstanden und dann nach Kriegszerstörungen wiederaufgebaut worden, sodass die KGSK zur Zeit ihrer Schließung als modernster westdeutscher Textilbetrieb galt.
Die Immobilien der Kammgarnspinnerei Kaiserslautern (KGSK), die auch die Wollwäsche und Kämmerei integriert hatte, boten für die städtebauliche Entwicklung ganz besondere Chancen, da die Gebäude noch relativ jung und in einem einheitlich Stil errichtet waren, vor allem aber weil das Areal sehr günstig zur Innenstadt liegt.
Der größte Teil des Gebäudekomplexes war 1937 nach einem Brand entstanden und dann nach Kriegszerstörungen wiederaufgebaut worden, sodass die KGSK zur Zeit ihrer Schließung als modernster westdeutscher Textilbetrieb galt.
Die vorhandenen Produktionshallen boten sich daher als Sanierungs- und Modernisierungsfälle für neue Nutzungen geradezu an.
Blick auf die ehemalige Kämmerei von Westen (Foto: B. Gehm)
Verwaltungsgebäude und Produktionshallen: Fachhochschule
Das galt für das Verwaltungsgebäude und zwei Produktionshallen, die nach einem Brand durch den Stuttgarter Architekten Philip Jacob Manz im Stil des Funktionalismus in den Jahren 1936-7 errichtet wurden. Markante Gebäudeteile sind dabei der Turmbau des Verwaltungstraktes sowie eine Brücke, die diesen Riegel mit dem Wollmagazin auf der anderen Straßenseite verbindet. Hier befindet sich das alte Firmenlogo der Kammgarnspinnerei mit Widder und Spindel, sodass ein Besucher gleich am stadtnahen Eingang zum ehemaligen Firmengelände erfährt, welchen architektonischen Hintergrund das Gebäudeensemble besitzt.
Verwaltungsgebäude (Foto: S. Dohle)
Der Ausbau der Produktionshallen für den Lehrbetrieb orientierte sich an die damals modernen kühlen Industriebau-Architektur, die notwendige Versorgungsleitungen als gestalterische Elemente benutzte, um den Eindruck einer Lernfabrik zu erzeugen.
Blick auf die ehemalige Kämmerei von Westen (Foto: B. Gehm)
Verwaltungsgebäude und Produktionshallen: Fachhochschule
Das galt für das Verwaltungsgebäude und zwei Produktionshallen, die nach einem Brand durch den Stuttgarter Architekten Philip Jacob Manz im Stil des Funktionalismus in den Jahren 1936-7 errichtet wurden. Markante Gebäudeteile sind dabei der Turmbau des Verwaltungstraktes sowie eine Brücke, die diesen Riegel mit dem Wollmagazin auf der anderen Straßenseite verbindet. Hier befindet sich das alte Firmenlogo der Kammgarnspinnerei mit Widder und Spindel, sodass ein Besucher gleich am stadtnahen Eingang zum ehemaligen Firmengelände erfährt, welchen architektonischen Hintergrund das Gebäudeensemble besitzt.
Verwaltungsgebäude (Foto: S. Dohle)
Der Ausbau der Produktionshallen für den Lehrbetrieb orientierte sich an die damals modernen kühlen Industriebau-Architektur, die notwendige Versorgungsleitungen als gestalterische Elemente benutzte, um den Eindruck einer Lernfabrik zu erzeugen.
Modernisierter Lehrbereich (Foto: B. Gehm)
Turbinenhalle und Kesselhäuser: Kulturzentrum Kammgarn
Stilistisch weniger einheitlich ist ein Komplex aus dem Alten und Neuen Kesselhaus, der Turbinenhalle und einer alten Werkstatt besteht und insgesamt das Kulturzentrum Kammgarn baulich darstellt.
Vo diesen Gebäuden steht die Skulptur „Twist and Turn“ von Robert Currie. Diese 12 m hohe Stahlkonstruktion einer Spindel wurde 2002 geschaffen und soll an die alte Spinnerei erinnern. Dabei möchte der Künstler durch die verwendeten Materialen, also rostender Stahl und verzinkter Stahldraht, die alte und neue Verwendung des Areals und der Kammgarn-Gebäude symbolisieren.
Innerhalb der „Kammgarn“, wie das Kulturzentrum in der Umgangssprache genannt wird, dienen die Kesselhäuser unabhängig von ihrem unterschiedlichen Alter und ihrer abweichenden Stilrichtung als das eigentliche Konzerthaus. Das Kraftwerk bzw. die Turbinenhalle ist ein Showroom und in der ehemaligen Werkstatt logiert der Cotton Club, der eine intimere Atmosphäre für die Liveauftritte von Blues-, Jazz- und Soulgruppen bietet als der große Kammgarnsaal.Insgesamt verfügt das heutige Kulturzentrum Kammgarn über eine Fläche von 1.300 qm und einen Innenhof mit weiteren 1.000 qm Außenfläche. Seit seines Bestehens hat es sich in zwei Jahrzehnten einen über Kaiserslautern hinausgehenden Ruf erworben. Das gilt vor allem für die Sparten Pop, Rock, Hiphop, Rap, Indie, Jazz, Blues, Comedy, Kabarett, Punk und Gothic. Ein konkretes regionales Beispiel ist für die Stadt der „Roten Teufel“ die Punk-Band „Die Walter Elf“. Besonders stolz ist man auf die eigene Sound- und Licht-Technik, die dem jeweils neuesten Stand der Entwicklung entsprechen soll.
Dank der besonderen Räumlichkeiten und Umgebung kann das „Kammgarn ein „attraktives Flair von Vintage-Atmosphäre“ bieten, also ein authentisches historisches Ambiente, wie es in einer Selbstdarstellung heißt. Daher werden die Räumlichkeiten, so vor allem die „Kammgarn-Turbine“ auch als Showroom für Produktpräsentationen angeboten.
Kulturzentrum Kammgarn (Foto: S. Dohle)
Hier gab es zunächst eine Reihe von Zwischennutzungen. So wurden die VHS im Wollmagazin und Wolllager und zwei Künstlerateliers im Wollmagazin untergebracht.
Eine besonders abwechslungsreiche Karriere erlebten die Gebäudeteile gegenüber dem Kulturzentrum Kammgarn, die zur Zeit der KGSK als Zwirnerei, Rohweißspinnerei, Vorspinnerei und Lager genutzt wurden. Hier entstand während der Landesgartenschau im Jahr 2000 ein Industriemuseum und später die Jean-Schoen-Halle, in der über 600 Besucher Platz finden konnten.
Eine besondere historische Bedeutung hat hier eine gelb verputzte Fassade mit einem Sockel aus rotem Sandstein, die vermutlich bereits 1896 von Carl Arnold Séquin erbaut wurde.
Um den gesamten Standort Kaiserlautern der FHS auf dem Kammgarngelände zu konzentrieren, wurde der Abriss dieser Gebäude geplant, wobei man die alte Fassade jedoch erhalten wollte. Dadurch sollten „auf der ehemaligen Industriebrache.. denkmalgeschützte Elemente und moderne Architektur, Industriegeschichte und Hightech in ein interessantes Spannungsverhältnis treten, das ein außergewöhnliches und anregendes Lern- und Arbeitsumfeld schafft“.
Für diese notwendige „Nachverdichtung“, wie es im Architektendeutsch heißt, wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben. Dessen Siegerentwurf sah die Erhaltung einer alten Fassade aus der Zeit um 1896 vor. Als Begründung wird im Erläuterungstext des Hannoveraner Architektenbüros von „Fassaden der ehemaligen Produktionshallen“ gesprochen, die „lapidar umfunktioniert und als steinerne Kulisse zur Abschirmung störender Emissionen und Einblicke, als Pufferzone zu den Niedrig-Energiehäusern interpretiert“ werden.
Um den gesamten Standort Kaiserlautern der FHS auf dem Kammgarngelände zu konzentrieren, wurde der Abriss dieser Gebäude geplant, wobei man die alte Fassade jedoch erhalten wollte. Dadurch sollten „auf der ehemaligen Industriebrache.. denkmalgeschützte Elemente und moderne Architektur, Industriegeschichte und Hightech in ein interessantes Spannungsverhältnis treten, das ein außergewöhnliches und anregendes Lern- und Arbeitsumfeld schafft“.
Für diese notwendige „Nachverdichtung“, wie es im Architektendeutsch heißt, wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben. Dessen Siegerentwurf sah die Erhaltung einer alten Fassade aus der Zeit um 1896 vor. Als Begründung wird im Erläuterungstext des Hannoveraner Architektenbüros von „Fassaden der ehemaligen Produktionshallen“ gesprochen, die „lapidar umfunktioniert und als steinerne Kulisse zur Abschirmung störender Emissionen und Einblicke, als Pufferzone zu den Niedrig-Energiehäusern interpretiert“ werden.
Der Kampf um die „Fassade“
Diese historische Außenwand, die gegenüber dem Kulturzentrum Kammgarn liegt und daher auch als Kammgarn-Mauer bezeichnet wird, hatte durch eine besondere künstlerische „Ergänzung“ eine spezifische Aufwertung erfahren. So hatte man eigens für das Dach dieser Halle konzipierte 22 „Grauen Männer“ von Christel Lechner installiert, die sich im Eigentum des Kulturzentrum befinden. Die Künstlerin versteht diese Skulpturen als Alltagsmenschen, denen sie somit ein Denkmal setzt, das in Kaiserslautern durch computergesteuerte Lichteffekte in der Dunkelheit besonders inszeniert wird.
Durch diese markante Lage und ihre nächtlich Anstrahlung, die man 2003 installierte, wurde diese Mauer rasch zu einem Identifikationsobjekt für die Besucher der Kammgarn, für die Studenten und Mitarbeiter Fachhochschule und die Kaiserslauterer insgesamt.
Im Zuge der Baufortschritte der Verdichtungsbauten kam es zu den nicht ganz unüblichen Kostensteigerungen, die das Land Rheinland-Pfalz dadurch senken wollte, dass man die Kammgarn-Mauer nicht wie ursprünglich geplant erhalten, sondern durch eine moderne Fassade aus Glas und Stahl ersetzt werden sollte. Auf diese Weise sollten rund 1,5 Mio. eingespart werden.
Gegen diese Absicht organisierte sich in Kaiserslautern rasch Widerstand. So sammelte eine „Initiative „Pro Industrie-Denkmal“!“ unter dem Vorsitz einer ehemaligen CDU- und jetzigen FDP-Stadträtin 4.500 Unterschriften für den Erhalt der Kammgarn-Mauer und veranstaltete an einem Sonntag Mitte Juni 2010 auf einer Bühne vor der Fassade einen Protestbrunch. Daran beteiligten sich auch Lauterer Künstler, so die Kabarett-Truppe „Die Untiere“. Dabei setzte sich u.a. die „Lautrer-Angie“ Marina Tamássy geschützt durch düstere Bodyguards für den Erhalt dieser ganz speziellen Mauer in Kaiserslautern ein.
Vermutlich hat allerdings weniger die Kanzlerin als die einmütige Haltung der Kaiserslauterer die Haltung der Landesregierung wieder umgestimmt, worin man auch einen Beweis für die Identifikation einer Stadt mit einem historischen Bauwerk sehen kann.
Kammgarn-Wand (Foto: S. Dohle)
Delmenhorst: Die Expo-Chance: Ein Industriemuseum und mehr
In Delmenhorst, einer niedersächsischen Kreisstadt zwischen Odenburg und Bremen, wurde man gleich zweimal mit der Insolvenz einer großen Wollkämmerei konfrontiert. So musste die Norddeutsche Wollkämmerei & Kammgarnspinnerei, kurz Nordwolle genannt, bereits 1931 Konkurs anmelden. Ursachen für diesen Tod eines riesigen globalen Textilkonzerns waren neben der Weltwirtschaftskrise Bilanzfälschungen, die erst die Kredite für die Expansionspolitik ermöglicht hatten. Eine erheblich kleinere Nachfolgegesellschaft, die Vereinigt Kammgarnspinnerei AG (VKS), musste dann im Zuge der Krise der europäischen Textilindustrie 1982 die Produktion einstellen.
Vom städtebaulichen Bedarf her gesehen, ist das Gelände der Nordwolle erheblich weniger begünstigt als das der KGSK in Kaiserslautern, da Delmenhorst weitere alte Industrieflächen aufweist, aber nur ein geringes Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum besitzt. So war Delmenhorst vor Jahrzehnten auch ein Zentrum der Juteverarbeitung und Linoleumherstellung, also weiterer Branchen, die weitgehend ihre ehemalige Bedeutung verloren und zu Arbeitsplatzverlusten und Industriebrachen geführt haben.
So war in dieser alten Industriestadt zwischen Bremen und Oldenburg kein Mangel an Industriebrachen am Innenstadtrand, die sich etwa für großflächige Handelsstandorte eigneten. Ein Beispiel ist das Jute Center auf dem Gelände der ehemaligen Jute-Spinnerei und Weberei, die 1996 ihre Produktion in Delmenhorst einstellte.
Ein von der Fläche her erheblich größeres Projekt war für das ehemalige Areal der Nordwolle erforderlich, nachdem durch den Konkurs der Vereinigten Kammgarnspinnerei im Jahr 1981 das Gelände seit dem 1982 nicht mehr industriell genutzt wurde.
Das Areal liegt zwischen der Bahnlinie nach Bremen und dem Flüsschen Delme, wobei die erhaltenen Fabrikgebäude sich auf den Süden mit den Straßen „Am Wolllager“, „Am Turbinenhaus“ und „Lahusenstraße“ sowie den Westen entlang der Straße „Fabrikhof“ konzentrieren. Der gesamte nordöstliche Bereich wurde hingegen mit Wohnhäusern neu bebaut.
Einen ersten Überblick über den Gebäudekomplex der Nordwolle vermitteln Panorama –Aufnahmen durch immidea aus Delmenhorst, so vom "Alten Tor" am Westeingang des Geländes und von den Shedhallen am „Fabrikhof“.
Das Areal liegt zwischen der Bahnlinie nach Bremen und dem Flüsschen Delme, wobei die erhaltenen Fabrikgebäude sich auf den Süden mit den Straßen „Am Wolllager“, „Am Turbinenhaus“ und „Lahusenstraße“ sowie den Westen entlang der Straße „Fabrikhof“ konzentrieren. Der gesamte nordöstliche Bereich wurde hingegen mit Wohnhäusern neu bebaut.
Einen ersten Überblick über den Gebäudekomplex der Nordwolle vermitteln Panorama –Aufnahmen durch immidea aus Delmenhorst, so vom "Alten Tor" am Westeingang des Geländes und von den Shedhallen am „Fabrikhof“.
Hier gelang über ein Jahrzehnt später eine kleines Verwertungswunder; denn es gelang 1996 das Stadtentwicklungs-Projekt „Nordwolle Delmenhorst“ mit seinen beiden Teilen "Wohnen und Arbeiten an der Datenbahn" und "Zukunft Alter - ServiceWohnen" zum ersten weltweiten Projekt der Weltausstellung EXPO 2000 und damit Delmenhorst zum ersten Außenstandort der Weltausstellung Expo 2000 zu machen. Auf diese Weise ließ sich nicht nur die entsprechende Aufmerksamkeit gewinnen, sondern auch Finanzierungsquellen für die Entwicklung von Häusern der Zukunft mit Telearbeitsräumen erschließen.
Ein wichtiger Bestandteil des Delmenhorster EXPO-Vorhabens war das Projekt "Zukunft Alter - ServiceWohnen", das aus ca. 120 Wohnungen bestand. Zusätzlich waren ca. 70 barrierefrei gebaute Wohnungen für ältere Menschen vorgesehen. Dabei sollten erste Realisationen für eine von Erleichterung der Haushaltsführung durch teilautomatisierte Gebrauchstechniken bei der Haushaltsführung und die Nutzung von Computernetzen für das Teleshopping, Telebanking und Telelearning vorgeführt werden.
Nordwolle (Foto:wikipedia)
Förderkreis Industriemuseum und Arbeitskreis Fabrikmuseum
Erst 1988, also einige Zeit nach der endgültigen Schließung des Nachfolgeunternehmens des alten Nordwolle-Konzerns im Jahr 1981, gründeten ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Nordwolle und andere, an der Erhaltung der industriellen Erinnerung interessierte Bürgerinnen und Bürger den Förderkreis Industriemuseum Delmenhorst e. V. (FID). Ihr Ziel war es, unter dem Motto "Neues Leben für ein Industriedenkmal" die Einrichtung eines Industriemuseums auf dem Gelände der ehemaligen Norddeutschen Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei Delmenhorst zu fordern und zu unterstützen.
In dieser Zeit bot die Volkshochschule Delmenhorst einen Arbeitskreis „Fabrik wird Museum“ an, der im VHS-Programm von 1989 zur frühzeitigen Mitarbeit und Mitgestaltung einlud. Das geschah ganz konkret mit der Aufforderung: „Kommen Sie mit auf einen Rundgang durch das Delmenhorster Industriemuseum "Nordwolle"!“
Um diesen Aufmacher zu rechtfertigen, wurde anschließend auf die vorhandenen Planungen und auf die Möglichkeit verwiesen, diese Vorgaben „zu diskutieren und mit den Ideen und Vorschlägen der Teilnehmer/innen weiterzuentwickeln.“
Einen wichtigen Teil dieser Mitmachaktion sah der Veranstalter darin, „historische Fotos, Dokumente und Ausstellungsstücke zusammenzutragen sowie die Erlebnisse und Erfahrungen der früheren Mitarbeiter/innen der "Nordwolle" in die Museumsgestaltung“ einzuarbeiten.
Hieraus entwickelte sich der Arbeitskreis Fabrikmuseum, der seit 1995 eine Reihe von Faltblättern erarbeitet hat, die über Teilgebiete der Nordwolle informieren. Sie konnten erstmals dank der finanziellen Unterstützung durch den Förderkreis Industriemuseum dann im Ende Mai 2001 der Presse vorgestellt werden
Diese Informationen sind auch ein wichtiger Grundstock der Webseite, mit der der Arbeitskreis weiterhin einen detaillierten Überblick über das Museum und das Leben der Wolleaner gibt. Der Arbeitskreis selbst hat sich wegen der beruflichen Umorientierung einiger Mitglieder im Jahr 2001 aufgelöst.
1996 wurde das Fabrikmuseum eröffnet und der Name des Arbeitskreises änderte sich von "Fabrik wird Museum" in "Arbeitskreis Fabrikmuseum".
Ein wichtiger Bestandteil des Delmenhorster EXPO-Vorhabens war das Projekt "Zukunft Alter - ServiceWohnen", das aus ca. 120 Wohnungen bestand. Zusätzlich waren ca. 70 barrierefrei gebaute Wohnungen für ältere Menschen vorgesehen. Dabei sollten erste Realisationen für eine von Erleichterung der Haushaltsführung durch teilautomatisierte Gebrauchstechniken bei der Haushaltsführung und die Nutzung von Computernetzen für das Teleshopping, Telebanking und Telelearning vorgeführt werden.
Nordwolle (Foto:wikipedia)
Förderkreis Industriemuseum und Arbeitskreis Fabrikmuseum
Erst 1988, also einige Zeit nach der endgültigen Schließung des Nachfolgeunternehmens des alten Nordwolle-Konzerns im Jahr 1981, gründeten ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Nordwolle und andere, an der Erhaltung der industriellen Erinnerung interessierte Bürgerinnen und Bürger den Förderkreis Industriemuseum Delmenhorst e. V. (FID). Ihr Ziel war es, unter dem Motto "Neues Leben für ein Industriedenkmal" die Einrichtung eines Industriemuseums auf dem Gelände der ehemaligen Norddeutschen Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei Delmenhorst zu fordern und zu unterstützen.
In dieser Zeit bot die Volkshochschule Delmenhorst einen Arbeitskreis „Fabrik wird Museum“ an, der im VHS-Programm von 1989 zur frühzeitigen Mitarbeit und Mitgestaltung einlud. Das geschah ganz konkret mit der Aufforderung: „Kommen Sie mit auf einen Rundgang durch das Delmenhorster Industriemuseum "Nordwolle"!“
Um diesen Aufmacher zu rechtfertigen, wurde anschließend auf die vorhandenen Planungen und auf die Möglichkeit verwiesen, diese Vorgaben „zu diskutieren und mit den Ideen und Vorschlägen der Teilnehmer/innen weiterzuentwickeln.“
Einen wichtigen Teil dieser Mitmachaktion sah der Veranstalter darin, „historische Fotos, Dokumente und Ausstellungsstücke zusammenzutragen sowie die Erlebnisse und Erfahrungen der früheren Mitarbeiter/innen der "Nordwolle" in die Museumsgestaltung“ einzuarbeiten.
Hieraus entwickelte sich der Arbeitskreis Fabrikmuseum, der seit 1995 eine Reihe von Faltblättern erarbeitet hat, die über Teilgebiete der Nordwolle informieren. Sie konnten erstmals dank der finanziellen Unterstützung durch den Förderkreis Industriemuseum dann im Ende Mai 2001 der Presse vorgestellt werden
Diese Informationen sind auch ein wichtiger Grundstock der Webseite, mit der der Arbeitskreis weiterhin einen detaillierten Überblick über das Museum und das Leben der Wolleaner gibt. Der Arbeitskreis selbst hat sich wegen der beruflichen Umorientierung einiger Mitglieder im Jahr 2001 aufgelöst.
1996 wurde das Fabrikmuseum eröffnet und der Name des Arbeitskreises änderte sich von "Fabrik wird Museum" in "Arbeitskreis Fabrikmuseum".
Der FID besteht hingegen weiter und hat seit 1998 eine Kooperationsvereinbarung mit dem Museum abgeschlossen. Danach hilft er u. a. bei der Sicherung von Dokumenten zur Unternehmensgeschichte, der Erforschung der Geschichte der Nordwolle und der Erstellung von Publikationen.
Noch wichtiger ist jedoch die finanzielle und vor allem organisatorische Unterstützung des Vereins und seiner rund 50 Mitglieder bei pädagogischen Angeboten, Kulturveranstaltungen sowie den jährlichen Museumstagen und
-festen.
Der Museumskomplex
Seit 1996/7 sind im ehemaligen Turbinenhaus das Fabrikmuseum der Nordwolle und in der Lichtstation das Stadtmuseum untergebracht, das die Geschichte der Stadt und früheren Grafschaft Delmenhorst präsentiert.
Das Fabrikmuseum im Turbinenhaus
Im Mittelpunkt des Quartiers steht dabei das Fabrikmuseum, wobei das ehemalige Turbinenhaus mit seinen Rundbogenfenstern nicht nur museal genutzt wird, sondern auch ein interessantes Ambiente für Ausstellungen, kulturelle Veranstaltungen und Sonderpräsentationen bietet.
Vor allem dokumentiert das Fabrikmuseum jedoch mit der Nordwolle das wichtigste Unternehmen der Delmenhorster Industriegeschichte von seiner Gründung bis zur Betriebseinstellung. Dabei erhält man sowohl Einblicke in den Einsatz der imposanten Maschinen als auch in die Arbeits- und Lebenswelt der Arbeiter und Beamten, wie die Angestellten damals genannt wurden, sowie des Managements.
VHS Delmenhorst
Alte und neue Wohngebiete
Vor dem Beginn der Expo-Planungen wurde Teile des Nordwolle-Areals bereits seit 1983 als Wohnungsbaugebiete benutzt. Damit knüpften die Planer an eine alte Tradition des Unternehmens an.
Dabei wurden teilweise sogar die Fassaden alter Produktionsgebäude benutzt.
In den neuesten Teilen wird mit sehr unterschiedlichen Gebäudetypen experimentiert, sodass die Eigentümer Häuser erwerben können, die fast ganz ihren individuellen Wünschen entsprechen.
Der Museumskomplex
Seit 1996/7 sind im ehemaligen Turbinenhaus das Fabrikmuseum der Nordwolle und in der Lichtstation das Stadtmuseum untergebracht, das die Geschichte der Stadt und früheren Grafschaft Delmenhorst präsentiert.
Das Fabrikmuseum im Turbinenhaus
Im Mittelpunkt des Quartiers steht dabei das Fabrikmuseum, wobei das ehemalige Turbinenhaus mit seinen Rundbogenfenstern nicht nur museal genutzt wird, sondern auch ein interessantes Ambiente für Ausstellungen, kulturelle Veranstaltungen und Sonderpräsentationen bietet.
Vor allem dokumentiert das Fabrikmuseum jedoch mit der Nordwolle das wichtigste Unternehmen der Delmenhorster Industriegeschichte von seiner Gründung bis zur Betriebseinstellung. Dabei erhält man sowohl Einblicke in den Einsatz der imposanten Maschinen als auch in die Arbeits- und Lebenswelt der Arbeiter und Beamten, wie die Angestellten damals genannt wurden, sowie des Managements.
Turbinenhaus ( Foto:wikipedia)
Das Stadtmuseum in der Lichtstation
Das im Dezember 1997 eröffnete Stadtmuseum ist im ersten Maschinenhaus der Nordwolle von 1884, der späteren Lichtstation, untergebracht. Es bietet in mehreren Abteilungen einen Rundgang durch die Geschichte der Stadt und früheren Grafschaft Delmenhorst, wobei auch die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg nicht zu kurz kommt.
Seit 2006 bestehen die Museen der Stadt unter dem gemeinsamen Namen "Nordwolle Delmenhorst - Nordwestdeutsches Museum für IndustrieKultur".
Das Veranstaltungszentrum com.media im Wollelager
Aus dem ehemaligen Wollelager der Norddeutschen Wollkämmerei, in die einst die Waggons mit den schweren Wolleballen rollten, ist inzwischen eine Veranstaltungshalle geworden. Einen guten Eindruck von der alten Zeit vermittelt noch die alte Backsteinfassade. Der heutige Name com.media erinnert weiterhin an die Funktion während der Expo-Zeit, als hier erste Visionen des Internetzeitalters Realität wurden.
Heute fasziniert das Veranstaltungszentrum durch die ungewöhnlichen Proportionen und die Verbindung von historischer Industriearchitektur mit modernen baulichen Standards. Es gilt vor allem für die erforderliche hohe Tragfähigkeit des Daches und des Bodens. So kann das "com.media" Platz für 400 Personen bieten, sodass es sich für Tagungen, Festlichkeiten und andere Veranstaltungen nutzen lässt.
Laut seiner Eigenwerbung ist daher der Veranstaltungssaal im com.media.delmenhorst die „perfekte Umgebung für fast jeden Anlass“, da die „ Kreativität in der Gestaltung .. grenzenlos“ sein soll. Man kann daher angeblich durch diese Wahl seinen Freunden und Geschäftspartnern das eigene „Gespür für Außergewöhnliches und erlesenen Geschmack“ vermitteln.
Bildung in modernisierten alten Gemäuern
Neben den Museen und dem Veranstaltungszentrum findet man heute in den modernisierten historischen Fabrikgebäuden zwei Bildungseinrichtungen. Hiezu zählt in dem großen Gebäudekomplex an der Straße „Am Wolllager“, in dem früher nicht nur die Wolle gelagert, sondern auch sortiert und gewaschen wurde, aber auch die Verarbeitung des Wollfetts erfolgte, eine Fachschule für Altenpflege der Diakonie.
Neben dem Stadtmuseum gelangt man hinter einer großen Glasfassade, in der sich das Industriemuseum spiegelt, zur Volkshochschule Delmenhorst, die damit den kulturellen Komplex abrundet. Der Lichthof dieses Gebäudes wird heute auch als Ausstellungsraum genutzt.
Das Stadtmuseum in der Lichtstation
Das im Dezember 1997 eröffnete Stadtmuseum ist im ersten Maschinenhaus der Nordwolle von 1884, der späteren Lichtstation, untergebracht. Es bietet in mehreren Abteilungen einen Rundgang durch die Geschichte der Stadt und früheren Grafschaft Delmenhorst, wobei auch die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg nicht zu kurz kommt.
Seit 2006 bestehen die Museen der Stadt unter dem gemeinsamen Namen "Nordwolle Delmenhorst - Nordwestdeutsches Museum für IndustrieKultur".
Das Veranstaltungszentrum com.media im Wollelager
Aus dem ehemaligen Wollelager der Norddeutschen Wollkämmerei, in die einst die Waggons mit den schweren Wolleballen rollten, ist inzwischen eine Veranstaltungshalle geworden. Einen guten Eindruck von der alten Zeit vermittelt noch die alte Backsteinfassade. Der heutige Name com.media erinnert weiterhin an die Funktion während der Expo-Zeit, als hier erste Visionen des Internetzeitalters Realität wurden.
Heute fasziniert das Veranstaltungszentrum durch die ungewöhnlichen Proportionen und die Verbindung von historischer Industriearchitektur mit modernen baulichen Standards. Es gilt vor allem für die erforderliche hohe Tragfähigkeit des Daches und des Bodens. So kann das "com.media" Platz für 400 Personen bieten, sodass es sich für Tagungen, Festlichkeiten und andere Veranstaltungen nutzen lässt.
Laut seiner Eigenwerbung ist daher der Veranstaltungssaal im com.media.delmenhorst die „perfekte Umgebung für fast jeden Anlass“, da die „ Kreativität in der Gestaltung .. grenzenlos“ sein soll. Man kann daher angeblich durch diese Wahl seinen Freunden und Geschäftspartnern das eigene „Gespür für Außergewöhnliches und erlesenen Geschmack“ vermitteln.
Bildung in modernisierten alten Gemäuern
Neben den Museen und dem Veranstaltungszentrum findet man heute in den modernisierten historischen Fabrikgebäuden zwei Bildungseinrichtungen. Hiezu zählt in dem großen Gebäudekomplex an der Straße „Am Wolllager“, in dem früher nicht nur die Wolle gelagert, sondern auch sortiert und gewaschen wurde, aber auch die Verarbeitung des Wollfetts erfolgte, eine Fachschule für Altenpflege der Diakonie.
Berufsfachschule Altenpflege
Alte und neue Wohngebiete
Vor dem Beginn der Expo-Planungen wurde Teile des Nordwolle-Areals bereits seit 1983 als Wohnungsbaugebiete benutzt. Damit knüpften die Planer an eine alte Tradition des Unternehmens an.
Die Werkssiedlung Heimstraße
Das gilt vor allem für die Werkssiedlung Heimstraße, wo in der Zeit von 1900 bis 1922 mit 140 Wohnungen die größte Werksiedlung des Unternehmens entstanden war. Verglichen mit dem „Döhrener Jammer“ ist hier die Anlage erheblich weniger kompakt. Man kann daher Anklänge an die britische Idee der Gartenstädte erkenne, die von der englischen Gattin englischen Gattin Carl Lahusens, Armine Lahusen, unterstützt wurde. Daher besaßen die Häuser neben einem kleinen Vorgarten einen größeren Nutzgarten hinter dem Haus, der die Haltung von Nutztieren und eine billige Selbstversorgung erlauben sollte.
Auch durch ein Abkehr vom roten Ziegelbau, der für die damaligen Fabriken typisch war, wollte durch weißverputzte Fassaden, Ziegelstreifen oder farbig abgesetztes Fachwerk einen eher ländlichen Eindruck erzeugen.
Insgesamt umfasst diese Siedlung 60 zumeist freistehende Doppelhäuser mit je zwei Wohnungen von 45 qm Grundfläche. Da zahlreiche Häuser in den 1970er Jahren ohne Auflagen verkauft und anschließend umgebaut wurden, findet man heute nur noch in der Pappel- und der Heimstraße Gebäude, die das Konzept der alten Werkssiedlung erkennen lassen. Hier haben zunächst für einige Jahre ausländische Arbeitnehmer zur Miete gewohnt, bevor man die Häuser dann nach dem Konkurs VKS 1981 unter Denkmalschutz gestellt und anschließend verkauft hat.
Die Otto Jenzok-Straße
Diese Werkssiedlung an der Heimstraße ist inzwischen jedoch als Denkmal eher die Ausnahme; denn nicht zuletzt im Zuge der Expo gab es auch neue Siedlungen wie zum Beispiel die an der Otto-Jenzok-Straße.
Das gilt vor allem für die Werkssiedlung Heimstraße, wo in der Zeit von 1900 bis 1922 mit 140 Wohnungen die größte Werksiedlung des Unternehmens entstanden war. Verglichen mit dem „Döhrener Jammer“ ist hier die Anlage erheblich weniger kompakt. Man kann daher Anklänge an die britische Idee der Gartenstädte erkenne, die von der englischen Gattin englischen Gattin Carl Lahusens, Armine Lahusen, unterstützt wurde. Daher besaßen die Häuser neben einem kleinen Vorgarten einen größeren Nutzgarten hinter dem Haus, der die Haltung von Nutztieren und eine billige Selbstversorgung erlauben sollte.
Auch durch ein Abkehr vom roten Ziegelbau, der für die damaligen Fabriken typisch war, wollte durch weißverputzte Fassaden, Ziegelstreifen oder farbig abgesetztes Fachwerk einen eher ländlichen Eindruck erzeugen.
Insgesamt umfasst diese Siedlung 60 zumeist freistehende Doppelhäuser mit je zwei Wohnungen von 45 qm Grundfläche. Da zahlreiche Häuser in den 1970er Jahren ohne Auflagen verkauft und anschließend umgebaut wurden, findet man heute nur noch in der Pappel- und der Heimstraße Gebäude, die das Konzept der alten Werkssiedlung erkennen lassen. Hier haben zunächst für einige Jahre ausländische Arbeitnehmer zur Miete gewohnt, bevor man die Häuser dann nach dem Konkurs VKS 1981 unter Denkmalschutz gestellt und anschließend verkauft hat.
Die Otto Jenzok-Straße
Diese Werkssiedlung an der Heimstraße ist inzwischen jedoch als Denkmal eher die Ausnahme; denn nicht zuletzt im Zuge der Expo gab es auch neue Siedlungen wie zum Beispiel die an der Otto-Jenzok-Straße.
Dabei wurden teilweise sogar die Fassaden alter Produktionsgebäude benutzt.
Alte Fabrikhof-Fassade
Neubauseite
Von den neuen Baugebieten aus ist die Delme mit ihren parkähnlichen Grünanlagen und Spielplätzen schnell zu erreichen.
Passage an der Delme
In den neuesten Teilen wird mit sehr unterschiedlichen Gebäudetypen experimentiert, sodass die Eigentümer Häuser erwerben können, die fast ganz ihren individuellen Wünschen entsprechen.
Neubau im östlichen Teil des neuen Wohngebiets
Augsburg: Große Flächen, große Möglichkeiten
Wieder anders als in Delmenhorst stellt sich die Lage in Augsburg dar, der Metropole des bayerischen Bezirks Schwaben, wo die Textilkrise ein erheblich größeres Areal verändert hat.
Hier konnte die Industrialisierung nicht nur an die Handelstradition mit der entsprechenden Akkumulation von Kapital in den lokalen Banken anknüpfen, sondern es gab von den natürlichen Voraussetzungen her ideale Voraussetzungen für die entstehende Textilindustrie. Das galt vor allem für das Gebiet zwischen der Altstadt und dem Lech, da hier zahlreichen Kanäle für Wasser und die nötige Energie sorgten.
Das Textilviertel
So wurde hier gleich ein ganze Handvoll größerer Textilunternehmen gegründet, von denen die wichtigsten auf der Karte eingezeichnet sind.
Ab 1957 kam es dann im Zuge der Globalisierung und der damit verbundenen internationalen Konkurrenz zu einer andauernden Krise der inländischen Textilindustrie. Nach und nach mussten sogar die größeren Aktiengesellschaften Konkurs anmelden, so 1986 die Mechanische Baumwollspinnerei und Weberei (SWA), 1996 die Neue Augsburger Kattunfabrik (NAK) und 2002 die Augsburger Kammgarn-Spinnerei (AKS). Zunächst reagierten die Öffentlichkeit und Politik kaum auf den Niedergang. So wurden nur wenige der verwaisten Industrieanlagen neu genutzt, während viele Gebäude baufällig und mehrere Komplexe wie die NAK, die Shedhallen der SWA und große Teile der AKS abgerissen wurden.
Später setzte sich dann jedoch eine Bürgerinitiative für die Erhaltung wichtiger Bauwerke und auch für ein Gesamtkonzept zur Erhaltung und behutsamen Entwicklung des Augsburger Textilviertels ein.
Sichtbares Zeichen dieser veränderten öffentlichen Wahrnehmung ist die Wahl des Textilviertels als Standort für das 2010 eröffnete Staatliche Textil- und Industriemuseum (tim).
Auslöser für den Bewusstseinswandel und das Engagement der Bürger war eine städtische Planung. So griff 1995 der Stadtrat alte Planungen auf, die bis ins Jahr 1930 zurückreichen und eine innerstädtische Entlastungsstraße, eine sogenannte Schleife vorsehen, was eine Durchtrennung des Textilsviertels bedeutet.
Gegen diese Schleifenstraße organisierten sich verschiedene Bürgerinitiativen, die Lärmbelästigungen durch den Verkehr und eine Beeinträchtigung des Wohnumfelds befürchteten. Da es ihnen gelang die nötigen Unterschriften für ein Bürgerbegehren nach der bayerischen Gemeindeordnung zu sammeln, kam es 1997 zu einem kommunalen Bürgerentscheid, in dem jedoch die Befürworter der Schleifenstraße bei einer Wahlbeteiligung von 32,5 % mit 80 % Ja-Stimmen siegten.
Trotz der Niederlage bildete sich jedoch der Verein Bürgeraktion Textilviertel. Für diese Entwicklung dürfte nicht zuletzt der damalige politische Wandel in Augsburg verantwortlich sein, der 2002 zur Bildung einer sogenannten Regenbogenkoalition aus SPD, Grünen, ÖDP und zwei Wählergruppen führte. Zuvor war bereits 1990 das „Forum Augsburg Lebenswert“ (FAL) als Dachverein gegründet worden, in dem sich Bürgerinitiativen und stadtpolitisch interessierte Bürger zusammengeschlossen hatten.
Eines seiner Ziele war die Forderung nach einem Gesamtkonzept für das Textilviertel mit einer entsprechenden Grünplanung.
Als treibende Kraft im Forum und bei der Bürgerbewegung gegen die Schleifenstraße profilierte sich Eva Leipprand, die 2002 als Oberbürgermeisterkandidatin der Grünen antrat und nach dem Sieg der Regenbogenkoalition von 2002 bis 2008 3. Bürgermeisterin und Kulturreferentin wurde.
Durch diesen Politikwechsel wurden zahlreiche Initiativen zum bürgerschaftlichen Engagement gestärkt und eine bürgernahe Planung für das Textilviertel begonnen.
Innerhalb dieses kommunalen Rahmens tritt der Verein für die Belange von Textilviertel und Herrenbach ein. Dabei geht es ihm nicht zuletzt darum, auch die negativen Auswirkungen des Baus der Schleifenstraße zu „mildern und einen Rahmen dafür schaffen, dass sich das Viertel trotzdem zu einem für die Bewohner lebenswerten Stadtteil entwickeln kann.“
Ein weiteres Ziel der BA-Textilviertel ist daher die Förderung des Zusammenlebens im Viertel, wobei die Überbrückung von kulturellen und sozialen Unterschieden der Bewohner im Mittelpunkt stehen.
Dabei soll das Textilviertel jedoch seine historische Identität nicht verlieren. Auf die „Bewahrung des Vermächtnisses“ mit den Baudenkmälern und den landschaftlichen Besonderheiten des Textilviertels, zu denen die Kanäle, Parks und Freiflächen aus der Textilindustrie zählen, sowie auf Kulturgut jeglicher Art, will die Bürgeraktion Textilviertel daher besonders achten.
So hat der Verein im Rahmen der Bürgerbeteiligung des Integrierten Stadtteilentwicklungskonzepots (ISEK) aktiv mitgewirkt, die zwischen März 2008 und Juli 2009 für den Bereich Stadtbezirke Textilviertel/ Herrenbach erfolgte.
Die Ergebnisse dieses ISEK wurden dann am 29. Juli 2010 vom Stadtrat beschlossen.
Gegen diese Schleifenstraße organisierten sich verschiedene Bürgerinitiativen, die Lärmbelästigungen durch den Verkehr und eine Beeinträchtigung des Wohnumfelds befürchteten. Da es ihnen gelang die nötigen Unterschriften für ein Bürgerbegehren nach der bayerischen Gemeindeordnung zu sammeln, kam es 1997 zu einem kommunalen Bürgerentscheid, in dem jedoch die Befürworter der Schleifenstraße bei einer Wahlbeteiligung von 32,5 % mit 80 % Ja-Stimmen siegten.
Trotz der Niederlage bildete sich jedoch der Verein Bürgeraktion Textilviertel. Für diese Entwicklung dürfte nicht zuletzt der damalige politische Wandel in Augsburg verantwortlich sein, der 2002 zur Bildung einer sogenannten Regenbogenkoalition aus SPD, Grünen, ÖDP und zwei Wählergruppen führte. Zuvor war bereits 1990 das „Forum Augsburg Lebenswert“ (FAL) als Dachverein gegründet worden, in dem sich Bürgerinitiativen und stadtpolitisch interessierte Bürger zusammengeschlossen hatten.
Eines seiner Ziele war die Forderung nach einem Gesamtkonzept für das Textilviertel mit einer entsprechenden Grünplanung.
Durch diesen Politikwechsel wurden zahlreiche Initiativen zum bürgerschaftlichen Engagement gestärkt und eine bürgernahe Planung für das Textilviertel begonnen.
Innerhalb dieses kommunalen Rahmens tritt der Verein für die Belange von Textilviertel und Herrenbach ein. Dabei geht es ihm nicht zuletzt darum, auch die negativen Auswirkungen des Baus der Schleifenstraße zu „mildern und einen Rahmen dafür schaffen, dass sich das Viertel trotzdem zu einem für die Bewohner lebenswerten Stadtteil entwickeln kann.“
Ein weiteres Ziel der BA-Textilviertel ist daher die Förderung des Zusammenlebens im Viertel, wobei die Überbrückung von kulturellen und sozialen Unterschieden der Bewohner im Mittelpunkt stehen.
Dabei soll das Textilviertel jedoch seine historische Identität nicht verlieren. Auf die „Bewahrung des Vermächtnisses“ mit den Baudenkmälern und den landschaftlichen Besonderheiten des Textilviertels, zu denen die Kanäle, Parks und Freiflächen aus der Textilindustrie zählen, sowie auf Kulturgut jeglicher Art, will die Bürgeraktion Textilviertel daher besonders achten.
So hat der Verein im Rahmen der Bürgerbeteiligung des Integrierten Stadtteilentwicklungskonzepots (ISEK) aktiv mitgewirkt, die zwischen März 2008 und Juli 2009 für den Bereich Stadtbezirke Textilviertel/ Herrenbach erfolgte.
Die Ergebnisse dieses ISEK wurden dann am 29. Juli 2010 vom Stadtrat beschlossen.
Fabrikschlösser und Glaspaläste
Einige Fabriken der Augsburger Textilunternehmen waren nicht nur reine Zweckbauten, sondern markante Beispiele der frühen Industriearchitektur, wie bereits in Bezeichnungen wie „Fabrikschloss“ und „Glaspalast“ zum Ausdruck kommt, die ihnen die Augsburger gegeben haben.
Das „Barockschloss“ der Schüleschen Kattunfabrik
Bereits 1770 ließ der Unternehmer und Erfinder Johann Heinrich Schüle seine Manufaktur für den Kattundruck abreißen und errichtete unmittelbar außerhalb der Stadtmauer die erste Kattunfabrik auf dem europäischen Festland.
Dieses Stammhaus der Augsburger Textilindustrie, das als vereinfachte Ausgabe eines Barockschlosses zu den schönsten Fabrikgebäuden zählt, wurde bis in die 1990er Jahre hinein zur Produktion genutzt. Erst im Zuge der allgemeinen Textilkrise Brach man den Süd- und der Nordtrakt der Dreiflügelanlage trotz zahlreicher Proteste wegen angeblicher Baufälligkeit 1996 ab. Der Ostteil mit der denkmalgeschützten Fassade blieb jedoch als Ruine stehen und wurde vom Freistaat Bayern erworben, der hier einen Neubau für die Hochschule Augsburg errichtete.
Dabei wurde der erhaltene historische Kopfbau im Stil eines Barockschlosses saniert. Die die beiden abgebrochenen Flügelbauten ergänzte man in moderner Architektur aus Glas, Stahl und Sichtbeton, sodass hier im Frühjahr 2007 die Fakultäten für Gestaltung und Informatik einziehen konnten.
Einige Fabriken der Augsburger Textilunternehmen waren nicht nur reine Zweckbauten, sondern markante Beispiele der frühen Industriearchitektur, wie bereits in Bezeichnungen wie „Fabrikschloss“ und „Glaspalast“ zum Ausdruck kommt, die ihnen die Augsburger gegeben haben.
Das „Barockschloss“ der Schüleschen Kattunfabrik
Bereits 1770 ließ der Unternehmer und Erfinder Johann Heinrich Schüle seine Manufaktur für den Kattundruck abreißen und errichtete unmittelbar außerhalb der Stadtmauer die erste Kattunfabrik auf dem europäischen Festland.
Dieses Stammhaus der Augsburger Textilindustrie, das als vereinfachte Ausgabe eines Barockschlosses zu den schönsten Fabrikgebäuden zählt, wurde bis in die 1990er Jahre hinein zur Produktion genutzt. Erst im Zuge der allgemeinen Textilkrise Brach man den Süd- und der Nordtrakt der Dreiflügelanlage trotz zahlreicher Proteste wegen angeblicher Baufälligkeit 1996 ab. Der Ostteil mit der denkmalgeschützten Fassade blieb jedoch als Ruine stehen und wurde vom Freistaat Bayern erworben, der hier einen Neubau für die Hochschule Augsburg errichtete.
Dabei wurde der erhaltene historische Kopfbau im Stil eines Barockschlosses saniert. Die die beiden abgebrochenen Flügelbauten ergänzte man in moderner Architektur aus Glas, Stahl und Sichtbeton, sodass hier im Frühjahr 2007 die Fakultäten für Gestaltung und Informatik einziehen konnten.
Zentraltrakt der Schüleschen Kattunfabrik (Foto:wikipedia)
Das Fabrikschloss
Das zwischen 1877 und 1893 am Proviantbach entstandene Werk III der SWA, das als Fabrikschloss bezeichnet wird, wurde in zwei Bauphasen errichtet. Zunächst entstand hier 1877/83 eine Weberei mit dem größten Websaal Deutschlands, zwischen 1895 und 1898 folgten dann ein Spinnereihochbau und eine weitere Weberei. Der Entwurf stammte vom Schweizer Architekturbüro Séquin & Knobel, das damals viele Industrie- und vor allem Textilfabriken baute.
Das Gebäude aus roten und gelben Ziegeln sowie Natursteinen besteht aus einem Sockelgeschoss und drei Stockwerken. Durch die unterschiedliche Anordnung der Steine, die z. B. an den Fenstern radial angeordnet sind, entsteht eine besondere Licht- bzw. Schattenwirkung. Dank des so erreichten Aussehens erhielt das Gebäude, das vor allem durch drei Ecktürme und die farbliche Gestaltung geprägt wird, schnell die Bezeichnung Fabrikschloss.
Dieses Gebäude wurde 1997/8 saniert und wird seitdem als Fachmarktzentrum genutzt.
Fachmarktareal um das "Fabrikschloss (Foto: wikipedia)
Der Glaspalast
Auch das Werk IV der MWA, das in der offiziellen Firmensprache „Aumühle“ hieß, erhielt von den Augsburgern eine besondere Bezeichnung, die ihm weiterhin ein positives Image verleiht, da sie eine Verbindung zu einer Attraktion der Weltausstellung von 1851 in London herstellt, wo man den Kristallpalast feierte.
Das immerhin als Glaspalast bezeichnete Fabrikgebäude wurde 1908/ 9 von dem damals bekannten Fabrikarchitekten Architekten Philipp J. Manz geplant und anschließend durch die Baufirma Thormann und Stiefel (Thosti), eine Vorläuferin der späteren Walter Bau AG, errichtet.
Das Werk Aumühle ist ein palastartiges Fabrikgebäude aus Eisen, Beton und Glas, das auf einer Grundfläche von fast einem halben Hektar errichtet wurde. Nach kurzer Zeit schon hatten die Augsburger das Gebäude in "Glaspalast" umgetauft, da während der Nachtschicht durch die großzügigen Fensterflächen das Licht wie aus einem Palast weit in die dunkle Umgebung strahlte.
Der markante Turm, der das flache Dach um ca. drei Stockwerke überragt, diente früher zur Unterbringung eines riesigen Wasserbehälters.Nachdem die Produktion mit dem Konkurs 1988 eingestellt wurde, ging das Gebäude zunächst an die Stadt Augsburg, von der es 1999 Ignaz Walter, der Großaktionär und Vorstandsvorsitzende der Walter Bau, kaufte. Er hat hier 2002 ein nach ihm benanntes privat finanziertes und unterhaltenes Kunstmuseum eröffnet.
Das Fabrikschloss
Das zwischen 1877 und 1893 am Proviantbach entstandene Werk III der SWA, das als Fabrikschloss bezeichnet wird, wurde in zwei Bauphasen errichtet. Zunächst entstand hier 1877/83 eine Weberei mit dem größten Websaal Deutschlands, zwischen 1895 und 1898 folgten dann ein Spinnereihochbau und eine weitere Weberei. Der Entwurf stammte vom Schweizer Architekturbüro Séquin & Knobel, das damals viele Industrie- und vor allem Textilfabriken baute.
Das Gebäude aus roten und gelben Ziegeln sowie Natursteinen besteht aus einem Sockelgeschoss und drei Stockwerken. Durch die unterschiedliche Anordnung der Steine, die z. B. an den Fenstern radial angeordnet sind, entsteht eine besondere Licht- bzw. Schattenwirkung. Dank des so erreichten Aussehens erhielt das Gebäude, das vor allem durch drei Ecktürme und die farbliche Gestaltung geprägt wird, schnell die Bezeichnung Fabrikschloss.
Fabrikschloss (Foto: wikipedia)
Fachmarktareal um das "Fabrikschloss (Foto: wikipedia)
Auch das Werk IV der MWA, das in der offiziellen Firmensprache „Aumühle“ hieß, erhielt von den Augsburgern eine besondere Bezeichnung, die ihm weiterhin ein positives Image verleiht, da sie eine Verbindung zu einer Attraktion der Weltausstellung von 1851 in London herstellt, wo man den Kristallpalast feierte.
Das immerhin als Glaspalast bezeichnete Fabrikgebäude wurde 1908/ 9 von dem damals bekannten Fabrikarchitekten Architekten Philipp J. Manz geplant und anschließend durch die Baufirma Thormann und Stiefel (Thosti), eine Vorläuferin der späteren Walter Bau AG, errichtet.
Das Werk Aumühle ist ein palastartiges Fabrikgebäude aus Eisen, Beton und Glas, das auf einer Grundfläche von fast einem halben Hektar errichtet wurde. Nach kurzer Zeit schon hatten die Augsburger das Gebäude in "Glaspalast" umgetauft, da während der Nachtschicht durch die großzügigen Fensterflächen das Licht wie aus einem Palast weit in die dunkle Umgebung strahlte.
Der markante Turm, der das flache Dach um ca. drei Stockwerke überragt, diente früher zur Unterbringung eines riesigen Wasserbehälters.Nachdem die Produktion mit dem Konkurs 1988 eingestellt wurde, ging das Gebäude zunächst an die Stadt Augsburg, von der es 1999 Ignaz Walter, der Großaktionär und Vorstandsvorsitzende der Walter Bau, kaufte. Er hat hier 2002 ein nach ihm benanntes privat finanziertes und unterhaltenes Kunstmuseum eröffnet.
Noch ein vierter Gebäudekomplex des Textilviertels verdienet eine besondere Beachtung, auch wenn er nicht vom Volksmund durch eine entsprechende Namengebung geadelt wurde. Dabei handelt es sich um Gebäude der AKS, wo im Januar 2010 das Staatliche Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim) eröffnet wurde. Da an diesem Standort ein ganzes Museumsareal entstehen soll, werden die Buchstaben AKS inzwischen schon als Abkürzung für Augsburger Kultur Speicher interpretiert, der neben dem tim noch das Augsburger Stadtarchiv und die Stadtarchäologie beherbergen soll.
Das tim ist im Kopfbau und den angrenzenden Shedhallen der AKS untergebracht. Beim Umbau ist der renommierte Grazer Architekt Klaus Kada sehr behutsam vorgegangen. So können die Besucher im Eingangs- und Ausstellungsbereich die einmalige Atmosphäre der Gründerzeit erleben, die mit den Formen der modernen Architektur kombiniert wird. Beeindruckend sind ebenso die Shedhallen aus den 1950er Jahren. Dort ist unter anderem die Museumsweberei untergebracht.
Heutiges tim (Foto: wikipedia)
ISEK Textilviertel/Herrenbach
Noch in einem 1995 erschienenen Pappbilderbuch wurde das Textilviertel als „ein Stadtteil im Dornröschenschlaf“ bezeichnet. Das hat sich dann in den folgenden Jahren geändert, wobei allerdings zunächst ein Bebauungsplan für das AKS-Gelände rechtsverbindlich wurde, bevor man ein Gesamtkonzept für das Textilviertel in Angriff nahm. Daher wurde im Jahr 2004 als erster Schritt zur Revitalisierung der Industriebrache der Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 475, „Kammgarnspinnerei“ gefasst, der mittlerweile in Kraft getreten ist.
Der Augsburger Stadtrat hat dann am 22. November 2007 beschlossen, für das Textilviertel ein Integriertes Stadtteilentwicklungskonzept im Bund-Länder-Städtebauförderungs-Programm „Stadtumbau-West” erarbeiten zu lassen. Dazu wurden Vorbereitende Untersuchungen von März 2008 bis Juli 2009, begleitet von einem Bürgerbeteiligungsverfahren, durchgeführt.
In der 4. Planungswerkstatt am 27. Juni 2009 wurden die Hauptbotschaften für einen Ideenwettbewerb zum Marketing des Stadtteilprofils formuliert.
Danach sollen die „einzigartigen Qualitäten und Potenziale“, die die Beteiligten in den Industriedenkmälern, den Bächen und Kanälen, den kulturellen Einrichtungen sowie in der Nähe zur Innenstadt und zum Lech“ sahen, erhalten und genutzt werden.
Um die eigene Identität des Gebietes zu entwickeln, soll die Planung die Industriedenkmäler als „kulturelle Leuchttürme“ fördern und soziokulturelle Kristallisationsorte schaffen, die eine offene, sozial gemischte und integrierte Gesellschaft ohne Ausgrenzungen fördern.
Als Alleinstellungsmerkmal dieses Gebietes soll neben der Nähe zur Innenstadt mit ihrem urbanen, vielfältigen Leben und den Grünkorridoren als positiven Standortfaktoren das Konzept eines „Gewerbes im Park“ umgesetzt werden.
Noch in einem 1995 erschienenen Pappbilderbuch wurde das Textilviertel als „ein Stadtteil im Dornröschenschlaf“ bezeichnet. Das hat sich dann in den folgenden Jahren geändert, wobei allerdings zunächst ein Bebauungsplan für das AKS-Gelände rechtsverbindlich wurde, bevor man ein Gesamtkonzept für das Textilviertel in Angriff nahm. Daher wurde im Jahr 2004 als erster Schritt zur Revitalisierung der Industriebrache der Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 475, „Kammgarnspinnerei“ gefasst, der mittlerweile in Kraft getreten ist.
Der Augsburger Stadtrat hat dann am 22. November 2007 beschlossen, für das Textilviertel ein Integriertes Stadtteilentwicklungskonzept im Bund-Länder-Städtebauförderungs-Programm „Stadtumbau-West” erarbeiten zu lassen. Dazu wurden Vorbereitende Untersuchungen von März 2008 bis Juli 2009, begleitet von einem Bürgerbeteiligungsverfahren, durchgeführt.
In der 4. Planungswerkstatt am 27. Juni 2009 wurden die Hauptbotschaften für einen Ideenwettbewerb zum Marketing des Stadtteilprofils formuliert.
Danach sollen die „einzigartigen Qualitäten und Potenziale“, die die Beteiligten in den Industriedenkmälern, den Bächen und Kanälen, den kulturellen Einrichtungen sowie in der Nähe zur Innenstadt und zum Lech“ sahen, erhalten und genutzt werden.
Um die eigene Identität des Gebietes zu entwickeln, soll die Planung die Industriedenkmäler als „kulturelle Leuchttürme“ fördern und soziokulturelle Kristallisationsorte schaffen, die eine offene, sozial gemischte und integrierte Gesellschaft ohne Ausgrenzungen fördern.
Als Alleinstellungsmerkmal dieses Gebietes soll neben der Nähe zur Innenstadt mit ihrem urbanen, vielfältigen Leben und den Grünkorridoren als positiven Standortfaktoren das Konzept eines „Gewerbes im Park“ umgesetzt werden.
Altes Kammgarnquartier und neues AKS-Gebiet
Beim alten Kammgarnquartier handelt es sich um eine historische Werkssiedlung der AKS, die in den Jahren 1875 und 1876 gebaut wurde und nach einigen Erweiterungen kurz vor dem Zweiten Weltkrieg knapp 50 Häuser mit ca. 350 Wohnungen umfasste. Diese großen Mehrfamilienhäuser wurden hier in den 1980er Jahren abgerissen und durch Neubauten ohne einen Bezug zum Textilwerk ersetzt.Handelt es sich damit heute um ein Gebiet ohne einen besonderen planerischen Impetus, trifft das hingegen ganz und gar nicht auf das alte Betriebsgelände der AKS zu, wo „nach dem Willen der Stadt“ „rund um das Textilmuseum ein Augsburger Vorzeigeviertel für modernes Leben und Wohnen in historischem Umfeld entstehen“ soll( Knab 2) und wo man sogar eine Trendforscherin in die Planung eingeschaltet hat, damit sich dort auch „die Menschen von morgen“ wohlfühlen. (Knab 1)
Hier wurden im Zuge der Neuerschließung der ca. 12,9 ha großen Industriebrache seit Ende 2009 große Teile des Komplexes abgerissen und mit dem tim eine neue Entwicklung initiiert.
Ziele sind eine Revitalisierung des ehemaligen AKS-Geländes und die städtebauliche Integration in das Stadtgefüge. Dabei soll eine mehrfache Durchlässigkeit des bislang geschlossenen Fabrikareals in West-Ost- und Nord-Süd-Richtung geschaffen und damit eine stärkere Vernetzung zwischen dem Textilviertel und der Innenstadt erreicht werden.
Auf diesem Areal der ehemaligen Spinnerei entsteht damit, wie der Projektentwickler betont, ein Wohn- und Lebensviertel mit einzigartigen Entfaltungsmöglichkeiten. Das wesentliche Charakteristikum wird dabei in der Mischung gesehen, da „authentisch renovierte Industriedenkmäler“ mit moderner Architektur kombiniert werden, wobei trotz der Nähe zur Innenstadt auf eine umfangreiche Durchgrünung des neuen Stadtviertels nicht verzichtet wurde.
Bebaungsplan (Quelle: Planungsamt Augsburg)
Beim alten Kammgarnquartier handelt es sich um eine historische Werkssiedlung der AKS, die in den Jahren 1875 und 1876 gebaut wurde und nach einigen Erweiterungen kurz vor dem Zweiten Weltkrieg knapp 50 Häuser mit ca. 350 Wohnungen umfasste. Diese großen Mehrfamilienhäuser wurden hier in den 1980er Jahren abgerissen und durch Neubauten ohne einen Bezug zum Textilwerk ersetzt.Handelt es sich damit heute um ein Gebiet ohne einen besonderen planerischen Impetus, trifft das hingegen ganz und gar nicht auf das alte Betriebsgelände der AKS zu, wo „nach dem Willen der Stadt“ „rund um das Textilmuseum ein Augsburger Vorzeigeviertel für modernes Leben und Wohnen in historischem Umfeld entstehen“ soll( Knab 2) und wo man sogar eine Trendforscherin in die Planung eingeschaltet hat, damit sich dort auch „die Menschen von morgen“ wohlfühlen. (Knab 1)
Hier wurden im Zuge der Neuerschließung der ca. 12,9 ha großen Industriebrache seit Ende 2009 große Teile des Komplexes abgerissen und mit dem tim eine neue Entwicklung initiiert.
Ziele sind eine Revitalisierung des ehemaligen AKS-Geländes und die städtebauliche Integration in das Stadtgefüge. Dabei soll eine mehrfache Durchlässigkeit des bislang geschlossenen Fabrikareals in West-Ost- und Nord-Süd-Richtung geschaffen und damit eine stärkere Vernetzung zwischen dem Textilviertel und der Innenstadt erreicht werden.
Auf diesem Areal der ehemaligen Spinnerei entsteht damit, wie der Projektentwickler betont, ein Wohn- und Lebensviertel mit einzigartigen Entfaltungsmöglichkeiten. Das wesentliche Charakteristikum wird dabei in der Mischung gesehen, da „authentisch renovierte Industriedenkmäler“ mit moderner Architektur kombiniert werden, wobei trotz der Nähe zur Innenstadt auf eine umfangreiche Durchgrünung des neuen Stadtviertels nicht verzichtet wurde.
Bebaungsplan (Quelle: Planungsamt Augsburg)
Auf eine Vielfältigkeit wird auch im architektonischen Bereich geachtet, wo der traditionsreiche Altbestand vor allem der Fabrikgebäude neben den modernen Wohngebäuden steht.
Einen erheblichen Beitrag zum Wohn- und Freizeitwert des neuen Viertels sollen die großflächigen Grünbereiche leisten, die das Areal untergliedern bzw. an seinem Rand ergänzen.
Alle diese Eigenschaften machen das AKS-Viertel zwar nicht, wie der Projektentwickler behauptet zur „neuen Mitte Augsburgs“, was eher irreführend ist, wenn man dadurch etwa an das CentrO bzw. die Neue Mitte Oberhausen denkt.
Zentralörtliche Funktionen findet man in den Planungen nur teilweise. Das gilt vor allem für den Einzelhandelsbereich, wo sich ein Discounter und ein Verbrauchermarkt in keiner Weise mit einem klassischen Stadtzentrum messen können. Hier kann nur auf diverse Restaurants, ein Fitnesszentrum und ein Design-Hotel verwiesen werde, das im alten Kesselhaus entstehen soll.
Geplante Nutzungen im
AKS-Viertel
Quelle: Millenium Development (Hg), Kammgarspinnerei, S.
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Im Unterschied zum Kammgarnquartier findet man in der 1892, also über ein Jahrzehnt später, errichteten Werkssiedlung der SWA an der Proviantbachstraße noch ein Wohngebiet, das seinen ursprünglichen Charakter als Arbeiterwohnquartier im ausgehenden 19. Jahrhundert nicht verloren hat. Ursprünglich lebten in den Gebäuden 8 bis 10 Mietparteien in Wohnungen zwischen 32 und 54 qm. Außerdem konnten die Bewohner ein Gemeinschaftswaschhaus und einen kleinen eigenen Garten nutzen.
Im Unterschied zum Kammgarnquartier bestand hier am Proviantbach in den inzwischen renovierten Altbauten noch ein intaktes traditionelles Wohngebiet.
Das hat sich jedoch inzwischen geändert, denn jetzt wirbt der Bauträger P&P AG mit dem Slogan „Wie in einem Dorf um 1900…“ um Eigennutzer und Kapitalanleger für 170 Wohnungen. Damit wird für das denkmalgeschützte Gebäudeensemble in einer großzügigen Parkanlage mit eigenem Strand am Proviantbach geworben, das sogar ein Gästehaus und ein Spielhaus für Kinder anbieten kann.
Der Entwickler hat sich allerdings nicht nur um die Wohnqualität der kernsanierten und sehr hochwertig ausgestatteten Wohnungen gekümmert, sondern auch um eine hochrentable Kapitalanlage, da der Staat wegen der Denkmalschutzeigenschaft „dieses Vorhaben gem. §7h / 10f EStG durch erhöhte Abschreibungen in Höhe von ca.70% des Kaufpreises“ fördert.
Proviantbachquartier (Foto:wikipedia
Das Herrenbachviertel
Im Zuge des ISEK wurde in die Konzipierung des gesamten Textilviertels auch das Herrenbachviertel einbezogen, das nach einem Lecharm benannt ist. Hier waren bis in die 1950er Jahre vor allem Gärtnereien zu finden, die dann in den 1960er Jahren durch große Wohnanlagen verdrängt wurden.
So entstanden hier mit dem Schwabencenter für die damalige Zeit typische Großwohnanlagen, in denen 1971 Augsburgs erstes Einkaufszentrum eröffnet wurde. Ähnlich wie in den WiN-Gebieten Bremens sollen und wollen die Planer hier die Identifikation der Bewohner mit ihrem Wohngebiet stärken und das Image des Stadtviertels aufwerten.
Blumenthal: Auswege aus Nutzungskonflikten und Zentrumsdefiziten
Im Vergleich zu den vier Städten Hannover, Kaiserslautern, Delmenhorst und Augsburg befindet sich die Planung für den Kernbereich des ehemaligen Werksgeländes der Bremer Woll-Kämmerei (BWK) in einer relativ frühen Phase, da der Bebauungsplan 1288 für den Gesamtbereich der Fläche der ehemaligen BWK neu aufgestellt werden soll.
Zwischen Park, Fluss und Zentrum
Fragt man einen Immobilienmakler, wie eine Lage zwischen einem Park, einem Fluss, einem historischen Ortskern und einem modernen Einkaufszentrum zu bewerten ist, dürfte ihm das keine großen Probleme bereiten. Das ist für ihn eine Top-Lage, ein Filetstück, wobei er vor allem die Wohnwünsche vieler Kunden vor Augen haben dürfte. Hier scheint die Kombination von Stadt und Natur, wie sie sich als bevorzugte Präferenz in allen entsprechenden Studien zu dieser Thematik zeigt, optimal realisiert zu sein. Und dabei ist diese Vorliebe keine kurzfristige Modemarotte, sondern eine sehr konstante menschliche Bedürfnisstruktur.
Sehr treffend hat sie Kurt Tucholsky 1929 in seinem Gedicht „Das Ideal“ aus Berliner Perspektive beschrieben:
„Ja, das möchste:
Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße;
mit schöner Aussicht, ländlich-mondän,
vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn -
aber abends zum Kino hast dus nicht weit.“
Vergleicht man das BWK-Gelände in Bremen-Blumenthal von seiner Lage her mit den anderen Kämmereigebieten kommt es diesem Ideal besonders nah, auch wenn vielleicht in Augsburg und Döhren eine attraktive Innenstadt schneller zu erreichen ist. Aber es gibt auch Vorteile, so Parkanlagen wie Wätjens Garten und Löhr und mit dem Blumenthal Center ein fußläufig erreichbares Einkaufszentrum.
Die industriellen Traditionalisten
Dennoch veröffentlichen die Stadtplaner in Bremen kein Bebauungskonzept, das dem ihrer Kollegen in Augsburg, Delmenhorst oder Hannover entspricht. Wohngebäude sind für sie offensichtlich ein Tabu.
Diese außergewöhnliche Einschränkung des planerischen Denkens kann aus dem langen Ringen der BWK um ihren Standort in Blumenthal resultieren, der von Stadt bzw. Land Bremen unterstützt wurde. So hat die Öffentliche Hand über ihre Immobiliengesellschaft nicht mehr betriebsnotwendige Grundstücke gekauft, um dadurch für einige Zeit Arbeitsplätze zu erhalten. Für die Bremer Politik scheint daher dieses Gelände mit der Bewahrung von industriellen Arbeitsplätze eng verflochten zu sein, obwohl schon vor dem endgültigen Aus der Wollkämmerei dieser Versuch außenstehende Betrachter an den Kampf des Ritters Don Quijote gegen die Windmühlenflügel erinnert hat.
Es kam so bei der BWK nicht wie im Hannoveraner Vorort zu einen „Coup von Döhren“, durch den das Betriebsgelände rasch so genutzt wurde, wie es besonders profitabel war. Dabei ist zu bedenken, dass sich in den Immobilienpreisen immer auch die tatsächliche Eignung eines Geländes für verschiedene Nutzungen widerspiegelt. Wohnwünsche, die dem Ideal nahe kommen, wie es Tucholsky in seiner Überzeichnung karikiert hat, lassen sich auf der Leineinsel in der Nähe einer S-Bahnhaltestelle besonders gut realisieren, während eine industrielle Produktion heute eher viel Fläche in der Nähe der Autobahn erfordert.
Da es diese spekulative Kalkulation und Umsetzung in Blumenthal nicht gab, kam es hier zu einer planerischen Hängepartie über mehr als ein Jahrzehnt, die von dem ersten Immobilenverkauf der BWK im Dezember 1999 bis zum letzten Erwerb der Bremer Immobiliengesellschaft im Januar 2012 dauerte und erst jetzt vor ihrem Ende stehen kann.
Bei den Teilverkäufen stand vor allem die Schaffung von Liquidität für die BWK im Vordergrund und kaum eine ökonomisch optimale Nutzung bzw. eine Nutzungsentscheidung, die von der besonderen Eignung dieses Geländes für unterschiedliche Verwertungen ausgegangen ist. Vielmehr drohten bei den Kaufentscheidungen immer das rasche Ende des Standorts Blumenthal und damit der Verlust von Arbeitsplätzen. Es gab also mehr Zeitdruck als den nötigen Raum für die Entwicklung längerfristig guter Konzepte.
In diesen Jahren dürfte sich das Credo gebildet haben, dass auf diesem Gelände industrielle Arbeitsplätze erforderlich sind. Möglicherweise hat dabei jedoch eine Fixierung auf die Geschäftspolitik des BWK-Vorstandes den Blick auf eine sich in dieser Zeit deutlich veränderte Wirtschaftswelt eingeschränkt, einen Wandel, den die Manager, wie das Schicksal ihres Unternehmens belegt, nicht in seiner ganzen Härte erkannt haben dürften.
Man darf schließlich nicht übersehen, dass sich aufgrund der Globalisierung gerade auch die deutsche Industrie deutlich gewandelt hat. So war die Wollkämmerei als industrieller Arbeitgeber unter den veränderten Bedingungen nicht mehr wettbewerbsfähig, worauf das Management erst zu spät und kaum mit erfolgreichen Gegenstrategien geantwortet hat.
Damit gab es für ein Industrieunternehmen vom Typ der BWK keinen Platz mehr in Deutschland und man muss sich fragen, ob nicht deswegen auch die Bedeutung der Standortfaktoren für Arbeitsplätze generell und auch speziell die für den Industriebereich überdacht werden müssen.
Bei ihrer Gründung war die Weser für die BWK von doppeltem Vorteil. Einerseits diente sie als günstiger Transportweg, da noch keine Bahnanbindung vorhanden und an Lkws mit Containern nicht einmal zu denken war. Andererseits ließ sich so das Waschwasser mehr oder weniger gut geklärt relativ problemlos beseitigen. Inzwischen haben sich jedoch diese Bedingungen gravierend geändert. So hat die BWK selbst die Anlieferung der Rohwolle bereits 1973 auf Container umgestellt, die sowohl per Lkw als auch per Bahn auf das Werksgelände gelangten. Und diese logistische Bedeutungslosigkeit der Weser gilt inzwischen sogar für Massengüter wie Steinkohle. Das ist jedenfalls eine Schlussfolgerung, die man aus der Umstellung der Belieferung des Kraftwerks Farge durch die Bahn ziehen muss.
Aufgrund der Umweltauflagen sollte die Nähe zur Weser inzwischen auch ihre umstrittene Bedeutung bei der Entsorgung verloren haben, da allein aus Kostengründen mit geschlossenen Wasserkreisläufen gearbeitet werden muss.
Eine Fläche an der Weser ist daher heute im Vergleich zu einem Areal in der Nähe einer Autobahnauffahrt weniger als Industriegebiet geeignet.
Da es in Blumenthal und Bremen-Nord keinen Mangel an Industrie- und Gewerbeflächen, sondern an Arbeitsplätzen gibt, besteht kein zwingender Bedarf an einem industriell nutzbaren BWK-Gelände.
Diese Schlussfolgerung können auch Politikerfloskeln wie der Satz „Die arbeitssuchenden Blumenthaler brauchten keine freie Sicht auf die Weser, sondern Perspektiven für Arbeitsplätze“ nicht entkräften, da weit und breit von einer Nachfrage nach einem Industriegelände mit einer Weserkaje in Blumenthal nichts zu sehen ist. Ein Rad- und Fußweg an der Weser kann daher gar keine Arbeitsplätze verhindern, weil es gar kein betroffenes Unternehmen gibt. Vielmehr verhindert diese Diskussion nur eine offene städtebauliche Diskussion um eine bestmögliche Nutzung des BWK-Geländes, die auch auf eine ganz andere Weise zu Arbeitsplätzen führen kann.
Bremen, Bremen-Nord und besonders auch Blumenthal brauchen zwar Arbeitsplätze, aber dabei muss es sich nicht zwangsläufig um industrielle Arbeitsplätze auf dem ehemaligen BWK-Gelände handeln. Entsprechende dogmatische Forderungen verhindern sowohl eine offene Diskussion als auch eine rasche städtebauliche Entwicklung dieses Gebietes, das dadurch in einer verhängnisvollen Nutzungspause gehalten wird und damit auch die weitere Entwicklung Blumenthals behindert. Diese politischen Floskeln sind daher nicht zuletzt auch im Hinblick auf das vermeintliche Arbeitsplatzziel eher kontraproduktiv.
Das Herrenbachviertel
Im Zuge des ISEK wurde in die Konzipierung des gesamten Textilviertels auch das Herrenbachviertel einbezogen, das nach einem Lecharm benannt ist. Hier waren bis in die 1950er Jahre vor allem Gärtnereien zu finden, die dann in den 1960er Jahren durch große Wohnanlagen verdrängt wurden.
So entstanden hier mit dem Schwabencenter für die damalige Zeit typische Großwohnanlagen, in denen 1971 Augsburgs erstes Einkaufszentrum eröffnet wurde. Ähnlich wie in den WiN-Gebieten Bremens sollen und wollen die Planer hier die Identifikation der Bewohner mit ihrem Wohngebiet stärken und das Image des Stadtviertels aufwerten.
Blumenthal: Auswege aus Nutzungskonflikten und Zentrumsdefiziten
Im Vergleich zu den vier Städten Hannover, Kaiserslautern, Delmenhorst und Augsburg befindet sich die Planung für den Kernbereich des ehemaligen Werksgeländes der Bremer Woll-Kämmerei (BWK) in einer relativ frühen Phase, da der Bebauungsplan 1288 für den Gesamtbereich der Fläche der ehemaligen BWK neu aufgestellt werden soll.
Zwischen Park, Fluss und Zentrum
Fragt man einen Immobilienmakler, wie eine Lage zwischen einem Park, einem Fluss, einem historischen Ortskern und einem modernen Einkaufszentrum zu bewerten ist, dürfte ihm das keine großen Probleme bereiten. Das ist für ihn eine Top-Lage, ein Filetstück, wobei er vor allem die Wohnwünsche vieler Kunden vor Augen haben dürfte. Hier scheint die Kombination von Stadt und Natur, wie sie sich als bevorzugte Präferenz in allen entsprechenden Studien zu dieser Thematik zeigt, optimal realisiert zu sein. Und dabei ist diese Vorliebe keine kurzfristige Modemarotte, sondern eine sehr konstante menschliche Bedürfnisstruktur.
„Ja, das möchste:
Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße;
mit schöner Aussicht, ländlich-mondän,
vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn -
aber abends zum Kino hast dus nicht weit.“
Vergleicht man das BWK-Gelände in Bremen-Blumenthal von seiner Lage her mit den anderen Kämmereigebieten kommt es diesem Ideal besonders nah, auch wenn vielleicht in Augsburg und Döhren eine attraktive Innenstadt schneller zu erreichen ist. Aber es gibt auch Vorteile, so Parkanlagen wie Wätjens Garten und Löhr und mit dem Blumenthal Center ein fußläufig erreichbares Einkaufszentrum.
Die industriellen Traditionalisten
Dennoch veröffentlichen die Stadtplaner in Bremen kein Bebauungskonzept, das dem ihrer Kollegen in Augsburg, Delmenhorst oder Hannover entspricht. Wohngebäude sind für sie offensichtlich ein Tabu.
Diese außergewöhnliche Einschränkung des planerischen Denkens kann aus dem langen Ringen der BWK um ihren Standort in Blumenthal resultieren, der von Stadt bzw. Land Bremen unterstützt wurde. So hat die Öffentliche Hand über ihre Immobiliengesellschaft nicht mehr betriebsnotwendige Grundstücke gekauft, um dadurch für einige Zeit Arbeitsplätze zu erhalten. Für die Bremer Politik scheint daher dieses Gelände mit der Bewahrung von industriellen Arbeitsplätze eng verflochten zu sein, obwohl schon vor dem endgültigen Aus der Wollkämmerei dieser Versuch außenstehende Betrachter an den Kampf des Ritters Don Quijote gegen die Windmühlenflügel erinnert hat.
Da es diese spekulative Kalkulation und Umsetzung in Blumenthal nicht gab, kam es hier zu einer planerischen Hängepartie über mehr als ein Jahrzehnt, die von dem ersten Immobilenverkauf der BWK im Dezember 1999 bis zum letzten Erwerb der Bremer Immobiliengesellschaft im Januar 2012 dauerte und erst jetzt vor ihrem Ende stehen kann.
In diesen Jahren dürfte sich das Credo gebildet haben, dass auf diesem Gelände industrielle Arbeitsplätze erforderlich sind. Möglicherweise hat dabei jedoch eine Fixierung auf die Geschäftspolitik des BWK-Vorstandes den Blick auf eine sich in dieser Zeit deutlich veränderte Wirtschaftswelt eingeschränkt, einen Wandel, den die Manager, wie das Schicksal ihres Unternehmens belegt, nicht in seiner ganzen Härte erkannt haben dürften.
Man darf schließlich nicht übersehen, dass sich aufgrund der Globalisierung gerade auch die deutsche Industrie deutlich gewandelt hat. So war die Wollkämmerei als industrieller Arbeitgeber unter den veränderten Bedingungen nicht mehr wettbewerbsfähig, worauf das Management erst zu spät und kaum mit erfolgreichen Gegenstrategien geantwortet hat.
Damit gab es für ein Industrieunternehmen vom Typ der BWK keinen Platz mehr in Deutschland und man muss sich fragen, ob nicht deswegen auch die Bedeutung der Standortfaktoren für Arbeitsplätze generell und auch speziell die für den Industriebereich überdacht werden müssen.
Bei ihrer Gründung war die Weser für die BWK von doppeltem Vorteil. Einerseits diente sie als günstiger Transportweg, da noch keine Bahnanbindung vorhanden und an Lkws mit Containern nicht einmal zu denken war. Andererseits ließ sich so das Waschwasser mehr oder weniger gut geklärt relativ problemlos beseitigen. Inzwischen haben sich jedoch diese Bedingungen gravierend geändert. So hat die BWK selbst die Anlieferung der Rohwolle bereits 1973 auf Container umgestellt, die sowohl per Lkw als auch per Bahn auf das Werksgelände gelangten. Und diese logistische Bedeutungslosigkeit der Weser gilt inzwischen sogar für Massengüter wie Steinkohle. Das ist jedenfalls eine Schlussfolgerung, die man aus der Umstellung der Belieferung des Kraftwerks Farge durch die Bahn ziehen muss.
Aufgrund der Umweltauflagen sollte die Nähe zur Weser inzwischen auch ihre umstrittene Bedeutung bei der Entsorgung verloren haben, da allein aus Kostengründen mit geschlossenen Wasserkreisläufen gearbeitet werden muss.
Eine Fläche an der Weser ist daher heute im Vergleich zu einem Areal in der Nähe einer Autobahnauffahrt weniger als Industriegebiet geeignet.
Da es in Blumenthal und Bremen-Nord keinen Mangel an Industrie- und Gewerbeflächen, sondern an Arbeitsplätzen gibt, besteht kein zwingender Bedarf an einem industriell nutzbaren BWK-Gelände.
Bremen, Bremen-Nord und besonders auch Blumenthal brauchen zwar Arbeitsplätze, aber dabei muss es sich nicht zwangsläufig um industrielle Arbeitsplätze auf dem ehemaligen BWK-Gelände handeln. Entsprechende dogmatische Forderungen verhindern sowohl eine offene Diskussion als auch eine rasche städtebauliche Entwicklung dieses Gebietes, das dadurch in einer verhängnisvollen Nutzungspause gehalten wird und damit auch die weitere Entwicklung Blumenthals behindert. Diese politischen Floskeln sind daher nicht zuletzt auch im Hinblick auf das vermeintliche Arbeitsplatzziel eher kontraproduktiv.
Die städtebauliche Funktion des BWK-Geländes
In der Zeit, als es noch eine intakte Symbiose der Industriestadt Blumenthal und der Wollkämmerei gab, ergänzten sich das Gelände der BWK, wo 1957 noch 4.950 Beschäftige ihren Lebensunterhalt verdienten, und das Kerngebiet der ehemaligen Wollindustriestadt Blumenthal, wo 1975 knapp 11.000 Einwohner lebten. Nach dem Abschluss einer ersten Rationalisierungsphase sank die Zahl der Mitarbeiter dann bis 1968 auf gut 2.000.
Aber nicht nur dieser Rückgang der BWK-Beschäftigten hatte Auswirkungen auf die zentralörtlichen Funktionen in Blumenthal und das vor allem im Einzelhandel.
Die Errichtung des Blumenthal-Centers mit seinen diversen Fachmärkten, die eine Verkaufsfläche von 13.000 qm belegen ((Nowak, S. 29), konnte ebenfalls nicht ohne Rückwirkungen bleiben. Immerhin ist diese Verkaufsfläche von der Größe her für den gesamten Ortsteil ausreichend.
Es kann und muss daher nicht überraschen, wenn in dem Stadtteilkonzept (S.26) im Jahr 2007 die Situation im traditionellen Zentrum „im Umfeld der Mühlenstraße und der Kapitän-Dallmann-Straße“ wenig erfreulich geschildert wird. Danach gab es damals „gut 30 Geschäfte des Einzelhandels und ca. 40 Dienstleistungsbetriebe“ in diesem Bereich, aber auch „ungefähr 15 Leerstände, zu denen auch ein großflächiger Einzelhandel gehört“. Diese Folgen der Center-Planung „beeinflussen das Bild negativ und reduzieren die Geschäftsdichte.“ Dabei ist der Verdrängungsprozess relativ langsam erfolgt, denn die Autoren des Stadtteilkonzepts merken an: „Die Zahl der Leerstände hat sich in den letzten Jahren erhöht.“ (Stadtteilkonzept, 2007, S. 26)
Wenn man die drei wichtigen Teilflächen im Ortsteil Blumenthal betrachtet, also das historische Zentrum, das Blumenthal Center und das BWK-Gelände, lässt sich der vielfach kritisierte Zustand des historischen Kerns praktisch nur analysieren und ändern, wenn man das BWK-Gelände vor allem auch in einem engen Zusammenhang mit dem durch das neue Center abgewerteten alten Zentrum sieht.
Eine Belebung wäre hier möglich, wenn das BWK-Gelände rasch für Passanten, Kunden und Besucher und damit auch für neue Kaufkraft im alten Zentrum sorgen würde. Diese Funktion haben früher die Beschäftigten der BWK ausgefüllt, wenn sie nach Feierabend noch Besorgungen gemacht oder ein Bier getrunken haben.
Eine Aufwertung des Zentrums würde also erfolgen, wenn unter heutigen Bedingungen ähnliche Passantenströme wieder entstehen können. Auch hierzu wären, wie die Beschäftigtenzahlen der verbliebenen industriellen Arbeitsgeber auf dem Gelände belegen, Industriebetriebe besonders wenig geeignet, da hier allein aus logistischen Gründen die Anzahl der Arbeitsplätze pro ha relativ gering ist.
Attraktive Gebäude könnten so denkmalgeschützte BWK-Gebäude sein, die sich relativ gut zu Wohnraum modernisieren lassen, aber kaum für eine moderne industrielle Produktion eignen.
Auch wenn, wie die Beispiele ähnlicher Areale in anderen Städten zeigen, ansprechende Wohngebiete entstehen können, gibt es auch andere spannende Nutzungen, die der Vitalisierung des Gebietes dienen und positive Wirkungen für die Umgebung besitzen können.
Das gilt etwa für Museen, die sich auf die Vergangenheit des Areals beziehen und damit die Authentizität der historischen Bausubstanz herausstellen. In Blumenthal würde das etwa für die Überlegungen des Museumsvereins gelten.
Die Ansiedlung einer Bildungsinstitution, die sogar wie die Beispiele in Augsburg, Delmenhorst und Kaiserslautern zeigen, in modernisierten historischen Gebäuden erfolgen kann, würde sicherlich bis in den alten Kern Blumenthals ausstrahlen können, wenn etwa gastronomische Angebote dort neue junge Kunden gewinnen.
Ein vitales Gebiet kann sich auch für zahlreiche Dienstleistungsbüros eignen, die eine Adresse suchen, die bereits ein positives Image vermittelt, was in anderen Städten bereits gelungen ist, wenn man, wie in Hannover, bei Wohnungen mit dem Hinweis „nahe an der Leineinsel“ wirbt. Das dürfte etwa für den Architektur-, Bauträger-, Immobilien- und den Werbebereich gelten.
Planerische Ab- und Aufwertungen
Bei jeder Euphorie, die mit dem Potenzial des alten BWK-Geländes verbunden sein können, darf man die Hindernisse nicht vergessen, die einer Nutzung durch Wohnungen und Dienstleistungseinrichtungen entgegenstehen. Es gibt hier auch - ganz anders als in den Vergleichsstädten - Faktoren, die das Gebiet zu einem ganz und gar nicht idealen Filetstück für eine Vielzahl von Nutzungen machen. Sie senken damit den Wert des Areals, während ihr Verschwinden zu gegenläufigen Steigerungen führen würde.
Betriebswirtschaftlich gesehen ist es also eine einfache Frage der Kostenrechnung, ob es für den Grundstückseigentümer Bremen nicht vielleicht sogar lukrativ sein kann, wenn die Belastungen räumlich verlagert werden. Das gilt einmal unmittelbar für die Grundstückspreise.
Hier ist sogar die Kommune in der Lage, durch ihre Bauleitplanung den Marktwert von Grundstücken erheblich zu beeinflussen. Das gilt nicht nur für die bekannte Fünfte Fruchtfolge, also die Umwandlung von landwirtschaftlicher Nutzfläche in Bauland. Der am Immobilienmarkt erzielbare Bodenpreis für Bauland, der üblicherweise als Quadratmeterpreis angegeben wird, beträgt hier ein Vielfaches des Hektar-Preises für landwirtschaftlich genutzte Flächen. So beträgt der Preis für Bauland am Stadtrand Bremens ca. 150 €, während man für landwirtschaftliche Nutzfläche 11.000 € je Hektar, also für 10.000 qm, zu zahlen hat. Für Gewerbegrundstücke werden hingegen im Bremer Norden etwa 50 € je qm verlangt.
Wenn man einen Hektar von Gewerbeland in Bauland per Ratsbeschluss umwandelt, lässt sich auf diese Weise also eine Wertsteigerung von 1 Mio. € erzielen. Auch wenn das nicht für das gesamte Plangebiet möglich ist, sollte man das hier liegende Potenzial nicht übersehen. Immerhin hat das BWK-Areal eine Größe von 33,4 ha.
Damit lässt sich zumindest ein Potenzial erkennen, mit dem man Entschädigungen für bisherige industrielle Nutzungen zahlen könnte, wenn man diese Strategie wählt. So ließe sich vermutlich ohne Belastungen der Steuerzahler ein attraktives Wohngebiet mit zentralen Dienstleistungen schaffen, das gleichzeitig das alte Zentrum Blumenthals aufwertet und dort zum Abbau der dortigen Probleme auf dem Immobilienmarkt beitragen kann. Und durch entsprechende Maßnahmen lässt sich der Wert und damit der Preis sogar noch erhöhen, wenn man den Teich auf der Leineinsel in Döhren oder die Grünzüge und die kulturellen Leuchttürme auf dem AKS-Gelände in Kaiserslautern sieht. Entsprechendes dürfte für eine Marina an der Weser gelten.
Bremen hat im Dezember 2012 jedoch nicht nur Grund und Boden erworben, sondern auch alte Fabrikgebäude, die unter Denkmalschutz stehen und saniert werden müssen, wenn sie nicht verfallen sollen. Dafür wurde für die nächste Zeit ein hoher einstelliger Millionenbetrag angesetzt, der sich nicht „durch die am Markt vorherrschenden Mieten finanzieren“ lässt, also von den Steuerzahlern beglichen werden muss, wie es in einer Vorlage an die Deputation hieß. Hintergrund dieser Einschätzung ist, dass man zwar die historische Achse als eine Strecke bezeichnet, „an der sich die alten Fabrikgebäude wie Perlen an einer Schnur reihen“, wodurch ein "einmaliges Ambiente erzeugt wird, man aber weiterhin darauf beharrt, hier „Betriebe aus dem Maschinen- und Anlagenbau sowie Dienstleistungsunternehmen und Kulturvereine ansiedeln“ zu wollen.
Anscheinend ist hier also niemand bereit, auf die eindeutige Sprache des Marktes zu hören. Wenn die Politik das vorhandene Potenzial durch die Auflage entwertet, dort Arbeitsplätze unterbringen zu wollen, die „rauchen und stinken“, darf sie sich nicht wundern, wenn dafür auch nur die Preise gezahlt werden, die in wenig attraktiven Standorten am Stadtrand zu zahlen sind.
Hier kann man nur überrascht fragen, warum man ausgerechnet auf einem Filetgrundstück die Produktion von Lärm und Dreck subventionieren will. Das vernichtet Werte und verhindert eine positive Entwicklung des alten Zentrums und auch eines besseren Images für den gesamten Stadtteil.
Eine Lösung zahlreicher städtebaulicher Probleme in Blumenthal wäre daher möglich, wenn über die Zukunft des BWK-Geländes offen und im Zusammenhang mit der Entwicklung des alten Zentrums und des Blumenthal Centers ohne Tabus diskutiert würde. Dabei geht es nicht um ausgefallene Marotten, sondern um Konzepte, die man in Städten wie Augsburg, Delmenhorst, Hannover und Kaiserslautern für selbstverständlich hält. Und das nicht ohne Grund, wie ein Blick auf die Ergebnisse zeigt.
Quellen:
Eggert, Ulrich, Streit um Grundstückspreise. Wertvolle Wolle, in: Die Zeit vom 16. März 1973.Betriebswirtschaftlich gesehen ist es also eine einfache Frage der Kostenrechnung, ob es für den Grundstückseigentümer Bremen nicht vielleicht sogar lukrativ sein kann, wenn die Belastungen räumlich verlagert werden. Das gilt einmal unmittelbar für die Grundstückspreise.
Wenn man einen Hektar von Gewerbeland in Bauland per Ratsbeschluss umwandelt, lässt sich auf diese Weise also eine Wertsteigerung von 1 Mio. € erzielen. Auch wenn das nicht für das gesamte Plangebiet möglich ist, sollte man das hier liegende Potenzial nicht übersehen. Immerhin hat das BWK-Areal eine Größe von 33,4 ha.
Damit lässt sich zumindest ein Potenzial erkennen, mit dem man Entschädigungen für bisherige industrielle Nutzungen zahlen könnte, wenn man diese Strategie wählt. So ließe sich vermutlich ohne Belastungen der Steuerzahler ein attraktives Wohngebiet mit zentralen Dienstleistungen schaffen, das gleichzeitig das alte Zentrum Blumenthals aufwertet und dort zum Abbau der dortigen Probleme auf dem Immobilienmarkt beitragen kann. Und durch entsprechende Maßnahmen lässt sich der Wert und damit der Preis sogar noch erhöhen, wenn man den Teich auf der Leineinsel in Döhren oder die Grünzüge und die kulturellen Leuchttürme auf dem AKS-Gelände in Kaiserslautern sieht. Entsprechendes dürfte für eine Marina an der Weser gelten.
Bremen hat im Dezember 2012 jedoch nicht nur Grund und Boden erworben, sondern auch alte Fabrikgebäude, die unter Denkmalschutz stehen und saniert werden müssen, wenn sie nicht verfallen sollen. Dafür wurde für die nächste Zeit ein hoher einstelliger Millionenbetrag angesetzt, der sich nicht „durch die am Markt vorherrschenden Mieten finanzieren“ lässt, also von den Steuerzahlern beglichen werden muss, wie es in einer Vorlage an die Deputation hieß. Hintergrund dieser Einschätzung ist, dass man zwar die historische Achse als eine Strecke bezeichnet, „an der sich die alten Fabrikgebäude wie Perlen an einer Schnur reihen“, wodurch ein "einmaliges Ambiente erzeugt wird, man aber weiterhin darauf beharrt, hier „Betriebe aus dem Maschinen- und Anlagenbau sowie Dienstleistungsunternehmen und Kulturvereine ansiedeln“ zu wollen.
Anscheinend ist hier also niemand bereit, auf die eindeutige Sprache des Marktes zu hören. Wenn die Politik das vorhandene Potenzial durch die Auflage entwertet, dort Arbeitsplätze unterbringen zu wollen, die „rauchen und stinken“, darf sie sich nicht wundern, wenn dafür auch nur die Preise gezahlt werden, die in wenig attraktiven Standorten am Stadtrand zu zahlen sind.
Eine Lösung zahlreicher städtebaulicher Probleme in Blumenthal wäre daher möglich, wenn über die Zukunft des BWK-Geländes offen und im Zusammenhang mit der Entwicklung des alten Zentrums und des Blumenthal Centers ohne Tabus diskutiert würde. Dabei geht es nicht um ausgefallene Marotten, sondern um Konzepte, die man in Städten wie Augsburg, Delmenhorst, Hannover und Kaiserslautern für selbstverständlich hält. Und das nicht ohne Grund, wie ein Blick auf die Ergebnisse zeigt.
Quellen:
Knab, Eva Maria, Wie eine alte Industriebrache zum neuen Vorzeige-Quartier wird, in: Augsburger Allgemeine vom 3. Mai 2011.
Dies., Verzögerungen im neuen Vorzeige-Viertel, in: Augsburger Allgemeine vom 10. September 2012.
NN, Kauf Kämme, in: Der Spiegel vom 11.12.1972.
Nowak, Karsten, Stadtteilreport Einzelhandel 2012. Analyse der Einzelhandelssituation in den Stadtteilzentren Bremens, Bremen, Juni 2012.
Tenbusch, Alexandra, Ehemalige Kammgarnspinnerei (heute Kulturzentrum Kammgarn und Fachbereichsgebäude der Fachhochschule Kaiserslautern), in: Architekturführer Kaiserslautern.
In dieser Stelle gilt mein ganz besonderer Dank für wertvolle Informationen und Fotos Frau Sabrina Scheja, Heerbrugg, und Herrn Berthold Gehm, Kaiserslautern.